Verwaltungsrecht

Eilantrag auf Fortsetzung eines ablaufenden Beamtenverhältnisses auf Zeit

Aktenzeichen  2 EO 445/21

Datum:
30.7.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Thüringer Oberverwaltungsgericht 2. Senat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OVGTH:2021:0730.2EO445.21.00
Normen:
Art 5 Abs 3 S 1 GG
Art 19 Abs 4 S 1 GG
§ 4 Abs 2 BeamtStG
§ 38 Abs 3 HSchulG TH 2018
§ 85 Abs 3 HSchulG TH 2018
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Spruchkörper:
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Leitsatz

Für den Antrag eines zum Beamten auf Zeit ernannten Professors auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes, der kurz vor Ablauf der höchstzulässigen Amtszeit beantragt, das Beamtenverhältnis vorläufig fortzusetzen, bis die Universität über die Umwandlung des befristeten Beamtenverhältnisses in ein unbefristetes Beamtenverhältnis erneut entschieden hat, fehlt es an einem Anordnungsanspruch.(Rn.23)

Verfahrensgang

vorgehend VG Gera, 29. Juli 2021, 1 E 826/21 Ge, Beschluss

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 29. Juli 2021 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 36.969,84 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, den Antragsgegner zu verpflichten, das befristete Beamtenverhältnis als Professor vorläufig fortzusetzen, über seinen Antrag auf Entfristung neu zu entscheiden oder ihn vorläufig so zu behandeln, als sei er weiterhin Beamter.
Der Antragsteller wurde mit Wirkung vom … 2015 in ein Beamtenverhältnis auf Zeit für die Dauer von sechs Jahren zum Universitätsprofessor (Besoldungsgruppe W 2) an der F.-S.-Universität J. (nachfolgend: Universität) ernannt. Er gehört dem Otto-Schott-Institut für Materialforschung der Universität an.
Mit Schreiben vom 20. August 2019 stellte der Antragsteller erstmals einen Antrag auf Umwandlung seines Beamtenverhältnisses auf Zeit in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit. Der Fakultätsrat stimmte in seiner Sitzung vom 16. Januar 2020 gegen eine Empfehlung des Antrags und Weiterleitung an den Präsidenten. Nach Einholung von u. a. zwei externen Gutachten entschied der Fakultätsrat in seiner Sitzung vom 30. April 2020 erneut, einer Entfristung der Professur nicht zuzustimmen. Mit Schreiben vom 28. September 2020 stellte der Antragsteller beim Dekan der Physikalisch-Astronomischen Fakultät erneut einen Antrag auf Entfristung. In seiner Sitzung vom 11. Februar 2021 beschloss der Fakultätsrat, beim Präsidium keinen Antrag auf Umwandlung des Beamtenverhältnisses zu stellen. Mit Schreiben vom 16. Februar 2021 teilte der Dekan der Physikalisch-Astronomischen Fakultät dem Antragsteller mit, dass zwei Gutachten auswärtiger Professoren des betreffenden Berufungsgebiets und eine Stellungnahme der Fachschaft der Physikalisch-Astronomischen Fakultät eingeholt worden seien. Auf dieser Grundlage sei der Rat der Fakultät zu der abschließenden Entscheidung gekommen, eine Umwandlung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht zu unterstützen. Sein Antrag auf Entfristung der Professur werde daher – wie für diesen Fall vorgesehen – nicht an das Präsidium weitergeleitet. Mit Schreiben vom 1. April 2021 teilte auch der Präsident der Universität dem Antragsteller mit, dass der Fakultätsrat beschlossen habe, keinen Antrag auf Umwandlung des Beamtenverhältnisses auf Zeit in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu stellen, und dass er an diese Entscheidung gebunden sei.
Auf die Bitte des Antragstellers per E-Mail vom 16. April 2021, die Gründe für die Ablehnung seines Antrags auf Entfristung zu erfahren, teilte der Dekan der Physikalisch-Astronomischen Fakultät mit Schreiben vom 28. April 2021 mit, dass der Fakultätsrat in der Sitzung vom 11. Februar 2021 ausführlich beraten und dahin abgestimmt habe, den Antrag auf Umwandlung des Beamtenverhältnisses nicht zu unterstützen. Grundlage der Beratung und Abstimmung seien der vom Antragsteller verfasste Antrag und Selbstbericht, bezüglich der fachlichen Eignung zwei Gutachten auswärtiger Professoren des betreffenden Berufungsgebiets, bezüglich der pädagogischen Eignung eine Stellungnahme der Fachschaft der Physikalisch-Astronomischen Fakultät und bezüglich der persönlichen Eignung eine Stellungnahme des Otto-Schott-Instituts gewesen. Der Inhalt der Gutachten und Stellungnahmen wurde erläutert. Mit Schreiben vom 28. Juni 2021 teilte der Präsident der Universität dem Antragsteller schließlich mit, dass das Beamtenverhältnis mit Ablauf des 31. Juli 2021 ende, und klärte über weitere Folgen auf. Mit Schreiben seiner Bevollmächtigten ließ der Antragsteller am 23. Juli 2021 „Widerspruch gegen die Ablehnung seines Antrags auf Entfristung seines Beamtenverhältnisses“ erheben.
Den ebenfalls am 23. Juli 2021 gestellten Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht durch Beschluss vom 29. Juli 2021 im Wesentlichen mit folgender Begründung abgelehnt:
Der Antragsteller begehre mit dem Hauptantrag die Fortsetzung des befristeten Beamtenverhältnisses und damit eine endgültige Vorwegnahme der in einem Hauptsacheverfahren zu erstrebenden Entscheidung. Ihm stehe aber kein Anordnungsgrund zu. Dass er zunächst mit Ablauf des 31. Juli 2021 aus seinem Beamtenverhältnis auf Zeit ausscheide, stelle die natürliche Folge der Amtszeit eines Beamten auf Zeit dar. Dabei handele es sich um keinen schweren Nachteil, der um den Preis der Vorwegnahme der Hauptsache verhindert werden müsse. Ein schwerer Nachteil folge auch nicht daraus, dass der Antragssteller mit dem Ausscheiden aus dem Amt als Beamter auf Zeit seinen Bescheidungsanspruch auf Umwandlung des Beamtenverhältnisses auf Zeit in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit einbüßen würde. Zwar komme die Umwandlung des Beamtenverhältnisses nur dann in Betracht, wenn das betreffende Beamtenverhältnis noch bestehe. Jedoch sei nicht ersichtlich, dass der Antragsteller nicht auch einen entsprechenden Bescheidungsanspruch auf Ernennung auf Lebenszeit habe, wenn sein Beamtenverhältnis nicht umgewandelt werden könne. Für einen solchen Ernennungsanspruch eines ehemaligen Beamten auf Zeit sei das Weiterbestehen des Beamtenverhältnisses nicht Voraussetzung. Bei einer Umwandlung eines bereits bestehenden Beamtenverhältnisses auf Zeit in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sei lediglich das Berufungsverfahren nicht erneut durchzuführen. Im Übrigen stehe auch der zeitliche Geschehensablauf der Annahme unzumutbarer Nachteile entgegen, weil der Antragsteller seit dem Schreiben vom 16. Februar 2021 bis zum Zeitpunkt seiner Antragstellung auf vorläufigen Rechtsschutz am 23. Juli 2021 fünf Monate habe verstreichen lassen, ohne sein Begehren voranzutreiben. Das zögerliche Verhalten des Antragstellers könne nicht dazu führen, schwere Nachteile zu begründen. Etwas anderes ergebe sich auch nicht im Hinblick auf die behaupteten Schwierigkeiten des Antragstellers, einen Rechtsanwalt zu finden bzw. mit dem deutschen Rechtssystem nicht vertraut zu sein.
Darüber hinaus habe der Antragsteller für den Hauptantrag auch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Gemäß § 86 Abs. 1 Satz 5 ThürHG betrage die Dauer des Beamtenverhältnisses auf Zeit oder des befristeten Angestelltenverhältnisses höchstens sechs Jahre; nach Ablauf einer befristeten Beschäftigung sei eine erneute befristete Beschäftigung als Professor nicht zulässig. Damit sei die gesetzlich zulässige Zeit für ein Beamtenverhältnis auf Zeit ausgeschöpft und weder deren Verlängerung noch deren erneute Begründung zulässig.
In Bezug auf die hilfsweise verfolgten Anträge sei ebenfalls kein Anordnungsgrund dargetan. Auch mit diesen Anträgen begehre der Antragsteller eine Vorwegnahme der in einem Hauptsacheverfahren zu erstrebenden Entscheidung, nämlich die ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Umwandlung seines Beamtenverhältnisses auf Zeit in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mit der Ergänzung im zweiten Hilfsantrag, ihn hierfür als „Quasi-Beamten“ anzusehen, mit der Folge der genannten erhöhten Anforderungen an den Anordnungsgrund. Insoweit gelte hier dasselbe wie bereits zum Hauptantrag ausgeführt.
Der Antragsteller hat gegen den am 29. Juli 2021 zugestellten Beschluss am selben Tag Beschwerde eingelegt und sie begründet.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und
1. den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, das Beamtenverhältnis des Antragstellers vorläufig über den 31. Juli 2021 hinaus bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache fortzusetzen. Die einstweilige Anordnung verliert ihre Wirkung einen Monat, nachdem über den Entfristungsantrag des Antragstellers erneut entschieden und diese Entscheidung dem Antragsteller bekanntgegeben worden ist;
2. hilfsweise den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, über die Entfristung des Beamtenverhältnisses des Antragstellers gemäß § 86 Abs. 2 ThürHG unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden,
3. hilfsweise den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller über den 31. Juli 2021 hinaus für die Zwecke einer ermessensfehlerfreien Entfristungsentscheidung so zu behandeln, als sei er weiterhin Beamter.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten (drei Bände) und die Verwaltungsvorgänge (vier Hefter) verwiesen; diese waren Gegenstand der Beratung.
II.
Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. In der Beschwerdebegründung, auf dessen Nachprüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, zeigt der Antragsteller keine Gründe auf, denen zufolge das Verwaltungsgericht den Antrag zu Unrecht abgelehnt hätte.
Die von dem Antragsteller begehrte Verpflichtung des Antragsgegners, das Beamtenverhältnis vorläufig, über den 31. Juli 2021 hinaus, fortzusetzen, hilfsweise über den Entfristungsantrag neu zu entscheiden, weiter hilfsweise ihn vorläufig über den 31. Juli 2021 hinaus für die Zwecke einer ermessensfehlerfreien Entscheidung so zu behandeln, als sei er weiterhin Beamter, ist auf eine teilweise Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet (vgl. BayVGH, Beschluss vom 27. Oktober 2014 – 7 CE 14.823 – Juris, Rn. 12). Daran ändert nichts, dass das Begehren des Antragstellers nicht unmittelbar auf die Umwandlung des befristeten Beamtenverhältnisses in ein unbefristetes Beamtenverhältnis zielt. Das von ihm verfolgte Rechtsschutzziel widerspricht grundsätzlich der Funktion des vorläufigen Rechtsschutzes. Unter dem Gesichtspunkt des Gebots effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) darf eine derart weitreichende einstweilige Anordnung grundsätzlich nur ergehen, wenn der Eilantragsteller in der Hauptsache zumindest eindeutig überwiegende Erfolgsaussichten hat (Anordnungsanspruch) und er schlechthin unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen ausgesetzt wäre, wenn er auf den rechtskräftigen Abschluss des Klageverfahrens verwiesen werden müsste (Anordnungsgrund), und er die diesbezüglichen tatsächlichen Umstände glaubhaft macht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2004 – 1 WDS-VR 2/04 – Juris, Rn. 3 f.; Beschluss des Senats vom 30. Oktober 2015 – 2 EO 201/14 – Juris, Rn. 26; jeweils m. w. N.).
Droht dem Antragsteller bei Versagung des einstweiligen Rechtsschutzes eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in seinen Grundrechten, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, so ist – erforderlichenfalls unter eingehender tatsächlicher und rechtlicher Prüfung des im Hauptsacheverfahren geltend gemachten Anspruchs – einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, es sei denn, dass ausnahmsweise überwiegende, besonders gewichtige Gründe entgegenstehen. Im Einzelfall kann daher auch der Erlass einer einstweiligen Anordnung, die die Hauptsache zugunsten des Antragstellers vorwegnimmt, zulässig und geboten sein. Je schwerer die sich aus einer Versagung vorläufigen Rechtsschutzes ergebenden Belastungen wiegen und je geringer die Wahrscheinlichkeit ist, dass sie im Falle des Obsiegens in der Hauptsache rückgängig gemacht werden können, umso weniger darf das Interesse an einer vorläufigen Regelung oder Sicherung der geltend gemachten Rechtsposition zurückgestellt werden. In jedem Fall sind die grundrechtlichen Belange des Antragstellers umfassend in die Abwägung einzustellen (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 25. Oktober 1988 – 2 BvR 745/88 – Juris, Rn. 17 f.; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom 5. Mai 2014 – 2 BvR 1823/13 – Juris, Rn. 16 ff.; Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom 11. Juli 2014 – 2 BvR 1006/14 – Juris, Rn. 10; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 6. Juli 2016 – 1 BvR 1705/15 – Juris, Rn. 17; jeweils m. w. Nw.).
Nach diesem Maßstab kann die im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes vorzunehmende Abwägung auch unter Berücksichtigung der erheblichen persönlichen Belange, die den Antragsteller sowohl im Hinblick auf sein Beschäftigungsverhältnis als auch in seiner Eigenschaft als Hochschullehrer betreffen, nicht zu seinen Gunsten ausfallen.
Es kann offen bleiben, ob sich der Antragsteller auf einen Anordnungsgrund berufen kann. Es ist nicht eindeutig, ob die Ausführungen des Verwaltungsgerichts in der Weise zu verstehen sind wie wohl die von ihm in Bezug genommene Entscheidung des Verwaltungsgerichts Cottbus (vgl. Beschluss vom 19. Januar 2017 – 4 L 477/16 – Juris, Rn. 12 ff.). Zwar kann ein Beamtenverhältnis auf Zeit nach Ablauf der Frist, d. h. zu einem Zeitpunkt, in dem der Beamtenstatus bereits beendet ist, grundsätzlich nicht mehr in ein unbefristetes Beamtenverhältnis umgewandelt werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4 BeamtStG). Auch im Falle eines erfolgreichen Rechtsmittelverfahrens dürfte einer nachträglichen Umwandlung, d. h. einer unmittelbaren Anknüpfung an das Fristende entgegenstehen, dass die Umwandlung eines Beamtenverhältnisses in ein solches anderer Art einer Ernennung bedarf (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 BeamtStG), aber eine Ernennung auf einen zurückliegenden Zeitpunkt unzulässig und insoweit unwirksam wäre (§ 8 Abs. 4 BeamtStG). Allerdings hält es der Senat für denkbar, dass ein erstrittener Anspruch auf Umwandlung des Beamtenverhältnisses, auch wenn diese im engeren Sinne nicht mehr möglich ist, zumindest in der Rechtsfolge den Anspruch verleiht, zum nächstmöglichen Zeitpunkt in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit ernannt zu werden (OVG BB, Beschluss vom 20. Februar 2017 – OVG 4 S 2.17 – Juris, Rn. 11-13, Beschwerdeentscheidung zu VG Cottbus, Beschluss vom 19. Januar 2017, a. a. O.; a. A. unter Aufgabe der vorigen Rspr. OVG BB, Urteil vom 22. Februar 2021 – OVG 4 B 1/20 – Juris, Rn. 36 f.). Der Durchführung eines erneuten hochschulrechtlichen Berufungsverfahrens bedürfte es dann nicht (§ 86 Abs. 2 Satz 1 ThürHG). Diese Lösung ist insbesondere im Hinblick auf das Gebot effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG) zu erwägen.
Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Klärung. Denn das Verwaltungsgericht hat jedenfalls zu Recht einen Anordnungsanspruch für die beantragte Regelungsanordnung verneint. Für den Hauptantrag des Antragstellers, das Beamtenverhältnis vorläufig über den 31. Juli 2021 hinaus bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache fortzusetzen, fehlt es an einer rechtlichen Grundlage. Zwar macht er geltend, dass es ihm „nicht primär“ darum gehe, sein Beamtenverhältnis zu verlängern, sondern nur die Möglichkeit aufrechtzuerhalten, die Entscheidung über die Entfristung des Beamtenverhältnisses überprüfen zu lassen. Dieses Ziel möchte er jedoch erreichen, solange sein Beamtenverhältnis fortbesteht. Dem stehen die eindeutigen gesetzlichen Regelungen entgegen. Gemäß § 86 Abs. 1 Satz 3 ThürHG können Professoren auch als Beamte auf Zeit befristet beschäftigt werden. Das Beamtenverhältnis auf Zeit (§ 4 Abs. 2 BeamtStG) endet grundsätzlich mit Ablauf der in der Ernennungsurkunde festgesetzten Amtszeit (vom Ausnahmefall des Aufschubs nach § 57 Satz 2 BeamtStG abgesehen). Hochschullehrer und wissenschaftliche sowie künstlerische Mitarbeiter im Beamtenverhältnis auf Zeit sind mit Ablauf ihrer Dienstzeit entlassen (§ 97 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 ThürHG). Das Ende des Beamtenverhältnisses tritt kraft Gesetzes ein. Nach den hier anzuwendenden hochschulrechtlichen Vorschriften beträgt die Dauer des Beamtenverhältnisses auf Zeit höchstens sechs Jahre; nach Ablauf einer befristeten Beschäftigung ist eine erneute befristete Beschäftigung als Professor nicht zulässig (§ 86 Abs. 1 Satz 5 ThürHG). Im Falle des Antragstellers ist die höchstmögliche Amtszeit für ein befristetes Beamtenverhältnis damit ausgeschöpft. Deshalb kann der Antragsteller auch keine Verlängerung beanspruchen.
Darin unterscheidet sich der hier zu beurteilende Streitfall von der Konstellation, die der vom Antragsteller auch im Beschwerdeverfahren angeführten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Hannover (Beschluss vom 19. August 2019 – 13 B 3180/19) zugrunde lag. Insoweit wird auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO), mit denen sich der Antragsteller auch nicht weiter auseinandersetzt (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO).
Auch für den Antrag zu 2. kann sich der Antragsteller auf keinen Anordnungsanspruch berufen.
Dieser „hilfsweise“ gestellte Antrag zu 2. könnte als Hilfsantrag im Rechtssinne, d. h. falls der Hauptantrag zu 1. erfolglos bliebe, jedenfalls auf der Grundlage der Rechtsansicht des Antragstellers nicht zum Ziel führen. Da der Eilantrag erst am 23. Juli 2021 gestellt und die Beschwerde erst am 29. Juli 2021 eingelegt wurden, würde eine vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners, über die Entfristung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden, nicht verhindern, dass die Befristung des Beamtenverhältnisses wirksam wird, bevor eine erneute Entscheidung durch den Fakultätsrat der Universität ergehen kann. Ein rechtsschutzwürdiges Interesse hätte der Antragsteller für diesen hilfsweise gestellten Antrag nach der von ihm selbst vertretenen Rechtsansicht daher nur in Verknüpfung mit dem Antrag zu 1. oder mit dem Hilfsantrag zu 3.; als eigenständiger Hilfsantrag könnte er dem Antragsteller jedoch nur dann nützen, wenn er entgegen dem Wortlaut darauf gerichtet wäre, den Antragsgegner unmittelbar – vor Ende der Amtszeit – zur Entfristung des Beamtenverhältnisses zu verpflichten.
Das kann jedoch auf sich beruhen. Unterstellt man, dass eine nachträgliche (positive) Entscheidung über die Umwandlung des befristeten in ein unbefristetes Beamtenverhältnis zumindest eine spätere Ernennung ohne erneutes Berufungsverfahren ermöglichte (s. o.), so fehlt es im Hinblick auf die Vorwegnahme der Hauptsache jedenfalls an einem aussichtsreichen Anordnungsanspruch. Auch wenn § 86 Abs. 2 Satz 1 ThürHG so ausgestaltet ist, dass der Antrag auf Umwandlung eines Beamtenverhältnisses auf Zeit in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nur durch den Fakultätsrat gestellt werden kann und dem Beamten auf Zeit formal kein eigenes Antragsrecht zusteht, könnte der Antragsteller eine erneute – unterstellt fehlerfreie – Entscheidung nur dann verlangen, wenn der ursprünglichen ein relevanter Mangel anhaftete. Es spricht vieles dafür, dass der ablehnende Beschluss des Fakultätsrats, der sich mittelbar auf den künftigen Status des Antragstellers auswirkt, kein Internum des Selbstverwaltungsorgans oder der Universität darstellt, sondern als Maßnahme der öffentlichen Gewalt der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG unterliegt und einer gerichtlichen Nachprüfung zugänglich sein muss. Dabei steht der Hochschule grundsätzlich eine verfassungsrechtlich geschützte Beurteilungskompetenz über die Qualifikation eines Bewerbers für eine Hochschullehrerstelle zu. Dementsprechend kann die Entscheidung über eine Berufung bzw. hier über die Umwandlung einer Professorenstelle gerichtlich nur daraufhin überprüft werden, ob sie verfahrensfehlerfrei zustande gekommen und ob der Beurteilungsspielraum überschritten worden ist, etwa weil die Entscheidung ersichtlich auf der Verkennung von Tatsachen oder auf sachfremden Erwägungen beruht (vgl. Beschluss des Senats vom 26. Juni 2019 – 2 EO 292/18 – Juris, Rn. 29, m. w. Nw.).
Formelle oder materielle Fehler bei der Entscheidung des Fakultätsrats sind allerdings nach der summarischen Prüfung im Eilverfahren nicht dargelegt und auch nicht erkennbar.
Die Auslegung des Antragsgegners, dass der Fakultätsrat der Universität berufen ist, als zuständige Selbstverwaltungseinheit i. S. d. § 86 Abs. 2 Satz 1 ThürHG darüber zu entscheiden, ob er einen Antrag auf Entfristung stellt, dürfte nicht zu beanstanden sein. Der Fakultätsrat berät und entscheidet gemäß § 25 Abs. 1 Satz 1 der Grundordnung der F.-S.-Universität J. vom 27. Februar 2019 (GrundO-FSU) in den Angelegenheiten, die für die Fakultät von grundsätzlicher Bedeutung sind. Dies ist bei der Entscheidung über die Entfristung eines Professorenamts ersichtlich der Fall. Des Weiteren obliegt dem Fakultätsrat gemäß § 38 Abs. 3 ThürHG und § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 GrundO-FSU die Beschlussfassung über Berufungsvorschläge für Professoren und Professorinnen. Zutreffen dürfte die Wertung des Antragsgegners, dass die Beschlussfassung über einen Berufungsvorschlag einer Entscheidung darüber gleichsteht, ob ein Professor weiterhin und auf Lebenszeit der Universität angehören soll.
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist nach summarischer Prüfung voraussichtlich nicht zu beanstanden, dass der Fakultätsrat den Antrag des Antragstellers, das Beamtenverhältnis zu entfristen, nicht an den Präsidenten der Universität weiterleitete. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die gesetzliche Ausgestaltung des Entfristungsverfahrens dem Beamten kein förmliches Antragsrecht vermittelt. Auch wenn der Präsident über den Antrag (des Fakultätsrats) entscheidet (§ 86 Abs. 2 Satz 2 ThürHG), liegt das Initiativrecht, die Umwandlung eines Beamtenverhältnisses zu beantragen, gemäß § 86 Abs. 2 Satz 1 ThürHG beim Fakultätsrat. Der von dem Antragsteller bemühte Vergleich mit einem Beamten auf Probe, bei dem die Bewährung die Regel und die Nichtbewährung ausdrücklich festzustellen sei, lässt sich nicht ziehen. Denn das Beamtenverhältnis auf Probe ist von vornherein darauf angelegt, bei entsprechender Bewährung in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu münden. Dies ist bei dem Professorenamt auf Zeit nach § 86 Abs. 1 Satz 3 bis 5, Abs. 2 Satz 1 ThürHG nicht in gleicher Weise der Fall.
Grundsätzlich zuzustimmen ist wohl der Ansicht des Antragstellers, dass er verlangen kann, zur ablehnenden Entscheidung Stellung zu nehmen und gehört zu werden. Dies schließt ein, die wesentlichen Gründe für die Entscheidung des Fakultätsrats zu erfahren, jedenfalls soweit diese Gründe wegen der nichtöffentlichen Sitzung des Fakultätsrats in Personalangelegenheiten benannt und offenbart werden können (§ 25 Abs. 9 Satz 1 GrundO-FSU, vgl. auch zur geheimen Abstimmung über Berufungsvorschläge § 9 Abs. 1 Satz 1 der Berufungsordnung der F.-S.-Universität J. vom 23. September 2019 – BerufO-FSU). Dabei ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass der Antragsteller nach der Mitteilung des Dekans vom 16. Februar 2021 über die Entscheidung des Fakultätsrats sowie dem Schreiben des Präsidenten vom 1. April 2021 erst spät (mit E-Mail vom 16. April 2021) an den Antragsgegner herantrat, um die Gründe der Entscheidung zu erfahren, die ihm sodann mit Schreiben des Dekans vom 28. April 2021 mitgeteilt wurden; erst am 23. Juli 2021 erhob der Antragsteller „Widerspruch“. Die im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gebotene Abwägung kann nicht deshalb zu Gunsten des Antragstellers ausgehen, weil er sich erst wenige Tage vor Ablauf der Amtszeit anwaltlich beraten ließ. Dass eine mangelnde Vertrautheit mit dem deutschen Rechtssystem ihn nicht daran hindern konnte und durfte, hat bereits das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt.
Unbegründet sind ferner die materiellen Einwände gegen den Beschluss des Fakultätsrats. Insoweit beanstandet der Antragsteller, dass es bei der Einschätzung etwa seiner pädagogischen Leistung auf die Durchführung des in § 86 Abs. 2 ThürHG konstituierten Verfahrens ankomme; dazu gehöre das Einholen gutachterlicher Stellungnahmen zu seiner pädagogischen und persönlichen Eignung, was „unstreitig“ nicht geschehen sei. Da er durch die Entscheidung in seinem Grundrecht aus Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG berührt werde, komme den gesetzlich geforderten Gutachten eine besondere Bedeutung zu. Diesem Maßstab werde nicht genügt durch Stellungnahmen von Studenten, die überwiegend an seinen Vorlesungen gar nicht teilgenommen hätten.
Diese Rügen sind nicht stichhaltig. Die Beschlussfassung des Fakultätsrats steht in Einklang mit den gesetzlichen Vorschriften. Insbesondere beruht die Eignungsbewertung des Fakultätsrats auf einer ausreichend fundierten Grundlage und trägt den Belangen des Antragstellers, auch soweit sie verfassungsrechtlich untersetzt sind, hinreichend Rechnung.
Gemäß § 86 Abs. 2 Satz 3 ist dem Antrag (Antrag des Fakultätsrats an den Präsidenten auf Umwandlung eines Beamtenverhältnisses) eine gutachterliche Stellungnahme zur fachlichen, pädagogischen und persönlichen Eignung des betroffenen Professors beizufügen. Hierfür sind grundsätzlich zwei Gutachten auswärtiger Professoren des betreffenden Berufungsgebiets einzuholen (§ 86 Abs. 2 Satz 4 i. V. m. § 85 Abs. 3 Satz 2 ThürHG). Dies ist hier geschehen. Der Dekan der Fakultät forderte mit Schreiben vom 5. Januar 2021 zwei Gutachten bei auswärtigen Professoren zur fachlichen, pädagogischen und persönlichen Eignung an, die zeitgleich unter dem 22. Januar 2021 vorgelegt wurden. Dass daneben eine Stellungnahme des Direktors des Otto-Schott-Instituts sowie eine Stellungnahme der Studierenden eingeholt wurden, ist rechtlich wohl eher nicht zu beanstanden, weil hierdurch die Entscheidungsgrundlage des Fakultätsrats verbreitert wurde, namentlich zu den Gesichtspunkten der pädagogischen und persönlichen Eignung, zu denen sich die auswärtigen Gutachter teilweise nur eingeschränkt äußern konnten. Insbesondere entspricht die Anhörung der Vertretung der Studierenden den höheren Anforderungen des regulären Berufungsverfahrens (§ 85 Abs. 3 Satz 4 ThürHG, § 9 Abs. 4 BerufO-FSU). Dem Einwand des Antragstellers, dass überwiegend Studenten befragt worden seien, die an seinen Vorlesungen nicht teilgenommen hätten, widerspricht der detaillierte Inhalt der Stellungnahme des Fachschaftsrats der Fakultät vom 20. Januar 2021.
Schließlich fehlt ein Anordnungsanspruch auch für den Hilfsantrag zu 3., den Antragsteller vorläufig über den 31. Juli 2021 hinaus für die Zwecke einer ermessensfehlerfreien Entscheidung so zu behandeln, als sei er weiterhin Beamter. Der Antragsteller begehrt insoweit nicht die Fortsetzung seiner Beschäftigung in anderer Form, sondern dass ihm der beamtenrechtliche Status erhalten wird, um noch nach Ablauf der sechsjährigen Frist das befristete Beamtenverhältnis in ein unbefristetes Beamtenverhältnis umzuwandeln. Dies wäre aber in dem von ihm verstandenen Sinne nur durch eine Fortführung auf beamtenrechtlicher Grundlage möglich, was § 86 Abs. 1 Satz 5 Halbsatz 2 ThürHG ausdrücklich untersagt. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen zum Hauptantrag verwiesen. Deshalb unterliegt es auch nicht der Disposition des Antragsgegners, den Antragsteller als scheinbaren Beamten zu führen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 47, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 und 3 und entspricht der erstinstanzlichen Festsetzung. Da der Hauptantrag und die Hilfsanträge letztlich demselben Rechtsschutzziel dienen, ist ein eigenständiger Wertansatz für die Hilfsanträge und eine Zusammenrechnung nicht geboten (§ 45 Abs. 1 Satz 2 und 3 GKG).
Hinweis:
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG in entsprechender Anwendung).


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