Verwaltungsrecht

Keine Aussetzung der Abschiebung bei offensichtlich unbegründetem Asylantrag einer Senegalesin

Aktenzeichen  M 2 S 16.31839

Datum:
4.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 36

 

Leitsatz

Stützt sich eine Abschiebungsandrohung unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung auf die Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet (§ 34 Abs. 1 i. V. m. § 36 Abs. 1 AsylG), muss das Verwaltungsgericht im verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes die Einschätzung des Bundesamts, die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung internationalen Schutzes lägen offensichtlich nicht vor, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Darüber hinaus hat das Gericht gemessen am Maßstab der ernstlichen Zweifel ebenfalls zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 S. 1 AufenthG verneint hat. (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Die 2015 in Deutschland geborene Antragstellerin ist senegalesische Staatsangehörige. Ihre Eltern, die seit mehreren Jahren in Italien gelebt hatten, reisten am 7. Januar 2015 mit den 2008 und 2014 geborenen Geschwistern der Antragstellerin nach Deutschland ein und beantragten hier am 10. Februar 2015 Asyl. Bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge am gleichen Tag, gaben die Eltern der Antragstellerin im Wesentlichen an, sie seien im Senegal nicht politisch aktiv gewesen und hätten keine Probleme mit der Polizei oder anderen Behörden gehabt. Sie hätten das Land verlassen, um eine bessere Zukunft zu haben. Bei einer Rückkehr in den Senegal müssten sie in Armut leben. Außerdem wurden für die Mutter und die ältere Schwester der Antragstellerin gesundheitliche Probleme geltend gemacht. Mit Bescheid vom 14. Juli 2016 wurden die Anträge der Eltern und Geschwister der Antragstellerin auf Asyl- und Flüchtlingsanerkennung als offensichtlich unbegründet und auf subsidiären Schutz als unbegründet abgelehnt, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG verneint und die Antragsteller unter Androhung der Abschiebung zur Ausreise binnen einer Woche aufgefordert. Über die hiergegen erhobene Klage (Az.: M 2 K 16.31842) wurde noch nicht entschieden, der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung wurde mit Beschluss vom heutigen Tag (Az.: M 2 S 16.31841), abgelehnt.
Am 28. Mai 2016 stellten die Eltern der Antragstellerin für diese beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Asylantrag, wobei sie sich zur Begründung auf ihr eigenes Asylverfahren bezogen und auf eine Anhörung zu den Asylgründen der Antragstellerin verzichteten.
Mit Bescheid vom 14. Juli 2016 lehnte das BAMF den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1) und auf Asylanerkennung (Ziff. 2) jeweils als offensichtlich unbegründet sowie den Antrag auf subsidiären Schutz (Ziff. 3) als unbegründet ab und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4); es forderte die Antragstellerin unter Androhung der Abschiebung in den Senegal oder einen anderen zu ihrer Aufnahme bereiten oder zu ihrer Rückübernahme verpflichteten Staat auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen (Ziff. 5); die Einreise- und Aufenthaltsverbote gemäß § 11 Abs. 7 und Abs. 1 AufenthG wurden auf 30 und auf 10 Monate befristet (Ziff. 6 u. 7). Der Bescheid wurde am 18. Juli 2016 zur Post gegeben.
Am 26. Juli 2016 wurde für die Antragstellerin Asylklage erhoben und am gleichen Tag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wurde auf den Inhalt der Klageschrift verwiesen, in der es heißt, eine Klagebegründung werde nachgereicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vom BAMF übermittelte Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Der Antrag ist als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung zulässig (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 AsylG; § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO i. V. m. § 36 Abs. 3 AsylG), jedoch unbegründet.
Die Aussetzung der Abschiebung darf nur angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (Art. 16 a Abs. 4 Satz 1 GG, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Ernstliche Zweifel liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird (BVerfGE 94, 166, 194). Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (§ 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG).
Die Androhung der Abschiebung unter Bestimmung einer Ausreisefrist von einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung stützt sich auf die Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet (§ 34 Abs. 1 i. V. m. § 36 Abs. 1 AsylG). Das Gericht hat daher die Einschätzung des Bundesamts, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen, zum Gegenstand seiner Prüfung zu machen. Maßgeblich ist dabei, ob sich diese Einschätzung im Ergebnis als tragfähig und rechtmäßig erweist. Darüber hinaus hat das Gericht gemessen am Maßstab der ernstlichen Zweifel auch zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht das Vorliegen von Abschiebungshindernissen nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG verneint hat (vgl. zum Ganzen: Marx, Kommentar zum AsylVfG, 8. Auflage, § 36 Rdnr. 43, 56 f. jew. m. w. N.).
Vorliegend bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffen Bescheids vom 9. März 2016. Das Bundesamt ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigte und für die Zuerkennung internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Bundesamt keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG festgestellt hat. Der Antragstellerin droht offensichtlich weder im Hinblick auf die allgemeine Situation in Senegal noch aufgrund besonderer individueller Umstände eine asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung im Sinne des Art. 16 a Abs. 1 GG sowie der §§ 3 ff. AsylG, § 4 AsylG und § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.
Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom 9. März 2016 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Nach alldem war der gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreie Antrag mit der Kosten-folge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist gemäß § 80 AsylG unanfechtbar.


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