Verkehrsrecht

Verfahren in Wildschadenssachen, Kostenbescheide, Kostenverteilung nach Antragsrücknahme

Aktenzeichen  AN 16 K 18.02033

Datum:
15.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 27762
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BJagdG § 35
BayJG Art. 47a
AVBayJG § 24 ff.
KG Art. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Die zulässige Klage, über die das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden konnte (§ 101 Abs. 2 VwGO), bleibt in der Sache ohne Erfolg, weil die Bescheide der Beklagten jeweils vom 26. September 2018 rechtmäßig sind und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Zunächst ist festzustellen, dass für die vorliegende Streitigkeit gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist. Streitgegenstand bilden zwei von der Beklagten als Hoheitsträgerin erlassene Kostenbescheide, die keine Vorbescheide i.S.v. § 35 BJagdG, Art. 47a BayJG, §§ 25 Abs. 2, 27 Abs. 3 AVBayJG darstellen, sondern lediglich anlässlich zurückgenommener Anträge auf Ersatz von Wildschäden ergangen sind. Derartige selbständige Kostenstreitigkeiten fallen nicht gemäß § 35 BJagdG, Art. 47a BayJG, § 29 AVBayJG in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit, sondern können vor den Verwaltungsgerichten angefochten werden (vgl. Art. 12 Abs. 3 BayKG).
2. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 26. September 2018, denen keine formellen Mängel anlasten, erweisen sich als materiell rechtmäßig.
a) Die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) sind gleichermaßen persönlich kostenpflichtig.
Die schriftlichen Anmeldungen von Wildschäden vom 18. April 2017, 2. Mai 2017 und 25. September 2017 weisen allesamt sowohl die Klägerin zu 1) als auch den Kläger zu 2) als Antragsteller aus, welche Ersatz für Wildschäden geltend machen. Der Kläger zu 2) ist zu keinem Zeitpunkt im Namen der Klägerin zu 1) und mithin als deren Vertreter aufgetreten.
Die Kläger formulieren ihre Anträge auf Wildschadensersatz vielmehr stets im Plural und schließen die im eigenen Namen abgegebenen Erklärungen mit ihren Unterschriften ab. Es findet sich nicht ansatzweise ein Hinweis darauf, dass der Kläger zu 2) lediglich als Vertreter der Klägerin zu 1) fungiert. Der Einwand der Kläger, die Niederschrift über die Güteverhandlung vom 20. Dezember 2017 führe den Kläger zu 2) bei den Teilnehmern als Bevollmächtigten der Klägerin zu 1), vermag hieran nichts zu ändern. Im Übrigen bezeichnet die Beklagte den Kläger zu 2) auf Seite 2 der Niederschrift als Geschädigten; ebenso führt sie die Klägerin zu 1) und den Kläger zu 2) im Rahmen eines vorausgegangenen Termins zur Ermittlung von Wildschäden am 25. Oktober 2017 gleichermaßen als Geschädigte.
b) Die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) haben die Kosten des Verfahrens, hier in Form von Auslagen der Beklagten für den beauftragten Wildschadenschätzer, als Veranlasser zu tragen.
aa) Grundsätzlich sind Ansprüche auf Ersatz von Wildschäden gemäß Art. 47a Abs. 1 BayJG im ordentlichen Rechtsweg geltend zu machen, wenn das Vorverfahren nach § 35 BJagdG stattgefunden hat. Letzteres ist, wenn eine gütliche Einigung nicht erreicht wird, mit Erlass eines Vorbescheides abgeschlossen. Nach Art. 47a Abs. 2 BayJG wird das Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Einzelheiten der Anmeldung von Wildschäden (§ 34 BJagdG) und des Vorverfahrens zu regeln, einschließlich der Kostentragung und der Zwangsvollstreckung aus der Niederschrift über die gütliche Einigung oder aus dem Vorbescheid. Zu den Kosten eines Verfahrens auf Wildschadensersatz finden sich in der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Jagdgesetzes (AVBayJG) allerdings lediglich folgende Regelungen: Den Vorgaben über den Inhalt einer Niederschrift bei Zustandekommen einer gütlichen Einigung liegt die Annahme des Verordnungsgebers zugrunde, dass die Beteiligten im Rahmen einer Einigung auch eine Vereinbarung über die Kostentragung treffen (vgl. § 26 Abs. 3 Satz 1 AVBayJG). Kommt eine gütliche Einigung nicht zustande, hat die Gemeinde einen schriftlichen Vorbescheid zu erlassen, der den Ersatzberechtigten, den Ersatzpflichtigen sowie die Höhe des Schadensersatzes feststellt und eine Bestimmung über die Kostentragung enthält (vgl. § 27 Abs. 3 AVBayJG). Entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten folgt dabei aus § 27 Abs. 1 AVBayJG, wonach die Gemeinde im Fall des Nichtzustandekommens einer gütlichen Einigung einen Schätzer beizuziehen hat, keine materielle Kostentragungspflicht der Gemeinde für entstehende Schätzkosten. Bereits der Wortlaut dieser Regelung steht einer derartigen Annahme klar entgegen. Ein Hinweis der Gemeinde auf durch die Beiziehung eines Schätzers entstehende höhere Kosten hat gerade vor dem Hintergrund der Kostentragung durch die Beteiligten zu erfolgen. Bezüglich der Kostenverteilung finden sich in Bayern somit keine gesetzlichen Regelungen. Die Gemeinden sind bei der Entscheidung über die Kostentragung des Verfahrens an keine festen Regelungen gebunden. Grundsätzlich werden die Kosten des Vorverfahrens, insbesondere die Kosten für den Wildschadensschätzer, unter Berücksichtigung des bisherigen Streitstandes nach billigem Ermessen und entsprechend den allgemein anerkannten Rechtsgrundsätzen im Verhältnis des gegenseitigen Obsiegens und Unterliegens verteilt werden (vgl. Käsewieter in PdK Bay D-7 Zu § 27 AVBayJG). Wenn dem Antrag des Geschädigten im Vorbescheid in vollem Umfang stattgegeben wird, trägt der Ersatzpflichtige die Kosten. Hat der Geschädigte hingegen nur zum Teil Erfolg, sind die Kosten entsprechend aufzuteilen. Wird der Antrag des Geschädigten zurückgewiesen, so hat der Antragsteller die Kosten in vollem Umfang selbst zu tragen. Ebenso folgt aus dem im Kostenrecht geltenden Veranlasserprinzip, dass bei einer Antragsrücknahme der Antragsteller als Veranlasser entstandene Kosten zu tragen hat (vgl. Art. 2 Abs. 1 KG; Roth in PdK Bay E-4b Verwaltungskostenrecht in Bayern, insbesondere der Kommunalbehörden 5. Kostenanspruch).
bb) Nach diesen Maßgaben erweist es sich als rechtmäßig, dass die Beklagte die Kläger nach Rücknahme deren Anträge auf Wildschadensersatz durch Erklärung des Klägers zu 2) vom 20. Dezember 2017 gesamtschuldnerisch zur Zahlung der im Verfahren auf Wildschadensersatz entstandenen Kosten herangezogen hat (Art. 2 Abs. 1 und 4 KG). Die Kläger sind als Antragsteller als Veranlasser der entstandenen Kosten heranzuziehen. Dass die Kläger vorliegend als Veranlasser im Sinne des Kostenrechts anzusehen sind, ergibt sich zunächst daraus, dass die Kläger Anträge auf Ersatz von Wildschäden gestellt und demgemäß die Einleitung eines Verfahrens auf Wildschadensersatz herbeigeführt haben. Hinsichtlich der entstandenen Auslagen für die Beauftragung des Wildschadenschätzers … ist zudem in den Blick zu nehmen, dass letzterer gerade auf ausdrücklichen Antrag der Kläger hin bereits zum Gütetermin geladen worden ist. Bereits in ihrer Anmeldung von Wildschäden vom 18. April 2017 führten die Kläger aus, dass ihres Erachtens eine gütliche Einigung in einem ersten Ortstermin ohne Wildschadenschätzer nicht mehr möglich sei. Obwohl die Beklagte die Kläger mit Schreiben vom 20. April 2017 darauf hingewiesen hatte, dass im Vorjahr angemeldete und festgestellte Wildschäden außer Verhältnis zu entstandenen Schätzkosten gestanden hätten, bat der Kläger zu 2) mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 11. September 2017 nochmals explizit um Beauftragung eines Gutachters. Zum Zeitpunkt der Rücknahme der Anträge der Kläger auf Wildschadensersatz waren demgemäß Auslagen im Sinne von Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 KG in Form einer dem Wildschadenschätzer … als Sachverständigen zustehenden Entschädigung in Höhe von 618,32 EUR entstanden. Diese sind nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 KG auch im Fall einer Antragsrücknahme unvermindert zu erheben. Eine Fehlerhaftigkeit der geltend gemachten Auslagen der Höhe nach ist weder von den Klägern substantiiert vorgebracht worden noch sonst ersichtlich. Die Kostenentscheidung der Beklagten erweist sich schließlich insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Beklagte die Kläger während des Verfahrens auf Wildschadensersatz mehrfach auf eine Beteiligung an entstehenden Schätzkosten hingewiesen hat, auch nicht als unbillig.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO.


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