Aktenzeichen 13a AS 17.50010
AsylG AsylG § 27a, § 34a
Leitsatz
Die Frage, ob das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn systemische Mängel aufweisen, bedarf einer Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 23. November 2015 wird angeordnet.
II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren die Anordnung der Fortdauer der mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 4. Januar 2016 angeordneten aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 23. November 2015. In Nr. 1 dieses Bescheids war die Unzulässigkeit des Asylantrags wegen der Unzuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland gemäß § 27a AsylG ausgesprochen und in Nr. 2 die Abschiebung nach Ungarn gemäß § 34a AsylG angeordnet worden. Auf ihren mit der Klage gestellten Antrag hin ordnete das Verwaltungsgericht Ansbach mit Beschluss vom 4. Januar 2016 die aufschiebende Wirkung der Klage an. Durch Urteil vom 25. Oktober 2016 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Am 7. Dezember 2016 beantragten die Antragsteller die Zulassung der Berufung. Diese wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Januar 2017 zugelassen. Am 28. Februar 2017 haben die Antragsteller wegen des drohenden Zeitablaufs vorliegenden Antrag gemäß § 80b Abs. 2 VwGO auf Fortdauer der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gestellt.
II.
Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist er nach § 80b Abs. 2 VwGO statthaft, weil die Geltungsdauer der mit Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 4. Januar 2016 angeordneten aufschiebenden Wirkung der Klage abläuft. Diese endet, wenn die Anfechtungsklage im ersten Rechtszug abgewiesen worden ist, drei Monate nach Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist des gegen die abweisende Entscheidung gegebenen Rechtsmittels (§ 80b Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nachdem das klageabweisende Urteil vom 25. Oktober 2016 den Antragstellern mit Empfangsbekenntnis am 7. November 2016 zugestellt worden war, war die Zulassung der Berufung einschließlich der Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen ist, gemäß § 78 Abs. 4 AsylG bis zum 7. Dezember 2016 zu beantragen. Damit läuft die Dreimonatsfrist des § 80b Abs. 1 Satz 1 VwGO für die aufschiebende Wirkung der Klage am 7. März 2017 ab.
Der Antrag ist auch begründet. Gemäß § 80b Abs. 2 und 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO wird angeordnet, dass die aufschiebende Wirkung fortdauert.
Im Rahmen eines Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO nimmt das Gericht unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs eine eigenständige Abwägung darüber vor, ob die Interessen, die für einen sofortigen Vollzug des angefochtenen Verwaltungsakts, oder diejenigen, die für die Anordnung/Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung streiten, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache ein wesentliches, aber nicht das alleinige Indiz für und gegen den gestellten Antrag (Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 80 Rn. 71 ff.).
Ob die Entscheidungskriterien und der Inhalt der Entscheidung in vollem Umfang den Anforderungen des § 80 Abs. 5 VwGO entsprechen (verneinend OVG Bremen, B.v. 13.12.1999 – 1 B 422/99 – NVwZ 2000, 942; zum Streitstand siehe Schmidt, a.a.O., § 80b Rn. 7 und Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2016, § 80b Rn. 15 jeweils m.w.N.) kann dabei dahingestellt bleiben, denn auch bei Anwendung der dargestellten Grundsätze ergibt sich im vorliegenden Fall, dass dem Antrag stattzugeben ist. Das Interesse der Antragsteller an der Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage überwiegt das öffentliche Interesse am Sofortvollzug.
Zwar wurde die Klage der Antragsteller mit Urteil vom 25. Oktober 2016 abgewiesen, jedoch hat der Verwaltungsgerichtshof die hiergegen gerichtete Berufung mit Beschluss vom 25. Januar 2017 wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Die Frage, ob das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Ungarn systemische Mängel aufweisen, bedarf einer Klärung durch den Verwaltungsgerichtshof. Angesichts dessen kann der Klage der Antragsteller eine gewisse Erfolgsaussicht nicht abgesprochen werden. Hinzu kommt, dass eine sofortige Abschiebung nach Ungarn zu gravierenden Folgen für die Kläger führen könnte. Unabhängig davon, ob im ungarischen Asylsystem tatsächlich Schwächen vorhanden sein sollten, würde allein die Tatsache der Abschiebung dorthin für die Antragsteller eine große psychische Belastung darstellen. Ihrem Interesse an einem kurzfristigen weiteren Verbleib in der Bundesrepublik bis zur Klärung der offenen Fragen ist deshalb ein höheres Gewicht beizumessen als dem öffentlichen Interesse an einer sofortigen Abschiebung, zumal die mündliche Verhandlung bereits terminiert ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.