Gemäß § 9 Abs. 3 Satz 3 StVO haben Fußgänger, die eine Straßenmündung überqueren, generell ein Vorrecht. Allerdings grenzt das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme diesen Fußgängervorrang ein. Die Sorgfaltspflicht verlangt, dass Fußgänger beim Betreten der Fahrbahn die Verkehrslage immer beiläufig analysieren. Hätte ein Passant durch flüchtige Seitenblicke das heranfahrende Unfallauto erkennen können, kann ihm das Gericht durchaus ein Mitverschulden am Verkehrsunfall anlasten und seine Schadenersatzansprüche herabsetzen. Im gegenständlichen Fall trifft die Fußgängerin ein Mitverschulden von 25 Prozent, weil sie die Straße erst betreten hat, als die Autolenkerin bereits abbog. Die beiden Verkehrsteilnehmer hätten einander zeitgerecht erkennen und den Unfall vermeiden können.
Die genaue Bestimmung von Mitverschulden und die Bewertung von Verkehrsunfällen sind oft komplex und erfordern in der Regel eine detaillierte Untersuchung der Umstände. Durch die Einbeziehung von Faktoren wie den Sichtverhältnissen, der Geschwindigkeit und der Reaktionen der Beteiligten kann die Gerichtsentscheidung dazu beitragen, die Verantwortlichkeiten sehr klar festzulegen und die Schadensregulierung gerecht zu gestalten.
OLG Hamm, Urteil vom 06. August 2012, Az. I-6 U 14/12
Beitrag der Redaktion:
Unfall auf Zebrastreifen: Mithaftung für Fußgänger
Fußgänger haben Vorrang auf dem Zebrastreifen. Erzwingen sie jedoch ihr Vorrecht droht eine Teilschuld am Unfall. Was aber heißt Mithaftung für Fußgänger bei einem Unfall?