Verkehrsrecht

Kein Nachweis eines Zusammenstoß bei entgegenstehenden Aussagen

Aktenzeichen  2 O 5116/18

Datum:
1.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 19598
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München II
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 91, § 709

 

Leitsatz

Ein Zusammenstoß zweier rangierender Fahrzeuge ist nicht ausreichend bewiesen, wenn sich die Erinnerung eines Zeugen möglicherweise durch die nur drohende Erwartung einer Kollision beeinflusst haben mag und das Nach”unfall”verhalten des gegnerischen Zeugen keinen weiteren Aussagewert hat. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage erwies sich als unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Schadensersatz nicht zu, weil das Ereignis, auf welchem die Beschädigung des klägerischen Fahrzeugs beruht, nicht nachweislich auf dem Betrieb des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs zurückzuführen ist. Die Zeugen haben das Geschehen auf dem Parkplatz jeweils nachvollziehbar und widerspruchsfrei jeweils aus ihrer Sicht dargetan. Zum Nachunfallgeschehen hat auch der Kläger Angaben machen können. Das Gericht hat zwar aus den widersprüchlichen Angaben der Beteiligten selbst keinen Anlass gesehen, an dem subjektiven Wahrheitsgehalt der jeweiligen Bekundungen zu zweifeln. Festgestellt werden konnte, aber nur dass sich die Zeugin G. und der Zeuge S. zum angegebenen Unfallzeitpunkt jeweils auf dem Parkplatz des Anwesens Hauptstraße 39 in Eichenau befunden haben und dass beide jeweils Führer des klägerischen bzw. beklagtischen Pkws waren. Beide Pkws haben auf diesem Parkplatz auf Fahrvorgänge durchgeführt, in deren Ergebnis es möglich war, dass sich die beiden Fahrzeuge jeweils hinten links berührten bzw. zusammenstießen. Die Fahrstellungen gehen insoweit auseinander, als der Zeuge S. angegeben hat, nichts von einem Zusammenstoß bemerkt zu haben, während die Zeugin G. einen solchen Anstoß bekundet. Aus den Zeugenaussagen heraus lässt sich diese Differenz nicht auflösen. Insbesondere können auch aus dem Nachunfallverhalten des Zeugen S. weitergehende Schlüsse nicht gezogen werden. Der Zeuge S. kann sowohl sich der Wahrnehmung eines Anspruches in dem Glauben, dass nichts passiert sei, verschlossen haben als auch später unter dem Eindruck, dass auch an dem von ihnen gefahrenen Wagen ein Schaden aufgetreten war, verunsichert hätte sein können. An dem Wagen selbst hatte er kein näheres direktes Interesse, weil er nicht Eigentümer dieses Fahrzeugs war und sich es bei der Sache um einen Versicherungsschaden gehandelt hat. Umgekehrt ist die Bekundung des Zeugen S., die Sensoren des von ihm gefahrenen Fahrzeugs hätten ihm keinerlei Rückmeldung gegeben, möglicherweise die Frucht eines angestrengten Versuches, sich nach einem Vorfall an diesen zu erinnern und aus diesem Grund eine Falscherinnerung, was auch für das, Signal beim Einlegen des Rückwärtsganges zutreffen kann. Auf Seiten der Zeugin G. kann ebenfalls nicht 100%-ig ausgeschlossen werden, dass ihr Wahrnehmungsvermögen unter dem Eindruck des sich nähernden Fahrzeugs des Beklagten einen Streich gespielt hat, und sie den befürchteten Zusammenstoß vorweggenommen als realen erlebt hat, insbesondere dann unter dem Eindruck des Schadens, der an dem von ihr gefahrenen Fahrzeugs zu sehen war. Insoweit brachten auch die Bekundungen des dem Gericht als sachkundig bekannten Sachverständigen Dr. S. keine Erkenntnisse in die eine oder die andere Richtung. Diesen konnte lediglich aus der von den Zeugen bekundeten generellem Situation heraus irgend einen Kontakt der Fahrzeuge nicht ausschließen.
Der Sachverständige hat aber bekundet und überzeugend dargestellt, dass die jeweiligen Schäden an den beiden Fahrzeugen sich nicht zur Deckung bringen lassen, dass die jeweiligen Schadenszeichnungen an beiden Pkws nicht auf demselben Ereignis beruhen können. Insbesondere sind am Pkw der Klagepartei Belastungsspuren vorhanden, die sich mit korrespondierenden und auch zu erwartenden Schäden bei dem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug nicht zur Deckung bringen lassen. Aus diesem Grund ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass der am klägerischen Fahrzeug entstandene Schaden dem Betrieb des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs zuzuordnen ist. Die Klage war somit abzuweisen.
Kosten: § 91 ZPO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 709 ZPO.


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