Verkehrsrecht

Fahrerlaubnis, Bescheid, Fahreignung, Eintragung, Vollziehung, Amphetamin, Sofortvollzug, Aberkennung, Konsum, Cannabis, Kraftfahreignung, Verkehrssicherheit, Fahrerlaubnisentzug, Antragsteller, sofortige Vollziehung, Antrag auf Akteneinsicht, Entziehung der Fahrerlaubnis

Aktenzeichen  AN 10 S 21.02069

Datum:
11.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 6508
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 3 Abs. 1, Abs. 2
FeV § 46 Abs. 1, Abs. 5
FeV § 47 Abs. 2
Anlage 4 zur FeV Ziffer 9.1
BayVwVfG Art. 25, 29

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 21. Oktober 2021, mit dem ihm das Recht aberkannt wurde, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen.
Der Antragsteller ist Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen AM, B, B1 und BE, ausgestellt durch eine tschechische Behörde.
Durch Mitteilung der Polizei erhielt der Antragsgegner Kenntnis davon, dass der Antragsteller am 12. Juli 2021 ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr unter dem Einfluss berauschender Mittel führte. Nach dem forensisch-toxikologischen Gutachten des MVZ Labor … vom 23. Juli 2021 wurde Amphetamin in einer Konzentration von 84 ng/ml, Methamphetamin in einer Konzentration von > 250 ng/ml sowie Tetrahydrocannabinol (THC) in einer Konzentration von 0,9 ng/ml und THC-Carbonsäure in einer Konzentration von 3,8 ng/ml im Blut festgestellt.
Mit Schreiben vom 27. September 2021 erhielt der Antragsteller Gelegenheit, sich bis zum 11. Oktober 2021 zur beabsichtigten Aberkennung des Rechts, von seiner ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, zu äußern.
Innerhalb der verlängerten Stellungnahmefrist erfolgte keine Stellungnahme.
Am 21. Oktober 2021 erließ der Antragsgegner den streitgegenständlichen Bescheid, mit welchem dem Antragsteller das Recht aberkannt wurde, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis in Deutschland Gebrauch zu machen (Ziffer 1). Außerdem wurde der Antragsteller verpflichtet, seinen Führerschein unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb einer Woche nach Zustellung dieses Bescheides, zur Anbringung eines Sperrvermerks vorzulegen (Ziffer 2), andernfalls wurde ihm unmittelbarer Zwang angedroht (Ziffer 4). Weiterhin wurde die sofortige Vollziehung der Ziffern 1 und 2 angeordnet (Ziffer 3). Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, dass bereits der einmalige Konsum von so genannten harten Drogen wie Amphetamin bzw. Methamphetamin im Regelfall zum Verlust der Fahreignung führe. Aus den vorgenannten Gründen müsse dem Antragsteller das Recht aberkannt werden, von seiner ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen. Der Führerschein sei bei der Verwaltungsbehörde zur Eintragung des Sperrvermerks vorzulegen.
Gegen den streitgegenständlichen Bescheid ließ der Antragsteller Klage erheben und stellte zugleich einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Zur Begründung des Antrages wurde u.a. ausgeführt, dass dem Antragsteller nicht hinreichend rechtliches Gehör gewährt worden sei. Soweit ersichtlich, sei bislang keine Akteneinsicht gewährt worden. Zudem habe der Antragsgegner die Stellungnahmen des Antragstellers nicht hinreichend beachtet. Es sei nicht ersichtlich, dass der Antragsteller unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln am Verkehr teilgenommen habe. Der festgestellte THC-Wert liege unter der Grenze des § 24a StVG. Es sei davon auszugehen, dass Abstinenznachweise vorgelegt werden können. Die Aberkennung der EU-Fahrerlaubnis stelle zudem für den Antragsteller eine nicht zumutbare Härte dar. Außerdem sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung rechtswidrig. Die hierfür gegebene Begründung genüge nicht. Die Aberkennung sei auf jeden Fall nicht verhältnismäßig.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß):
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts … vom 21. Oktober 2021 wird angeordnet bzw. wiederhergestellt.
Der Antragsgegner beantragte
Antragsablehnung.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass eine Äußerung zum Sachverhalt sowie auch ein Antrag auf Akteneinsicht entgegen den Äußerungen des Antragstellers nicht erfolgten. Im Übrigen wurde auf den streitgegenständlichen Bescheid sowie den Akteninhalt verwiesen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Behördenakte und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
Der Antragsteller begehrt nach Auslegung des gestellten Antrags (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) nicht nur die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage im Hinblick auf die mit einer Sofortvollzugsanordnung verbundene Aberkennung des Rechts, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen und Ablieferungspflicht des Führerscheins zur Anbringung eines Sperrvermerks gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 HS 2 VwGO (vgl. sogleich unter 2.), sondern auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die bereits kraft Gesetzes (Art. 21a BayVwZVG) sofort vollziehbare Zwangsmittelandrohung (vgl. sogleich unter 1.).
Der so verstandene Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg. Er ist zum Teil bereits unzulässig, im Übrigen jedenfalls unbegründet.
1. Soweit der Antragsgegner dem Antragsteller unmittelbaren Zwang angedroht hat, ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Zwangsmittelandrohung unzulässig. Die Androhung der Einziehung des Führerscheins zum Zwecke der Eintragung der Aberkennung hat sich mit der Vorlage des Führerscheins und Eintragung des roten, durchgestrichenen Buchstabens „D“ erledigt. Dem Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO fehlt insoweit das Rechtsschutzbedürfnis, da kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich ist, dass nach Abgabe des Führerscheins noch die Anwendung des Zwangsmittels drohen könnte.
2. Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Aberkennung des Rechts, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, und die Aufforderung zur Vorlage des Führerscheins ist unbegründet.
Im vorliegenden Fall eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO stellt das Gericht in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehbarkeit angeordnet worden ist, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise dann wieder her, wenn das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung das öffentliche Interesse am Sofortvollzug überwiegt. Im Rahmen dieser Interessenabwägung haben die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache erhebliche Bedeutung. Bleibt dieser Rechtsbehelf mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, wird die Abwägung in der Regel zum Nachteil des Betroffenen ausfallen, da dann das von der Behörde geltend gemachte besondere Interesse am Sofortvollzug regelmäßig überwiegt.
In Anwendung dieser Grundsätze bleibt der Antrag ohne Erfolg.
Die Aberkennung des Rechts, von der tschechischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, und die Aufforderung zur Vorlage des Führerscheins erweisen sich nach summarischer Prüfung als rechtmäßig. Das öffentliche Vollzugsinteresse überwiegt daher das Aussetzungsinteresse des Antragstellers.
a. Die Begründung des Sofortvollzugs im streitgegenständlichen Bescheid entspricht entgegen der Auffassung des Antragstellers den formellen Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, da das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug sowohl bezüglich der Aberkennung des Rechts, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, als auch bezüglich der Vorlageverpflichtung in ausreichender Form begründet wurde. So hat der Antragsgegner ausgeführt, dass von Betäubungsmittelkonsumenten, welche berauscht bzw. unter Betäubungsmitteleinfluss ein Kraftfahrzeug führen, erhebliche Gefahren für den Straßenverkehr ausgehen. Als Folge des Konsums von Betäubungsmitteln könne es unter anderem zu einer Verlängerung der Reaktionszeit, einer Einschränkung der Wahrnehmungs- und Konzentrationsfähigkeit, einer Verschlechterung der dynamischen Sehschärfe und des räumlichen Sehens sowie einer Beeinträchtigung der zeitlichen und räumlichen Orientierung kommen. Durch den Konsum verursachte Fehlreaktionen in komplexen Situationen führen zu einer messbaren, signifikanten Erhöhung der Zahl der Fahrfehler. Hinzu komme, dass der Antragsteller die Verkehrssicherheit nicht nur am 12. Juli 2021 durch die in Rede stehende Verkehrsteilnahme mit einem Kleintransporter (Citroen Jumper, amtl. Kennzeichen …*) unter Einfluss berauschender Mittel, sondern, wie einer aktuellen Mitteilung der Polizei … vom 5. Oktober 2021 entnommen werden könne, auch am 2. September 2021 durch eine Verkehrsteilnahme mit dem gleichen Fahrzeug unter Einfluss berauschender Mittel (64 ng/ml Amphetamin und 146 ng/ml Methamphetamin) gefährdet habe. Aufgrund der Beeinträchtigungen, die durch einen Betäubungsmittelkonsum entstehen könnten, und der mit hinreichender Wahrscheinlichkeit gegebenen Möglichkeit des weiteren Führens eines Kraftfahrzeugs unter Drogeneinfluss, bestehe im vorliegenden Fall Grund zur Befürchtung, dass andere Verkehrsteilnehmer gefährdet oder beschädigt werden könnten. Leben und Gesundheit seien aber so hochwertige Rechtsgüter, dass auch die Möglichkeit einer Gefährdung oder Schädigung ausgeschlossen werden müsse. Nach alledem sei das öffentliche Interesse daran, dass die Fahrerlaubnis mit sofortiger Wirkung aberkannt werde, so gewichtig, dass demgegenüber die Privatinteressen des Antragstellers am Erhalt der Fahrerlaubnis bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens zurücktreten müssten.
Bezüglich der Vorlage des Führerscheins zur Eintragung der Aberkennung führte der Antragsgegner aus, dass bei einer Nichtvorlage des Führerscheins die nicht auszuschließende Gefahr des Missbrauchs des Führerscheins durch dessen Vorzeigen bei eventuellen Verkehrskontrollen bestünde, obwohl dem Antragsteller das Recht, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, mit Anordnung der sofortigen Vollziehung aberkannt worden sei.
Dies ist nicht zu beanstanden. Da es sich beim Fahrerlaubnisrecht um einen besonderen Teil des Sicherheitsrechts handelt, entspricht es der ständigen Rechtsprechung der Kammer, dass es für die Anordnung bereits ausreicht, die typische Interessenlage dieser Fallgruppe aufzuzeigen und auszuführen, dass im Falle möglicherweise ungeeigneter Fahrzeugführer ein Ausschluss an der weiteren Teilnahme am Straßenverkehr wegen der davon ausgehenden akuten Gefahr schnellstmöglich anzuordnen ist. Zudem kam es vorliegend innerhalb von nicht einmal zwei Monaten zu einer weiteren Gefährdung der Verkehrssicherheit durch den Antragsteller.
b. Der streitgegenständliche Bescheid ist auch im Übrigen formell und materiell rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO analog).
aa. Bedenken gegen die formelle Rechtmäßigkeit bestehen nicht. Insbesondere wurde der Antragsteller vor Bescheiderlass zum beabsichtigten Fahrerlaubnisentzug angehört. Dem Antragsteller wurde mithin rechtliches Gehör gewährt. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten des Antragstellers erfolgte innerhalb der verlängerten Anhörungsfrist keine Stellungnahme des Antragstellers, die der Antragsgegner in Erwägung ziehen musste. Nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG ist die Behörde erst bei Wahrnehmung des Anhörungsrechts durch den Beteiligten dazu verpflichtet, das auf Grund der Anhörung Vorgebrachte zur Kenntnis zu nehmen und ernsthaft in Erwägung zu ziehen (vgl. Kallerhoff/Mayen in Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Mayen, VwVfG, § 28 Rn. 38). Versäumt der Beteiligte – wie hier – eine fristgerechte Äußerung, kann die Behörde ohne dessen Stellungnahme entscheiden (vgl. Schneider in Schoch/Schneider, VwVfG, § 28 Rn. 48).
Auch erfolgte kein Antrag auf Akteneinsicht durch den Antragsteller, so dass seitens des Antragsgegners vor Erlass des streitgegenständlichen Bescheids keine Akteneinsicht gewährt werden musste. Nach Art. 29 BayVwVfG setzt die Pflicht zur Gestattung vielmehr (formell) voraus, dass die Einsichtsberechtigten einen Antrag auf Akteneinsicht gestellt haben (vgl. Schneider in Schoch/Schneider, VwVfG, § 29 Rn. 54).
Der Antragsgegner musste vorliegend auch nicht proaktiv in dem Sinne tätig werden, dass er eine Antragstellung zur Akteneinsicht anregt (vgl. Art. 25 Abs. 1 BayVwVfG).
Nach Art. 25 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG soll die Behörde die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Vorliegend war der Antragsteller anwaltlich vertreten und sein Bevollmächtigter beantragte innerhalb der verlängerten Stellungnahmefrist keine Akteneinsicht. Bei anwaltlicher Vertretung sind geringere Anforderungen an die Hinweispflicht zu stellen (vgl. Kallerhoff/Fellenberg in Stelkens/Bonk/Sachs/Kallerhoff/Fellenberg, VwVfG, § 25 Rn. 24). Insoweit überlagert die anwaltliche Pflicht zur Prüfung der Erforderlichkeit einer Akteneinsicht im Rahmen der ordnungsgemäßen Geschäftswahrnehmung dem Mandanten gegenüber die behördliche Hinweispflicht im Verfahren (so auch VG Magdeburg, U.v. 8.5.2013 – 9 A 55/13 – BeckRS 2013, 51914). Im Übrigen wäre ein etwaiger Verfahrensfehler wegen des Verstoßes gegen Art. 29 BayVwVfG nach Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich, da hier eine rechtmäßige gebundene Entscheidung vorliegt und somit offensichtlich ist, dass die gerügte Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat (vgl. dazu Kallerhoff/Mayen in Stelkens/Bonk/ Sachs/Kallerhoff/Mayen, VwVfG, § 29 Rn. 88b).
bb. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
Nach der in diesem Verfahren gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage liegen die Voraussetzungen der Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. der Aberkennung des Rechts, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, nach § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 FeV i.V.m. Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV vor, so dass der Bescheid des Antragsgegners vom 21. Oktober 2021 zu Recht ergangen ist.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 FeV ist eine Fahrerlaubnis dann zu entziehen bzw. das Recht, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, dann abzuerkennen, wenn sich der Fahrerlaubnisinhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Ein Ermessenspielraum kommt der Fahrerlaubnisbehörde entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht zu. Nach § 46 Abs. 1 Satz 2 FeV ist insbesondere von einer Nichteignung auszugehen, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 der FeV vorliegen.
Ergänzend sind hier auch die Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung (Stand: 31. Dezember 2019) heranzuziehen, denen verkehrsmedizinisches Erfahrungswissen zugrunde liegt und die deshalb nach der ständigen Rechtsprechung zur Würdigung des Sachverhalts und zur Beurteilung der Eignung zur Führung von Kraftfahrzeugen mit heranzuziehen sind.
Nach Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV und Ziffer 3.14.1 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung ist derjenige nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen gerecht zu werden, der Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) konsumiert. Die Fahreignung entfällt unabhängig von der Häufigkeit des Konsums, von der Höhe der Betäubungsmittelkonzentration, von einer Teilnahme am Straßenverkehr in berauschtem Zustand und vom Vorliegen konkreter Ausfallerscheinungen beim Betroffenen. Dementsprechend ist die Entziehung der Fahrerlaubnis bereits dann gerechtfertigt, wenn einmalig harte Drogen im Körper des Fahrerlaubnisinhabers und damit deren Einnahme nachgewiesen worden sind oder der Fahrerlaubnisinhaber die Einnahme solcher Substanzen eingeräumt hat (st. Rspr., z.B. BayVGH, B.v. 19.1.2016 – 11 CS 15.2403 – juris Rn. 11; B.v. 23.2.2016 – 11 CS 16.38 – juris Rn. 8; B.v. 14.11.2018 – 11 CS 18.963 – juris Rn. 11; OVG NW, B.v. 23.7.2015 – 16 B 656/15 – juris Rn. 5 ff. m.w.N.).
Dass der Antragsteller Amphetamin und Methamphetamin konsumiert hat und – ohne dass es fahrerlaubnisrechtlich darauf ankäme – unter der Wirkung dieser Substanz am 12. Juli 2021 ein Kraftfahrzeug geführt hat, steht bereits aufgrund des Drogenschnelltests vor Ort und des forensisch-toxikologischen Gutachtens des MVZ Labor … vom 23. Juli 2021 fest. Zudem räumte der Antragsteller den Konsum gegenüber der Polizei ein. Das ebenfalls konsumierte Cannabis wurde von der Fahrerlaubnisbehörde angesichts des Konsums von Amphetamin und Methamphetamin nicht berücksichtigt.
Aufgrund der festgestellten Nichteignung war die Fahrerlaubnisbehörde nach § 3 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 FeV zur Entziehung der Fahrerlaubnis und damit zur Aberkennung des Rechts, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, verpflichtet. Der Fahrerlaubnisbehörde war für diese Entscheidung keinerlei Ermessen eingeräumt. Steht die Nichteignung fest, so ist die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen. Billigkeitserwägungen wie das Angewiesensein auf den Führerschein – auch zur Berufsausübung – können nicht entgegengebracht werden. Zudem steht der Fahrerlaubnisbehörde entgegen der Auffassung des Antragstellers kein milderes Mittel im Rahmen der § 3 Abs. 1 Satz 1, Satz StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 FeV zur Verfügung.
Bei feststehender Ungeeignetheit kommt auch die Einholung eines Gutachtens im Rahmen des Entziehungsverfahrens nicht in Betracht (vgl. § 11 Abs. 7 FeV).
Dem Antragsteller steht die Möglichkeit offen, gemäß Ziffer 9.5 der Anlage 4 zur FeV durch den Nachweis einjähriger Abstinenz und eines tiefgreifenden Einstellungswandels die Wiedererlangung seiner Fahreignung zu belegen (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2009 – 11 CS 09.85; VG Regensburg, U.v. 20.1.2011 – RN 8 S 11.33, jeweils juris).
Die mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 21. Oktober 2021 erfolgte Entziehung der Fahrerlaubnis bzw. Aberkennung des Rechts, von der ausländischen Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen, ist damit rechtmäßig.
Dies hat zur Folge, dass auch die unter Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids verfügte Vorlageverpflichtung bezüglich des Führerscheins gemäß § 3 Abs. 2 Satz 3 StVG, § 47 Abs. 2 FeV rechtmäßig ist. Nach § 3 Abs. 2 Satz 2 StVG erlischt das Recht zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Der Führerschein ist unverzüglich der entscheidenden Behörde zur Eintragung vorzulegen. Nach § 47 Abs. 2 Satz 2 FeV wird auf dem Führerschein vermerkt, dass von der Fahrerlaubnis im Inland kein Gebrauch gemacht werden darf. Dies erfolgt nach § 47 Abs. 2 Satz 3 FeV bei einem EU-Kartenführerschein durch die Anbringung eines roten, schräg durchgestrichenen „D“ im Feld 13 des Führerscheins.
Aufgrund der insgesamt negativen Prognose hinsichtlich der Erfolgsaussichten der Klage überwiegt das Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist daher abzulehnen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffern 1.5 und 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung des Jahres 2013.


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