Aktenzeichen M 7 X 17.5056
GG GG Art. 13 Abs. 2
Leitsatz
Auch Büro- und Praxisräume einschließlich zugehöriger Nebenräume unterliegen dem verfassungsrechtlichen Schutz der Wohnung und damit dem richterlichen Vorbehalt für Duchsuchungsanordnungen; das gilt nicht für bloße Verkehrsmittel wie Kfz (vgl. schon VG München BeckRS 2017, 104465 Rn. 17)und für Personen. (Rn. 6 und 7) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2017 – M 7 X 17.4485 – wird dahingehend ergänzt, dass auch die Durchsuchung der Praxisräume und dazugehörigen Nebenräume (z.B. Kellerräume) des Herrn … in … durch Bedienstete des Landratsamts E. und Polizeibeamte gestattet wird. Verschlossene Türen und Behältnisse dürfen geöffnet werden. Die Gestattung gilt sechs Monate ab Beschlussdatum und nur für die zwangsweise Sicherstellung vorhandener Munition sowie der nachfolgend aufgezählten Schusswaffen und waffenrechtlichen Dokumente:
Art Kaliber Hersteller Herst.Nr.
Revolver 4mmRF Lang Weihrauch …
Wechselsystem .22lr SIG …
Halbautomat. Pistole .22lr Hämmerli …
Revolver .357 Magn. Smith& Wesson … Wechsellauf .22lr Hämmerli …
Wechselsystem .32S& WLongWC Hämmerli …
Halbautomat. Pistole 9mmLuger SIG …
Wechselsystem .22lr SIG …
Bockdoppelflinte .12 Gamba …
WBK grün Nr. … v. 07.09.1976 LRA E.
WBK gelb Nr. … v. 07.05.1984 LRA E.
II. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
III. Der Antragsgegner trägt die Kosten des gerichtsgebührenfreien Verfahrens.
Gründe
I.
Auf Antrag des Antragstellers vom 14. September 2017 hat das Verwaltungsgericht München mit Beschluss vom 21. September 2017 die Durchsuchung der Wohnung des Antragsgegners zum Zwecke der zwangsweisen Sicherstellung vorhandener Munition, näher bezeichneter Schusswaffen und waffenrechtlichen Dokumente gestattet (M 7 X 17.4485).
Unter dem 19. Oktober 2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht München am 25. Oktober 2017, beantragt der Antragsteller ergänzend,
die Erweiterung des Beschlusses vom 21.07.2017 zur Durchsuchung der Person des Herrn …, geb. … in …, des KFZ des Herrn … sowie der Praxisräume und dazugehöriger Nebenräume (z.B. Kellerräume) in …, zu gestatten.
Zur Begründung wird ausgeführt, dass sich der Antragsgegner in … nach polizeilichen Beobachtungen wohl nurmehr zu seinen Praxisöffnungszeiten aufhalte und daher die Durchsuchung der Praxisräume mit zugehörenden Nebenräumen erforderlich sei.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in den Verfahren M 7 X 17.4485 und M 7 X 17.5056 sowie die Behördenakte (Bl. 1 bis 114) Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf richterliche Anordnung der Durchsuchung nach Art. 13 Abs. 2 GG auch der Praxisräume inkl. Nebenräume des Antragsgegners ist zulässig und begründet.
Auch Büro- und Praxisräume nehmen bei der gebotenen weiten Auslegung des verfassungsrechtlichen Wohnungsbegriffs in Art. 13 Abs. 2 GG am richterlichen Vorbehalt für Durchsuchungsanordnungen teil (vgl. VG München, B.v. 2.3.2017 – M 7 E 16.5979 – juris Rn. 18; Papier in Maunz/Dürig, GG, 78. Erg.Lfg. Stand September 2016, Art. 13 Rn. 10 m.w.N.). Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 21. September 2017 zur Gestattung der Durchsuchung der Wohnungsräume des Antragstellers bedarf daher insoweit einer Ergänzung. Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Durchsuchung wird auf die Entscheidungsgründe im Verfahren M 7 X 17.4485 verwiesen, die dem Antragsgegner zusammen mit diesem Beschluss unmittelbar bei Beginn der Durchsuchungsmaßnahme durch Übergabe im Wege der Amtshilfe zuzustellen sind, und auf eine wiederholende Darstellung verzichtet. Die sicherzustellenden Gegenstände könnten sich durchaus in den Praxisräumen befinden, weshalb eine entsprechende Durchsuchung geboten ist.
Abzulehnen ist der Antrag insoweit, als auch die Anordnung der Durchsuchung der Person und des KFZ beantragt wird. Bloße Verkehrsmittel wie Kraftfahrzeuge unterliegen nicht dem Wohnungsbegriff (VG München, a.a.O.; Papier, a.a.O.) und damit deren Durchsuchung nicht dem richterlichen Vorbehalt. Für die Durchsuchung eines Kraftfahrzeugs genügt die allgemeine Befugnis der Waffenbehörde nach Art. 30 Abs. 1 VwZVG, ihren Verwaltungsakt auch selbst zu vollstrecken, bei Anwendung unmittelbaren Zwangs nach Art. 37 Abs. 2 VwZVG mit Hilfe der Polizei (VG München, a.a.O.). Dies gilt auch für die Durchsuchung des Antragsgegners.
Die Kostentragungspflicht ist gemäß § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO vollständig dem Antragsgegner aufzuerlegen, da die Ablehnung der Durchsuchungsanordnung für KFZ und Person nicht ins Gewicht fällt.