Verwaltungsrecht

Keine asylerhebliche Gefährdung im Senegal

Aktenzeichen  M 4 K 16.31010

Datum:
6.12.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3b Nr. 4, Abs. 2, § 3c, § 3e, § 4, § 29a Abs. 1, § 36, § 77 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 78 Abs. 1
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

1 Die drohende Beschneidung kann durchaus ein relevanter Verfolgungsgrund sein. Kann die Betroffene aber in einen anderen Landesteil, insbesondere eine Großstadt, ausweichen, besteht eine inländische Fluchtalternative. (redaktioneller Leitsatz)
2 Senegal ist kraft Gesetzes ein sicherer Herkunftsstaat. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II.
Dier Klägerinnen haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Für das Gericht ist hinsichtlich der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung maßgeblich (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 AsylG). Insbesondere kommen das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) und das Asylgesetz (AsylG) in der durch das Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 geänderten Fassung zur Anwendung.
Die zulässige Klage war als offensichtlich unbegründet abzuweisen, da die Klägerinnen gegen die Beklagte offensichtlich weder Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG), noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG), noch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG haben. Auch die Abschiebungsandrohung in Ziffer 5. des Bescheids ist offensichtlich rechtmäßig. Gleiches gilt für die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 6. sowie die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 7. des Bescheids.
Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamts verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen:
Die Klägerin zu 1 hat sich zur Begründung ihres Asylantrags im Wesentlichen auf die drohende Beschneidung ihrer Tochter berufen. Allerdings trug die Klägerin zu 1 vor, dass diese Gefahr im Jahr 2011 bei einem Besuch in Gambia drohte und ihr Ehemann zu dieser Zeit bereits in Europa war. Das Gericht glaubt die vorgetragene Geschichte nicht. Die Klägerin zu 1 hat sich in der mündlichen Verhandlung in zahlreiche Widersprüche verwickelt z. B. hinsichtlich dessen, wo sie sich wann in Senegal und in Gambia aufgehalten hat. Darüber hinaus konnten die Klägerinnen dieser Gefahr zur Überzeugung des Gerichts durch einen Aufenthalt im Senegal entgehen. Das Gericht glaubt nicht, dass die Klägerin zu 2 gegen den Willen ihrer Mutter beschnitten worden wäre. Auf die Ausführungen im Lagebericht des Auswärtigen Amtes wird im Übrigen verwiesen. Dabei würde es sich im Übrigen offensichtlich nicht um eine Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure aus asylrelevanten Gründen (§ 3 AsylG, § 3c AsylG), sondern um kriminelles Unrecht handeln.
Dieses Vorbringen rechtfertigt es ganz offensichtlich nicht, von einer asylrelevanten und asylerheblichen Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung der Klägerinnen im Sinne der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG ausgehen zu können:
2. Unbeschadet des Vorstehenden ist festzustellen, dass zudem auch aus rechtlichen Gründen offensichtlich keine asylrelevante und asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung im Sinne der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegt.
Im Einzelnen:
a) Bezüglich der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG) könnte zwar eine drohende Beschneidung der Klägerin zu 2 durchaus einen relevanten Verfolgungsgrund im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1, § 3 b Nr. 4, Abs. 2 AsylG darstellen. Allerdings ist zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass in Fällen wie dem vorliegenden – also „Bedrohungen“ durch nichtstaatliche Akteure wie u. a. die Familie – ganz offensichtlich eine inländische Fluchtalternative besteht und damit interner Schutz zur Verfügung steht (§ 3 e AsylG). Die Klägerinnen können nach einer Rückkehr nach Senegal in einen anderen Landesteil Senegals ziehen, insbesondere in eine Großstadt, wo sie von ihrer Familie oder anderen nichtstaatlichen Akteuren (aus ihrem Heimatdorf) mit asylrechtlich hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht ausfindig gemacht werden können. Soweit die Klägerinnen behaupten, ihre Familie würde man in Senegal überall finden, Senegal sei sehr klein und die Familie weit verbreitet, kann dem nicht gefolgt werden: Senegal hat rund 14 Millionen Einwohner und verfügt über mehrere Großstädte. Es ist mit asylrechtlich hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen, dass ein Familienmitglied die Klägerinnen aufspüren kann, selbst wenn die Familie weit verbreitet sein sollte.
c) Subsidiärer Schutz (§ 4 AsylG) oder Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG scheiden schon deshalb ebenso eindeutig und offensichtlich aus, weil hinsichtlich den vom Klägerinnen vorgebrachten Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure – wie eben ausgeführt – eine inländische Fluchtalternative und damit interner Schutz zur Verfügung steht.
Die Klage war als offensichtlich unbegründet abzuweisen (§ 78 Abs. 1 AsylG). Dies ergibt sich bereits allein aus dem Umstand, dass gemessen an dem Vorstehenden
die Voraussetzungen für die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen (vgl. dazu § 30 Abs. 1 AsylG). Darüber hinaus ist Senegal kraft Gesetzes zum sicheren Herkunftsstaat bestimmt (Anlage II zu § 29 a Abs. 2 AsylG), weshalb zudem entsprechend § 29 a Abs. 1 AsylG von einem offensichtlich unbegründeten Asylantrag auszugehen ist. Auch scheiden gemessen an dem Vorstehenden ganz offensichtlich asylrechtliche Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG aus. Die Abschiebungsandrohung, die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sowie die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffern 5., 6. und 7. des Bescheids vom 24. Februar 2016 sind ebenso offensichtlich rechtmäßig.
Nach alldem war die gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreie Klage mit der Kosten-folge des § 154 Abs. 1 VwGO als offensichtlich unbegründet (§ 78 Abs. 1 AsylG) ab-zuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 AsylG).


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