Verwaltungsrecht

Kein Anspruch auf internationalen Schutz oder Feststellung von Abschiebungsverboten für Familie aus Äthiopien

Aktenzeichen  AN 3 K 16.32081

Datum:
20.7.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 123523
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1
AufenthG §§ 60 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 5, Abs. 7 Satz 1

 

Leitsatz

1. Personen, die bereits in Äthiopien als regimekritisch aufgefallen sind und die sich in der Bundesrepublik Deutschland exponiert politisch betätigt haben und sich nicht nur als einfache Mitglieder oder bloße Mitläufer darstellen, haben bei einer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
2. Grundsätzlich kann eine drohende Zwangsheirat ein Grund für eine Verfolgung im Heimatland im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG sein. (Rn. 57) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine konkret drohende Beschneidung eines Mädchens ist geeignet, Flüchtlingsschutz zu begründen. (Rn. 62) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

Die zulässigen Klagen sind unbegründet.
Der streitgegenständliche Bescheid vom 25. November 2016 ist im Umfange des Klagebegehrens rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 VwGO. Ihnen steht weder ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG (Hauptantrag) noch auf Zuerkennung des subsidiären Flüchtlingsstatus nach § 4 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG (Hilfsanträge) zu.
I.
Vorliegend ist kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG gegeben.
Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling i.S.d. Abkommens über die Rechtstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung, wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will, oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
Ergänzend hierzu bestimmt § 3a AsylG die Verfolgungshandlungen, § 3b AsylG die Verfolgungsgründe, § 3c AsylG die Akteure, von denen Verfolgung ausgehen kann, § 3d AsylG die Akteure, die Schutz bieten können und § 3e AsylG den internen Schutz.
§ 3a Abs. 3 AsylG regelt ausdrücklich, dass zwischen den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. den in § 3b AsylG genannten Verfolgungsgründen und den in § 3a Abs. 1 und Abs. 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen muss.
Ausschlussgründe, wonach ein Ausländer nicht Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, sind in § 3 Abs. 2 und 3 AsylG geregelt.
Gemäß § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 des AufenthG.
Aus den in Art. 4 RL 2004/83/EG geregelten Mitwirkungs- und Darlegungsobliegenheiten des Asylbewerbers folgt, dass es auch unter Berücksichtigung der Vorgaben dieser Richtlinie Sache des Asylbewerbers ist, die Gründe für seine Flucht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen. Es ist daran festzuhalten, dass er dazu unter Angabe genauer Einzelheiten den in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern hat, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung eine politische Verfolgung droht. Hierzu gehört, dass der Asylbewerber zu den in seiner Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung gibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen.
Mit Rücksicht darauf, dass sich der Schutzsuchende vielfach hinsichtlich asylbegründender Vorgänge außerhalb des Gastlandes in einem gewissen, sachtypischen Beweisnotstand befindet, genügt bezüglich dieser Vorgänge für die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gebotene richterliche Überzeugungsgewissheit in der Regel die Glaubhaftmachung.
An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbeson-dere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (BVerfG, B.v. 29.11.1990, InfAuslR 1991, 94, 95; BVerwG, U.v. 30.10.1990, Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG, 135).
1. a) Unter Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen steht zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) zur Überzeugung des Gerichts nicht fest, dass dem Kläger zu 1) im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 1 AufenthG unterfallende Gefährdungen drohen.
Nach den Einlassungen des Klägers zu 1) in seiner Anhörung vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung geht das Gericht davon aus, dass der Kläger zum Zeitpunkt seiner Ausreise aus Äthiopien nicht von einer politisch motivierten Verfolgung durch staatliche Stellen bedroht gewesen ist.
Es bestehen erhebliche Zweifel an der Glaubhaftigkeit seiner Angaben. So ist bereits das vom Kläger behauptete Modell des „Fünf zu Eins“ nicht glaubhaft. Ausweislich allgemein zugänglicher Presseberichte gibt es das „Werkzeug“ „one in five“, wonach in jedem fünften äthiopischen Haushalt eine Person lebt, die die anderen vier Haushalte überwacht und jedes verdächtige regierungskritische Verlautbarung weitergibt (FAZ „Äthiopien am Abgrund: Mit jedem Toten wächst der Zorn“, 1. September 2016). Zu diesem „Werkzeug“ weist das Vorbringen des Klägers gewisse Ähnlichkeiten auf, verfehlt jedoch den Kern, da vier Haushalte ausspioniert werden und nicht alle fünf gemeinsam Informationen über die politische Haltung von Jugendlichen an staatliche Stellen gegen Gewährung von Kleinkrediten für ihre Unternehmen liefern. Die „Zählweise“ „one in five“ macht in der vom Kläger zu 1) beschriebenen Art keinen Sinn. Aus diesem Grund erscheint auch der Anlass für die behauptete Verhaftung nicht wahrscheinlich. Nicht nachvollziehbar ist, dass der Kläger zu 1), der zum Ort seiner Inhaftierung keinerlei Angaben machen kann, nach 28 Tagen wiederholter Verhöre freigekommen sein will, obwohl er den „Rat“, die Vorwürfe zuzugeben, gerade nicht befolgt haben will. Das geschilderte Verhalten der Sicherheitsbehörden (Freilassung und sofortige Suche nach dem Kläger ohne weiteren Anlass) erscheint vor dem Hintergrund, dass dann auch noch Onkel und Schwester an Stelle des Klägers zu 1) inhaftiert worden sein sollen, unwahrscheinlich. Insgesamt wirkt das geschilderte Verfolgungsschicksal konstruiert, was dadurch verstärkt wird, dass die Aussagen des Klägers zu 1) zu seiner Inhaftierung und der dort angeblich erlittenen starken körperlichen Misshandlung vor dem Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung floskelhaft und wenig anschaulich blieben.
Hinzu kommt die Behauptung des Klägers zu 1), alle persönlichen Dokumente und auch alle Telefonnummern seiner Verwandten auf der Flucht verloren zu haben. Er konnte auch in der mündlichen Verhandlung nicht erklären, warum es ihm nicht möglich war, mittlerweile wieder in den Besitz der (persönlich sehr wichtigen) Kontaktdaten zu kommen. Die Behauptung, über keinerlei persönliche Dokumente und Kontakte ins Heimatland zu verfügen, ist ein sehr häufiges Vorbringen äthiopischer Asylbewerber, welches die Aufklärung des behaupteten Verfolgungsschicksals verhindert. Die Zweifel an der Glaubhaftigkeit des Vorbringens insgesamt werden dadurch gesteigert.
b) Dem Kläger zu 1) droht auch für den Fall einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung durch staatliche Stellen aufgrund seiner exilpolitischen Arbeit für die EPPFG.
In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Dem Auswärtigen Amt liegen keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Organisation im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt.
Von Bedeutung ist z.B. auch, ob und wie sich eine zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt. Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibt, soweit bekannt, ohne Konsequenzen.
Insgesamt ist den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Diaspora genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Spitzenpolitiker von Exilparteien, die der Regierung missliebig sind, müssen deshalb im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien mit Verfolgung rechnen. Auch Aktivisten, die sich im Ausland gegen die Regierung aussprechen, drohen in Äthiopien Verfolgungen auf Grund revolutionärer Absichten. Aktivitäten einfacher Parteimitglieder werden hingegen von den äthiopischen Behörden nicht registriert, da den Behörden dazu die Ressourcen fehlen. Es sind allerdings Einzelfälle bekannt geworden, in denen es trotzdem bei Rückkehr zu Verhaftungen gekommen ist. Andererseits sind zahlreiche Fälle von Mitgliedern von Exilparteien bekannt, die nach ihrer Rückkehr nach Äthiopien nicht belangt worden sind.
Insgesamt lässt sich nach Auffassung des Gerichts den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen im Wesentlichen entnehmen, dass jedenfalls Personen, die bereits in Äthiopien dem äthiopischen Staat regimekritisch aufgefallen sind und die sich hier in der Bundesrepublik Deutschland exponiert politisch betätigt haben und sich nicht nur als einfache Mitglieder oder bloße Mitläufer darstellen, bei einer Rückkehr nach Äthiopien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben, zumal der äthiopische Staat in der Bundesrepublik Deutschland die Aktivitäten äthiopischer Staatsangehöriger genau überwacht (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 25.2.2008, 21 B 07.30363; OVG Nordrhein-Westfalen, U.v. 17.8.1010, 8 A 4063/06.A).
Bei dem Kläger zu1), welcher zur Überzeugung des Gerichts nicht vorverfolgt ausgereist ist, handelt es sich jedoch nicht um ein derartig exponiertes, aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgendes Mitglied einer exilpolitischen Organisation.
Allein durch die von dem Kläger zu 1) vorgetragenen und in der vorgelegten Bestätigung der EPPFG unbekannten Datums bescheinigten Aktivitäten des Klägers zu 1) lässt sich eine im Rahmen des § 3 Abs. 1 AsylG relevante Rückkehrgefährdung des Klägers zu 1) nicht bejahen.
Auf Grund des Eindrucks, den der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung gemacht hat und dessen Aussagen über seine bisherige politischen Aktivitäten geht das Gericht unter Zugrundelegung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen davon aus, dass es sich bei dem Kläger zu 1) um einen politisch nicht über das „Normalmaß“ der hier in der Bundesrepublik Deutschland in exilpolitischen Organisationen engagierten äthiopischen Asylbewerber hinaus besonders politisch aktiven Menschen handelt, er vielmehr, auch für den äthiopischen Staat erkennbar, kein ernstzunehmender Regimegegner ist.
2. Es sind für das Gericht keine Gründe ersichtlich, dass die Klägerin zu 2) vorverfolgt ausgereist ist noch dass sie für den Fall ihrer Einreise nach Äthiopien mit der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG befürchten muss.
Grundsätzlich kann eine drohende Zwangsheirat ein Grund für eine Verfolgung im Heimatland sein (VG Ansbach, U.v. 16.3.2017 – AN 1 K 16.32047). Die Klägerin zu 2) hat jedoch selbst angegeben, sich einer solchen entziehen zu können, indem sie ihr Dorf, in dem ihre Familie lebte, verließ und nach … zog und dort auch längere Zeit unbehelligt lebte. Ihr stand somit eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung.
Die Klägerin zu 2) muss nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Zwangsheirat für den Fall ihrer Rückkehr nach Äthiopien befürchten.
Denn zum einen gab sie selbst an, zu ihrer Familie, die verantwortlich für die Pläne der Zwangsheirat gewesen sein soll, keinen Kontakt mehr zu haben.
Zum anderen ist sie nach übereinstimmenden Aussagen des Klägers zu 1) seit 2012 mit diesem verheiratet. Eine Zwangsverheiratung durch ihre Familie bei einer Rückkehr nach Äthiopien ist damit nicht wahrscheinlich.
3. Die Klägerinnen zu 3) und 4) müssen für den Fall ihrer Einreise nach Äthiopien nicht mit der beachtlichen Wahrscheinlichkeit Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG befürchten. Der Vortrag, ihnen drohe eine Beschneidung in Äthiopien, erfüllt nicht die Voraussetzungen an eine geschlechtsspezifische Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure.
Zwar ist eine konkret drohende Beschneidung geeignet, Flüchtlingsschutz zu begründen (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, U.v. 14.2.2014 – 1 A 1139/13.A -, juris Rn. 80; VG Aachen, U.v. 16.9.2014 – 2 K 2262/13.A -, juris Rn. 30 m.w.N.; VG Würzburg, U.v. 5.12.2014 – W 3 K 14.30001 -, juris Rn. 31 ff.; VG Ansbach, U.v. 24.9.2015 – AN 3 K 14.30480 -; Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Juni 2014, § 3a AsylG Rn. 35).
Die Mutter der Klägerinnen zu 3) und 4) erklärte sowohl während der Anhörung beim Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung, sie sei gegen die FGM bei ihrer Tochter, da sie selbst beschnitten ist. Sie befürchte aber, ihre Töchter müssten bei einer Rückkehr nach Äthiopien auch beschnitten werden.
Nach den dem Gericht zur Verfügung stehenden und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Erkenntnisquellen ist die Durchführung einer FGM hauptsächlich von der Haltung der Mutter abhängig. Diese wird bei niedrigem Bildungsstand eine FGM eher durchführen lassen, eine höhere Bildung führt eher dazu, dass FGM ausbleibt (Terre des Femmes – Menschenrechte für die Frau e.V. – Äthiopien, 16.9.2015).
Aufgrund der mehrfach klar geäußerten Ablehnung der Eltern besteht nicht die erforderliche beachtliche Wahrscheinlichkeit, dass den Klägerinnen zu 3) und 4) in Äthiopien eine Beschneidung droht, zumal sich langsam insgesamt ein Rückgang der Beschneidungen verzeichnen lässt (Bericht des Auswärtigen Amtes zur asyl- und abschieberelevanten Lage in Äthiopien vom 6. März 2017 II. 1. 1.8.1. S. 16; Terre des Femmes, a.a.O.). Warum eine FGM bei den Klägerinnen zu 3) und 4) gegen den klar geäußerten Willen der Eltern durchgeführt werden sollte bzw. es ihnen nicht möglich wäre, sich gegen entsprechende Erwartungen seitens der Familien durchzusetzen, wurde aus dem Vortrag der Mutter nicht deutlich. Zumal die Mutter auch angibt, sie habe keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie und wisse nicht, ob diese noch lebe.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass dem klägerischen Vorbringen keinerlei eine im Rahmen des § 60 Abs. 1 AufenthG relevante Verfolgung/Gefährdung vor der Ausreise darlegende Gründe zu entnehmen sind.
Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen auf den angefochtenen Bundesamtsbescheid, § 77 Abs. 2 AsylG.
II.
Gründe für das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor und wurden nicht vorgetragen.
III.
Auch nationale Abschiebungsverbote sind nicht gegeben.
1. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. No-vember 1950 (BGBl. 1952 II, S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.
Mangels Erkennbarkeit diesbezüglich erforderlicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.
2. Ebenso wenig besteht im Falle der Kläger ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Es erscheint nicht beachtlich wahrscheinlich, dass für die Kläger im Falle ihrer Rückkehr nach Äthiopien eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
In Bezug auf die Klägerin zu 4) liegt keine lebensbedrohliche Erkrankung vor, die nicht in Äthiopien behandelt werden könnte.
Aus den vorgelegten Attesten ergibt sich nicht, dass die Klägerin zu 4) an einer lebensbedrohlichen Erkrankung leidet, die in Äthiopien nicht behandelt werden kann. Des Weiteren wird nichts weiter geltend gemacht, was ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG rechtfertigen könnte.
Darüber hinaus, insbesondere in Bezug auf die Klägerin zu 2) wird auf die zutreffende Begründung des angefochtenen Bescheides Bezug genommen, § 77 Abs. 2 AsylG.
IV.
Auch die im angefochtenen Bescheid enthaltene Ausreiseaufforderung unter Abschiebungs-androhung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Die Voraussetzungen der §§ 34, 38 AsylG, 59 AufenthG liegen vor.
Auch das in Ziffer 6) des Bescheids angeordnete Einreise- und Aufenthaltsverbot begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Die Dauer der Sperrfrist ist nicht zu beanstanden. Die Entscheidung der Beklagten, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung zu befristen, lässt keine Ermessensfehler erkennen, die Entscheidung hält sich innerhalb der von § 11 Abs. 3 Satz 2 und Satz 3 AufenthG aufgezeigten Grenzen. Das Vorliegen besonderer Umstände wurde klägerseits weder vorgetragen noch ist es sonst ersichtlich. Die vorgenommene Befristung auf 30 Monate liegt in der Mitte des in § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG normierten Rahmens und begegnet daher keinen Bedenken.
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht Bezug auf die zutreffende Begründung des streitgegenständlichen Bescheids, § 77 Abs. 2 AsylG.
Die Klagen waren demnach abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

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