Verwaltungsrecht

Erfolglose Klage einer Asylbewerberin aus Sierra Leone

Aktenzeichen  Au 4 K 18.31133

Datum:
5.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 24393
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 16a
EMRK Art. 3
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 11 Abs. 1, § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

1 Mangels tatsächlicher Praktizierung droht Rückkehrern nach Sierra Leone nicht die Todesstrafe (wie VG Regensburg BeckRS 2014, 56580). (Rn. 14) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Es kann davon ausgegangen werden, dass Asylbewerberinnen aus Sierra Leone, die vor dem Verlassen ihres Heimatlandes erwerbstätig waren und die auch in anderen afrikanischen Ländern ihre Existenz sichern konnten, im Falle der Rückkehr nach Sierra Leone in der Lage sind, ihre Lebensgrundlage selbständig zu erwirtschaften. (Rn. 15) (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über die Sache konnte trotz Ausbleibens sowohl der Klägerwie der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung entschieden werden; die Terminsladungen erfolgten form- und fristgerecht (vgl. § 102 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigte, auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder die Gewährung subsidiären Schutzes; sie hat auch keinen Anspruch auf die Feststellung von Abschiebungsverboten. Der Bescheid des Bundesamts 3. Mai 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Das Gericht ist der Überzeugung, dass das Vorbringen der Klägerin vor dem Bundesamt – weiterer Vortrag erfolgte nicht – sowie die Situation in Sierra Leone, insbesondere im Hinblick auf politische, Sicherheits-, wirtschaftliche und humanitäre Aspekte, und auch die Folgen für die Klägerin bei einer Rückkehr nach Sierra Leone in dem streitgegenständlichen Bescheid zutreffend dargestellt, gewürdigt und beurteilt worden sind; das Gericht folgt daher insgesamt der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids und nimmt hierauf Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Insbesondere ist in dem Bescheid zutreffend ausgeführt, dass und weshalb das Vorbringen der Klägerin keine verlässliche Tatsachengrundlage dafür bietet, dass sie bei einer Rückkehr nach Sierra Leone in einer asyl- bzw. flüchtlingsrelevanten, geschweige denn überhaupt verfolgt würde (S. 4 f. des Bescheids). Ergänzend ist zu dieser Bewertung zu bemerken, dass es in keiner Weise nachvollziehbar erscheint, dass der von der Klägerin geschilderte Streit um die Bezahlung einer Friseurleistung einen Grund in der Krankheit ihres seinerzeit 2-jährigen Kindes gehabt haben soll (deshalb benötigte die Klägerin Geld, vgl. Anhörungsniederschrift Bundesamt, S. 5), die Klägerin aber dann unverzüglich ohne jegliche Kontaktaufnahme zum ihrem Kind oder ihrer Mutter (in dessen Obhut sich das Kind befand) Sierra Leone verlassen und auch seither keinen Kontakt zu Mutter und Kind gehabt haben will (vgl. Anhörungsniederschrift, S. 2).
Ferner zutreffend führt der Bescheid aus, dass die Angabe der Klägerin, ihr drohe bei einer Rückkehr wegen des Todes der Frau, die sie im Rahmen des Streites eine Treppe hinuntergestoßen habe, die Todesstrafe (vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG), weder nachvollziehbar noch begründet ist (S. 7 des Bescheids; zur fehlenden Praktizierung der Todesstrafe in Sierra Leone vgl. schon VG Regensburg, U.v. 2.9.2014 – RN 5 K 14.30021 – juris Rn. 24). Polizeiliche Untersuchungen zur Aufklärung des Unfallhergangs bzw. dazu, wie es zu dem Tod der Frau kam, wären, wie der Bescheid ebenfalls zu Recht ausführt (vgl. S. 5), legitim und von der Klägerin hinzunehmen; eine Verfolgung der Klägerin, noch dazu wegen eines asyl- oder flüchtlingsrechtlich beachtlichen Merkmals gem. Art. 16a GG, §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 3b AsylG, läge hierin nicht.
Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und Abs. 7 AufenthG bestehen ebenfalls nicht. Auf die zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid (S. 8 – 10) wird ebenfalls gem. § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen. Insbesondere ist in den Bescheidgründen zutreffend herausgearbeitet, dass davon ausgegangen werden kann, dass die Klägerin angesichts ihrer bisherigen Arbeit in Sierra Leone sowie der Tatsache, dass sie in einigen anderen afrikanischen Ländern ihre Existenz sichern konnte, auch bei einer Rückkehr nach Sierra Leone ihre Lebensgrundlagen erwirtschaften könnte.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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