Verwaltungsrecht

Asylklage, Ugander, Homosexualität, unglaubhaft

Aktenzeichen  M 5 K 17.40909

Datum:
9.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 47189
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3
AsylG § 78
AufenthG § 60

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Der Kläger hat kein Verfolgungs- oder Lebensschicksal geschildert, das die die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 des Asylgesetzes/AsylG) rechtfertigen würde.
a) Der Vortrag des Klägers, er befürchte eine Verfolgung aufgrund seiner Homosexualität bei einer Rückkehr nach Uganda, ist unglaubhaft.
Gerade in einer Gesellschaft wie der in Uganda, die gleichgeschlechtlicher Sexualität ablehnend gegenübersteht, ist das Bewusstwerden der eigenen homosexuellen Sexualität ein Schritt, der eine Abweichung der persönlichen sexuellen Orientierung von der gesellschaftlich erwarteten Orientierung bedingt. Das bedeutet eine Distanzierung von den gesellschaftlichen Konventionen, was sich nicht in einem einfachen Erkennen der eigenen abweichenden Orientierung erschöpft, sondern einen Prozess erfordert – gerade in einem eine solche Form der Sexualität ablehnenden Umfeld. Hierzu hat der Kläger nichts Substantiiertes vorgetragen. Das „innere Ringen“ zwischen den erwarteten gesellschaftlichen Konventionen und der Erkenntnis bzw. dem Nachgeben der eigenen sexuellen Veranlagung ist auch nicht ansatzweise vorgetragen worden (vgl. hierzu Berlit/Dörig/Storey, ZAR 2016, 332 ff.).
Soweit der Kläger hierzu auf mehrfache Nachfragen des Gerichts wie auch seines Bevollmächtigten angegeben hat, dass es gefährlich gewesen sei, seinen homosexuellen Gefühlen nachzugeben, das sei aber „in Ordnung“ für ihn gewesen, er sei „so geboren, er komme da nicht raus“, so wirkt das vage und aufgesetzt. Ein „inneres Ringen“ oder einen „Zwiespalt“ zwischen den gesellschaftlichen Erwartungen und dem Nachgeben zugunsten seiner angeblich homosexuellen Veranlagung hat der Kläger nicht schlüssig und nachvollziehbar vorgetragen. Die Angabe, er habe „schon gekämpft“ wirkt oberflächlich. Er hat andererseits angegeben, dass er keine andere Möglichkeit gehabt habe, als seine sexuelle Orientierung „auszuleben“. Er frage sich, warum das verboten sei, warum das die Leute nicht akzeptieren würden. Das wirkt oberflächlich und aufgesetzt, gerade vor dem Hintergrund, dass er gewusst habe, dass homosexuelle Handlungen in Uganda verboten seien und er nach seinen Angaben im Schreiben vom … März 2017 bereits Ausgrenzungen aufgrund einer vermuteten Homosexualität durch die Dorfbewohner erlebt haben will.
Unterstrichen wird der Eindruck der Unglaubhaftigkeit des Vortrags durch das Treffen und die Hilfe von dem Mann, den der Kläger im Wald getroffen haben will. Es wirkt völlig unlogisch, dass der Kläger, der einer angeblichen massiven Bedrohung durch Dorfbewohner aufgrund seiner homosexuellen Veranlagung entkommen sein will, einem Fremden diese Veranlagung offenbart. Das läuft dem Zweck seines Versteckens im Busch völlig zuwider. Das kann auch nicht mit einer angeblichen psychischen Ausnamesituation erklärt werden, in der sich der Kläger befunden haben will. Denn mit dieser Offenheit einem wildfremden Menschen gegenüber setzt er sich in völligen Widerspruch zu dem Zweck seines Versteckens und setzte sich der erheblichen Gefahr erneuter Übergriffe aus. Unlogisch und aufgesetzt wirkt es, dass dieser Mann den Kläger mit zu sich nach Hause genommen und bei der Ausreise geholfen haben will. Schließlich wirkt es auch lebensfremd, dass ein Fremder bei der Großmutter des Klägers den Verkauf von fünf Kühen vorschlägt, um damit die Ausreise des Klägers zu finanzieren und diese darüber froh darüber gewesen sei. Vielmehr wäre es verständlich und nachvollziehbar gewesen, dass die Großmutter irgendeinen Beleg für dafür verlangt hätte, dass der Verkaufserlös tatsächlich für die Ausreise des Klägers gedacht ist, um einen Missbrauch auszuschließen. Hierzu hat der Kläger aber nicht ansatzweise etwas vorgebracht. Das Auftauchen eines Unbekannten, der dem Kläger die Ausreise aus Uganda ermöglicht, wirkt insgesamt aufgesetzt und konstruiert.
Zudem hat der Kläger beim Bundesamt angegeben, dass er sich mit seinem Freund nur in der Öffentlichkeit habe treffen können, in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass sie sich in seinem Haus getroffen hätten. Die Erklärung hierzu, dass beim Bundesamt falsch übersetzt worden sei, kann nicht verfangen. Denn dem Kläger wurden seine Aussagen beim Bundesamt rückübersetzt, er hat ausdrücklich bestätigt, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben hat (Anhörungsprotokoll S. 5).
Auch der Umstand, dass er in seiner Unterkunft in Deutschland Schwierigkeiten wegen seiner Homosexualität bekommen habe, bedingt nichts Anderes. Letztlich beruhen die Schwierigkeiten nach der Schilderung des Klägers auf den Vermutungen der anderen Bewohner. Vor allem erfolgte das aufgrund der Gespräche des (früheren) Freundes des Klägers mit den anderen Bewohnern. Ein Entdecken bei homosexuellen Handlungen ist ausdrücklich nicht angegeben. Daher ist der Beweiswert dieser Erklärung des Klägers als gering anzusehen.
Die von der Klagepartei vorgetragene Anbindung an eine Organisation, die homosexuelle Menschen betreut und berät ( … e.V.), kann den Kläger nicht davon befreien, seine homosexuelle Veranlagung glaubhaft darzulegen. Das hat der Kläger nicht getan. Das gilt entsprechend auch für das fachärztliche Attest vom 1. Oktober 2018 von Dr. B. sowie die Teilnahmen am Christopher Street Day in …
Soweit über eine Parade in der Presse mit einem Foto berichtet wurde, erscheint es nicht vorstellbar, dass hierdurch der Kläger in Uganda als homosexuelle Person identifiziert werden könnte. Das gilt sowohl hinsichtlich des Verbreitungsgrades der deutschsprachigen Zeitung wie auch des Fotos, das eine persönliche Identifizierung des Klägers mit Namen nicht ermöglicht.
In der Gesamtschau wirkt der Vortrag der angeblichen Homosexualität äußerst oberflächlich, vage, widersprüchlich und aufgesetzt. Entsprechend sind die von der Klagepartei vorgelegten Berichte über die Situation homosexueller Menschen in Uganda für das vorliegende Klageverfahren nicht relevant.
b) Nach § 145 des Strafgesetzbuches (Penal Code Act, 1950) sind homosexuelle Handlungen sowohl zwischen Männern als auch Frauen in Uganda unter Strafe gestellt („Geschlechtsverkehr wider die Natur“). Am 24. Februar 2014 unterzeichnete der Präsident Ugandas ein Gesetz, das für gleichgeschlechtliche Handlungen Strafen bis zur Todesstrafe sowie eine Strafbarkeit für „Förderung der Homosexualität“ und die „Unterstützung und Beihilfe zur Homosexualität“ vorgesehen hat (Auskunft von amnesty international vom 30.8.2019 an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof). Dieses Gesetz wurde aber vom Verfassungsgericht im August 2014 für nichtig erklärt (Länderinformationsblatt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Stand 27.9.2017, S. 17). Die Diskussion um die letztlich erfolglose Gesetzesverschärfung 2014/15 sei danach abgeflacht (Auswärtiges Amt vom 2.7.2018 an das BAMF). Eine im Oktober 2019 von Ethik- und Integritätsminister Ugandas angekündigte Einführung der Todesstrafe für einvernehmliche homosexuelle Handlungen wurde wenige Tage später von einem Regierungssprecher dementiert (Auskunft von amnesty international vom 21.10.2019 an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof).
Die von anderen Verwaltungsgerichten in Bezug auf Homosexuelle in Uganda vertretene Ansicht (vgl. VG Regensburg, U.v. 4.9.2017 – RN 1 K 17.32818 – juris S. 12 m.w.N.), dass insoweit die Voraussetzungen der § 3 ff. AsylG erfüllt wären, kommt für den vorliegenden Fall von vornherein nicht zum Tragen. Denn der Kläger hat nicht glaubhaft vortragen können, homosexuell zu sein. Zur weiteren Begründung kann auf die zutreffenden Ausführungen im Bescheid des Bundesamtes vom 11. Mai 2017 verwiesen werden (§ 77 Abs. 2 AsylG).
c) Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Es sind keine Gesichtspunkte vorgetragen oder sonst ersichtlich, die die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen in Frage stellen könnten.
d) Für das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist weder etwas vorgetragen noch ersichtlich.
Auch gegen die Rechtmäßigkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG bestehen keine Bedenken.
Zur weiteren Begründung wird auf den bereits zitierten Bescheid des Bundesamtes verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
2. Der Kläger hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Nach § 83 b AsylG ist das Verfahren gerichtskostenfrei.


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