Verwaltungsrecht

Erteilung einer tschechischen Fahrerlaubnis ohne dortige Wohnsitznahme, Eilantrag gegen für sofort vollziehbar erklärte Feststellung der fehlenden Inlandsberechtigung

Aktenzeichen  M 6 S 21.3852

Datum:
7.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 49475
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV § 7
FeV § 28 Abs. 4 S. 2
VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die im Bescheid der Stadt Ingolstadt vom 29. Juli 2021 getroffene und für sofort vollziehbar erklärte Feststellung der Nichtberechtigung von seiner am 25. August 2010 erteilten tschechischen Fahrerlaubnis der Klassen A und B im Inland Gebrauch zu machen.
Der Antragsteller ist deutscher Staatsangehöriger und war Inhaber einer deutschen Fahrerlaubnis. Diese wurde ihm vom Amtsgericht Ingolstadt mit Entscheidung vom 14. Januar 1993 entzogen.
Mit Schreiben vom 23. Juni 2020 informierte die Polizeiinspektion S. die Fahrerlaubnisbehörde, dass gegen den Antragsteller ein polizeiliches Ermittlungsverfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis geführt wurde.
Mit Schreiben vom 2. Juli 2020 bat die Fahrerlaubnisbehörde das Kraftfahrtbundesamt, den tschechischen Behörden die Erkenntnisse mitzuteilen und diese um Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Erteilung der Fahrerlaubnis zu ersuchen.
Der Antragsteller beantragte am 11. August 2020 bei der Antragsgegnerin die Umschreibung seiner am 25. August 2010 in der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis. Die Stadt I. bestätigte auf dem Antrag umseitig, dass der Antragsteller seit Geburt in I. mit Hauptwohnsitz gemeldet sei. Der vorgelegte tschechische Führerschein wies als Wohnort „C.“ aus.
Am 11. September 2020 übersandte das Kraftfahrtbundesamt die Antwort der tschechischen Behörden vom 2. September 2020. Dem standardisierten Fragebogen ist zu entnehmen, dass von der tschechischen Fahrerlaubnisbehörde ausweislich der angekreuzten Felder als unbekannt („Unknown“) bezeichnet wurde, ob der Antragsteller mindestens 185 Tage im Jahr in Tschechien wohne, dort Familienmitglieder habe, in Tschechien Geschäften nachgehe, Grundeigentum besitze oder Steuern zahle, Sozialleistungen beziehe oder ein Auto registriert habe. Das Vorhandensein einer Unterkunft wurde mit Ja („Yes“) beantwortet.
Mit Schreiben vom 10. November 2020 hörte die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller zur beabsichtigten Ablehnung seines Antrags auf Umschreibung der tschechischen Fahrerlaubnis sowie der Feststellung der fehlenden Inlandsberichtigung an und verwies zur Begründung auf seinen fehlenden Wohnsitz in Tschechien zum Zeitpunkt der Erteilung seiner tschechischen Fahrerlaubnis. Gleichzeitig wurde ihm bis zum 8. Dezember 2020 Gelegenheit gegeben, Unterlagen wie Steuererklärungen oder Mietverträge zum Nachweis der Wohnsitzname in Tschechien einzureichen.
Die damalige Bevollmächtigte des Antragstellers wies mit Schriftsatz 10. November 2020 darauf hin, dass das Verfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eingestellt wurde.
Mit Schriftsatz vom 4. Januar 2021 wurden von einen neuen Bevollmächtigten des Antragstellers Ausführungen über den Aufenthalt des Antragstellers in Tschechien gemacht und eine Kopie einer „Einbürgerungskarte“ übersandt. Über einen Bekannten habe der Antragsteller Kontakt nach Tschechien gehabt. Zudem habe der Antragsteller eine amouröse Beziehung zu einer tschechischen Staatsbürgerin gehabt.
Mit Schreiben vom 11. Februar 2021 forderte die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller nochmals auf, Nachweise bis 11. März 2021 vorzulegen. Parallel dazu ordnete sie eine medizinischpsychologische Untersuchung hinsichtlich einer Alkoholfahrt mit 2,41 Promille aus dem Jahr 2005 an.
Aufgrund der Vertretungsanzeige der nunmehrigen Bevollmächtigten vom 26. Februar 2021 verlängerte die Behörde die Frist zur Vorlage von Nachweisen über den Wohnsitz in Tschechien Schreiben vom 17. März 2021 bis 11. April 2021.
Schreiben 11. Mai 2021 verwies die Fahrerlaubnisbehörde den Antragsteller nochmals auf ein Neuerteilungsverfahren.
Mit Schriftsatz vom 26. Mai 2021 beantragte der Prozessbevollmächtigte bei der Fahrerlaubnisbehörde (nochmals) den tschechischen Führerschein umzuschreiben.
Mit Bescheiden vom 29. Juni 2021, dem Antragsteller zugestellt am 3. Juli 2021, lehnte die Fahrerlaubnisbehörde den Antrag auf Umschreibung der tschechischen Fahrerlaubnis ab (Ablehnungsbescheid) und stellte in einem weiteren Bescheid (Feststellungsbescheid) fest, dass der Antragsteller nicht berechtigt sei, von seiner tschechischen Fahrerlaubnis der Klassen A, A1, A2, B und B1 (mit Unterklassen) in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen (Nummer 1 des Feststellungsbescheid) und verpflichtete den Antragsteller zur Vorlage des Führerscheins innerhalb einer Woche bei der Fahrerlaubnisbehörde zur Anbringung eines Sperrvermerks (Nummer 2 des Feststellungsbescheids). Gleichzeitig ordnete die sofortige Vollziehung der Nummer 1 des ersten Bescheides an (Nummer 3 des Feststellungsbescheids) und entschied über die Kosten.
Zur Begründung führte die Fahrerlaubnisbehörde aus, der Antragsteller habe seine tschechische Fahrerlaubnis unter Verstoß gegen das Wohnsitzprinzip erworben und dürfe folglich weder von seiner Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch machen, noch stehe ihm ein Anspruch auf Umschreibung dieser Fahrerlaubnis zu. Zur Anordnung des Sofortvollzugs führte sie aus, nur eine für sofort vollziehbar erklärte Feststellung über die fehlende Berechtigung sei in das öffentliche Fahreignungsregister einzutragen und somit für andere Behörden/Kontrollorgane ersichtlich bzw. nachvollziehbar.
Mit beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 21. Juli 2021 eingegangenen Schriftsatz ließ der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage (M 6 K 21.3851) gegen die Bescheide vom 29. Juli 2021 erheben und beantragte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes,
„die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Bescheide der Antragsgegnerin 29. Juni 2021 wird wiederhergestellt“.
Zur Begründung wurde insbesondere ausgeführt, der Antragsteller habe die Fahrerlaubnis anlässlich eines längeren Aufenthalts in der Tschechischen Republik erworben. Es gäbe keine unbestreitbaren Informationen über einen Wohnsitzverstoß. Zudem dürfe nach aktueller Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs kein Sperrvermerk eingetragen werden. Im „Hinblick auf die Anordnung des Sofortvollzuges unter Ziffer drei des Bescheids vom 29. Juni 2021 [sei] es jetzt erst einmal geboten, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen“.
Die Antragsgegnerin legte die Akten vor und beantragte mit Schreiben vom 23. August 2021,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung wiederholte sie im Wesentlichen die Ausführungen des streitgegenständlichen Bescheids.
Mit Schriftsatz vom 31. August 2021 und Schreiben vom 2. September 2021 vertieften die Parteien ihr Vorbringen.
Mit gerichtlichem Hinweis vom 28. Oktober 2021 wurde dem Antragsteller aufgegeben, nähere Angaben und Nachweise zum seinem Aufenthalt in Tschechien zu machen bzw. vorzulegen.
Mit Beschluss vom 18. November 2021 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien im Übrigen wird auf die Gerichtsakte – auch im Verfahren mit dem Aktenzeichen M 6 K 21.3851 – sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist zwar zulässig, aber unbegründet.
Der nicht zwischen den einzelnen Bescheiden und Nummern der Bescheide differenzierende Antrag ist zunächst nach §§ 122 Abs. 1, 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass mit ihm die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Nrn. 1 des Feststellungsbescheids begehrt wird. Eine vorläufige Umschreibung der Fahrerlaubnis im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 2 der VwGO wurde vom anwaltlich vertretenen Antragsteller nicht begehrt. Der Antrag ist ausdrücklich als Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO überschrieben und auch aus der Begründung ergibt sich, dass der Antragsteller zunächst die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die von der Anordnung des Sofortvollzugs erfassten Feststellung der Inlandsungültigkeit begehrt.
Der so verstandene Antrag ist zulässig.
Insbesondere fehlt ihm nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Zwar ergibt sich – soweit die Voraussetzungen vorliegen – die Inlandsungültigkeit einer ausländischen Fahrerlaubnis direkt aus dem Gesetz, so dass es grundsätzlich keines diese Rechtsfolge herbeiführenden Verwaltungsakts bedürfte. Wird jedoch ein solcher erlassen, stellt er einen eigenständigen Rechtsgrund dar, aus dem sich im Fall seiner Bestandskraft weitgehend unabhängig von der Rechtslage selbstständig die Inlandsungültigkeit einer solchen ausländischen Fahrerlaubnis ergibt. Vor diesem Hintergrund besteht ein Rechtsschutzbedürfnis eines Betroffenen, einem solchen die Inlandsungültigkeit feststellenden Verwaltungsakt zu begegnen.
Der so verstandene Antrag ist aber unbegründet.
Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 21. Juli 2021 gegen die Nummer 1 des Feststellungsbescheids ist nicht wiederherzustellen. Die Feststellung der Nichtberechtigung des Führens erlaubnispflichtiger Fahrzeuge im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland unter Anordnung der sofortigen Vollziehung ist bei summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Zur Begründung verweist das Gericht auf den in der Hauptsache angegriffenen Bescheid und macht sich diesen zur Begründung der vorliegenden Entscheidung zu eigen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Lediglich ergänzend wird ausgeführt:
1. Einwendungen gegen die formellen Anforderungen an die Begründung der Anord nung des Sofortvollzugs (§ 80 Abs. 3 VwGO) wurden weder vorgebracht noch sind solche ersichtlich.
2. Gemäß § 80 Abs. 1 VwGO haben Klage und Widerspruch grundsätzlich aufschie bende Wirkung, die aber entfällt, wenn die Behörde nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten angeordnet hat. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft eine originäre Ermessensentscheidung und hat abzuwägen zwischen dem von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten des eingelegten Rechtsbehelfs – hier der Klage – zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Rechtsbehelf offensichtlich erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens dagegen nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer Interessensabwägung.
3. Unter Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall war der Antrag ab zulehnen, weil sich die in Nummer 1 des Feststellungsbescheids enthaltene Feststellung der Nichtberechtigung nach der hier gebotenen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung als rechtmäßig darstellt und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Als maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zugrunde zu legen, da direkt Klage erhoben wurde.
Rechtsgrundlage der in Nummer 1 des Feststellungsbescheids getroffenen Feststellung ist § 28 Abs. 4 Satz 2 Fahrerlaubnisverordnung (FeV). Nach dieser Vorschrift kann die Behörde einen feststellenden Verwaltungsakt über die fehlende Berechtigung des Inhabers einer EU-Fahrerlaubnis erlassen, im Inland fahrerlaubnispflichtige Fahrzeuge zu führen. Die fehlende Berechtigung ergibt sich nach summarischer Prüfung im Einklang mit der Rechtsansicht der Antragsgegnerin aus § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV. Die Berechtigung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland entfällt nach dieser Vorschrift, wenn der Inhaber ausweislich vom „Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen“ zum Zeitpunkt der Erteilung seinen ordentlichen Wohnsitz im Inland hatte. Ein ordentlicher Wohnsitz im Inland wird nach § 7 Abs. 1 Satz 2 FeV (der den inhaltsgleichen Art. 12 der EUFührerscheinrichtlinie 2006/126/EG in nationales Recht umsetzt) angenommen, wenn der Betroffene wegen persönlicher und beruflicher Bindungen oder – bei fehlenden beruflichen Bindungen – wegen persönlicher Bindungen, die enge Beziehungen zwischen ihm und dem Wohnort erkennen lassen, gewöhnlich, d.h. während mindestens 185 Tagen im Jahr, im Inland wohnt.
Zwar ist nur der Ausstellungsmitgliedstaat für die Überprüfung zuständig, ob die im Unionsrecht aufgestellten Mindestanforderungen, insbesondere die Voraussetzungen hinsichtlich des ordentlichen Wohnsitzes und der Fahreignung, erfüllt sind und ob somit die Erteilung einer Fahrerlaubnis gerechtfertigt ist. Hat ein Aufnahmemitgliedstaat triftige Gründe, die Ordnungsgemäßheit eines von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins zu bezweifeln, so hat er dies dem Ausstellungsmitgliedstaat mitzuteilen. Es ist allein Sache dieses Mitgliedstaates, geeignete Maßnahmen in Bezug auf diejenigen Führerscheine zu ergreifen, bei denen sich nachträglich herausstellt, dass ihre Inhaber die vorgeschriebenen Voraussetzungen nicht erfüllten (BVerwG, B.v. 24.10.2019 – 3 B 26.19 – NJW 2020, 1600 Rn. 21 f. m.w.N.). Zu der eigenständigen Entscheidung, dem in einem anderen EUMitgliedstaat ausgestellten Führerschein in seinem Hoheitsgebiet die Anerkennung zu versagen, ist ein Aufnahmemitgliedstaat jedoch befugt, wenn aufgrund von Angaben im Führerschein selbst oder anderen vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührenden unbestreitbaren Informationen feststeht, dass die unionsrechtlich vorgesehene Voraussetzung eines ordentlichen Wohnsitzes zum Zeitpunkt der Führerscheinausstellung nicht beachtet wurde (BVerwG, B.v. 24.10.2019 a.a.O. Rn. 23). Dabei muss ein Verstoß gegen das Wohnsitzerfordernis aufgrund der vom Ausstellungsmitgliedstaat stammenden Informationen nicht bereits von vornherein abschließend erwiesen sein (vgl. BayVGH, U.v. 4.3.2019 – 11 B 18.34 – juris Rn. 21 m.w.N.; B.v. 12.1.2018 – 11 CS 17.1257 – juris Rn. 10; B.v. 23.1.2017 – 11 ZB 16.2458 – juris Rn. 12; OVG NW, B.v. 9.1.2018 -16 B 534/17 – juris Rn. 14 ff. m.w.N). Vielmehr reicht es aus, wenn diese Informationen darauf „hinweisen“, dass ein Wohnsitzverstoß vorliegt. Dann können die Behörden und Gerichte des Aufnahmemitgliedstaats auch inländische Umstände zur Beurteilung der Frage heranziehen, ob die Wohnsitzvoraussetzung eingehalten ist. Es obliegt dann dem Inhaber der Fahrerlaubnis, substantiierte und verifizierbare Angaben zu Beginn und Ende seines Aufenthalts im Ausstellungsmitgliedstaat sowie zu den persönlichen und beruflichen Bindungen zu machen, die im maßgeblichen Zeitraum zu dem im Führerschein angegebenen Wohnort bestanden. Dies gilt in besonderer Weise, wenn der Inhaber des Führerscheins gleichzeitig einen Wohnsitz in Deutschland beibehalten hat (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.2020 – 11 CS 20.2065 – juris Rn. 13).
Der Antwort der tschechischen Behörden auf die Anfrage der Antragsgegnerin lässt sich entnehmen, dass lediglich das Vorhandenseins einer Unterkunft („existence of accomodation“) bejaht wird, alle anderen in dem Fragebogen genannten Umstände – insbesondere ein Aufenthalt für mindestens 185 Tage – wurden als „unbekannt“ bezeichnet.
Weitere Informationen aus dem Ausstellerstaat – insbesondere Meldebestätigungen -, die positiv einen längeren Aufenthalt des Antragstellers hätten belegen können, hat der Antragsteller nicht vorgelegt und auch im Übrigen nicht weiter vorgetragen und glaubhaft gemacht. Der vom damaligen Bevollmächtigten als „Einbürgerungskarte“ betitelten Bescheinigung lässt sich bereits kein Aufenthalt von mindestens 185 Tage entnehmen, der den Zeitpunkt der Erteilung einschließt.
Diese Umstände erlaubten der Antragsgegnerin in einem zweiten Prüfungsschritt, die ihm vorliegenden Informationen aus dem Inland zu nutzen, nämlich die durchgehende Meldung des Antragstellers mit alleinigem Wohnsitz im Inland. Dazu kommt, dass der Antragsteller der (wiederholten) behördlichen Aufforderung sowie der Aufforderung des Gerichts, weitere Belege und Nachweise hinsichtlich des Aufenthalts in der Tschechischen Republik vorzulegen, nicht nachgekommen ist.
Liegen wie hier Hinweise aus dem Ausstellungsmitgliedstaat vor, dass das Wohnsitzerfordernis nicht erfüllt ist, trifft den Antragsteller jedoch eine Obliegenheit, hierzu substantiierte und verifizierbare Angaben zu machen (BVerwG, B.v. 28.1.2015 – 3 B 48/14 – juris Rn. 6; B.v. 22.10.2014, a.a.O. Rn. 3; U.v. 30.5.2013 – 3 C 18.12 – BVerwGE 146, 377 Rn. 30; BayVGH, B.v. 22.5.2017 – 11 CE 17.718 – juris Rn. 20; B.v. 22.8.2016 – 11 CS 16.1230 – juris Rn. 20; B.v. 20.5.201 – 11 CS 15.685 – juris Rn. 15; OVG NW, U.v. 16.5.2014 – 16 A 2255/10 – juris Rn. 30). Dies ist nicht geschehen. Die vagen und nicht belegten Angaben im Verwaltungsverfahren (Bekannter und amouröse Beziehung) sind hierfür jedenfalls nicht ausreichend, so dass jedenfalls bei der hier gebotenen summarischen Prüfung die Antragsgegnerin in der Gesamtschau aller Informationen zu Recht davon ausgehen durfte, dass der Antragsteller in der fraglichen Zeit seinen Wohnsitz im Sinne des § 7 FeV im Inland hatte und daher die Tatbestandsvoraussetzungen des § 28 Abs. 4 Satz 2 FeV erfüllt sind.
Fehler hinsichtlich der Ermessensausübung wurden weder geltend gemacht, noch sind solche Fehler ersichtlich. Die Behörde weist in ihrem Bescheid zutreffend darauf hin, dass mit dem Erlass des Bescheids Rechtssicherheit erzeugt wird.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1 und 46.1, 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (Stand 2013).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben