Verwaltungsrecht

Erfolgloser Eilantrag eines Flüchtlings aus Nigeria gegen die Ablehnung seines Asylantrags als offensichtlich unbegründet

Aktenzeichen  M 9 S 17.40120

Datum:
25.7.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 17144
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 S. 1
AsylG § 25 Abs. 1, § 30 Abs. 1, Abs. 2, § 36 Abs. 1, Abs. 4
AufenthG § 59, § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
GG Art. 16a

 

Leitsatz

Das Offensichtlichkeitsurteil bzgl. des Asylantrags setzt voraus, dass an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung geradezu aufdrängt, wobei es im Rahmen des Eilverfahrens genügt, wenn die Offensichtlichkeitsfeststellung im Ergebnis nicht ernstlich zweifelhaft ist. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des Eilrechtsschutzes gegen die Ablehnung seines Asylantrags als offensichtlich unbegründet.
Der laut eigener Aussage am 22. August 1985 geborene Antragsteller (Bl. 16 d. Behördenakts – i.F.: BA –) ist nach eigenen Angaben Staatsangehöriger Nigerias (Bl. 16 d. BA). Er verließ nach eigenen Angaben am 6. November 2014 sein Heimatland und reiste am 15. November 2014 von Frankreich kommend in das Bundesgebiet ein (Bl. 62 d. BA). Er beantragte am 17. Dezember 2014 förmlich beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge – i.F.: Bundesamt – Asyl (Bl. 16 d. BA).
Im Rahmen seiner Anhörung gemäß § 25 AsylG trug der Antragsteller im Wesentlichen vor, seinen Reisepass in Frankreich verloren zu haben. Weiter habe er in Nigeria ein Diplom in Elektroingenieurswissenschaften erworben und als Elektroingenieur gearbeitet. Während einer Busreise zurück von einem Freund im Norden Nigerias seien er und die anderen Passagiere von Kriminellen ausgeraubt und verschleppt worden. Man habe ihn fast zwei Monate in einem Wald gefangen gehalten. Auf der Flucht habe er eine Wache niedergeschlagen und sei in ein Loch im Wald gestürzt, dabei habe er sich die Hüfte ausgekugelt. Einer der mit ihm Geflüchteten habe ihm helfen wollen, nach Frankreich zu kommen, um sich ärztlich behandeln zu lassen. Ein Umzug in Nigeria oder der Besuch eines Arztes dort seien nicht möglich gewesen, da ihm die Kriminellen die Papiere abgenommen hätten und somit von seiner Identität wüssten; gerade angesichts dessen, dass er die Wache verletzt habe, sei damit zu rechnen gewesen, dass die Kriminellen ihn überall in Nigeria gesucht und letztlich auch gefunden hätten.
Mit Bescheid vom 6. Mai 2017, dem Antragsteller am 10. Mai 2017 gegen Postzustellungsurkunde zugestellt (vgl. Bl. 100f. d. BA), lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1), den Antrag auf Asylerkennung (Ziff. 2) und den Antrag auf subsidiären Schutz (Ziff. 3) als offensichtlich unbegründet ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4). Der Antragsteller wurde aufgefordert, das Bundesgebiet binnen einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen, widrigenfalls wurde ihm die Abschiebung nach Nigeria oder in einen sonstigen Zielstaat angedroht (Ziff. 5). Das Verbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziff. 6). Wegen des Bescheidinhalts wird auf diesen Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.
Die Bevollmächtigte des Antragstellers hat am 15. Mai 2017 Klage und Eilantrag gegen den Bescheid erhoben. Sie beantragt im hiesigen Verfahren, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen bzw. wiederherzustellen (Antrag gem. § 80 Abs. 5 VwGO).
Eine ausführliche Begründung werde nachgereicht. Vorab würden ärztliche Atteste übergeben, die belegten, dass ein Abschiebungshindernis bestehe.
Das Bundesamt stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend Bezug genommen auf die Gerichtssowie die beigezogene Behördenakte.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Der Eilantrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist zwar zulässig; die nach § 36 Abs. 1, § 34 Abs. 1, Abs. 2 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung, Ziff. 5 des Bescheids, ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 75 Abs. 1 AsylG, der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO mithin statthaft. Die einwöchige Antragsfrist, § 36 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 1 AsylG, wurde gewahrt (vgl. Zustellnachweis, Bl. 101 d. BA).
Der Antrag ist aber unbegründet.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen. Bei dieser Entscheidung sind das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts einerseits und das private Aussetzungsinteresse, also das Interesse des Betroffenen, bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts von dessen Vollziehung verschont zu bleiben, gegeneinander abzuwägen.
Maßstab ist dabei, ob ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen, Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG. „Angegriffener Verwaltungsakt“ in diesem Sinne ist im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG die nach § 36 Abs. 1, § 34 Abs. 1, Abs. 2 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1, Abs. 2 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung (als selbstständiger Verwaltungsakt, BeckOK AuslR, AsylG, Stand: 18. Ed. 1.8.2017, § 34 Rn. 38), die die offensichtliche Unbegründetheit des Asylantrags im Sinne des § 30 AsylG voraussetzt, vgl. § 36 Abs. 1 AsylG (statt aller Bergmann u.a., AsylG, Stand: 12. Aufl. 2018, § 36 Rn. 21). Die Erfolgsaussichten eines entsprechenden Eilantrags hängen davon ab, ob gerade das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamtes ernstlichen Zweifeln begegnet, ohne dass der Ablehnungsbescheid selbst zum Verfahrensgegenstand wird (BVerfG, B.v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – juris; U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris; BeckOK AuslR, AsylG, Stand: 18. Ed. 1.8.2017, § 36 Rn. 36; Göbel-Zimmermann u.a., Asyl- und Flüchtlingsrecht, Stand: 1. Auflage 2017, Rn. 551; Heusch u.a., Das neue Asylrecht, Stand: 1. Auflage 2016, Rn. 362; Marx, AsylG, Stand: 9. Auflage 2017, § 36 Rn. 43 u. 53). Ernstliche Zweifel sind nur dann gegeben, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris; Marx, AsylG, Stand: 9. Auflage 2017, § 36 Rn. 51). „Maßnahme“ in diesem Sinne ist die Abschiebungsandrohung – mit nachfolgender Abschiebung des Betroffenen –, die sich auf die (qualifizierte) Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet stützt und die deren Folge ist, weswegen Anknüpfungspunkt der Prüfung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Frage sein muss, ob das Bundesamt den Asylantrag zu Recht als offensichtlich unbegründet abgelehnt hat (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris; Marx, AsylG, Stand: 9. Auflage 2017, § 36 Rn. 43). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt die Ablehnung – von Asylantrag und Rechtsbehelf gleichermaßen, aber bezogen auf den jeweils maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. nur BeckOK AuslR, AsylG, Stand: 18. Ed. 1.5.2018, § 30 Rn. 13f.; VG München, GB v. 8.9.2017 – M 21 K 16.34644 – juris) – als offensichtlich unbegründet voraus, dass an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und sich bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Ablehnung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B.v. 25.4.2018 – 2 BvR 2435/17 – juris; B.v. 20.12.2006 – 2 BvR 2063/06 – juris; B.v. 21.7.2000 – 2 BvR 1429/98 – juris). Die gerichtliche Prüfung der vom Bundesamt getroffenen Offensichtlichkeitsfeststellung hat aufgrund der als asylerheblich vorgetragenen oder zu erkennenden Tatsachen – vgl. auch § 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG – und in Anwendung des materiellen Asylrechts zu erfolgen (z.B. BVerfG, B.v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – juris). Dabei hat das Gericht die Frage der Offensichtlichkeit eigenständig zu klären (BVerfG, a.a.O.), wobei es jedenfalls im Rahmen des Eilverfahrens genügt, wenn die Offensichtlichkeitsfeststellung des Bescheids im Ergebnis nicht ernstlich zweifelhaft ist (vgl. u.a. VG Berlin, B.v. 27.4.2018 – 34 L 1592.17 A – juris; VG München, B.v. 23.3.2016 – M 16 S 16.30183 – juris; Heusch u.a., Das neue Asylrecht, Stand: 1. Auflage 2016, Rn. 363). Die Prüfung schließt das (Nicht-) Vorliegen von Abschiebungshindernissen ein, vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG (statt aller VG München, B.v. 3.5.2018 – M 21 S 17.43792 – juris; B.v. 30.4.2018 – M 9 S 17.47613 – juris; BeckOK AuslR, AsylG, Stand: 18. Ed. 1.8.2017, AsylG § 36 Rn. 42.2). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts, § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG.
Nach diesen Maßstäben begegnet die Offensichtlichkeitsentscheidung des Bundesamts (zu Ziff. 1-3) im Ergebnis keinen Bedenken, da der Antragsteller offensichtlich keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter, Art. 16a Abs. 1 GG, offensichtlich keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß §§ 3 ff. AsylG und offensichtlich keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylG hat, § 30 Abs. 1 AsylG, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Auch die – einfach unbegründete – Ablehnung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG begegnet keinen Bedenken, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.
Das Gericht nimmt auf den Bescheid des Bundesamts Bezug und folgt dessen Begründung, § 77 Abs. 2 AsylG (zur Anwendbarkeit auch im Rahmen von Eilbeschlüssen bspw. BeckOK AuslR, AsylG, Stand: 18. Ed. 1.5.2018, AsylG § 77 Rn. 5).
Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:
Ein Asylantrag ist gemäß § 30 Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abzulehnen, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes – d.h. Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft einschließlich der Voraussetzungen für subsidiären Schutz, vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 13 Abs. 2 Satz 1 AsylG und Unterabschnitt 2 des AsylG – offensichtlich nicht vorliegen. Auch im Rahmen der gerichtlichen Entscheidung sind diese drei Streitgegenstände einheitlich zu würdigen (vgl. jüngst BVerfG, B.v. 25.4.2018 – 2 BvR 2435/17 – juris für das Hauptsacheverfahren).
Dem Anspruch auf Asyl, Art. 16a Abs. 1 GG, steht offensichtlich bereits nach Aussage des Antragstellers, vgl. § 25 Abs. 1 Satz 2 AsylG, die Einreise über Frankreich (Bl. 62 d. BA) und damit über ein Mitgliedsland der Europäischen Union entgegen, Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG. Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, §§ 3ff. AsylG, scheitert evident bereits daran, dass der Antragsteller keine Tatsachen vorgetragen hat, § 25 Abs. 1 Satz 1 AsylG, die auf Verfolgungsgründe nach § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b AsylG hindeuten. Alle Passagiere des Busses wurden von „Kriminellen“ ausgeraubt und festgehalten, der Übergriff erfolgte ohne Ansehung der Rasse, der Religion, der Nationalität, der politischen Überzeugung oder der Zugehörigkeit des Antragstellers zu einer bestimmten sozialen Gruppe. Weiter stünden dem Antragsteller bei einer – wie vorliegend vorgetragen – punktuell-individuellen Bedrohungslage, deren Fortbestand nach einem Zeitraum von bald vier Jahren bereits nicht beachtlich wahrscheinlich ist (vgl. dazu BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – juris), offensichtlich auch inländische Fluchtalternativen zur Verfügung, § 3 e AsylG, so bspw. ein Unterkommen bei seinem Freund im Norden Nigerias. Darauf, dass „die Kriminellen“ den Antragsteller gerade nicht (mehr) anhand seines Passes identifizieren könnten – diesen will der Antragsteller nämlich erst in Frankreich verloren haben –, kommt es damit nicht mehr an. Nach alledem ist der Antragsteller offensichtlich auch nicht subsidiär schutzberechtigt, § 4 Abs. 1 AsylG einerseits und § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3 e AsylG andererseits: Es sind keine stichhaltigen Gründe dafür vorgebracht worden, dass dem Antragsteller in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht, in Nigeria besteht kein internationaler oder innerstaatlicher bewaffneter Konflikt im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG (statt aller VG München, U.v. 2.2.2018 – M 9 K 17.39325 – juris) und auch im Rahmen des subsidiären Schutzes gilt der Ausschluss wegen der Möglichkeit, internen Schutz zu erlangen, § 4 Abs. 3 Satz 1, § 3 e AsylG.
Auch Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG scheiden unter Berücksichtigung der allgemeinen Situation in Nigeria und der individuellen Umstände des Antragstellers aus (vgl. auch VG München, B.v. 2.10.2017 – M 21 S 17. 42888 – juris m.w.N.).
Im Hinblick auf § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK reicht der Umstand, dass im Fall einer Aufenthaltsbeendigung die Lage des Betroffenen erheblich beeinträchtigt würde, allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen. Anderes kann nur in besonderen – hier nicht vorliegenden – Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen (BVerwG, B.v. 25.10.2012 – 10 B 16/12 – juris; U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris). Unabhängig davon, in welchen Fällen existenzbedrohende Armut im Sinne von Art. 3 EMRK relevant sein kann, liegen Anhaltspunkte hierfür nicht vor. Der Antragsteller ist jung, arbeitsfähig (zur Hüfterkrankung s.u.) und verfügt über eine gute Ausbildung (Elektroingenieur); weiter lebt jedenfalls seine Schwester noch im Heimatland. Anhaltspunkte dafür, dass er nach seiner Rückkehr – allein oder mit familiärer Unterstützung – nicht in der Lage sein wird, das Existenzminimum für sich zu sichern, bestehen nicht.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von einer Abschiebung abgesehen werden, wenn im Zielstaat für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Bei den in Nigeria vorherrschenden harten Lebensbedingungen handelt es sich um eine Situation, der die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist, weshalb Abschiebeschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG ausschließlich durch eine generelle Regelung nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt wird. Eine extreme Gefährdungslage, bei der aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG ausnahmsweise nicht greift (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 – 9 C 9/95 – juris; U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris), bei der ein Einzelner – hier: der Antragsteller – gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (vgl. Göbel-Zimmermann u.a., Asyl- und Flüchtlingsrecht, Stand: 1. Auflage 2017, Rn. 324), liegt nicht vor. Auch die eingereichten Atteste belegen kein – krankheitsbedingtes – Abschiebungshindernis. Die Hüftdysplasie – als solche bereits keine lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vgl. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG – wurde laut Angaben des Antragstellers durch Einsatz einer künstlichen Hüfte im Bundesgebiet operativ behandelt (Bl. 64 d. BA); nach dreitägigem Krankenhausaufenthalt im März 2017 wurde der Antragsteller hinsichtlich des weiter vorgetragenen Schädel-Hirn-Traumas – Folge eines Fahrradunfalls – in stabilem Allgemeinzustand entlassen (S. 2 des Berichts des Klinikums B. vom 29. März 2017).
Die Kostenfolge fußt auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

Jetzt teilen:

Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen