Aktenzeichen 10 C 1667/19
VVG § 115
Leitsatz
1. Klagt der Autovermieter gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer aus abgetretenem Recht, ist die Klage abzuweisen, wenn zwischen dem geschädigten Mieter und dem Vermieter ein konkreter Mietzins nicht vereinbart wurde, der Geschädigte bei Abschluss des Mietvertrags aber deutlich gemacht hat, dass er selbst keine Kosten für das Mietfahrzeug tragen möchte. (Rn. 6 – 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. An einem Schaden des Mieters zu nicht ersetzten Mietkosten fehlt es insbesondere dann, wenn er lediglich mit seinem Autohaus über die Anmietung eines Ersatzwagens gesprochen hat, ihm dabei aber die dadurch entstehenden Kosten nicht transparent gemacht worden sind. (Rn. 8 – 9) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
(1) Die Klägerin hat keinen (weiteren) Anspruch gegen die Beklagte, weil sie lediglich Ansprüche des Geschädigten H. geltend machen kann, welche ihr abgetreten wurden, und diesem in der konkreten (und ungewöhnlichen) Konstellation jedenfalls kein weiterer Schaden entstanden ist.
Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass der Geschädigte über sein Kfz-Fachbetrieb (Autohaus Praller) ein Ersatzfahrzeug wollte, und alleine mit diesem kommuniziert hat, und mit diesem so verblieben ist, dass die Schadensabwicklung völlig an ihm vorbei erfolgen solle. Hierzu hat das Autohaus Praller sodann die Klägerin eingeschaltet, wie auch dafür gesorgt, dass der Geschädigte auf einem Vordruck der Klägerin eine Abtretung erklärt.
Nach Rückfrage nach der Zeugeneinvernahme wurde von der Klagepartei bestätigt, dass es keinerlei direkten Kontakt zwischen dem Geschädigten und der Klägerin gab, und keinerlei Regelung bzgl. der Höhe der Mietwagenkosten erfolgt ist. Es ist auch klargestellt worden, dass das Autohaus Praller an die Klägerin herangetreten ist, und für diese Konstruktion auch Vordrucke der Klägerin zur Forderungsabtretung bereithält.
Diese Konstellation beinhaltet, dass dem Geschädigten unmittelbar für die Zurverfügungstellung des Mietwagens keine Kosten entstehen sollen, da erkennbar der Geschädigte verständlich klarstellt, dass er keine eigenen Kosten tragen will.
Wenn in dieser Konstellation keine Preisvereinbarung mit dem Geschädigten erfolgt verbunden mit dem Hinweis, dass er für etwaige nicht erstatteten Kosten selber aufkommen muss darf der Geschädigte dies so verstehen, dass er keine Kosten tragen muss. Wenn er jedoch aus dem Vertrag keine Kosten tragen muss, entsteht ihm auch kein ersatzfähiger Schaden.
(2) Die Vorgehensweise zeigt, dass letztlich bewusst davon abgesehen wird, eine (transparente) Regelung zu einer Vergütung zu wählen (und zugleich hierüber jedwede realistische Möglichkeit abgeschnitten wird, dass ein Geschädigter aufgrund der Kosten sich um anderweitige Lösungen bemüht) um auszutesten, welche Beträge im Wege des Schadensersatzrechts durchgesetzt werden können.
Nachdem im Mietrecht (anders als im Werkvertragsrecht oder Dienstvertragsrecht) das Gesetz gerade nicht vorgibt, dass bei Fehlen einer Regelung zum Mietzins der ortsübliche Mietzins geschuldet sei ist bei dieser Konstellation auch nicht ein Mietzins in ortsüblicher Höhe geschuldet.
Nachdem der Geschädigte sich zum Abschluss eines Mietvertrages des Autohauses Praller bedient hat, kann auch bereits grundsätzlich nicht der Gesichtspunkt greifen, dass ihm als Laie realistische Preise nicht bekannt seien. Das Zusammenwirken des Autohauses Praller und der Klägerin zeigt jedoch (gerade bei Berücksichtigung der tatsächlich gestellten Rechnung) dass gerade kein realistischer Preis angesetzt wird, sondern bewusst an dem Geschädigten vorbei versucht wird, den vermeintlichen „Schaden“ hoch anzusetzen.
Dies stellt strukturell einen Missbrauch des Schadensrechts dar.
Jedenfalls wenn auf die Leistung „Mietwagen“ bereits eine Zahlung erfolgt ist, welche jedenfalls in dem Bereich liegt, welcher als angemessen bewertet werden kann besteht bei dieser Konstellation auch keinerlei Grund, über § 242 BGB das eindeutige rechtliche Ergebnis zu korrigieren, dass dem Geschädigten kein Schaden entstanden ist (da er die Zahlung nicht schuldet) und hiermit kein Schadensersatzanspruch vorliegt, welcher abgetreten werden konnte.
Die bereits erfolgte Zahlung ist im konkreten Fall nicht abwegig gering.
(3) Nachdem aufgrund der gewählten vertraglichen Konstellation hier nicht zu prüfen war, welche Kosten für einen Mietwagen noch als „erforderlich“ gewertet werden können besteht kein Widerspruch zu der ständigen Rechtsprechung der zuständigen Berufungskammer. Es ist auch sonst keine obergerichtliche Rechtsprechung ersichtlich, welche exakt für diese Konstellation entschieden hat, dass die Höhe der ersatzfähigen Kosten losgelöst von einer etwaigen Zahlungspflicht des Geschädigten nach objektivierten Kriterien bemessen werden muss. Daher war keine Berufung zuzulassen, da – soweit ersichtlich – ein individueller Sonderfall zu beurteilen war.
(4) Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.