Verwaltungsrecht

Im Süden Malis besteht eine innerstaatliche zumutbare Fluchtalternative

Aktenzeichen  Au 5 K 16.32270

Datum:
13.2.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3 Abs. 1, § 3c Nr. 3, § 3e

 

Leitsatz

Im Süden Malis besteht eine innerstaatliche zumutbare Fluchtalternative, da dieser Bereich vom Bürgerkrieg nicht betroffen ist. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage des Klägers entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 13. Februar 2017 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Anerkennung als Asylberechtigter, die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf die Gewährung subsidiären Schutzes. Auch Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG liegen nicht vor (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der angefochtene Bescheid des Bundesamts vom 20. Oktober 2016 ist auch hinsichtlich der Ausreiseaufforderung, der Abschiebungsandrohung und der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Es wird insoweit in vollem Umfang Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzend ausgeführt:
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter.
Der Kläger ist nach eigenen Angaben über Italien und Österreich auf dem Landweg und damit über einen sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 und 2 GG kann sich auf das Asylrecht nicht berufen, wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder aus einem anderen durch Gesetz zu bestimmenden Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist. Durch Anlage I zu § 26a AsylG sind Norwegen und die Schweiz als sichere Drittstaaten bestimmt worden. Da somit alle Nachbarstaaten der Bundesrepublik Deutschland entweder aufgrund ihrer Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft oder aufgrund der Anlage I zu § 26a AsylG sichere Drittstaaten sind, hat jeder Asylsuchende, der auf dem Landweg in die Bundesrepublik Deutschland gelangt ist, den Ausschlussgrund der Einreise aus einem sicheren Drittstaat verwirklich (BVerwG, U.v. 7.11.1995, InfAuslR 1996, 152). Auf den genauen Reiseweg kommt es dabei nicht mehr an.
2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i.S. des § 3 Abs. 1 AsylG.
Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Dabei kann die Verfolgung i. S. des § 3 AsylG nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten.
a) Hiervon ausgehend kann der Kläger nicht als Flüchtling anerkannt werden. Eine politische Verfolgung in Anknüpfung an flüchtlingsrelevante Merkmale hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht. Der Kläger hat bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung lediglich auf jahrelang andauernde innerörtliche Grundstücksstreitigkeiten verwiesen. Eine persönliche Betroffenheit anknüpfend an ein Merkmal des § 3 Abs. 1 AsylG hat der Kläger nicht geltend gemacht. Der Kläger hat bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung lediglich auf die allgemeine Situation im Norden Malis sowie die innerörtlichen Konflikte um den Besitz von Grundstücken verwiesen. Eine irgendwie geartete persönliche Betroffenheit, anknüpfend an ein in § 3 Abs. 1 AsylG genanntes Merkmal, hat der Kläger hingegen nicht behauptet. Vielmehr hat er darauf verwiesen, dass er vor seiner Ausreise aus Mali seine Lebensgrundlage verloren habe. Damit steht aber zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger Mali im Januar 2014 unverfolgt verlassen hat. Weiter hat der Kläger geltend gemacht, dass er zu keinem Zeitpunkt politisch aktiv gewesen sei und auch keinen staatlichen Repressalien seitens Behörden, Polizei und ähnlichem ausgesetzt gewesen sei.
b) Zudem steht dem Kläger nach Überzeugung des Gerichts jedenfalls im Süden Malis, aus dem der Kläger auch stammt, eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung (§ 3e AsylG).
Der Süden Malis ist bürgerkriegsfrei. Das hat der Kläger, der aus der Gegend von * stammt, in der mündlichen Verhandlung auch so bestätigt. Von den Kampfhandlungen islamistischer Gruppen, die im Januar 2012 ihren Anfang nahmen, war der Norden Malis betroffen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Mali: Aktuelle Lage, Auskunft der SFH-Länderanalyse vom 30. Oktober 2012). Bereits im Juni 2013 war zwischen der malischen Regierung und mehreren bewaffneten Gruppen ein Friedensabkommen zur Stabilisierung der Lage im Norden Malis geschlossen worden (Amnesty International, Mali-Report 2015). Am 15. Mai und 20. Juni 2015 wurde erneut ein innerstaatliches Friedensabkommen zur nachhaltigen Befriedung von Nord-Mali geschlossen. Von den bürgerkriegsähnlichen Zuständen im Norden Malis blieb der Süden Malis jedoch verschont, auch wenn selbst in der Hauptstadt Bamako eine Gefährdung durch terroristische Gruppen nicht ausgeschlossen werden kann (Auswärtiges Amt, Mali: Reise- und Sicherheitshinweise, Stand: 2.11.2016). Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass vereinzelte Anschläge bereits die Qualität eines Bürgerkriegs erreicht haben, bestehen nicht (s. hierzu auch VG Magdeburg, U.v. 27.5.2016 – 1 A 125/15 MD). Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt der vom Auswärtigen Amt ausgesprochenen Reisewarnung dabei keine Indizwirkung zu (vgl. BVerwG, B.v.27.6.2013 – 10 B 11.13 – juris; BayVGH, B.v. 22.12.2016 – 13a ZB 16.30684 – juris Rn. 7).
Das Gericht geht auch davon aus, dass der Kläger als gesunder junger, alleinstehender Mann ohne Kinder seinen Lebensunterhalt im Süden Malis sicherstellen kann, selbst wenn hierfür mehr zu fordern ist als die bloße Sicherung des Existenzminimums. Darüber hinaus ist darauf zu verweisen, dass der Kläger selbst aus dem Süden Malis stammt. Ihm ist es gelungen, in Libyen unter schwierigen Bedingungen Arbeit zu finden und dergestalt sein Existenzminimum sicher zu stellen. Es ist deshalb vernünftigerweise zu erwarten, dass der Kläger in seinem Heimatland, mit dessen Gepflogenheiten und Sprache er durchaus vertraut ist, seinen Lebensunterhalt sicherstellen kann. Der Kläger hat sich in Mali bereits in der Form beruflich betätigt, dass er über mehrere Jahre Landwirtschaft betrieben hat und Waren veräußert hat. Dem Kläger ist es insoweit gelungen, seine Lebensgrundlage sicher zu stellen. Auch dürfte der Kläger nach wie vor im Besitz von Grundstücken im Umland von * sein. Eine Rückkehr nach * ist daher für den Kläger gefahrlos möglich.
3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG. Er hat keine stichhaltigen Gründe für die Annahme vorgebracht, dass ihm bei einer Rückkehr nach Mali ein ernsthafter Schaden i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 3 AsylG droht.
Ungeachtet der Frage, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG vorliegen, ist der Kläger, soweit er eine Gefährdung in seiner Heimatregion befürchtet, wie bereits ausgeführt, auf eine innerstaatliche Fluchtalternative im Süden Malis zu verweisen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3e AsylG).
4. Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht ersichtlich.
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bei seiner Abschiebung nach Mali befürchten müsste, auf derart schlechte humanitäre Bedingungen zu stoßen, dass die Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK besteht, gibt es, wie bereits ausgeführt, nicht. Obwohl die wirtschaftliche Lage nach wie vor schlecht ist (Auswärtiges Amt, Mali: Wirtschaftliche Rahmenbedingungen, Stand: April 2016), geht das Gericht, wie ausgeführt, davon aus, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt dort sicherstellen kann. Damit liegen weder die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG noch für die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.
5. Auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AufenthG erweist sich als rechtmäßig, das Bundesamt hat das ihm insoweit zukommende Ermessen erkannt und in der Befristungsentscheidung die maßgeblichen Belange in ordnungsgemäßer Weise abgewogen.
6. Die Klage war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.

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