Verwaltungsrecht

Besatzdichte bei Legehennenhaltung

Aktenzeichen  RN 4 S 17.1037

Datum:
28.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
TierschG TierschG § 2 Nr. 1, § 16a Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1
TierSchNutztV TierSchNutztV § 4 Abs. 1 S. 1 Nr. 10, § 13, § 45 Abs. 4
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
BayVwVfG BayVwVfG § 37 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Für das Wohl der betroffenen Tiere ist es unabdingbar, dass die zulässigen Besatzzahlen in den einzelnen Käfigen nicht überschritten werden. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Zwangsgeld bei überhöhtem Käfigbesatz mit Legehennen muss sich ausschließlich an dem Überbesatz orientieren und darf nicht auch den zulässigen Regelbesatz miteinbeziehen. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Nummer 1.2 des Bescheides des Landratsamtes D … vom 19.5.2017 wird wiederhergestellt. Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Nummer 3 des Bescheides des Landratsamtes D … vom 19.5.2017 wird angeordnet, soweit sich die Zwangsgeldandrohungen auf die Nummern 1.1 und 1.2 des streitgegenständlichen Bescheides beziehen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
II. Die Antragstellerin und der Antragsgegner tragen die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte.
III. Der Streitwert wird auf 2500.-€ festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen tierschutzrechtliche Anordnungen.
Am 21.2.2017 fand eine Kontrolle der Legehennenhaltung der Firma … statt. Dabei wurde u.a. Folgendes festgestellt: Bei der Erfassung des Käfigbesatzes wurden bis zu 85 (großer Käfig, geeignet für max. 60 Tiere) und bis zu 23 Tiere (kleiner Käfig, geeignet für max. 20 Tiere) ermittelt. Die Scharr- und teilweise auch die Nestmatten waren – insbesondere in den stallbodennahen Käfigetagen – zum Teil stark kotverschmutzt. Bereits während des Einstreuvorgangs und unmittelbar danach haben die Tiere die Einstreu (Futter) fast vollständig aufgenommen. Es konnten einige wenige Tiere beobachtet werden, die ansatzweise die Verhaltensweise Staubbaden kurz nach dem Einstreuvorgang ausführten. Der Vorgang wurde jeweils nach einigen Sekunden wieder abgebrochen. Die wahrscheinlichen Ursachen hierfür können das geringe Platzangebot und die offensichtlich nicht ausreichende Einstreu auf der Scharrmatte sein.
Am 13.3.2017 fand eine Nachkontrolle im genannten Betrieb der Antragstellerin statt. Dabei wurde ausweislich eines Aktenvermerks des Landratsamtes D … vom 16.3.2017 Folgendes festgestellt:
„Die bei der Kontrolle am 21.2.2017 vorgefundenen überbesetzten Käfige wurden ausgezählt: 4 Käfige (jeweils K 1 in E 1 und E 2 in allen 4 Ställen), davon waren 2 nach wie vor überbelegt (vormals 80 jetzt 65 Hennen und vormals 85 Hennen jetzt 66 Hennen); 2 kleine Käfige (jeweils K 30 in E 2 in Stall 2 und 4) waren auch immer noch überbelegt (vormals 23, jetzt 26; vormals 22, jetzt 25).
Einstreuvorgang:
14 Käfige wurden laut Liste am 21.2.2017 vorgefunden, aus denen während der Demonstration des Einstreuvorganges keine Einstreu aus dem Einstreurohr austrat. Von diesen 14 Käfigen wurden am 13.3.2017 10 nachkontrolliert. Bei allen 10 Käfigen wurden entweder Einstreureste auf oder unter der Matte vorgefunden oder der Einstreuvorgang konnte während des regulären Einstreubetriebs beobachtet werden.
Alle bereits bei der Kontrolle am 21.2.2017 festgestellten verschmutzten Nest- oder Scharrmatten waren auch bei der Nachkontrolle am 13.3.2017 noch genauso stark verschmutzt.“
Mit Schreiben vom 20.3.2017 hörte das Landratsamt D … die Antragstellerin zum beabsichtigten Erlass einer tierschutzrechtlichen Anordnung an. Die Antragstellerin äußerte sich wie folgt: Für die Tiere in den Haltungseinrichtungen der Antragstellerin entstünden keine Leiden. Es läge keine Überbesetzung der Käfige, erst recht keine planmäßige Überbesetzung vor. Es sei in der Einrichtung ein Tierbestand von 487.500 Legehennen zugelassen. Eingestallt seien lediglich 394.000 Tiere. Es läge damit ein struktureller Leerstand von 20 Prozent vor. Eine kurzfristige Überbesetzung vereinzelter Käfige sei denkbar, wenn entlaufene Hühner wieder eingefangen und in einen möglichst nahegelegenen Käfig verbracht würden. Ein so theoretisch entstandener Überbesetz werde allerdings umgehend durch eine Umsetzung von Tieren in die vorhandenen weniger besetzten Käfige beseitigt. Es läge kein Überbesatz vor, daher bedürfe es keiner Regelung. Es sei stets Einstreumaterial von geeigneter Struktur vorhanden. Die installierte Technik und das Einstreumanagement entsprächen den tierschutzrechtlichen Vorgaben in vollem Umfang. Es existierten keine rechtlich verbindlichen Leitsätze bezüglich einer zu verwendenden Menge an Einstreu. Es werde um Konkretisierung gebeten, wie ein taugliches Management auszusehen habe. Scharrmatten würden derzeit von unten abgedichtet. Die Scharrmatten würden regelmäßig gesäubert.
Ausweislich eines hausinternen E-Mails des Landratsamtes D … fand am 25.4.2017 eine Routinekontrolle im Betrieb … statt. Dabei wurde u.a. festgestellt, von den im Gutachten zur Kontrolle vom 21.2.2017 genannten Käfigen seien drei nachkontrolliert worden. Überbesatz sei nicht festzustellen gewesen. Während der Besichtigung der Käfige in den vier Ställen, in verschiedenen Reihen und den 2 Etagen sei optisch ein stark gefüllter Käfig aufgefallen, der bei näherer Betrachtung mit maximal 60 Hennen besetzt gewesen sei. Die Einstreuanlage sei laut Angaben des Betriebs auf 6 mal täglich knapp eine Minute eingestellt. Während der Begehung sei die Anlage im Stall 3 gelaufen. Während des Einstreuvorgangs sei Futter auf die Matten gefallen, die Hennen hätten stark interessiert reagiert. Sie hätten mit Wegpicken begonnen, das Futter gefressen und nicht gescharrt bzw. sandgebadet. Unter den perforierten Matten sei viel Futter im gesamten Stallbereich gelegen. Im gesamten Betrieb seien auffallend saubere Scharmatten gewesen.
Unter dem 19.5.2017 erließ das Landratsamt D … gegenüber der Antragstellering folgenden Bescheid, der an den Bevollmächtigten der Antragstellerin am 22.5.2017 zugestellt wurde.
1. Folgende bei den Kontrollen vom 21.2.2017 und 13.3.2017 festgestellten Mängel sind vollständig und fristgerecht zu beseitigen:
1.1. Die maximale Besatzdichten der Käfige sind ab sofort unter Berücksichtigung der rechtlichen Forderungen (nutzbare Fläche, Einstreubereich, Nest, Futtertrag, Sitzstangen und Tränkevorrichtung) einzuhalten.
1.2. Der Einstreubereich ist mit ständig während der Hellphase verfügbarem Einstreumaterial mit feinkörnigen Partikeln mindestens in einer solchen Menge zu beschicken, dass insbesondere beim Staubbaden Substrat in das Gefieder eingebracht werden kann.
1.3. Scharrmatten sind sauber zu halten, stark verkotete Scharrmatten sind ab sofort durch saubere Scharrmatten auszutauschen.
1.4. Stark kotverschmutzte Nestmatten sind ab sofort zu reinigen und ggf. zu desinfizieren oder durch neuwertige Nestmatten auszutauschen.
1.5. Ab sofort ist sicherzustellen, dass die Einmalschutzbekleidung nach Verlassen des Stalls von allen Mitarbeitern unverzüglich abgelegt, unschädlich beseitigt und der Schutzraum nicht mit Einmalschutzkleidung betreten wird. Die konsequente Umsetzung des Hygieneregimes ist zu beachten.
2. Die sofortige Vollziehung der Nr. 1 wird angeordnet.
3. Falls die Firma … den in Nr. 1 genannten Verpflichtungen zuwiderhandelt wird für die Nr. 1.1 für jeden überbesetzten Käfig ein Zwangsgeld in Höhe von 100 € je darin gehaltener Legehenne die Nr. 1.2 für jeden Käfig ohne ausreichende Einstreu ein Zwangsgeld in Höhe von 1000.-€ die Nr. 1.3 für jede stark verkotete Scharrmatte ein Zwangsgeld von 1000.-€ die Nr. 1.4 für jede stark verkotete Nestmatte ein Zwangsgeld von 1000.-€ die Nr. 1.5 ein Zwangsgeld in Höhe von 5000.-€ zur Zahlung fällig.
4. Für diese Anordnung wird eine Gebühr von 400 € festgesetzt.
Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, der Erlass des Bescheides und die geforderten Maßnahmen beruhten auf folgenden Rechtsgrundlagen:
Nr. 1.1:
gemäß der Übergangsregelung in § 45 Abs. 4 TierSchNutztV müssten die Haltungseinrichtungen des kontrollierten Betriebes die Anforderungen des § 13 TierSchNutztV in der Fassung vom 1.10.2009 und § 13b TierSchNutztV in der Fassung vom 22.8.2006 erfüllen. Diese Voraussetzungen sind bei Berechnung der maximalen Besatzdichte pro Haltungseinrichtung zu berücksichtigen.
Nr. 1.2:
Unter Einstreu wird trockenes Material mit lockerer Struktur verstanden (z.B. Hackschnitzel, Strohhäcksel, Sägespäne, Hobelspäne oder Sand). Sobald das Einstreumaterial von den Hennen verbraucht wurde, ist frisches Material einzubringen. Um den Tieren neuen Anreiz für die Beschäftigung mit der Einstreu zu geben, sollten besser häufig geringere Mengen nachgestreut werden, als in langen Zeitabständen große Mengen zu geben. Eine mehrmals tägliche Beschickung des Einstreubereiches (über die Hellphase verteilt) ist erforderlich. Im Einstreubereich ist für eine ganzflächige Bedeckung des Bodens mit Einstreumaterial Sorge zu tragen. Zu den artgemäßen Bedürfnissen, insbesondere dem Staubbaden, gehört auch die Gefiederpflege; dazu bedarf es feinkörniger Partikel, die in das Gefieder gegeben und ausgeschüttelt werden können.
Nr. 1.3:
Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 TierSchNutztV i.V.m. § 2 Nr. 1 TierschG hat derjenige, der Nutztiere hält, sicherzustellen, dass die Haltungseinrichtung sauber gehalten wird, insbesondere Ausscheidungen so oft wie nötig entfernt werden, und Gebäudeteile, Ausrüstungen und Geräte, mit denen die Tiere in Berührung kommen, in angemessenen Abständen gereinigt und erforderlichenfalls desinfiziert werden.
Es bestehe ein dringendes öffentliches Interesse daran, tierschutz- und lebensmittelrechtliche Verstöße zu verhindern. Die vorausgegangenen Missstände rechtfertigen die angeordneten Maßnahmen. Sie dienen der umgehenden Durchsetzung der tierschutzrechtlichen und lebensmittelrechtlichen Vorschriften und erfolgen im überwiegenden öffentlichen Interesse und im Interesse des Tierwohls, hinter diesen das rein wirtschaftliche Interesse der Firma … zurückstehen müsse. Außerdem sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung zum Schutz von Leben und Gesundheit der Verbraucher erforderlich. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung diene der Gefahrenabwehr und sei auch unter Berücksichtigung der Grundrechte des Betroffenen unaufschiebbar.
Die Antragstellerin ließ hiergegen mit Schriftsätzen vom 22.6.2017, am selben Tag bei Gericht eingegangen, Klage erheben (Az.: RN 4 K 17.1038) und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stellen. Vorgetragen wird, der Antragsgegner verstoße gegen die Begründungspflicht des § 80 Abs. 3 VwGO. Es sei nicht zu erkennen, dass hier eine Auseinandersetzung mit der eigentlichen Thematik stattgefunden habe und dass der Antragsgegner sich des Ausnahmecharakters der Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO bewusst gewesen sei. Die angeblich festgestellten Mängel lägen nicht vor. Nr. 1.1 der streitgegenständlichen Anordnungen sei rechtswidrig. Die maximalen Besatzdichten der Käfige für die Leghennen würden eingehalten. Dies zeige sich bereits daran, dass ein struktureller Leerstand von 19,2% in den Käfigen der Antragstellerin bestehe. Ein Bescheid, der darauf gerichtet sei, dass die maximalen Besatzzahlen einzuhalten seien, könne nur dann sinnvoll ergehen, wenn die maximale Belegungszahl erreicht sei. Dies sei hier nicht der Fall. Sollte es vorkommen, dass bei der Öffnung der Käfige vereinzelt Tiere entwichen, so könne auch bei größter Sorgfalt nie ganz ausgeschlossen werden, dass diese in den nächsten Käfig verbracht würden, in welchem dann kurzfristig ein Überbesatz stattfinde. Bei der nächsten Kontrolle würden die Tiere sodann in einen weniger besetzten Käfig umgesetzt. Sollte sich kurzfristig ein Überbesatz zeigen, werde dieser umgehend abgestellt. Der Einstreubereich werde mit ausreichend Einstreumaterial beschickt. Auch auf mehrmalige Nachfrage sei der Antragsgegner nicht bereit zu benennen, wie viel Einstreumaterial mit feinkörnigen Partikeln er als ausreichend erachte. Die Ziffer 1.2 sei vor diesem Hintergrund zu unbestimmt. Es könne nicht erforderlich sein, dass hier ein Einstreumanagement vorzusehen sei, nach dem die Tiere permanent mit einer praktisch unendlichen Menge an Einstreu versorgt werden müssten. Bezüglich der Menge an Einstreu gebe es weder gesetzliche Vorgaben noch Ausführungsbestimmungen. Die Ausgestaltung der Scharrmatten biete keinen Anlass für eine Anordnung. Seit Einführung der Kleingruppenhaltung für Legehennen unterliege die Ausgestaltung der Scharrmatten kontroverser Diskussion. Auf Anraten des Antragsgegners habe die Antragstellerin begonnen, die Scharrmatten von unten zu versiegeln. Dies sollte zum Ergebnis haben, dass mehr Einstreu auf den Scharrmatten verbleibe. Die Versiegelung der Scharrmatten habe aber zum Effekt, dass neben der Einstreu auch der Kot der Tiere auf der Scharrmatte verbleibe. Dies sei der Gesundheit der Tiere abträglich. Darüber hinaus führe die Versiegelung der Scharrmatten dazu, dass diese derart schnell verschmutzten, dass eine zeitnahe Reinigung nahezu unmöglich werde. Im Übrigen würden die Scharrmatten sauber gehalten und stark verkotete Scharrmatten würden durch saubere Scharrmatten ausgetauscht. Die Reinigung erfolge so oft wie nötig. Die streitgegenständliche Anordnung sei ermessensfehlerhaft ergangen. Es dürfe bereits bezweifelt werden, ob überhaupt Ermessenserwägungen angestellt worden seien. Die Anordnungen seien auch nicht geeignet, da die Antragstellerin vollumfänglich den Anordnungen nachkomme. Im Hinblick auf Nummer 1.2 trete erschwerend hinzu, dass die Anordnung erheblich zu unbestimmt sei. Die Maßnahmen seien auch nicht erforderlich. Jedenfalls wäre hier erforderlich gewesen, der Antragstellerin eine angemessene Frist zur Umsetzung aller betroffenen Punkte zu gewähren. Die Maßnahme sei auch nicht angemessen. Es habe zu keinem Zeitpunkt eine Gefahr für Gesundheit von Tieren oder Verbrauchern bestanden. Die in Nummer 3 angedrohten Zwangsgelder seien rechtswidrig. Es sei keine Frist gesetzt worden. Demzufolge könne das angedrohte Zwangsgeld jederzeit festgesetzt werden, unabhängig von der Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahme. Auch die Höhe der angedrohten Zwangsgelder sei rechtswidrig. In Nummer 3.1 sei die Höhe des festgelegten Zwangsgeldes rechtswidrig. Ähnlich verhalte es sich in Bezug auf die Höhe des Zwangsgeldes in Ziffer 3.2 und 3.3.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
1.Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Anordnung des Landratsamtes D … vom 19.5.2017 wird in Bezug auf die Nummer 1 der Anordnung wiederhergestellt
2.Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragstellerin gegen die Anordnung des Landratsamtes D … vom 19.5.2017 wird in Bezug auf die Nummer 3 der Anordnung angeordnet.
3.Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsgegner auferlegt.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Ausgeführt wird, eine formelle Rechtswidrigkeit der Anordnung der sofortigen Vollziehung liege nicht vor, da die Anordnung schriftlich begründet worden sei. Die maximale Besatzdichte einzelner Käfige sei immer wieder überschritten worden. Selbst wenn ein struktureller Lehrstand von 19,2% bestehe, weil weniger Hennen als genehmigt eingestallt worden seien, seien bei stichprobenartigen Kontrollen überbesetzte Käfige festgestellt worden. Trotzdem sei es der Antragstellerin bisher nicht gelungen, eine gleichmäßige Verteilung der Hennen auf die Haltungseinrichtung umzusetzen. Aus diesem Grund sei die Anordnung in Nummer 1.1. des Bescheides vom 19.5.2017 aus Gründen des Tierwohls erforderlich, geeignet und angemessen, um künftig entsprechende Verstöße zu verhüten. Bei allen bisherigen Kontrollen seien Mängel betreffen Einstreubereich und Einstreumanagement festgestellt worden. Die Anordnung in Nummer 1.2 beruhe auf § 13 Abs. 5 Nr. 5 TierschNutztV wonach Haltungseinrichtungen mit einem Einstreubereich ausgestattet sein müssten, der mit geeignetem Material von lockerer Struktur, von ausreichender Menge ausgestattet sei, der allen Legehennen ermögliche, ihre artgemäßen Bedürfnisse insbesondere Picken, Scharren und Staubbaden zu befriedigen. Die bisher eingestreute Menge reiche zum Teil nur zum Picken und Scharren, aber nicht mehr zum Staubbaden. Nummer 1.3 regle nicht die Ausgestaltung der Scharrmatten, sondern beziehe sich ausschließlich auf die Sauberkeit der Scharrmatten. Bei vergangenen Kontrollen seien wiederholt stark kotverschmutzte Scharrmatten festgestellt worden. Zur Verhütung künftiger Verstöße sei die Anordnung erforderlich und angemessen. Es treffe nicht zu, dass die Anforderungen ausnahmslos umgesetzt würden. Aus diesem Grund sei es erforderlich gewesen, die streitgegenständlichen Anordnungen zu treffen. Die Zwangsgeldandrohungen seien weder dem Grunde noch der Höhe nach rechtswidrig. Die Verpflichtungen, die Maßnahmen ab sofort umzusetzen, könnten auferlegt werden, weil das Interesse an der sofortigen Umsetzung das Interesse an einer Fristsetzung aufgrund der festgestellten Mängel überwiege. Die Ausführungen der Antragstellerin zur Zwangsgeldhöhe seien nicht nachvollziehbar und widersprüchlich.
Am 4.7.2017 fand eine erneute Kontrolle des Betriebs der Antragstellerin durch das bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit statt. Dabei wurden u.a. folgende Mängel festgestellt: Der Einstreubereich war nicht mit ausreichenden Einstreumaterial beschickt. In einem Käfig wurde ein Überbesatz festgestellt. Einzelne Matten waren stark mit Kot verschmutzt.
Soweit der streitgegenständliche Bescheid auf Tierseuchenrecht und Lebensmittelrecht gestützte Anordnungen betrifft, wurden diese abgetrennt und in eigenen Verfahren fortgeführt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakte mit den eingereichten Schriftsätzen Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist begründet, soweit begehrt wird, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Nummer 1.2 des Bescheides des Landratsamtes D … vom 19.5.2017 wiederherzustellen und gegen die unter Nummer 3 des streitgegenständlichen Bescheides für eine Zuwiderhandlung gegen die Nummer 1.1. und 1.2 des streitgegenständlichen Bescheides angedrohten Zwangsgelder anzuordnen (dazu 3-5). Im Übrigen ist der Antrag unbegründet (dazu 6-7).
1. Gemäß § 80 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) haben Widerspruch und Klage grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Diese entfällt allerdings dann, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffent-lichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat. Diese Anordnung ist gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO schriftlich zu begründen, wobei die Begründung eindeutig erkennen lassen muss, dass sich die Behörde bei ihrer Entscheidung hinreichend mit den Besonderheiten des konkreten Einzelfalls aus-einandergesetzt hat. Im streitgegenständlichen Bescheid wurde für die unter der Nummern 1 getroffenen Anordnungen der Sofortvollzug angeordnet. Die Begründung dieser Anordnung entspricht den Vorgaben des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Der Antragsgegner hat dargelegt, dass ein Interesse an der umgehenden Durchsetzung der tierschutzrechtlichen Maßnahmen bestehe.
Die Zwangsgeldandrohungen unter Nummer 3 des streitgegenständlichen Bescheides sind bereits kraft Gesetzes sofort vollziehbar (Art. 21a des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG)). Das Begründungserfordernis des § 80 Abs. 3 VwGO umfasst sie daher nicht.
2. Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung bei Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO, wie sie im streitgegenständlichen Bescheid für die Anordnungen unter Nummer 1 erfolgt ist, ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. bei kraft Gesetzes vorgesehenen Sofortvollzug erstmalig anordnen. Das Gericht trifft insoweit eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat bei der Entscheidung über die Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche summarische Überprüfung, dass der Rechtsbehelf voraussichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Überprüfung als rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessenabwägung.
Die hier gebotene, aber auch ausreichende summarische Überprüfung der Sach- und Rechtslage zeigt, dass die Hauptsacheklage gegen die unter Nummer 1.2 getroffene Anordnung und hinsichtlich der Zwangsgeldandrohungen für eine Zuwiderhandlung gegen die Nummern 1.1 und 1.2 erfolgreich sein wird (dazu 6-7), im Übrigen allerdings ist die Klage nicht erfolgsversprechend (3-5).
3. Rechtsgrundlage für die in Nummer 1.1. des streitgegenständlichen Bescheides getroffene Anordnung, dass die maximale Besatzdichte der Käfige ab sofort einzuhalten ist, ist § 16 a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 Tierschutzgesetz (TierSchG) i.V.m. § 45 Abs. 4 der Tierschutznutztierverordnung (TierSchNutztV) i.V.m. § 13 TierSchNutztV in der bis zum 21. April 2016 geltenden Fassung dieser Verordnung und des § 13b TierSchNutztV in der bis zum Ablauf des 31. März 2012 anwendbaren Fassung. Entgegen den Ausführungen der Antragstellerin hat das Gericht keinen Zweifel an der Erforderlichkeit dieser Anordnung. Bei den Betriebskontrollen am 21.2.2017 und 13.3.2017 wurden jeweils überbesetzte Käfige festgestellt. Auch wenn man die Ausführungen der Antragstellerin, es habe sich dabei jeweils nur um eine kurze Momentaufnahme gehandelt, zugrunde legt, wird durch den Überbesatz gegen die gesetzlichen Vorgaben verstoßen. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass es sich teilweise um einen deutlichen Überbesatz handelte. So war bei der Kontrolle am 21.2.2017 ein Käfig mit 21 Tieren, das entspricht 35,6%, und ein Käfig mit 26 Tieren, das entspricht 44,1%, überbesetzt. Von geringfügigen Abweichungen vom zugelassenen Besatz kann dabei nicht mehr gesprochen werden. Zwar wurde bei der Kontrolle am 25.4.2017 kein Überbesatz festgestellt. Bei einer am 4.7.2017 durchgeführten Kontrolle wurde hingegen wieder ein deutlich überbesetzter Käfig (26 Tiere zu viel) vorgefunden. Die Erforderlichkeit der Anordnung ist dadurch belegt. Die Anordnung konnte entgegen der Ansicht der Antragstellerin auch ab sofort getroffen werden. Für das Wohl der betroffenen Tiere ist es unabdingbar, dass die zulässigen Besatzzahlen in den einzelnen Käfigen nicht überschritten werden. Zur Umsetzung dieser Maßnahme bedarf es auch keinerlei baulicher oder sonstiger Maßnahmen durch die Antragstellerin, für die ein zeitlicher Vorlauf erforderlich wäre. Die Antragstellerin hat vielmehr selbst vorgetragen, dass im Gesamtstall ein struktureller Leerstand bestehe. Es ist der Antragstellerin daher ohne weiteres möglich, die Hennen in den vorhandenen Käfigen gleichmäßig so zu verteilen, dass kein Überbesatz in einzelnen Käfigen vorliegt.
4. Rechtsgrundlage für die unter Nummer 1.3 getroffene Anordnung, die Scharrmatten sauber zu halten und stark verkotete Scharrmatten durch saubere Scharrmatten auszutauschen, ist § 16 a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 TierSchG i.V.m. § 2 TierSchG i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10 TierSchNutztV. Auch insoweit bestehen aus Sicht des Gerichts keine Bedenken gegen die Erforderlichkeit der Anordnung. Sowohl bei der Kontrolle am 21.2.2017 als auch bei der Kontrolle am 13.3.2017 wurden im Betrieb der Antragstellerin stark verkotete Scharrmatten festgestellt. Zwar wurde bei der Kontrolle am 25.4.2017 festgestellt, dass die Scharrmatten auffallend sauber sind. Bei der Kontrolle am 4.7.2017 wurden aber bereits wieder stark verkotete Scharrmatten vorgefunden. Dies belegt die Erforderlichkeit der Anordnung. Eine Rechtswidrigkeit dieser Anordnung ergibt sich auch nicht deshalb, weil der Antragstellerin auferlegt wurde, diese Anordnung ab sofort umzusetzen. Auch für die Umsetzung dieser Anordnung bedarf es keinerlei zeitlichen Vorlaufs für die Antragstellerin. Die Antragstellerin muss lediglich die internen Organisationsabläufe derart anpassen, dass seitens ihrer Mitarbeiter auf die Sauberkeit der Scharrmatten verstärkt geachtet wird, um Missständen vorzubeugen.
5. Bedenken hinsichtlich des unter Nummer 3 angedrohten Zwangsgeldes in Höhe von 1000 € für jede stark verkotete Scharrmatte bestehen nicht. Insbesondere hält das Gericht die Zwangsgeldhöhe für angemessen. Im Hinblick auf die negativen Folgen für die Tiergesundheit, die durch stark verkotete Scharrmatten ausgelöst werden können, ist die angedrohte Zwangsgeldhöhe gerechtfertigt.
6. Bei der gebotenen summarischen Prüfung hält das Gericht die Hauptsacheklage gegen die in Nummer 1.2 des streitgegenständlichen Bescheides getroffene Anordnung hinsichtlich der Einstreu für gegeben. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass gemäß § 16 a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 TierSchG i.V.m. § 2 TierSchG i.V.m.§ 13 Abs. 2 Nr. 2 TierschNutztV entsprechende Anordnungen getroffen werden können. Die streitgegenständliche Anordnungen ist jedoch zu unbestimmt (Art. 37 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG)). Wie sich den vorgelegten Behördenakten entnehmen lässt, bestehen zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner unterschiedliche Auffassungen zu der Frage, in welchem Umfang Einstreumaterial erforderlich ist. Die Formulierung der Nummer 1.2 des streitgegenständlichen Bescheides ist zu vage. Es lässt sich an Hand ihrer nicht erkennen, welche Menge an Einstreumaterial als ausreichend erachtet wird. Eine Vollziehung dieser Anordnung erscheint daher nicht möglich.
Im Hinblick darauf, dass die die Einstreu betreffende Grundanordnung zu unbestimmt ist, läuft auch die sich auf sie beziehende Zwangsgeldandrohung ins Leere, so dass insoweit die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen war.
7. Das unter Nummer 3 des streitgegenständlichen Bescheides für eine Zuwiderhandlung gegen die Anordnung, die einzelnen Käfige nicht überzubesetzen angedrohte Zwangsgeld, ist nicht verhältnismäßig. Aufgrund der Formulierung der Zwangsgeldandrohung ist die Höhe des angedrohten Zwangsgeldes nicht nur vom Umfang des Überbesatzes, sondern vor allem auch von dem Regelbesatz im jeweiligen Käfig abhängig. Beträgt der Regelbesatz 59 Hennen und wird ein Überbesatz mit einer Henne festgestellt, ergäbe sich nach der Zwangsgeldandrohung ein Zwangsgeld von 6000,- €, da pro Henne im überbesetzten Käfig 100 € fällig würden. Beträgt der Regelbesatz hingegen nur 20 Hennen und wird ein Überbesatz mit 10 Hennen festgestellt, wäre nur ein Zwangsgeld in Höhe von 3000 € fällig. Aus Sicht des Gerichts handelt es sich insoweit um einen Wertungswiderspruch. Das angedrohte Zwangsgeld muss sich ausschließlich an dem Überbesatz orientieren und darf nicht auch den zulässigen Regelbesatz miteinbeziehen.
8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
9. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs (Hälfte des Streitwerts der Hauptsache).

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