Verkehrsrecht

Verkehrsunfall – Keine Anspruchskürzung für nichthaltenden Leasinggeber wegen Betriebsgefahr des Leasingfahrzeugs

Aktenzeichen  19 O 18193/16

Datum:
9.10.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 254, § 823
StVG StVG § 7 Abs. 1, § 9, § 17 Abs. 2
VVG VVG § 115

 

Leitsatz

Nach einem Verkehrsunfall unter Beteiligung eines Leasingfahrzeugs kann dem Schadensersatzanspruch des nichthaltenden Leasinggebers aus § 7 Abs. 1 StVG oder § 823 Abs. 1 BGB die Betriebsgefahr des Leasingfahrzeugs nicht anspruchsmindernd entgegengehalten werden (Anschluss OLG Karlsruhe BeckRS 2013, 21185). Dies gilt auch dann, wenn der Schadensersatzanspruch des Leasinggebers vom Leasingnehmer im Wege der gewillkürten Prozessstandschaft geltend gemacht wird (vgl. BGH BeckRS 2017, 110223). (Rn. 23 – 27) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Firma … GmbH, München, € 8.071.69 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 24.09.2016 zu bezahlen.
II. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von € 679,10 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 24.09.2016 zu bezahlen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 11% über dem jeweils beizutreibenden Betrag vorläufig vollstreckbar.
V. Der Streitwert für das Verfahren wird auf € 8.071,69 festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage erwies sich als in vollem Umfange begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf vollen Schadensersatz gemäß § 7 Abs. 1 StVG, 115 VVG.
Der Kläger ist aktivlegitimiert aufgrund der gewillkürten Prozessstandschaft. Die Eigentümerin des von ihm geleasten Fahrzeugs hat ihn im konkreten Fall zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche in eigenem Namen ermächtigt. Die Leasinggeberin hat den Kläger darüber hinaus auch ermächtigt, diese Ansprüche durchzusetzen.
Eine Benachteiligung der Beklagten aufgrund der Prozessstandschaft ist nicht gegeben, vielmehr entspricht die Situation derjenigen in der die Leasinggeberin die Ansprüche selbst gegen den Beklagten geltend macht.
Eine Verschlechterung der Situation der Beklagten ist damit nicht gegeben.
Der Kläger hat Anspruch aus § 7 StVG und § 823 BGB, 115 VVG wegen Verletzung des Eigentums der Leasinggeberin.
Der genaue Hergang des Unfalls ist nicht mehr zu klären auch nicht durch ein Sachverständigengutachten. Insoweit ist auf die sich widersprechenden Angaben der Unfallbeteiligten sowie der Zeugin K. abzustellen. Damit ist nicht mehr klärbar, welches der Fahrzeuge seine Spur verlassen hat. Beide Fahrzeuglenker haften damit nur aus der gleichwertigen Betriebsgefahr.
Nachdem der Kläger jedoch Ansprüche der Leasinggeberin geltend macht, muss er sich weder die Betriebsgefahr des von ihm gelenkten Fahrzeugs noch ein Mitverschulden anspruchsmindernd zurechnen lassen und zwar weder aus § 7 StVG noch aus § 823 BGB, es gibt hier keine Zurechnungsnorm (vgl., OLG Karlsruhe, vom 2.12.2013 -1 U 74/13).
§ 17 Abs. 2 StVG scheidet aus, diese Vorschrift regelt die Haftungsverteilung der Halter untereinander.
Ebenso scheiden § 9 StVG und § 254 BGB als Zurechnungsnorm aus, § 9 scheidet im Rahmen der deliktischen Haftung aus, da sie sich nur auf Ansprüche aus der straßenverkehrsrechtlichen Gefährdungshaftung bezieht.
Die Betriebsgefahr eines Kraftfahrzeuges kann sich zwar grundsätzlich in erweiterter Auslegung des § 254 BGB grundsätzlich anspruchsmindernd auswirken, der BGH hat in seinen Entscheidungen jedoch ausdrücklich die Zurechnung der Betriebsgefahr über § 254 BGB gegen eigene Ansprüche des Halters aus Eigentum bejaht, gegen Ansprüche des Eigentümers, der nicht Halter ist, aber ebenso ausdrücklich verneint.
Damit aber scheidet eine Zurechnung der Betriebsgefahr auf den geltend gemachten Anspruch aus Eigentum aus. Dies hat zur Folge, dass dem Kläger dem Grunde nach Schadensersatz zu 100% zusteht.
Der Schaden berechnet sich wie folgt:
„Reparaturkosten € 5.482,72
Sachverständigengebühren € 772,64
Wertminderung € 1.100,00
Mietwagenkosten € 691,33
Unkostenpauschale € 25,00
Gesamt € 8.071,69
Rechtsanwaltsgebühren:
Gegenstandswert: € 8.071,69
1,3 Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG € 659,10
Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG € 20,00
Gesamt € 679,10
Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, .288 BGB. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.“
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit basiert auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO.


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