Verkehrsrecht

Reparaturkosten, Mietwagenkosten, Unfall, Berufung, Leistungen, Ersatzfahrzeug, Leasingvertrag, Ersatzpflicht, Normaltarif, Umsatzsteuer, Totalschaden, Erstattung, Pkw, Zuschlag, wirtschaftlicher Totalschaden, Vermeidung von Wiederholungen, kein Anspruch

Aktenzeichen  53 S 1496/21

Datum:
16.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 13149
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

(S) 14 C 343/20 2021-08-19 Urt AGGEMUENDEN AG Gemünden

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Gemünden a. Main vom 19.08.2021, Az. (S) 14 C 343/20, abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger über den in Ziffer 1 des Endurteils vom 19.08.2021 zuerkannten Betrag hinaus weitere 802,25 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 15.02.2020 sowie in Abänderung von Ziffer 2 des Endurteils vom 19.08.2021 Rechtsanwaltskosten in Höhe von 492,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % – Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 06.08.2020 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz trägt der Kläger zu 45 % und die Beklagte zu 55 %, die Kosten des Rechtsstreits in zweiter Instanz trägt der Kläger zu 58 % und die Beklagte zu 42 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.924,98 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Parteien streiten um Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall.
Am 10.12.2019 kam es zu einem Unfall zwischen dem klägerischen und dem bei der Beklagten versicherten Pkw in …. Beim klägerischen Pkw handelt es sich um ein Leasingfahrzeug der Firma …. Dieses wurde in der Zeit vom 14.01.2020 bis 21.01.2020 repariert. In dieser Zeit mietete der Kläger ein Ersatzfahrzeug. Die Beklagtenseite haftet zu 100 %.
Die Klägerseite machte außergerichtlich einen Schaden in Höhe von 4.580,88 € geltend, darunter Reparaturkosten in Höhe von 2.440,57 €, eine Schadenspauschale von 30 € und Mietwagenkosten in Höhe von 1.117,71 €. Die Beklagtenseite zahlte an den Kläger 2.115,62 €, insbesondere 1.098,02 € auf die Reparaturkosten und eine Schadenspauschale in Höhe von 25 €. Auf die Mietwagenkosten zahlte die Beklagte zunächst nichts. Erstinstanzlich verfolgte die Klägerseite die Differenz von 2.465,26 € nebst Rechtsanwaltskosten und Zinsen. Am 10.08.2020, nach Klagerhebung, zahlte die Beklagte an den Kläger 748,36 € Mietwagenkosten. Die Klägerseite hielt an ihrem Klageantrag unverändert fest.
Der Kläger ist der Auffassung, dass die Umsatzsteuer auf die Reparaturkosten ebenfalls zu erstatten sei, weil er nach dem Leasingvertrag zur Reparatur verpflichtet sei. Außerdem seien ein Aufschlag von 20 % auf die Mietwagenkosten gerechtfertigt, nachdem er unverzüglich nach Fertigstellung des Gutachtens vom 18.12.2019 am 19.12.2019 die Reparatur in Auftrag gegeben habe, sowie ein Zuschlag für Winterreifen und Haftungsbefreiung.
Das Amtsgericht verurteilte die Beklagte, an den Kläger 540,28 € sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 € nebst Zinsen zu zahlen und wies die Klage im Übrigen ab. Nach dem eingeholten Sachverständigengutachten seien Reparaturkosten in voller Höhe zu erstatten mit Ausnahme der Umsatzsteuer. Der Anspruchsinhaber des Schadensersatzes sei der Leasinggeber und nicht der Kläger als Leasingnehmer. Die ersatzfähigen Mietwagenkosten seien nach dem arithmetischen Mittel aus der sogenannten Schwacke-Liste und der sogenannten Fraunhofer Liste errechnen. Ein Aufschlag von 20 % sei nicht gerechtfertigt, da nicht vorgetragen worden sei, dass der Kläger aufgrund der unfallbedingten Not- und Eilsituation oder in Ermangelung einer Kreditkarte oder sonst ausreichender finanzieller Mittel zur Vorfinanzierung nicht generell in der Lage gewesen sei, eine Anmietung zum günstigeren Normaltarif zu erhalten. Ein Aufschlag für die Winterreifen sowie die Haftungsbefreiung könne dagegen gewährt werden, wobei letztere nur in Höhe von 40 % des Listenwertes berücksichtigt werden könnten. Unter Berücksichtigung einer Eigenersparnis von 10 % würden sich demnach erstattungsfähige Mietwagenkosten in Höhe von 696,99 € ergeben, welche mit der Zahlung von 748,36 € bereits vollständig getilgt seien. Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Ersturteil Bezug genommen.
Hiergegen legte die Klägerseite Berufung ein mit dem Ziel der Erstattung von Reparatur- sowie Mietwagenkosten in Höhe von insgesamt 2.465,26 €. Der Ersatz der Umsatzsteuer der Reparaturrechnung hänge vom Leasingvertrag ab. Müsse sich danach der Leasingnehmer um die Reparaturschäden selbst kümmern, sei die Umsatzsteuer zu ersetzen. Hinsichtlich der Mietwagenkosten sei ein Aufschlag in Höhe von 20 % vorzunehmen wegen höherer Vorhaltekosten sowie der Unfallsituation. Ob der Kläger die Mietwagenkostenrechnung bereits bezahlt habe, sei unerheblich. Eine Kürzung der Kosten für die Haftungsbefreiung sei nicht gerechtfertigt.
Mit Schriftsatz vom 29.12.2021 nahm die Klägerseite die Berufung teilweise zurück und beantragt zuletzt:
1.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger einen Betrag in Höhe von 1.171,62 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % – Punkten über dem Basiszinssatz seit 15.02.2020 zu bezahlen, und
2.die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger außergerichtlich angefallene Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 492,54 € nebst Zinsen in Höhe von 5 % – Punkten über dem Basiszinssatz seit Klageerhebung zu bezahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Nach Zustimmung der Parteien wurde mit Beschluss vom 30.12.2021 als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht und bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden konnten, der 19.01.2022 bestimmt und Termin zur Verkündung einer Entscheidung gemäß § 128 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung bestimmt.
II.
Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte Anspruch auf Zahlung restlichen Schadensersatzes in Höhe von 802,25 € gemäß § 7 StVG, § 115 VVG, §§ 249, 185 BGB.
1. Der Kläger ist aktivlegitimiert. Auf die zutreffenden Erwägungen des Erstgerichts wird abgestellt. Die Aktivlegitimation wurde von der Beklagten in der ersten Instanz nach vorherigem Bestreiten schließlich auch unstreitig gestellt.
2. Der Kläger kann von der Beklagten über den in Ziffer 1 des Endurteils vom 19.08.2021 zuerkannten Betrag hinaus weitere Reparaturkosten in Höhe von 802,25 € verlangen.
a) Die Reparaturkosten beliefen sich auf 2.050,88 € netto. Davon regulierte die Beklagtenseite 1.098,02 € sowie einen Betrag von 540,28 € nach Beendigung des erstinstanzlichen Verfahrens. Damit verbleibt ein Restbetrag von 412,58 €.
Der Kläger hat einen Anspruch auf Ersatz der vollen Reparaturkosten. Sie stellen den erforderlichen Geldbetrag nach § 249 Abs. 1 S. 1 BGB dar. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Ersturteils Bezug genommen. Das Amtsgericht ist jedoch bei der vorgenommenen Berechnung bedingt durch den anfänglich nicht deutlichen Vortrag der Klägerseite unzutreffend davon ausgegangen, dass die Beklagte außergerichtlich 1.510,60 € anstelle von 1.098,02 € gezahlt hat. Die Differenz von 412,58 € ist dem Kläger nunmehr noch zuzusprechen.
b) Daneben hat der Kläger einen Anspruch auf Ersatz der auf die Reparaturkosten entfallenden Umsatzsteuer in Höhe von 389,67 € gemäß 249 Abs. 2 S. 2 BGB.
Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger bloß Leasingnehmer und damit nicht Eigentümer des unfallgeschädigten Fahrzeugs ist. Er ist nämlich berechtigter unmittelbarer Besitzer. Der unmittelbare Besitz gehört zu den gemäß § 823 Abs. 1 BGB geschützten sonstigen Rechten.
In einem solchen Fall kann sich die Ersatzpflicht des Schädigers über den Nutzungsschaden hinaus auf auch einen sog. Haftungsschaden erstrecken. Haftungsschaden ist demnach der Schaden, der bei Beschädigung einer gemieteten oder geleasten Sache dem Besitzer durch seine Ersatzpflicht gegenüber dem Eigentümer entsteht (LG Coburg, Urteil vom 28.05.2021 – 32 S 7/21 m.w.N.).
So geht auch die wohl herrschende Rechtsprechung in den Fällen, in denen der Leasingnehmer gegenüber dem Leasinggeber zur Reparatur des Fahrzeugs auf eigene Kosten verpflichtet ist, von einem entsprechenden erstattungsfähigen Haftungsschaden des Leasingnehmers aus, der dann auch die Mehrwertsteuer mit einschließt, soweit der Leasingnehmer nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist (ebenda).
Diese Meinung wird insbesondere von der vom Amtsgericht zitierten Entscheidung des OLG München vom 23.01.2015, Az.: 10 U 1620/14, geteilt. Darin geht das OLG München ebenfalls von einem Ausnahmefall aus, wenn der geschädigte Leasingnehmer vertraglich zur Wiederherstellung und Reparatur verpflichtet ist und diese selbst für sich in Auftrag gibt.
Von der herrschenden Meinung weicht zwar das OLG Stuttgart in der auch vom Amtsgericht zitierten Entscheidung vom 16.11.2004, Az.: 10 U 186/04, ab. Dabei handelt es sich jedoch um eine Mindermeinung, die im Übrigen auch nicht nachvollziehbar begründet ist. Das OLG Stuttgart verweist nämlich lediglich pauschal auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.07.1993, Az.: IV ZR 181/92, wonach es hinsichtlich der Erstattungsfähigkeit der Mehrwertsteuer auf die Verhältnisse des Leasinggebers und nicht des Leasingnehmers ankomme. Der Bundesgerichtshof hatte in der zitierten Entscheidung über einen Schadensersatzanspruch auf Versicherungsleistung bei einer durch den Leasingnehmer zugunsten des Leasinggebers abgeschlossenen Fremdversicherung zu entscheiden, mit der das Risiko des Leasinggebers als Eigentümer des Fahrzeugs abgedeckt werden soll. Die Entscheidung ist auf hiesigen Fall daher nicht übertragbar (ebenda). Dasselbe gilt auch für die vom Erstgericht zitierte Entscheidung des BGH vom 30.04.1991, Az.: IV ZR 243/90.
Die Berufungskammer schließt sich der herrschenden Meinung unter Bezugnahme auf die zutreffenden Ausführungen des OLG Brandenburg im Urteil vom 22.08.2019, Az.: 12 U 11/19 an:
„Da der Leasingnehmer selbst den Vertrag mit dem Reparaturunternehmen abschließt und damit auch gegenüber dem Reparaturunternehmen auf Bezahlung der Vergütung haftet, tritt der Schaden unmittelbar bei ihm selbst ein, wenn er die Reparatur durchführen lässt und die Reparaturrechnung begleichen muss. Dies betrifft dann auch die Umsatzsteuer, wenn er – wie im Fall der Klägerin – nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, da die Klägerin gegenüber der … GmbH den Ersatz des vollständigen Rechnungsbetrages einschließlich der Umsatzsteuer schuldet. Da die Klägerin im Streitfall die Reparatur auch im eigenen Namen und auf eigene Rechnung hat durchführen lassen, ist der Schadensersatzanspruch auch nicht lediglich auf den Ersatz eines Nutzungsausfallschadens beschränkt. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass sie andernfalls auf der Umsatzsteuer „sitzenbleiben“ würde, da sie diese weder von dem Schädiger noch von dem Leasinggeber ersetzt bekommen würde, wodurch der Schädiger unbillig auf ihre Kosten entlastet würde, was durch die Neufassung des § 249 Abs. 2 BGB gerade verhindert werden sollte.“
Demnach kann der Kläger von der Beklagten die auf die Reparaturkosten anfallende Umsatzsteuer in Höhe von 389,67 €, (Anlage K3, Bl. 26 d.A.) ersetzt verlangen. Gemäß Ziffer X. Nr. 2. S. 2 der Leasingbedingungen war der Kläger verpflichtet, das Fahrzeug auf seine Kosten reparieren zu lassen, soweit kein technischer oder wirtschaftlicher Totalschaden vorliegt (Anlage K 11, Bl. 127 d.A.). Letzteres wird von keiner der Parteien behauptet.
Insoweit ist die Berufung demnach begründet.
3. Daneben steht dem Kläger jedoch kein Anspruch auf Erstattung weiterer Mietwagenkosten zu.
a) In gefestigter Rechtsprechung der Berufungskammern des Landgerichts Würzburg ist bei der Ermittlung der ersatzfähigen Mietwagenkosten nach einem Verkehrsunfall grundsätzlich vom arithmetischen Mittel der einschlägigen Mietwagenkosten aus der sog. „Schwacke-Liste“ sowie der sog. „Fraunhofer-Liste“ auszugehen.
Nachdem das Erstgericht der Rechtsprechung der Berufungskammern argumentativ folgt, wird zur Vermeidung von Wiederholungen von umfassenden Ausführungen Abstand genommen (vgl. etwa LG Würzburg, Urteil vom 21.08.2019 – 42 S 905/19). Die Meinung der Klägerseite, wonach ausschließlich die Schwacke-Liste der Schätzung der Mietwagenkosten zugrunde zu legen ist, teilt die Kammer aus den vom Erstgericht ausgeführten Gründen nicht.
b) Zu Recht hat das Erstgericht einen pauschalen Aufschlag von 20 % abgelehnt.
Der Bundesgerichtshof hält einen derartigen Zuschlag für möglich, wenn die Besonderheiten des Falles mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem Normaltarif höheren Betrag rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind. Inwieweit dies der Fall sei, habe der bei der Schadensabrechnung nach § 287 ZPO besonders freigestellte Tatrichter ggf. nach Beratung durch einen Sachverständigen zu schätzen. Dabei sei er nicht genötigt, die Kalkulationsgrundlagen des konkreten Anbieters im Einzelnen betriebswirtschaftlich nachzuvollziehen. Vielmehr komme es darauf an, ob etwaige Mehrleistungen und Risiken bei der Vermietung an Unfallgeschädigte generell einen erhöhten Tarif unter Umständen auch durch einen pauschalen Aufschlag auf den Normaltarif rechtfertigen (BGH NJW 2007, 2916).
Die Kammer hält daher an ihrer bisherigen Rechtsprechung fest, dass ein pauschaler Aufschlag auf den Normaltarif dann gerechtfertigt ist, wenn der Geschädigte aufgrund der unfallbedingten Not- und Eilsituation oder in Ermangelung einer Kreditkarte oder sonst ausreichender finanzieller Mittel zur Vorfinanzierung nicht in der Lage war, eine Anmietung zum günstigeren Normaltarif zu erhalten (LG Würzburg, Urteil vom 21.08.2019 – 42 S 905/19). Davon zu unterscheiden ist der von der Klägerseite vorgebrachte Einwand, dass ein Schaden bereits bei Vorliegen einer Rechnung eingetreten sei. Dies trifft zwar grundsätzlich zu, steht mit der hier vorliegenden Fragestellung aber in keinerlei Zusammenhang. Hinsichtlich der Frage, ob die geltend gemachten höheren Mietwagenkosten aufgrund unfallspezifischer Kostenfaktoren erforderlich sind, trifft den Geschädigten die Darlegungs- und Beweislast. Denn insoweit geht es nicht um die Verletzung der Schadensminderungspflicht, für die grundsätzlich der Schädiger die Beweislast trägt, sondern um die Schadenshöhe, die der Geschädigte darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen hat (BGH, Urteil vom 05.03.2013 – VI ZR 245/11).
Vorliegend ereignete sich der Unfall am 10.12.2019. Am 18.12.2019 war das Gutachten fertiggestellt. Am 19.12.2019 gab der Kläger die Reparatur in Auftrag, welche vom 14.01.2020 bis 21.01.2020 stattfand. Für diese Zeit mietete der Kläger das Ersatzfahrzeug. Die Anmietung erfolgte demnach mehr als ein Monat nach dem Unfallereignis. Eine besondere Not- und Eilsituation, wie sie unfalltypisch wäre, bestand daher nicht, insbesondere wäre unter diesen Umständen auch eine Vorreservierung möglich gewesen. Ob der Kläger zur Vorfinanzierung nicht in der Lage gewesen ist, wurde von ihm nicht dargetan. Ein Aufschlag von 20 % scheidet demnach aus.
c) Wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat, sind die geltend gemachten Kasko-Haftpflichtkosten grundsätzlich ersatzfähig, soweit sie tatsächlich angefallen sind und nicht schon in die Werte der Schwacke-Liste bzw. der Fraunhofer-Liste eingepreist sind. Nebenkosten können daher jedenfalls für eine Reduzierung des Selbstbehaltes unter 500,00 € anfallen (LG Würzburg, Urteil vom 21.08.2019 – 42 S 905/19). Dass das Erstgericht ausgehend von einer Selbstbeteiligung von 300 € einen Abschlag in Höhe von 60 % der Haftungsbefreiungskosten vorgenommen hat, fällt unter das tatrichterliche Ermessen des § 287 ZPO und ist berufungsrechtlich nicht zu beanstanden. Im Gegenteil erscheint es sinnvoll, nicht nur zwischen einer Selbstbeteiligung von mindestens 500 € (dann keine Erstattungspflicht) und einer niedrigeren Selbstbeteiligung (dann volle Erstattungspflicht) zu unterscheiden, sondern eine Differenzierung vorzunehmen.
d) Unter Berücksichtigung der weiteren zugrunde zu legenden und mit der Berufung nicht beanstandeten Faktoren (PLZ-Gebiet 97816, Mietwagenklasse 6, Kosten für Winterreifen, 10 % Abschlag für Eigenersparnis) errechnet sich ein Erstattungsanspruch in Höhe von 695,39 €:
Mittelwert Schwacke/Fraunhofer-Liste:
423,52 €
Tagespreis (Mittelwert ./. 7):
60,50 €
Preis für Mietdauer von 8 Tagen:
484,02 €
zzgl. 20 % Aufschlag:
entfällt
zzgl. Haftungsbefreiungskosten:
68,74 € (21,48 € – 60 % = 8,59 € × 8 Tage)
zzgl. Winterreifen:
80,00 € (s. Bl. 109 d.A.)
Insgesamt:
632,76 €
abzgl. 10 % Eigenersparnis:
48,40 €
Insgesamt:
584,36 €
zzgl. 19 % Mehrwertsteuer:
111,03 €
Gesamtergebnis:
695,39 €
Da die Beklagtenseite bereits eine Zahlung von 748,36 € auf die Mietwagenkosten geleistet hat, ist ein weitergehender Anspruch nicht gegeben. Die Frage, ob der erstattungsfähige Zeitraum sieben oder acht Tage umfasst, ist daher nicht entscheidungsrelevant.
Die Berufung ist insoweit unbegründet.
4. Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers betragen aus einem berechtigten Gegenstandswert in Höhe von 4.206,53 € (592,60 € Gutachterkosten, 2.440,57 € Reparaturkosten, 748,36 € Mietwagenkosten, 400 € merkantile Wertminderung, 25 € Schadenspauschale) 492,54 €.
Dies ergibt sich aus folgender Berechnung:
1,3 Verfahrensgebühr
393,90 €
Auslagenpauschale
20,00 €
Zwischensumme
413,90 €
19 % Umsatzsteuer
78,64 €
Summe
492,54 €
5. Die Zinsansprüche ergeben sich aus Verzugsgesichtspunkten, §§ 286, 288 Abs. 1, 291 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10 ZPO.
Die Streitwertentscheidung folgt aus §§ 47, 48 GKG i.V.m. §§ 2-5 ZPO.
Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, soweit es um den Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Ersatz der Umsatzsteuer auf die Reparaturkosten in Höhe von 389,67 € geht, weil die Rechtssache insoweit grundsätzliche Bedeutung hat.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache dann, wenn eine klärungsbedürftige Frage zu entscheiden ist, deren Auftreten in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen zu erwarten ist und deshalb das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage, wenn zu ihr unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und noch keine höchstrichterliche Entscheidung vorliegt (ZPO Zöller 34. Auflage § 543 Rn. 11).
Diese Voraussetzungen liegen hier teilweise vor. Die Frage, ob ein Leasingnehmer, der Verbraucher ist, bei Beschädigung des Leasingfahrzeugs vom Schädiger auch die Umsatzsteuer auf die Reparaturkosten verlangen kann, trifft in Anbetracht der hohen Anzahl an Leasingfahrzeugen auf eine unbestimmte Vielzahl von Fällen zu. Sie wird – wie unter Ziffer II.2.b) dargestellt – in der Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet und ist vom Bundesgerichtshof bislang nicht entschieden worden. Insoweit ist die Revision zuzulassen. Im Übrigen aber liegen die Voraussetzungen nicht vor. Dies betrifft die geltend gemachten Ansprüche auf weitere Reparaturkosten sowie Mietwagenkosten.


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