Aktenzeichen M 25 K 14.31243
Leitsatz
1. Ein konstruierter, lebensfremd und frei erfunden wirkender Vortrag eines Asylbewerbers, der sein Antwortverhalten zudem an die Befragungssituation anpasst und zur Überzeugung des Gerichts eine Schutzbehauptung aufstellt, kann ein Verfolgungsschicksal iSd § 3 Abs. 1 AsylG nicht glaubhaft machen. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Mitgliedschaft in der UDPS in der Demokratischen Republik Kongo führt für sich allein genommen zu keiner asylrechtsrelevanten politischen Verfolgung. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Es kann dahingestellt bleiben, ob im Osten der Demokratischen Republik Kongo ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt iSd § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 AsylG herrscht, da sich dieser nicht auf den Westen und die Hauptstadt Kinshasa erstreckt. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die sehr hohe Müttersterblichkeit in der Demokratischen Republik Kongo allein begründet für eine gesunde Asylbewerberin keine konkrete Gefahr einer unmenschlichen Behandlung § 60 Abs. 5 AufenthG iVm Art. 3 EMRK aufgrund ihrer Schwangerschaft. (Rn. 56) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die Klage hat keinen Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid des Bundesamts ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 28. Januar 2016 entschieden werden, obwohl die Beklagte nicht erschienen ist. Denn in der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Beklagte ist form-und fristgerecht geladen worden.
1. Die Kläger haben im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Absatz 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG (1.1.) oder auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG (1.2.) oder die Feststellung nationaler Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthaltsG (1.3.). Auch die vom Bundesamt nach Maßgabe des § 34 AsylG in Verbindung mit § 59 AufenthaltsG erlassene Abschiebungsandrohung ist nicht zu beanstanden (1.4.).
1.1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG.
Ein Ausländer ist „Flüchtling“ im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GK), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (§ 3 Abs. 1 AsylG).
1.1.1. Als „Verfolgung“ im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbes. der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG). Als „Verfolgung“ gelten auch Handlungen, die in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend sind, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nr. 1 beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3 Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Als mögliche Verfolgungshandlungen benennt das Gesetz beispielhaft u.a. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, sowie gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden (§ 3 Abs. 2 AsylG). Zwischen den Verfolgungsgründen im Sinne von § 3 Abs. 1 und § 3b AsylG und der Verfolgungshandlung bzw. den Verfolgungshandlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss zudem eine Verknüpfung bestehen (§ 3 Abs. 3 AsylG).
1.1.2. Nach § 3c AsylG kann die Verfolgung ausgehen von dem Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure (Staat, Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen) einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.
1.1.3. Die „Furcht vor Verfolgung“ ist „begründet“, wenn dem Ausländer die genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich, d.h. mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen (BVerwG U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – NVwZ 2013, 936).
1.1.4. Ausgehend von diesen Grundsätzen liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bei den Klägern nicht vor. Hinsichtlich des minderjährigen Kinds, des Klägers zu 3. ist diesbezüglich nichts vorgebracht worden, so dass nur auf das Vorbringen der Klägerin zu 1. und 2. abzustellen ist. Das Vorbringen der Kläger zu 1. und 2. hinsichtlich der geltend gemachten Verfolgung ist nicht glaubhaft.
Das Gericht muss nämlich die volle Überzeugung von der Wahrheit, und nicht nur von der Wahrscheinlichkeit, sowohl des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals als auch von der Richtigkeit der Prognose drohender politischer Verfolgung bzw. Gefährdung gewinnen. Deshalb kommt es auf die Glaubhaftigkeit einer Schilderung und die Glaubwürdigkeit einer Person entscheidend an.
Dem persönlichen Vorbringen des Klägers und dessen Würdigung ist dabei gesteigerte Bedeutung beizumessen. Der Asylbewerber muss die persönlichen Umstände seiner Verfolgung und Furcht vor einer Rückkehr hinreichend substantiiert, detailliert und widerspruchsfrei vortragen, er muss kohärente und plausible wirklichkeitsnahe Angaben machen (vgl. BVerfG (Kammer), B.v. 7.4.1998 – 2 BvR 253/96 – juris, sowie Art. 4 RL 2011/95 EU). Auch unter Berücksichtigung des Herkommens, Bildungsstand und Alters muss der Asylbewerber im Wesentlichen gleichbleibende möglichst detaillierte und konkrete Angaben zu seinem behaupteten Verfolgungsschicksal machen.
Dies ist den Klägern zu 1. und 2.nicht gelungen. Das Vorbringen der Kläger zu 1. und 2. hinsichtlich der Demonstration, der Verletzung des Klägers zu 1., seiner Krankenhausaufenthalte, der Hausdurchsuchung und Tötung der Eltern der Klägerin zu 2., der Verletzung der Klägerin zu 2. und ihrer Flucht mit dem Kläger zu 3. am 23. Dezember 2011 zunächst nach … ist nicht glaubhaft. Es ist nicht hinreichend substantiiert, wirklichkeitsnah und widerspruchsfrei.
Der Kläger zu 1. hat beim Bundesamt angegeben, sich zwei Monate im Krankenhaus … … aufgehalten und dort neben dem Krankenhausessen von Parteimitgliedern mit Essen versorgt worden zu sein. In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger zu 1. zunächst an, er sei am 22. Dezember 2011 in dieses Krankenhaus gebracht worden, am 23. Dezember 2011 habe sein Kollege … … festgestellt, dass Leute dort mit Spritzen getötet würden und am Tag danach, also am 24. Dezember 2011, sei er in das andere Krankenhaus … … gebracht worden. Nach Rückübersetzung korrigierte sich der Kläger dahingehend, sein Kollege habe bereits am 22. Dezember festgestellt, dass in dem Krankenhaus … … Tötungen mit Spritzen stattfänden, und er sei schon am 23. Dezember 2011 in das neue Krankenhaus verlegt worden. An den Ablauf der heimlichen Verlegung in das neue Krankenhaus könne er sich jedoch nicht erinnern, da er in Agonie gewesen sei.
Der gesamte Vortrag wirkt konstruiert, lebensfremd und frei erfunden. Der Kläger zu 1. passt sein Antwortverhalten der Befragungssituation an. Auf gerichtlichen Vorhalt, dass er beim Bundesamt noch angegeben habe, zwei Monate im Zentralkrankenhaus … … verbracht zu haben, erklärte der Kläger den Widerspruch damit, dass die Verständigung zwischen dem Dolmetscher und dem Schreiber bei der Anhörung nicht funktioniert habe: Es seien nicht zwei Monate, sondern zwei Tage gewesen. Dies überzeugt nicht: Die Anhörung der Kläger zu 1. und 2. beim Bundesamt dauerte insgesamt 285 Minuten, die auf Tonträger diktierten Niederschrift wurde den Klägern rückübersetzt, und die Kläger zu 1. und 2. bestätigten, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten bei der Anhörung gegeben habe. Bei dem nunmehrigen Vortrag des Klägers zu 1. handelt es sich zur Überzeugung des Gerichts um eine Schutzbehauptung. Diese Annahme wird im Übrigen dadurch bestärkt, dass die Klägerin zu 2. bei ihrer Anhörung angegeben hat, dass allgemein bekannt sei, dass Oppositionelle im Krankenhaus … … mit tödlichen Spritzen behandelt würden. Insofern ist schon nicht überzeugend, dass der Kläger zu 1. erst dann in ein anderes Krankenhaus gebracht worden sein soll, nach dem sein Parteikollege von dieser Praxis erfahren haben soll.
Nach dem Eindruck, den das Gericht in der mündlichen Verhandlung von den Klägern zu 1. und 2. gewonnen hat, steht zu seiner Überzeugung fest, dass die Kläger zu 1. und 2. die Vorfälle im Dezember 2011 frei erfunden haben, um für sich eine Verfolgungsgeschichte zu konstruieren und ein Bleiberecht im Bundesgebiet zu erlangen. Die Ausführungen des Klägers zu 1. zu den fluchtauslösenden Ereignissen sind detailarm, farblos und widersprüchlich, wodurch der Eindruck, dass das Geschilderte nicht auf tatsächlich Erlebtem und Erlittenem beruht, deutlich verstärkt wird. Der Kläger zu 1. versucht offensichtlich, gleichsam mechanisch bestimmte Kernereignisse abzuspulen, ohne dass seine Darstellung auch nur im Ansatz jene Lebendigkeit aufweisen würde, die zu erwarten wäre, wenn er tatsächlich Erfahrungen der genannten Art hätte machen müssen.
Gleiches gilt für den Vortrag der Klägerin zu 2. Es ist bereits schlicht unglaubhaft, dass der Kläger zu 3. – ein im Zeitpunkt der angeblichen Flucht bereits siebenjähriges Kind – die gesamten Fluchtereignisse verschlafen haben soll. Immerhin sollen nach dem Vortrag seiner Mutter seine Großeltern soeben von Soldaten ermordet, sein Vater verschwunden und seine Mutter durch Soldaten am Bein verletzt worden sein. Die Klägerin zu 2. konnte auch den Widerspruch zwischen ihren Angaben bei der Anhörung, ihr Vater sei bei der Hausdurchsuchung am 23. Dezember 2011 durch Soldaten in ihrem Haus erschossen worden, und ihrer Angabe in der mündlichen Verhandlung, ihr Vater sei bereits am 22. Dezember 2011 ums Leben gekommen, nicht auflösen. Das Gericht ist deshalb davon überzeugt, dass auch die Klägerin zu 2. ihre Verfolgungsgeschichte frei erfunden hat. Auf ihre widersprüchlichen Angaben zum Aufenthaltsort ihrer Kinder während der Hausdurchsuchung kommt es deshalb nicht an.
Der bedingte Beweisantrag, zum Beweis der Tatsache, dass der Kläger zu 1. Mitglied der UDPS ist, die Einholung einer Stellungnahme des Auswärtigen Amtes einzuholen, wird abgelehnt, weil der unter Beweis gestellte Sachverhalt als wahr unterstellt werden kann. An der Glaubwürdigkeit der Klägers zu 1. und 2. und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben ändert sich durch das Zutreffen eines Details der Angaben jedoch nichts. Auch führt die Mitgliedschaft in der UDPS für sich allein genommen zu keiner politischen Verfolgung. In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass sich im Gegensatz zum Jahr 2011 die Situation diesbezüglich beruhigt hat, da Mitglieder der UDPS auch im Parlament vertreten sind.
Wegen des unglaubhaften Vorbringens und der daraus resultierenden Unglaubwür-digkeit der Kläger zu 1. und 2. liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vor. Der Kläger zu 3. hat keine eigenen Verfolgungsgründe vorgetragen.
1.1.5. Allein aufgrund der Stellung eines Asylantrags im Bundesgebiet droht den Klägern keine Verfolgung (vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Demokratischen Republik Kongo (Lagebericht), Stand: August 2015, Seite 26).
1.2. Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf die hilfsweise begehrte Zuerkennung von subsidiärem Abschiebungsschutz nach § 4 AsylG (§ 60 Abs. 2, 3, 7 Satz 2 AufenthG a.F.).
Subsidiärer Abschiebungsschutz ist einem Ausländer zuzuerkennen, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht, wobei als ernsthafter Schaden die Verhängung der Todesstrafe, Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts gilt (§ 4 Abs. 1 AsylG).
1.2.1. Den Klägern droht nicht die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe, damit liegen die Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG nicht vor.
1.2.2. Den Klägern droht auch nicht ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG durch Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung.
Wann eine „unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung“ vorliegt, hängt vom Einzelfall ab. Eine Schlechtbehandlung einschließlich Bestrafung muss jedenfalls ein Minimum an Schwere erreichen, um in den mit § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AslyG insoweit identischen Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen.
Abstrakt formuliert sind unter einer „menschenrechtswidrigen Schlechtbehandlung“ Maßnahmen zu verstehen, mit denen unter Missachtung der Menschenwürde absichtlich schwere psychische oder physische Leiden zugefügt werden und mit denen nach Art und Ausmaß besonders schwer und krass gegen Menschenrechte verstoßen wird (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Juni 2014, § 4 AsylG Rn. 21, Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 60 AufenthG Rn. 35 zur Vorgängerregelung des § 60 Abs. 2 AufenthG a.F.).
Dies gilt auch dann, wenn die Gefahr von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht und kein ausreichender staatlicher oder quasi staatlicher Schutz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 3 i.V.m. §§ 3c, 3d AsylG).
Es müssen konkrete Anhaltspunkte oder stichhaltige Gründe dafür glaubhaft gemacht werden, dass der Ausländer im Fall seiner Abschiebung einem echten Risiko (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Juni 2014, § 4 AsylG Rn. 16) oder einer ernsthaften Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt wäre.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Das Vorbringen der Kläger zu 1. und 2. hinsichtlich ihrer Verfolgung wegen der Organisation einer Protestdemonstration ist nicht glaubhaft und die Kläger zu 1. und 2. sind unglaubwürdig (s.o. 1.1.4.).
1.2.3. Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG wegen eines ernsthaft drohenden Schadens i.S. einer ernsthaften individuellen Bedrohung ihres Lebens oder ihrer Unversehrtheit als Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob im Osten der Demokratischen Republik Kongo ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt herrscht, da sich dieser nicht auf den Westen und die Hauptstadt Kinshasa erstreckt.
1.3. Der Abschiebung der Kläger steht auch kein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG entgegen.
1.3.1. Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG liegt nicht vor.
Eine Abschiebung ist gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG unzulässig, wenn sich dies aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) ergibt. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen werden.
Wann eine „unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung“ vorliegt, hängt vom Einzelfall ab. Eine Schlechtbehandlung einschließlich Bestrafung muss jedenfalls ein Minimum an Schwere erreichen, um in den mit § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG insoweit identischen Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen.
Abstrakt formuliert sind unter einer „menschenrechtswidrigen Schlechtbehandlung“ Maßnahmen zu verstehen, mit denen unter Missachtung der Menschenwürde absichtlich schwere psychische oder physische Leiden zugefügt werden und mit denen nach Art und Ausmaß besonders schwer und krass gegen Menschenrechte verstoßen wird (vgl. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Juni 2014, § 4 AsylG Rn. 21, Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl. 2013, § 60 AufenthG Rn. 35 zur Vorgängerregelung des § 60 Abs. 2 AufenthG a.F.).
Es müssen konkrete Anhaltspunkte oder stichhaltige Gründe dafür glaubhaft gemacht werden, dass der Ausländer im Fall seiner Abschiebung einem echten Risiko (Hailbronner, Ausländerrecht, Stand: Juni 2014, § 4 AsylG Rn. 16) oder einer ernsthaften Gefahr einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgesetzt wäre.
Dabei sind lediglich zielstaatsbezogene Abschiebungshindernisse zu prüfen.
Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 AufenthG kommt nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 13.6.2013 – 10 C 13/12 – juris Rn. 24) auch dann in Frage, wenn die umschriebenen Gefahren nicht durch den Staat oder eine staatsähnliche Organisation drohen oder dem Staat zuzurechnen sind.
Diese Voraussetzungen liegen indes bei den Klägern nicht vor.
1.3.1.1. Das Vorbringen der Kläger zu 1. und 2. hinsichtlich einer Verfolgung durch staatliche Sicherheitskräfte ist nicht glaubhaft (s.o., 1.1.4.). Die Kläger zu 1. und zu 2. haben zur Überzeugung des Gerichts in der Demokratischen Republik Kongo keine menschenrechtswidrige Schlechtbehandlung erlitten, sodass ihnen eine solche auch nicht bei ihrer Rückkehr droht.
1.3.1.2. Eine unmenschliche Behandlung droht den Kläger auch nicht aufgrund der schwierigen Lebensbedingungen im Kongo.
Unzureichende wirtschaftliche Verhältnisse im Herkunftsland können in Ausnahmefällen, in denen die schlechten humanitären Verhältnisse eine konkrete Gefahr für Leib oder Leben des Asylbewerbers darstellen, ein Abschiebungsverbot i.S.v. § 60 Abs. 5 AufenthG begründen. Zwar ist die wirtschaftliche Situation in der Demokratischen Republik Kongo weiterhin angespannt. Der überwiegende Teil der Bevölkerung lebt am Rande des Existenzminimums. Auch innerhalb der Großfamilie gelingt es nicht immer, Härten durch wechselseitige Unterstützung aufzufangen. Die Versorgung mit Lebensmitteln ist für die Bevölkerung in Kinshasa und den übrigen Landesteilen zwar schwierig und teuer, es herrscht jedoch keine akute Unterversorgung Rückkehrer sind zur Sicherung der Existenzgrundlage bis zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit auf Unterstützung aus dem Familienkreis bzw. durch NGOs (international oder national) oder kirchlicher Institutionen angewiesen (Lagebericht, Stand: August 2015, Seite 24). Der Kläger zu 1. kann bei seiner Rückkehr wieder eine Beschäftigung aufnehmen; er hat bis zu seiner Ausreise nach eigenen Angaben in wirtschaftlich geordneten Verhältnissen gelebt. Darüber hinaus können die Kläger sich sowohl an ihre Großfamilie als auch an Nichtregierungsorganisationen oder kirchliche Institutionen mit der Bitte um Unterstützung wenden.
1.3.1.3. Es besteht auch keine konkrete Gefahr einer unmenschlichen Behandlung für die Klägerin zu 2. aufgrund ihrer Schwangerschaft und einer möglichen unzureichenden ärztlichen Behandlung.
Zwar ist die Müttersterblichkeit in der Demokratischen Republik Kongo sehr hoch. So liegt die für das Jahr 2015 geschätzte Müttersterblichkeitsrate (Anzahl der Frauen, die während der Schwangerschaft und der Geburt sterben pro 100.000 Lebendgeburten) bei 693 und damit an 10. Stelle der Müttersterblichkeitsrate (vgl. http:www.factfish.com/de/statistik/müttersterberate). Diese landesweit ermittelte Zahl kann jedoch nicht ohne weiteres für die Hauptstadt Kinshasa herangezogen werden, da in ländlichen Bereichen die medizinische Versorgung erheblich schlechter als in der Hauptstadt Kinshasa ist (Lagebericht a.a.O.). Des Weiteren ist hier zu berücksichtigen, dass die Klägerin zu 2. gesund ist und auf die Unterstützung ihrer Familie zurückgreifen kann.
1.3.2. Der Abschiebung der Kläger steht auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG entgegen.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen.
1.3.2.1. Individuelle nur den Klägern drohende Gefahren liegen nicht vor. Aus ihrem unglaubhaften Vortrag ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Annahme einer erheblichen, konkreten Gefahr.
1.3.2.2. Die befürchtete Verschlimmerung einer Krankheit kann die Voraussetzung einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben im Sinn des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG als Folge fehlender Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsland begründen, wenn eine Gesundheitsbeeinträchtigung von besonderer Intensität zu erwarten ist. Das wäre der Fall, wenn sich der Gesundheitszustand der Klägerin wesentlich oder sogar lebensbedrohlich verschlechtern würde (BVerwG, B.v. 24.5.2006 – 1 B 118/05 – NVwZ 2007, 3345). Nicht gravierende oder nicht hinreichend wahrscheinliche Gefahren sind dabei nicht ausreichend. Eine konkrete Gefahr liegt dann vor, wenn die Verschlechterung alsbald nach der Rückkehr ins Herkunftsland eintreten würde, weil der Ausländer auf die dort unzureichende Möglichkeit der Behandlung angewiesen wäre und anderswo wirksame Hilfe nicht in Anspruch nehmen könnte (vgl. hierzu auch BVerwG, U.v. 29.7.1999 – 9 C 2/99 – juris).
Diese Voraussetzungen sind jedoch nicht gegeben.
Aus den für die Klägerin zu 2. vorgelegten Attesten ergibt sich kein Hinweis darauf, dass sie an einer Krankheit leidet, die im Fall ihrer Rückkehr in die Heimat zu einer wesentlichen oder sogar lebensbedrohlichen Verschlechterung ihres Gesundheitszustands führen würde.
1.3.3. Die Kläger können auch nicht ein Abschiebungsverbot in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erreichen.
Im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG analog wurde bislang die Frage geprüft, ob bei Gefahren, die der Bevölkerung oder der Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein drohen, und bei denen eine politische Leitentscheidung nach § 60 a Abs. 1 Satz 1 AufenthG fehlt, ausnahmsweise Verfassungsrecht in Fällen einer extremen Gefahrenlage ein Abschiebungsverbot erforderlich macht. In diesem Zusammenhang wurde auch die schlechte wirtschaftliche Lage im Herkunftsland berücksichtigt. Nachdem diese Frage aufgrund der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits im Rahmen des § 60 Abs. 5 AufenthG geprüft wird und der Gefährdungsmaßstab dort weniger streng als im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 analog AufenthG ist, liegt nach Verneinung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG auch kein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG analog vor.
1.4. Die nach Maßgabe der § 34 Abs. 1, § 36 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung in die Demokratische Republik Kongo ist in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Die Kläger besitzt keinen Aufenthaltstitel und sind auch nicht als Asylberechtigter anerkannt. Gemäß § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten dem Erlass der Androhung nicht entgegen. Nach § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG zu bezeichnende Staaten, in die eine Abschiebung nicht erfolgen darf, sind nicht ersichtlich. Die Ausreisefrist von dreißig Tagen ergibt sich unmittelbar aus § 37 Abs. 2 AsylG.
2. Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenent-scheidung stützt sich auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.