Verkehrsrecht

Unwirksamer Widerruf eines Darlehensvertrages zur Finanzierung eines Kraftfahrzeuges

Aktenzeichen  19 U 2600/19

Datum:
25.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 46318
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 522 Abs. 2
BGB § 288 Abs. 1

 

Leitsatz

Die Höhe der gesetzlichen Verzugszinsen und damit der anzugebende Zinssatz sowie dessen Änderungen aufgrund der Bindung an den jeweiligen Basiszinssatz ergeben sich unmittelbar aus § 288 Abs. 1 BGB. Deutlicher als der Gesetzgeber brauchte die Darlehensgeberin dies nicht darzulegen. (Rn. 8) (red. LS Andy Schmidt)

Verfahrensgang

35 O 2373/19 2019-05-07 Urt LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 07.05.2019, Aktenzeichen 35 O 2373/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 29.900,00 € festgesetzt.

Gründe

I. 
Der Kläger verfolgt mit der Berufung seine erstinstanzlich geltend gemachten Ansprüche wegen des Widerrufs eines Darlehensvertrages zur Finanzierung eines Kraftfahrzeuges und dessen Rückabwicklung gegenüber der Beklagten weiter. Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 07.05.2019 Bezug genommen (§ 522 Abs. 2 S. 4 ZPO).
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers, der im Berufungsverfahren beantragt,
unter Abänderung des am 07.05.2019 verkündeten und am 13.05.2019 zugestellten Urteils des Landgerichts München I, 35 O 2373/19 wie folgt zu erkennen:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 20.986,83 nebst 5,0%-Punkte Zinsen p.a. über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeuges BMW 520d Touring mit der Fahrgestellnummer …93 von dem Kläger an die Beklagte.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen den Kläger keine Ansprüche auf weitere Zins- und Tilgungsleistungen aus dem Darlehen Nr. …24 über einen Gesamtbetrag von ursprünglich EUR 34.580,45 nach Zugang der Widerrufserklärung zustehen.
3. Es wird festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Fahrzeuges BMW 520d Touring mit der Fahrgestellnummer …93 in Verzug befindet.
Die Beklagte beantragt,
1.Die Berufung wird zurückgewiesen.
2.Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Berufungskläger.
Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 02.07.2019 (Bl. 355/371 d.A.), auf die Bezug genommen wird, wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass und warum der Senat beabsichtigt, seine Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen. Mit Schriftsatz vom 23.07.2019 (Bl. 372/375 d. A) hat der Kläger zu dieser Hinweisverfügung Stellung genommen. Hierauf und auf die im Berufungsverfahren eingegangenen Schriftsätze der Parteien wird ergänzend Bezug genommen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 07.05.2019, Aktenzeichen 35 O 2373/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Der Senat hält das angefochtene Urteil für offensichtlich zutreffend und nimmt darauf Bezug. Bezug genommen wird ferner auf den vorausgegangenen Hinweis vom 02.07.2019 (Bl. 355/371 d. A.). Auch der weitere Schriftsatz des Klägers vom 23.07.2019 (Bl. 372/375 d. A) gab keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung:
I. Soweit der Kläger weiterhin meint, die nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 1 i. V. m. Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB (in der vom 13.06.2014 bis 20.03.2016 geltenden Fassung, im folgenden: a.F.) erforderliche Pflichtangabe über den Verzugszinssatz sei dem Kläger fehlerhaft erteilt worden (Schriftsatz vom 23.07.2019, S. 1/2, Bl. 372/373 d. A.), wird auf die entsprechenden Ausführungen des Senats im Hinweis vom 02.07.2019 (dort S. 8/9, Bl. 362/363 d. A.) Bezug genommen. Die Höhe der gesetzlichen Verzugszinsen und damit der anzugebende Zinssatz sowie dessen Änderungen aufgrund der Bindung an den jeweiligen Basiszinssatz ergeben sich unmittelbar aus § 288 Abs. 1 BGB. Deutlicher als der Gesetzgeber brauchte die Beklagte nicht zu sein. In Ziffer 3.3. der Allgemeinen Darlehensbedingungen wird zudem erläutert, zu welchen Zeitpunkten der Basiszinssatz ermittelt und wo er bekannt gegeben wird. Warum dies nicht genügen soll, vermag der Kläger auch im Schriftsatz vom 23.07.2019 nicht zur Überzeugung des Senates darzulegen. Im Übrigen mussten entgegen der Berufung weder der Verzugszins in einer absoluten Zahl beziffert zu werden noch zusätzlich die sich aus der Änderung des Basiszinses ergebenden Anpassungen aufgeführt zu werden. Dies ergibt sich weder aus der Verbraucherkreditrichtlinie (Art. 10 Abs. 2 lit. l) noch aus Art. 247 § 3 Abs. 1 Nr. 11 EGBGB a.F.
I. Soweit der Kläger unter dem Stichwort „Kündigungsrecht“ wohl an seiner Meinung festhält, dass über das bei der Kündigung einzuhaltende Verfahren nicht ausreichend nach Art. 247 § 6 Abs. 1 Nr. 5, Art. 247 § 12 EGBGB a.F. aufgeklärt wurde (Schriftsatz vom 23.07.2019, S. 2/3, Bl. 373/374 d. A.), setzt er sich mit den Argumenten des Senats in der Hinweisverfügung vom 02.07.2019 nicht auseinander, sondern zitiert ausschließlich eine Passage aus einem eine andere Auffassung vertretenden Urteil des Landgerichts München I. Auf die ausführlichen Darlegungen in der Verfügung des Senates vom 02.07.2019 wird deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen (dort S. 12/13, Bl. 366/367 d. A.).
I. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision sind nicht gegeben. Es liegt weder eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache vor noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.
I) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 12).
Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage im Übrigen nur dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen u.a. dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 12; Beschluss vom 22. September 2015 – II ZR 310/14, ZIP 2016, 266 Rn. 3 mwN). Jedenfalls letzteres ist bisher ersichtlich nicht der Fall.
Der Umstand, dass – wie vorliegend – eine einheitliche Entscheidung des Revisionsgerichts in mehreren denselben Sachverhalt betreffenden Parallelverfahren angestrebt wird, gibt der Sache nach Auffassung des Senates keine allgemeine, mithin grundsätzliche Bedeutung (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 14; Beschluss vom 22.09.2015 – II ZR 310/14, 266 Rn. 5). Daran ändert auch die Revisionszulassung durch die Oberlandesgerichte Stuttgart und Köln nichts.
I) Die Revision ist auch nicht zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung wegen Divergenz zuzulassen.
Das wäre dann der Fall, wenn in der Entscheidung des Berufungsgerichts ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt würde, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht (BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 10; Beschluss vom 29.05.2002 – V ZB 11/02, BGHZ 151, 42, 45; Beschluss vom 01.10.2002 – XI ZR 71/02, BGHZ 152, 182, 186; Beschluss vom 27.03.2003 – V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 293 mwN; Beschluss vom 09.07.2007 – II ZR 95/06, ZIP 2007, 2074 Rn. 2).
Eine solche Abweichung ist nicht ersichtlich und wird von der Berufung auch nicht vorgetragen. Der Senat weicht in seiner Entscheidung nicht von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ab. Divergenzen zu oberlandesgerichtlichen Endentscheidungen sind nicht bekannt und werden auch von der Berufung nicht dargelegt.
I) Die Fortbildung des Rechts erfordert ebenfalls keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (vgl. BGH, Beschluss vom 23.01.2018 – II ZR 76/16, Rn. 15; Beschluss vom 04.07.2002 – V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 225). Dies ist nach Ansicht des Senats und – soweit bekannt – erkennbar auch der überwiegenden Mehrheit der Oberlandesgerichte nicht der Fall.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 40, 47, 48 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO bestimmt. Der Senat hat dabei den Nettodarlehensbetrag in Höhe von 29.900,00 Euro zu Grunde gelegt.


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