Verwaltungsrecht

Kein Flüchtlingsschutz für volljährigen, gesunden Mann ohne nennenswertes Vermögen bei der Rückkehr in den Senegal

Aktenzeichen  M 17 K 16.30729

Datum:
6.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 29a Abs. 2, § 30 Abs. 2, § 36
AufenthG AufenthG § 11 Abs. 1, 7, § 59, § 60
GG GG Art. 16a

 

Leitsatz

Ein volljähriger, gesunder Mann ohne nennenswertes Vermögen ist im Falle seiner Rückkehr in den Senegal in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rande des Existenzminimums zu finanzieren. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über die Klage konnte nach vorheriger Anhörung der Klägerseite durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da sie keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 VwGO). Die Beklagte hat auf die Anhörung zu Entscheidungen durch Gerichtsbescheid generell verzichtet.
Die Klage ist dahingehend auszulegen (vgl. § 88 VwGO), dass neben der Aufhebung der Nrn. 1 bis 6 des Bescheids vom 23. März 2016 die Anerkennung als Asylberechtigter (Art.16a GG), die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG), subsidiärer Schutz (§ 4 AsylG) sowie die Feststellung von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) begehrt wird.
Die Klage ist in dieser Form zulässig (vgl. zu Nr. 6 des streitgegenständlichen Bescheids Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, Stand Dezember 2015, § 11 Rn. 189), aber unbegründet, da der Bescheid vom 23. März 2016 rechtmäßig ist und den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
1. Ein Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16a GG) scheidet schon deswegen aus, weil der Kläger auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat im Sinne von Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG, § 26a Abs. 2 AsylG eingereist ist.
2. Aber auch ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag des Klägers nicht erkennbar.
Das Heimatland des Klägers, Senegal, ist ein sicherer Herkunftsstaat (vgl. § 29a Abs. 2 AsylG und Anlage II zu § 29a AsylG). Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich die Einstufung als verfassungswidrig erweist (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1507/93 – juris Rn. 65). Verfassungs- oder europarechtliche Bedenken gegen die Einstufung Senegals als sicherer Herkunftsstaat bestehen jedoch nicht.
Der Kläger hat die durch § 29a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung auch nicht durch den schlüssigen Vortrag von individuellen Verfolgungstatsachen erschüttern können. Vielmehr hat er sich allein auf wirtschaftliche Schwierigkeiten und gesundheitliche Probleme berufen. Diese begründen aber mangels Anknüpfung an die dort genannten Merkmale keine Verfolgung im Sinne von Art. 16a GG oder § 3 AsylG (vgl. a. § 30 Abs. 2 AsylG). Das Gericht folgt daher der zutreffenden Begründung der Beklagten im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG).
3. Das Bundesamt hat auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt auch insoweit vollumgänglich auf die Begründung des Bundesamts im streitgegenständlichen Bescheid Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG). Weder in diesem Verfahren noch im Verfahren M 17 S 16.30730 wurden von Klägerseite Gründe vorgebracht, die den streitgegenständlichen Bescheid in Frage stellen könnten.
Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen.
Die geltend gemachten Erkrankungen des Klägers stellen kein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dar. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Regelung erfasst zwar nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatbezogenes Abschiebungshindernis kann aber gegeben sein, wenn die Gefahr besteht, dass sich eine vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, B.v. 17.8.2011 – 10 B 13/11 u.a – juris; BayVGH, U.v. 3.7.2012 – 13a B 11.30064 – juris Rn. 34). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist dabei nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (OVG NRW, B.v. 30.12.2004 – 13 A 1250/04.A – juris Rn. 56).
Diese Rechtsprechung hat nunmehr auch in § 60 Abs. 7 Satz 2 bis 4 AufenthG seinen Niederschlag gefunden, wonach eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vorliegt bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.
Demnach kann hier von einem zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernis nicht ausgegangen werden, zumal der Kläger keine Atteste o.ä. vorgelegt hat, die den Mindestanforderungen des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 11.9.2007 – 10 C 8/07 – juris Rn. 15) genügen (vgl. § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG).
4. Nach alledem ist auch die vom Bundesamt nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.
5. Schließlich ist auch das auf § 11 Abs. 7 AufenthG gestützte befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot rechtmäßig.
Die Ermessenserwägungen der Beklagten sind im Rahmen der auf den Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden, zumal der Kläger gegen das Einreise- und Aufenthaltsverbot keine substantiierten Einwendungen vorgebracht und insbesondere kein fehlerhaftes Ermessen gerügt hat.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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