Verwaltungsrecht

Asylantrag eines Ausländers ungeklärter Staatsangehörigkeit

Aktenzeichen  M 17 S 17.37868

Datum:
8.6.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
GG GG Art. 16a
AsylG AsylG § 36 Abs. 4
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist ein aus Palästina stammender Ausländer ungeklärter Staats-angehörigkeit. Er reiste nach eigenen Angaben im August 2013 auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland und stellte hier am 19. August 2013 einen Asylantrag.
Bei der Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gab der Antragsteller an, sein Heimatland sei …, wo er mit seinen Eltern bis zu seinem 6. Lebensjahr gelebt habe. Danach sei er bei seinem Onkel in Libyen aufgewachsen. In Libyen habe es Krieg gegeben. Er habe das Land allein wegen des Krieges verlassen und sei über die Türkei und die Balkanroute nach Deutschland eingereist. Zunächst habe er nach England gewollt; er habe dann aber Deutschland – auch wegen der erfolgten Inhaftierungen in der JVA … und der JVA … – nicht mehr verlassen.
Auf Frage, wo er am liebsten hingehen wolle, gab der Antragsteller an, nach …, wo seine Angehörigen lebten.
Mit Bescheid vom 13. April 2017 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (1.), auf Asylerkennung (2.) sowie den Antrag auf subsidiären Schutz (3.) als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (4.). Es forderte die Antragstellerpartei auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb 1 Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde die Abschiebung nach Israel oder in einen anderen Staat, in den eingereist werden darf oder der zur Rückübernahme verpflichtet ist, angedroht (5.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (6.).
Aus dem Sachvortrag des Antragstellers sei nicht ersichtlich, dass ihm eine individuelle Verfolgung in … drohe. Er habe weder eine Verfolgung in Anknüpfung an asyl- und flüchtlingsrelevante Merkmale geltend gemacht, noch eine konkrete und aktuelle Bedrohungslage, die fluchtursächlich sei. Stattdessen habe er auf Nachfrage sogar angegeben, dass er gerne freiwillig nach … zurückkehren würde. Der angegebene Krieg in Libyen sei für die Prüfung der Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes nicht entscheidungsrelevant und auch für Libyen habe der Antragsteller keine individuelle konkrete Gefahr für sich selbst substantiiert vorgetragen.
Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 19. April 2017, erhob die Antragstellerpartei am 24. April 2017 Klage (M 17 K 17.37866) und beantragte gleichzeitig, hinsichtlich der Ausreiseaufforderung und der Abschiebungsandrohung die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
Zur Begründung wurde auf die Angaben gegenüber dem Bundesamt Bezug genommen.
Die Antragsgegnerin legte die Akte vor und stellte keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Klageverfahren sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (Art. 16a Abs. 4 GG, § 36 Abs. 4 AsylG).
1. Gemäß Art. 16a GG, § 36 Abs. 4 AsylG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtschutz zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG offensichtlich nicht besteht – wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht – und ob dieser weiterhin Bestand haben kann (BVerfG, B.v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – BVerfGE, 67, 43).
Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a GG) und die Voraussetzungen des § 3 AsylG offensichtlich nicht vorliegen (§ 30 Abs. 1 AsylG). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel im Sinne des Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht Stand hält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.), was nach ständiger Rechtsprechung aber nicht anzunehmen ist, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B.v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – InfAuslR 1993, 196).
2. An der Rechtmäßigkeit der durch das Bundesamt getroffenen, streitgegenständlichen Entscheidungen bestehen hier keine derartigen ernstlichen Zweifel.
a) Die Anerkennung als Asylberechtigter scheidet bereits deswegen aus, weil die Antragstellerpartei auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist ist (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i.V.m. § 26a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylG).
Aber auch ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Asylberechtigter oder als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag der Antragstellerpartei nicht erkennbar.
Das Gericht folgt der zutreffenden Begründung der Antragsgegnerin im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG). Der Antragsteller ist offensichtlich aus nichtflüchtlingsrelevanten Gründen nach Deutschland gereist und hat hier einen Asyl- und Schutzantrag gestellt. Sein Vorbringen beinhaltet keinen Anhalt dafür, dass die Voraussetzungen für einen solchen Schutz auch nur ansatzweise vorliegen können.
b) Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt auch insoweit auf die Begründung des Bescheides des Bundesamtes Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Vor diesem Hintergrund ist die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung sowie die damit verbundene Ausreiseaufforderung nicht zu beanstanden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO (§ 83b AsylG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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