Verwaltungsrecht

Bundesbeamtenrecht, Bewerbungsverfahrensanspruch, gestuftes Auswahlverfahren, Masterabschluss in der Fachrichtung, Politikwissenschaft als konstitutives Anforderungsprofil

Aktenzeichen  AN 16 E 20.02637

Datum:
7.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 4785
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Der Streitwert wird auf 14.876,28 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt die Zulassung zum Auswahlverfahren der Antragsgegnerin über die Besetzung einer Referentenstelle.
Der Antragsteller ist Diplom-Verwaltungswirt (FH) und Diplom-Sozialwissenschaftler. Er steht als Regierungsamtmann (Besoldungsgruppe A 11) im Dienst der Antragsgegnerin und ist derzeit als Sachbearbeiter beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) im Referat … tätig.
Im September 2020 schrieb die Antragsgegnerin unter der Kennziffer … für das Referat … „Grundsatzfragen der Rückkehr, Berichtswesen“ die Stelle einer Referentin bzw. eines Referenten Rückkehr (Entgeltgruppe E 13 TV EntgO Bund bzw. Besoldungsgruppe A 13h bis A 14 BBesO) öffentlich aus. In der Ausschreibung war unter „Ihr Profil“ u.a. aufgeführt: „Sie verfügen über ein abgeschlossenes wissenschaftliches Hochschulstudium auf Masterniveau der Fachrichtung Politikwissenschaft“.
Neben dem Antragsteller bewarben sich der Beigeladene, der das Studium der Politikwissenschaft mit einem Master abgeschlossen hat, sowie etliche weitere Interessenten auf diese Stelle. Der Beigeladene wurde vom BAMF im zwischenzeitlich abgeschlossenen Auswahlverfahren als Besetzungskandidat bestimmt.
Mit E-Mail vom … 2020 teilte das BAMF dem Antragsteller mit, dass seine Bewerbung nicht berücksichtigt werden könne. Auf seine telefonischen und schriftlichen Einwendungen hin führte das BAMF in einer weiteren E-Mail aus, dass der Antragsteller auch nach nochmaliger Prüfung seines Abschlusses im weiteren Auswahlprozess nicht berücksichtigt werden könne. Der Anteil der Politikwissenschaft als einer der Studienschwerpunkte des vom Antragsteller absolvierten Studiums der Sozialwissenschaften sei als nicht ausreichend zu werten, weil der signifikantere Teil der von ihm erbrachten Leistungen Bereiche außerhalb der Politikwissenschaften abdecke.
Hiergegen wendet sich der Antragsteller im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes. Zur Begründung führt er aus, aufgrund seiner bisher gezeigten Leistungen sei er der am besten geeignete Kandidat für die Stelle. Es treffe nicht zu, dass hierfür ausschließlich ein Studium der Politikwissenschaft notwendig sei. Die Ausschreibung einer Stelle dürfe von einem konstitutiven Merkmal nur dann abhängig gemacht werden, wenn dieses für die Ausübung der Position absolut notwendig sei. Der Antragsteller habe früher eine Stelle mit demselben bzw. sehr ähnlichen Inhalt wie die ausgeschriebene Stelle ausgeübt. Es sei nicht nachvollziehbar, dass er als Sozialwissenschaftler diese Tätigkeit nicht genauso gut ausüben könne, zumal er im Bereich der Politikwissenschaften einen Schwerpunkt seines Studiums aufweisen könne. Darüber hinaus verlange die Antragsgegnerin in ähnlichen Stellenausschreibungen als Einstellungsvoraussetzung nicht ein Politikwissenschaftsstudium. Andere Studiengänge seien dort ausdrücklich genannt und zugelassen worden. Zwischen dem vom Antragsteller absolvierten Studium der Sozialwissenschaften und dem in der Stellenausschreibung geforderten Studium der Politikwissenschaft bestehe lediglich ein marginaler Unterschied, der es nicht rechtfertige, dass der Antragsteller aus dem Bewerberverfahren ausscheide.
Der Antragsteller beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu untersagen, den A 13h bis A 14 BBesO Dienstposten „Referentin bzw. einen Referenten Rückkehr (m/w/d)“ für das Referat … „Grundsatzfragen der Rückkehr, Berichtswesen“ mit der Kennziffer … für den Dienstort … mit einem anderen Mitbewerber zu besetzen, und ihr aufzugeben, alles zu unterlassen, was eine Ernennung und Beförderung eines Mitbewerbers in die vorgenannte Stelle bewirken könnte, bis sie über die Bewerbung des Antragstellers um diese Stelle unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut entschieden habe und eine Frist von zwei Wochen nach Mitteilung der erneuten Entscheidung an den Antragsteller abgelaufen ist.
Die Antragsgegnerin beantragt
die Ablehnung des Antrags.
Es obliege dem Dienstherrn im Rahmen seiner Organisationsgewalt, das Anforderungsprofil einer Stellenausschreibung festzulegen. Vorliegend habe sich die Antragsgegnerin dazu entschlossen, das Anforderungsprofil derart zu gestalten, dass zwingend ein abgeschlossenes Hochschulstudium auf Masterniveau der Fachrichtung Politikwissenschaft von den Bewerbenden gefordert werde. Ein solches Studium könne der Antragsteller nicht vorweisen. Es könne sein, dass im Rahmen des Studiums des Antragstellers auch der Bereich der Politikwissenschaft durch Lehrveranstaltungen zu diesem Themenfeld mitumfasst gewesen sei, dies sei einem politikwissenschaftlichen Studium jedoch nicht gleichzustellen. Aus seinem Abschlusszeugnis ergebe sich, dass innerhalb der Fachprüfungen einer der drei Studienschwerpunkte der Bereich „Intermediäre Institutionen, Entscheidungsprozesse und politische Willensbildung“ diesen Bereich belege, die beiden anderen Schwerpunkte „Interaktion, Sozialisation“ und „Arbeit, Organisation, Geschlecht“ würden aber gerade nicht die Politikwissenschaft betreffen. Damit habe der Antragsteller in seinem Studienfach Sozialwissenschaften zwar einen Schwerpunkt im Bereich der Politikwissenschaften, der überwiegende Schwerpunkt von 2/3 würde allerdings gerade nicht diesen Bereich betreffen. Daher erfülle er bereits nicht die Voraussetzungen des Stellenprofils und sei aus dem weiteren Auswahlverfahren auszuschließen gewesen. Auch andere Bewerbende, etwa Bewerbende mit dem Abschluss Diplom- bzw. Master Sozialwissenschaften, seien wegen formaler Nichteignung vom weiteren Stellenbesetzungsverfahren ausgeschlossen worden, weshalb sich der Antragsteller auch nicht auf eine Ungleichbehandlung berufen könne. Die vom Antragsteller angeführten anderen Stellenausschreibungen beträfen andere Referate, für welche andere Voraussetzungen in der Person der Bewerbenden vorliegen müssten. Im Stellenprofil der hier streitgegenständlichen Ausschreibung seien neben drei Aufgaben, die mehr auf Methodenkompetenz abzielten, auch drei auf inhaltliche Fachanalysen abgestellten Aufgaben aufgeführt worden, für deren Bewältigung ein wissenschaftliches Hochstuhlstudium auf Masterniveau der Fachrichtung Politikwissenschaft unumgänglich sei. Diese bilde zwar einen Teilbereich der Soziologie ab, die Soziologie sei jedoch der aus den Geisteswissenschaften entstandene Kern der Sozialwissenschaften. Der Politikwissenschaftler sei also in der Lage, bestimmte Bereiche des Sozialen unter spezifischen Aspekten zu untersuchen, während die Soziologie alle Aspekte des sozialen Zusammenlebens der Menschen in Gemeinschaften und Gesellschaften abbilde. Für den Rückkehrbereich benötige man jedoch Spezialisten und keine Generalisten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakten sowie auf die im gerichtlichen Verfahren gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag nach § 123 VwGO ist unbegründet. Eine Verletzung des aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruchs des Antragstellers ist nicht ersichtlich. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Zulassung zum Auswahlverfahren der Beklagten im Rahmen der Stellenausschreibung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge unter der Kennziffer …
1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Dabei sind gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung setzt voraus, dass die begehrte einstweilige Anordnung geeignet und notwendig ist, den auf Art. 33 Abs. 2 GG beruhenden materiellen Bewerbungsverfahrensanspruch des Antragstellers zu sichern und dadurch einen endgültigen Rechtsverlust zu seinem Nachteil abzuwenden.
Ein abgelehnter Bewerber, dessen subjektives Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden ist, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, mithin seine Auswahl als möglich erscheint. Dieser Prüfungsmaßstab ist wie im Hauptsacheverfahren auch bei einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung anzulegen. Die Anforderungen an die Glaubhaftmachung dürfen ebenfalls nicht über das hinausgehen, was für ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren genügt (vgl. BVerfG, B.v. 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 – juris; BVerwG, B.v. 22.11.2012 – 2 VR 5.12 – juris Rn. 22; BayVGH, B.v. 3.6.2015 – 6 ZB 14.312 – juris Rn. 10 m.w.N.).
2. Der Antragsteller hat vorliegend zur Überzeugung des Gerichts das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs nicht glaubhaft machen können, weil die Auswahlentscheidung der Antragsgegnerin vom … 2020 seinen aus Art. 33 Abs. 2 GG folgenden Bewerbungsverfahrensanspruch nicht verletzt. Auf das Vorliegen eines Anordnungsgrundes kommt es damit nicht mehr an.
Die Antragsgegnerin hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise festgelegt, dass die Bewerbenden ein abgeschlossenes Hochschulstudium auf Masterniveau der Fachrichtung Politikwissenschaft vorweisen müssen. Der Antragsteller erfüllt diese Voraussetzung nicht und konnte daher in zulässiger Weise aus dem Bewerberkreis ausgeschlossen werden, ohne dass die Antragsgegnerin hierdurch seinen Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt hat.
a) Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Öffentliche Ämter sind nach Maßgabe des Grundsatzes der Bestenauslese zu besetzen. Art. 33 Abs. 2 GG dient damit zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes und vermittelt zum anderen Bewerbern ein grundrechtsgleiches Recht auf leistungsgerechte Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Jeder Bewerbende hat damit einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr seine Auswahlentscheidung unter Berücksichtigung des Bestenauslesegrundsatzes trifft und eine Zurückweisung seiner Bewerbung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen (sog. Bewerbungsverfahrensanspruch; vgl. BVerfG, B.v. 16.12.2013 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 31 m.w.N.). Diese leistungsbezogenen Kriterien ergeben sich regelmäßig aus den aktuellen dienstlichen Beurteilungen (BVerfG, B.v. 11.5.2011 – 2 BvR 764/111 – juris Rn. 11 f.; BVerwG, U.v. 20.6.2013 – 2 VR 1/13 – juris Rn. 18). Beide – Auswahlentscheidung wie dienstliche Beurteilung – sind auf das Statusamt bezogen. Nach dem Laufbahnprinzip wird ein Beamter bzw. eine Beamtin aufgrund seiner bzw. ihrer Befähigung für eine bestimmte Laufbahn regelmäßig als geeignet angesehen, jedenfalls diejenigen Dienstposten auszufüllen, die seinem bzw. ihrem Statusamt entsprechen oder dem nächsthöheren Statusamt zugeordnet worden sind (§ 16 Abs. 1, § 22 Abs. 3 BBG, vgl. BVerwG, B.v. 23.3.2021 – 2 VR 5.20 – juris Rn. 24). Anderen Gesichtspunkten darf nur Bedeutung beigemessen werden, wenn sich aus dem Vergleich anhand von unmittelbar leistungsbezogenen Gesichtspunkten kein Vorsprung von Bewerbenden ergibt. Belange, die nicht im Leistungsgrundsatz verankert sind, können bei der Besetzung öffentlicher Ämter nur Berücksichtigung finden, wenn ihnen ebenfalls Verfassungsrang eingeräumt ist (vgl. BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746; B.v. 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – NVwZ 2008, 194).
Über die Eignung des Bewerberfeldes kann in einem gestuften Auswahlverfahren befunden werden. Bewerbende, welche die allgemeinen Ernennungsbedingungen oder die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllen oder die aus sonstigen Eignungsgründen für die Ämtervergabe nicht in Betracht kommen, können in einer ersten Auswahl ausgeschlossen und müssen somit nicht mehr in den Leistungsvergleich einbezogen werden. Dies gilt grundsätzlich auch für Bewerbende, die zwingende Vorgaben eines rechtmäßigen Anforderungsprofils nicht erfüllen (BVerwG B.v. 20.06.2013 – 2 VR 1.13 – juris Rn. 23; B.v. 25.10.2011 – 2 VR 4.11 – juris Rn. 17 und 30; B.v. 6.4.2006 – 2 VR 2.05 – juris Rn. 7). Bereits an dieser Stelle und damit noch vor der eigentlichen Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG, ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass der Dienstherr ein Auswahlverfahren auch kraft der ihm zustehenden Personal- und Organisationshoheit aus sachlichen Gründen auf einen entsprechenden Bewerberkreis beschränken kann (BVerfG B.v. 11.11.1999 – 2 BvR 1992/99 – juris Rn. 6; B.v. 28.2.2007 – 2 BvR 2494/06 – juris Rn. 11). Wer ein solches konstitutives Anforderungsprofil nicht erfüllt, kommt für die Auswahl von vornherein nicht in Betracht, mag er oder sie auch besser dienstlich beurteilt sein. Erst wenn es darum geht, gegebenenfalls eine Auswahl unter mehreren, das konstitutive Anforderungsprofil erfüllenden Bewerbenden zu treffen, kommt den dienstlichen Beurteilungen (wieder) Bedeutung zu (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2012 – 3 CE 12.675 – juris Rn. 79 m.w.N.).
Der Grundsatz der auf das Statusamt bezogenen Bestenauswahl ist jedoch grundsätzlich auch bei der Festlegung eines Anforderungsprofils zu beachten, in dem der Dienstherr die besonderen Anforderungen des konkret zu besetzenden Dienstpostens bzw. der konkret ausgeschriebenen Stelle festlegt. Eine Einengung des Bewerberfeldes aufgrund der besonderen Anforderungen eines konkreten Dienstpostens ist mit Art. 33 Abs. 2 GG grundsätzlich nicht zu vereinbaren. Ausnahmen hiervon sind nur zulässig, wenn die Wahrnehmung der Aufgaben eines Dienstpostens zwingend besondere Kenntnisse oder Fähigkeiten voraussetzt, die ein Laufbahnbewerber regelmäßig nicht mitbringt und sich in angemessener Zeit und ohne unzumutbare Beeinträchtigung der Aufgabenwahrnehmung auch nicht verschaffen kann (vgl. BVerwG, B.v. 23.3.2021 – 2 VR 5.20 – juris Rn. 25; B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – juris Rn. 19 ff., 24 ff.; B.v. 19.12.2014 – 2 VR 1.14 – juris Rn. 20 ff., 24 ff., jeweils m.w.N.). Das dem Auswahlverfahren zugrunde gelegte Anforderungsprofil muss auf leistungsbezogenen Kriterien im Sinn von Art. 33 Abs. 2 GG beruhen und in einem inhaltlichen Zusammenhang mit den Anforderungen der zu besetzenden Stelle stehen (BVerwG, B.v. 6.11.2020 – 1 WDS-VR 10.20 – juris Rn. 31 m.w.N.).
b) Gemessen an diesen Grundsätzen stellt das streitgegenständliche Anforderungsprofil keine unzulässige Einschränkung des Bewerberfeldes dar. Es beruht auf hinreichend gewichtigen sachlichen Gründen für die Aufgabenerfüllung auf dem konkret ausgeschriebenen Dienstposten und ist demzufolge rechtlich nicht zu beanstanden.
Bei dem in der Stellenausschreibung unter „Ihr Profil“ geforderten Abschluss eines Hochschulstudiums auf Masterniveau der Fachrichtung Politikwissenschaften handelt es sich um ein konstitutives Anforderungsprofil. Ein solches ist dadurch charakterisiert, dass Anforderungsmerkmale zwingend vorgegeben und anhand objektiv überprüfbarer Kriterien, also insbesondere ohne gebotene Rücksichtnahme auf Bewertungsspielräume des Dienstherrn, als tatsächlich gegeben letztlich eindeutig und unzweifelhaft festzustellen sind und die deshalb im Falle ihrer Nichterfüllung einen vernünftigen potentiellen Bewerbenden davon abhalten, um die Stelle oder Funktion zu konkurrieren (vgl. BayVGH, B.v. 18.6.2012 – 3 CE 12.675 – juris Rn. 82 m.w.N.). Die Abgrenzung zwischen dem konstitutiven und einem lediglich das Tätigkeitsfeld beschreibenden Anforderungsprofil ist eine Frage der Auslegung, die entsprechend § 133 BGB nach dem objektiven Erklärungsinhalt und dem Willen des Erklärenden zu erfolgen hat (vgl. BayVGH a.a.O. Rn. 81 m.w.N.). Vorliegend ergibt sich aus der Formulierung des Anforderungsprofils und den Ausführungen der Antragsgegnerin, dass Bewerbende einen Masterabschluss in der Fachrichtung Politikwissenschaft zwingend vorzuweisen hatten, um für die eigentliche Auswahl in Betracht zu kommen. Dies wird vom Antragsteller auch nicht infrage gestellt.
Die Antragsgegnerin war auch berechtigt, das Vorliegen dieser Qualifikation für die ausgeschriebene Stelle einer Referentin bzw. eines Referenten für das Referat … „Grundsatzfragen der Rückkehr, Berichtswesen“ zur Voraussetzung für die Einbeziehung der Bewerbung in die eigentliche Auswahlentscheidung zu machen. Insbesondere bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin den Antragsteller bewusst aus dem Leistungsvergleich ausschließen wollte. Es liegen aber auch sachliche, auf den ausgeschriebenen Dienstposten bezogene zwingende Gründe für dieses Anforderungsprofil vor. Denn ausweislich der Stellenbeschreibung beinhaltet die ausgeschriebene Referentenstelle schwerpunktmäßig Aufgabenbereiche, die die Forderung nach einem abgeschlossenen Masterstudium der Politikwissenschaft rechtfertigen.
So ist der Referent bzw. die Referentin im Sachgebiet … unter anderem verantwortlich für die Analyse der deutschen Außenpolitik, um Rückübernahmeabkommen vorzubereiten und bestehende an den tatsächlichen Rückkehrbedarf anzupassen. Die Antragsgegnerin hat hierzu nachvollziehbar ausgeführt, dass diese Aufgabe erforderlich ist, um das innenpolitische Interesse an der Durchsetzung einer bestehenden Ausreisepflicht gegenüber dem außenpolitischen Interesse an einer Kooperationsbereitschaft eines Herkunftslandes bewerten zu können. Zudem hat er bzw. sie die Aufgabe, regionale und internationale Politikanalysen durchzuführen, um die bestehenden Rückkehrprozesse anzupassen. Hierfür muss er bzw. sie die notwendigen Hintergründe der internationalen Beziehungen analysieren und in ein Konfliktmanagement einfließen lassen, welches schnellstmögliche Reaktionen auf sich verändernde Umstände im Rückkehrkontext ermöglicht. Diese Aufgabenbereiche, die nach dem Stellenprofil einen wesentlichen Teil der ausgeschriebenen Referentenstelle ausmachen, erfordern vertiefte Kenntnisse und Fähigkeiten, über die ein Politikwissenschaftler mit Masterabschluss verfügt, während nicht erwartet werden kann, dass andere Bewerbende diese mitbringen oder in angemessener Zeit für die Aufgabenerfüllung erwerben können. Hierzu bedarf es vielmehr einer abgeschlossenen politikwissenschaftlichen Ausbildung, die sich fundiert mit dem Erforschen politischer Prozesse, Strukturen und Inhalte befasst. Zu den klassischen Teildisziplinen der Politikwissenschaft zählen die politische Theorie, die auch die wertungsfreie Analyse der Realität umfasst, um künftige Entwicklungen vorhersagen zu können, sowie die vergleichende Politikwissenschaft und Internationale Beziehungen (vgl. https://www.studieren-studium.com/master/Politikwissenschaft_%28Politologie%29#dir_ueber; https://meinstudiumfau.de/studienangebot/politikwissenschaft-ma; https://de.wikipedia.org/wiki/Politikwissenschaft). Ein Bewerbender mit einem Masterabschluss in diesem Studienfach ist daher mit dem gesamten Methodenspektrum der Politikanalyse vertraut und darin geübt, die in der Stellenbeschreibung genannten politischen Analysen und Vergleiche politischer Systeme vorzunehmen. Auch gehört die Vermittlung analytischer und praktischer Qualifikationen im Bereich der Friedens- und Konfliktforschung zum Inhalt des Studiums. Politikwissenschaftler sind daher in der Lage, Ursachen, Verläufe und Akteure von Konflikten zu analysieren und Perspektiven der Befriedung zu entwickeln. Die Antragsgegnerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass diese Fähigkeiten wegen der sich ständig ändernden politischen Lagen in Konfliktregionen der Herkunftsländer für die ausgeschriebene Stelle von besonderer Bedeutung sind, da eine dezidierte Analyse von Konfliktsituationen Voraussetzung für eine umgehende Anpassung von Rückkehrprogrammen ist, um dem innenpolitischen Interesse an der Durchsetzung der Ausreisepflicht zu entsprechen.
Die Antragsgegnerin musste das Stellenprofil auch nicht auf andere Studienabschlüsse, insbesondere auch nicht auf die Fachrichtung der Sozialwissenschaft, erweitern. Zwar stellt die Politikwissenschaft einen Teil der Sozialwissenschaften dar, weshalb es in den Lehrinhalten teilweise zu Überschneidungen kommt. Die Sozialwissenschaften beschäftigen sich jedoch mit allen Aspekten der menschlichen Gesellschaft, Kunst und Kultur, Sprache und Geschichte, mit Prozessen des Denkens und der Kommunikation (vgl. https://meinstudium.fau.de/?s=soziawissenschaft-ba). Sie befassen sich mit Grundlagen, Erscheinungsformen und Entwicklungen menschlichen Zusammenlebens, von kleinsten Beziehungseinheiten wie z.B. Familien über Organisationen wie Unternehmen und Verbände bis hin zu komplexen Systemen wie der Europäischen Union und fragen danach, wie gesellschaftliche Handlungszusammenhänge erzeugt, reproduziert und verändert werden (vgl. https://www.hochschulkompass.de/gesellschafts-und-sozialwissenschaften/sozialwissenschaften.html). Während die Sozialwissenschaften also alle Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens abbilden, beschäftigt sich die Politikwissenschaft lediglich mit einem Teilbereich hiervon. Entgegen der Auffassung des Antragstellers unterscheiden sich die beiden Fachrichtungen daher trotz gewisser Überschneidungen deutlich und nicht nur marginal, was auch ihre Ausgestaltung als unterschiedliche Studiengänge belegt. Wie sich aus vorstehenden Ausführungen ergibt, stellen die politische Analyse und die Konfliktforschung den wesentlichen Aufgabenbereich der ausgeschriebenen Stelle dar. Diese Bereiche gehören zum Schwerpunkt des Studiums der Politikwissenschaft. Im Studium der Sozialwissenschaft sind sie dagegen schon im Hinblick darauf, dass darin alle Aspekte des sozialen Zusammenlebens untersucht werden, von geringerer Bedeutung, weshalb von Soziologen insoweit keine vertieften Kenntnisse erwartet werden können. Gleiches gilt für andere, benachbarte Disziplinen, deren Schwerpunkt ebenfalls nicht die Politikwissenschaft beinhaltet. Es ist daher erforderlich und sachlich gerechtfertigt, für die ausgeschriebene Stelle den Abschluss eines Hochschulstudiums auf Masterniveau der Fachrichtung Politikwissenschaft als konstitutives Anforderungsprofil festzusetzen.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Umstand, dass die Antragsgegnerin bei anderen Stellenausschreibungen das Anforderungsprofil weiter gestaltet. Wie aus den hierzu vom Antragsteller vorgelegten Ausschreibungen mit der Kennziffer … und … hervorgeht, betreffen diese andere Stellen in anderen Referaten, deren Tätigkeitsfelder nicht mit dem Aufgabenbereich der hier ausgeschriebenen Stelle vergleichbar sind und die daher keine speziellen Kenntnisse im Bereich der Politikwissenschaft erfordern.
c) Der Antragsteller erfüllt die Voraussetzung des zulässigerweise festgelegten konstitutiven Anforderungsprofils nicht und wurde damit zu Recht aus dem Bewerberkreis ausgeschlossen.
Dies ergibt sich aus dem Umstand, dass er keinen Masterabschluss der Fachrichtung Politikwissenschaft vorweisen kann. Zwar hat der Antragsteller einen Diplomabschluss im Studienfach Sozialwissenschaften; wie aber bereits vorstehend ausgeführt, durfte die Antragsgegnerin im Hinblick auf die konkret ausgeschriebene Stelle das Anforderungsprofil ausschließlich auf das Studienfach Politikwissenschaft beschränken.
Der Antragsteller kann auch nicht beanspruchen, dass sein Studienabschluss dem eines Politikwissenschaftlers gleichgestellt wird, weil er einen Studienschwerpunkt („Intermediäre Institutionen, Entscheidungsprozesse und politische Willensbildung“) im Bereich der Politikwissenschaft hatte. Denn dies ändert nichts daran, dass er einen Abschluss in der Fachrichtung Sozialwissenschaften und nicht im Bereich der Politikwissenschaft erworben hat. Ein Anforderungsprofil im Rahmen einer Vorauswahl zur Eingrenzung des Bewerberfeldes darf sich auf solche Studienbereiche beschränken, bei denen nach allgemeiner Verkehrsanschauung aufgrund der thematischen Bezeichnung und Umschreibung dieses Studienbereichs erwartet werden kann, dass die erwünschten Fachkenntnisse vermittelt wurden. Ein gestuftes Auswahlverfahren wäre weder praktikabel noch rechtssicher durchführbar, wenn es damit belastet würde, den konkreten Inhalt des Studiengangs eines jeden Bewerbenden zu ermitteln oder von dem Bewerbenden vorgelegte Bescheinigungen über einzelne, von diesem konkret erbrachte Studienleistungen zu überprüfen (vgl. BVerwG, B.v. 23.3.2021 – 2 VR 5.20 – juris Rn. 35 f.). Darauf, dass die beiden anderen Studienschwerpunkte des Antragstellers – und damit der überwiegende Anteil seines Schwerpunktbereichs – zudem ausweislich seines Abschlusszeugnisses (Bl. 17 der Vorgangsakte Teil I) den Bereich der Sozialwissenschaften betreffen („Interaktion, Sozialisation“ sowie „Arbeit, Organisation, Geschlecht“), kommt es daher nicht mehr an.
Auch unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung kann sich der Antragsteller nicht auf eine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs berufen, da ausweislich der Behördenakte (Bl. 86 – 88 der Vorgangsakte Teil I) auch die anderen Bewerbenden, die keinen Masterabschluss im Fachbereich Politikwissenschaft vorweisen konnten – unter ihnen auch vier weitere Bewerbende mit dem Abschluss Diplom Sozialwissenschaften sowie zwei Bewerbende mit dem Abschluss Master Sozialwissenschaften -, aus dem weiteren Auswahlverfahren ausgeschlossen wurden.
Da der Antragsteller das rechtlich nicht zu beanstandende konstitutive Anforderungsprofil der Ausschreibung nicht erfüllt, kommt er für die Auswahl von vorneherein nicht in Betracht, so dass er sich weder auf seine Beurteilung noch auf die von ihm geltend gemachten Erfahrungen auf Stellen mit demselben oder ähnlichen Inhalt berufen kann.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten gemäß § 162 Abs. 3 VwGO selbst, da er keinen Antrag gestellt und sich damit auch nicht am Kostenrisiko beteiligt oder das Verfahren sonst wesentlich gefördert hat.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 6 Sätze 2 bis 4 GKG. Der Streitwert in einem beamtenrechtlichen Konkurrenteneilverfahren, das auf die vorläufige Freihaltung der zu besetzenden Beförderungsstelle(n) durch Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet ist, beträgt – wie bei einer auf Neuverbescheidung des Beförderungsbegehrens gerichteten Hauptsacheklage – ein Viertel der für ein Kalenderjahr in dem angestrebten Amt nach Maßgabe von § 52 Abs. 6 Sätze 1 bis 3 GKG zu zahlenden Bezüge (vgl. BayVGH, B.v. 24.10.2017 – 6 C 17.1429 – juris Rn. 6 ff.), vorliegend demnach 3 x 4.958,76 EUR = 14.876,28 EUR.


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