Verwaltungsrecht

Feststellungsklage gegen Fälligstellung eines Zwangsgelds bei Verstoß gegen Baueinstellungsverfügung

Aktenzeichen  W 5 K 17.1197

Datum:
20.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 36984
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 43
VwZVG Art. 23, Art. 27, Art. 31, Art. 36, Art. 37
BayVwVfG Art. 28

 

Leitsatz

1. Bei der Fälligkeitsmitteilung ein Zwangsgeld betreffend handelt es sich um keinen Verwaltungsakt. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einer Unterlassungsverpflichtung ist bei einer Zwangsgeldforderung eine gesonderte Fristsetzung nicht erforderlich. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Die Klage ist als Feststellungsklage i.S.v. § 43 Abs. 1 VwGO zulässig. Bei der Fälligkeitsmitteilung des Landratsamts Bad Kissingen vom 4. September 2017 handelt es sich mangels Regelungswirkung um keinen Verwaltungsakt i.S.v. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 24.1.2011 – 2 ZB 10.2365 – juris Rn. 3 m.w.N.), so dass nicht die (ursprünglich vom Klägerbevollmächtigten erhobene) Anfechtungsklage, sondern die Feststellungsklage die statthafte Klageart ist. Bereits die Androhung eines Zwangsgelds stellt nach Art. 31 Abs. 3 Satz 2 VwZVG einen Leistungsbescheid im Sinne von Art. 23 Abs. 1 VwZVG dar, der bei Pflichtverstoß zur Fälligkeit des Zwangsgelds führt (vgl. Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG). Entsprechend bedarf es für den Fälligkeitseintritt des Zwangsgelds keines weiteren Verwaltungsakts. Vor diesem Hintergrund steht der erhobenen Feststellungsklage auch die Subsidiaritätsregelung des § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO nicht entgegen.
2. Die Feststellungsklage ist unbegründet, da das angedrohte Zwangsgeld von der Beklagten mit Schreiben vom 4. September 2017 zu Recht fällig gestellt wurde.
Gemäß Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG wird eine Zwangsgeldforderung fällig, wenn die nach Art. 31 Abs. 1 VwZVG festgesetzte Pflicht nicht bis zum Ablauf der Frist des Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG erfüllt wird. Da es sich vorliegend um eine Unterlassungsverpflichtung handelt, war eine gesonderte Fristsetzung nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG nicht erforderlich (vgl. BayVGH, B.v. 15.6.2000 – 4 B 98.775 – juris). Deshalb hatte die Klägerin ab der am 10. August 2017 erfolgten Zustellung der Baueinstellungsverfügung vom 8. August 2017 weitere Bauarbeiten zu unterlassen, um nicht Gefahr zu laufen, dass das Zwangsgeld infolge des Eintritts der Bedingung, an den die im Bescheid vom 8. August 2017 ebenfalls enthaltene Zwangsgeldandrohung als aufschiebend bedingter Leistungsbescheid i.S.d. Art. 23 Abs. 1 VwZVG anknüpft, nach Art. 31 Abs. 3 Satz 3 VwZVG fällig wird. Dementsprechend hat die Behörde vor der Fälligstellung des Zwangsgeldes auch – anders als der Klägerbevollmächtigte meint – kein Anhörungsverfahren durchzuführen; insbesondere greift Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG nicht ein, da es sich bei der Fälligstellung des Zwangsgelds aus vorgenannten Gründen nicht um einen Verwaltungsakt handelt.
Die Klägerin hat zur Überzeugung des Gerichts gegen die ihr mit bestandskräftigem Bescheid des Landratsamts Bad Kissingen vom 8. August 2017 auferlegte Pflicht zur sofortigen Einstellung der Bauarbeiten an dem auf dem Baugrundstück vorhandenen Nebengebäude verstoßen. Im Nachgang zu der am 10. August 2017 zugestellten Baueinstellung haben nämlich weitere Baumaßnahmen zur Fortführung des Bauvorhabens (Verschließen der nordwestlichen Außenwand mit zwei OSB-Platten, Einbau einer Tür) stattgefunden, die über das durch das Landratsamt Bad Kissingen zu Sicherungszwecken zugestandene Abdecken des Daches mit einer Plane hinausgingen. Das ergibt sich aus den vom Landratsamt im Rahmen der Baukontrollen am 22. und am 29. August 2017 angefertigten Lichtbildaufnahmen (Bl. 270 und 275 der Behördenakte). Auch aus der von der Klägerseite vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Handwerkers … vom 5. Oktober 2017 (Bl. 24 der Gerichtsakte) geht hervor, dass am 26. August 2017 Baumaßnahmen am betroffenen Nebengebäude stattgefunden haben. Der Klägerbevollmächtigte hat dies in seinem Schriftsatz vom 16. Mai 2018 ebenfalls ausdrücklich zugestanden.
Die Klägerin vermag auch nicht mit ihrem Vortrag durchzudringen, wonach der mit den Arbeiten am Nebengebäude beauftragte Handwerker telefonisch trotz wiederholter Versuche nicht rechtzeitig habe erreicht und über die ergangene Baueinstellung informiert werden können. Nach dem ihr bekannten Inhalt des Bescheids vom 8. August 2017 und ihrer Vorsprache beim Landratsamt Bad Kissingen am 14. August 2017 (vgl. Bl. 260 der Behördenakte) hatte sie auf dem Baugrundstück jegliche Bauarbeiten am Nebengebäude (mit Ausnahme der Dachabdeckung mit einer Plane) zu unterlassen. Entsprechend traf sie die Verpflichtung, alles in ihrer Macht liegende zu unternehmen, um die Weiterarbeit am Bauobjekt zu verhindern. Dafür reicht der von der Klägerseite geschilderte, wiederholte Versuch, den beauftragten Handwerker … telefonisch zu erreichen und ihn über die Baueinstellung in Kenntnis zu setzen, nicht aus. Ließ sich der beauftragte Handwerker telefonisch tatsächlich nicht erreichen, hätte die Klägerin die Fortsetzung der Bauarbeiten jedenfalls auf andere Art und Weise, etwa durch Anbringung einer entsprechenden Benachrichtigung am Bauobjekt, ohne weiteres zeitnah unterbinden können.
Gemäß Art. 37 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 VwZVG ist ein angedrohtes Zwangsgeld beizutreiben, wenn – wie hier – der Duldungs- oder Unterlassungspflicht zuwidergehandelt worden ist, deren Erfüllung durch die Androhung des Zwangsgeldes erreicht werden sollte; sind weitere Zuwiderhandlungen nicht mehr zu befürchten, so kann die Vollstreckungsbehörde von der Beitreibung absehen, wenn diese eine besondere Härte darstellen würde (Art. 37 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 2 VwZVG). Selbst wenn man mit dem Vorbringen der Klägerseite davon ausgeht, dass ungeachtet des noch nicht fertiggestellten Baus weitere Zuwiderhandlungen nicht zu befürchten sind, fehlen vorliegend jedenfalls jegliche Anhaltspunkte für eine besondere Härte, zumal die Klägerin es unterlassen hat, rechtzeitig hinreichende Vorkehrungen dafür zu treffen, dass am Bauobjekt keine weiteren Baumaßnahmen stattfinden.
3. Im Ergebnis war die Klage daher mit der Kostenfolge gemäß § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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