Verwaltungsrecht

Erfolgloser Eilantrag auf Schreibzeitverlängerung bei einer Prüfung

Aktenzeichen  M 4 E 16.5250

Datum:
30.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 67 Abs. 2 S. 1, § 123
JAPO § 13

 

Leitsatz

Ist die Prüfung bereits absolviert, geht der Antrag auf Schreibzeitverlängerung ins Leere. Der Eilantrag muss erfolglos bleiben. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Der Streitwert wird auf 2.500,– EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen einen Bescheid des Antragsgegners, mit dem ihr eine Schreibzeitverlängerung für das Erste Juristische Staatsexamen im Termin 2016/II versagt wurde.
Bei der Antragstellerin wurde im Juli 2016 eine Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (im Folgenden: ADHS) im Erwachsenenalter festgestellt.
Mit Schreiben vom 15. Juli 2016 beantragte die Antragstellerin einen Nachteilsausgleich in Form einer Schreibzeitverlängerung für die Erste Juristische Staatsprüfung im Termin 2016/II. Sie legte mehrere privatärztliche Atteste vor.
Mit E-Mail vom … Juli 2016 forderte der Antragsgegner die Antragstellerin auf, ein amtsärztliches Zeugnis eines Landgerichtsarztes oder eines Gesundheitsamtes bis zum … August 2016 nachzureichen. Am … August 2016 übergab die Antragstellerin ein amtsärztliches Gutachten vom … August 2016. In diesem Gutachten regte die Amtsärztin eine Schreibzeitverlängerung von 60 Minuten für die Antragstellerin an, da diese an einer chronischen Gesundheitsstörung leide. Infolgedessen bestehe bei der Antragstellerin ein erhöhter Zeitbedarf für die Anfertigung schriftlicher Ausführungen sowie für die Kontrolle des Geschriebenen. Bei einem Telefonat mit dem Antragsgegner vom 24. August 2016 führte die Amtsärztin ergänzend aus, dass durch die Erkrankung der Antragstellerin deren Denkfähigkeit eingeschränkt sei. Sie habe Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren und sei dadurch in ihrer Schreibfähigkeit verlangsamt.
Mit Bescheid vom 24. August 2016 lehnte der Antragsgegner die Gewährung eines Nachteilsausgleichs ab. Die Ablehnung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass in der Ersten Juristischen Staatsprüfung die Fähigkeit abgeprüft werde, einen juristischen Sachverhalt durch konzentriertes Arbeiten in angemessener Zeit einer plausiblen Lösung zuzuführen. Dabei seien eine entsprechende Konzentrationsfähigkeit sowie die Beherrschung der Rechtschreibung und Grammatik unabdingbar. Nachdem diese Fähigkeiten bei der Antragstellerin als Folge einer ADHS beeinträchtigt seien, sei das abgeprüfte Leistungsbild betroffen und ein Nachteilausgleich scheide aus. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheids verwiesen.
Die Antragstellerin nahm vom … September bis zum … September 2016 an der Ersten Juristischen Staatsprüfung ohne Schreibzeitverlängerung teil.
Sie erhob am 30. September 2016 Klage (Az. M 4 K 16. 4444) gegen den streitgegenständlichen Bescheid. Über diese Klage ist noch nicht entschieden.
Mit Schreiben vom 17. November 2016, eingegangen bei Gericht am 22. November 2016, begründete die Antragstellerin die Klage und beantragte im Wege des Eilrechtsschutzes,
den Antragsgegner unter Aufhebung des Bescheides vom 24. August 2016 zu verpflichten, der Antragstellerin die beantragte Schreibzeitverlängerung für die Erste Juristische Staatsprüfung zu gewähren;
für den Fall des Obsiegens mit diesem Antrag den Antragsgegner zusätzlich zu verpflichten, die Antragstellerin zum schriftlichen Teil der Ersten Juristischen Staatsprüfung 2017/I zuzulassen und ihr dabei einen Nachteilsausgleich in Form der beantragten Schreibzeitverlängerung zu gewähren.
In der Antragsbegründung führte die Antragstellerin im Wesentlichen aus, dass sich die ADHS nicht auf das abgeprüfte Leistungsbild auswirke. Es liege ein Krankheitsbild ähnlich der Legasthenie vor, bei der regelmäßig eine Schreibzeitverlängerung gewährt werde. Dank geeigneter Medikation und viel Übung sei die Fähigkeit, ihre Gedanken zu strukturieren, logische Rückschlüsse zu ziehen und sich während der Bearbeitung einer Aufgabe vor Ablenkungen und gedanklichen Abschweifungen zu schützen, nicht beeinträchtigt. Die Schwierigkeit liege in der rein technischen Niederschrift eines vollständigen und übersichtlichen Fließtextes innerhalb der nach Erarbeitung der Lösungsskizze verbleibenden Zeit. Die Geschwindigkeit der Niederschrift habe sie trotz Medikation und Übung nicht verbessern können. Sie müsse bei der Reinschrift sehr genau auf den Schreibvorgang achten und die geschriebenen Sätze kontrollieren, da ihr andernfalls viele Flüchtigkeitsfehler wie das Wiederholen desselben Wortes in einem Satz, das Auslassen von Buchstaben, Wörtern oder Satzteilen sowie das Verwenden von Abkürzungen unterliefen. Der Antrag auf erneute Zulassung im Termin 2017/I werde lediglich für den Fall geltend gemacht, dass die Antragstellerin die Erste Juristische Staatsprüfung im Termin 2016/II nicht bestanden habe. Im Übrigen wird auf die Antragsbegründung verwiesen.
Mit Schreiben vom 28. November 2016 beantragte der Antragsgegner,
den Antrag abzulehnen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte verwiesen.
I.
Der Antrag auf Eilrechtsschutz nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung -VwGO- bleibt ohne Erfolg.
1. Der Hauptantrag nach § 123 VwGO ist bereits unzulässig.
Zwar kann die Versagung eines Nachteilsausgleichs im Sinne von § 13 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen -JAPO- eigenständig angefochten werden (vgl. insofern VG München, U. v. 18.8.2010 – M 4 E 10.3754 m. w. N.). Jedoch fehlt der Antragstellerin vorliegend das Rechtsschutzbedürfnis, da sie kein berechtigtes Interesse mehr an einer Entscheidung hat. Die Antragstellerin hat die Erste Juristische Prüfung im Termin 2016/II, auf die sich der streitgegenständliche Bescheid bezieht, bereits absolviert. Ihr Antrag auf Schreibzeitverlängerung für diesen Termin geht daher ins Leere.
2. Mangels Erfolgs des Hauptantrags war über den Hilfsantrag nicht zu entscheiden.
Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass ein an eine Bedingung geknüpfter Eilrechtsantrag (vorliegend die Bedingung des Nichtbestehens der Ersten Juristischen Staatsprüfung im Termin 2016/II) unzulässig ist, da Prozesshandlungen bedingungsfeindlich sind (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, § 82 Rn. 8f; Eyermann, VwGO, § 82 Rn. 11). Die Ausnahme einer innerprozessualen Bedingung liegt nicht vor.
II.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
III.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG i. V. m. dem Streitwertkatalog.


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