Verwaltungsrecht

Keine Gewähr vorläufigen Rechtsschutzes gegen Abschiebungsanordnung nach Slowenien im Dublin-Verfahren

Aktenzeichen  B 3 S 17.50104

Datum:
15.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 29 Abs. 1, § 31 Abs. 3, § 34a Abs. 1, Abs. 2 S. 1, § 36 Abs. 4, § 77 Abs. 1, Abs. 2, § 80, § 83b
AufenthG AufenthG § 11 Abs. 1, § 60 Abs. 5, Abs. 7, § 60a Abs. 2 S. 1
Dublin III-VO Dublin III-VO Art. 3 Abs. 2, Art. 17 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1b, Art. 29 Abs. 1, Abs. 2
EMRK EMRK Art. 3
VwGO VwGO § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3, Abs. 5 S. 1, § 117 Abs. 3 S. 2, § 154 Abs. 1, § 159, § 166

 

Leitsatz

1 Das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Slowenien weisen keine systemischen Mängel auf. (Rn. 26 – 30) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ältere oder gesundheitlich beeinträchtigte Menschen in Slowenien im Asylverfahren oder bei den Aufnahmebedingungen regelhaft so defizitäre Zustände zu erwarten hätten, dass den Asylbewerbern im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen würde. (Rn. 31) (red. LS Clemens Kurzidem)
3 Es ist nicht ersichtlich, dass eine konservative Schmerztherapie mit Standardmedikamenten in Slowenien nicht erfolgen kann, zumal Ausländerbehörden bei der Überstellung von Asylbewerbern stets darauf achten, dass die Betroffenen mit einem ausreichenden Vorrat der notwendigen Medikamente ausgestattet werden. (Rn. 36) (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage vom 27.02.2017 wird abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens als Gesamtschuldner.
3. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt … wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Antragsteller begehren vorläufigen Rechtsschutz gegen die ihnen drohende Überstellung nach Slowenien im Rahmen eines sogenannten „Dublin-Verfahrens“.
Die Antragsteller, syrische Staatsangehörige, reisten nach eigenen Angaben am 07.01.2017 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten am 13.01.2017 Asylanträge.
Bei der Befragung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates zur Durchführung des Asylverfahrens am 13.01.2017 in … erklärten die Antragsteller, sie hätten erstmals am 04.01.2016 ihr Herkunftsland verlassen. Sie seien von Syrien aus mit dem Bus in den Libanon und von dort aus mit dem Flugzeug in die Türkei. Von der Türkei aus seien sie auf eine ihnen unbekannte Insel gefahren und von da – durch Schleuser organisiert – weiter von Ort zu Ort bis sie letztlich in Österreich angekommen seien. Da in Österreich der Weg versperrt gewesen sei, seien sie dann im Juli 2016 zurück nach Slowenien, wo sie für 2,5 Monate verhaftet worden seien. Von Slowenien aus seien sie dann mit dem Auto am 07.01.2017 in die Bundesrepublik Deutschland eingereist. Seitdem hätten sie das Gebiet der „Dublin-Mitgliedstaaten“ nicht mehr verlassen.
Eine EURODAC-Abfrage am 09.01.2017 ergab für die Antragsteller Treffer der „Kategorie 1“ ( … bzw. …), wonach die Antragsteller am 29.02.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Slowenien gestellt haben. Am 15.02.2017 richtete das Bundesamt ein Übernahmeersuchen nach der Dublin-III-Verordnung an Slowenien. Die slowenischen Behörden erklärten mit Schreiben vom 17.02.2017 ihre Zuständigkeit gem. Art. 18 Abs. 1b Dublin-III-VO für die Bearbeitung der Asylanträge.
Mit Bescheid vom 21.02.2017 lehnte die Antragsgegnerin die Anträge als unzulässig ab (Nr. 1) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2). Es wurde die Abschiebung nach Slowenien angeordnet (Nr. 3) und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gem. § 11 Abs. 1 AufenthG auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 4).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Unzulässigkeit der Anträge ergebe sich aus § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG, da Slowenien aufgrund der bereits dort gestellten Asylanträge gem. Art. 18 Abs. 1b Dublin-III-VO für die Behandlung der Asylanträge zuständig sei. Im Übrigen wird auf die Begründung des Bescheids, die sich vor allem mit dem Nichtvorliegen systemischer Mängel in Slowenien und den nicht einschlägigen Abschiebungsverboten auseinandersetzt, verwiesen.
Am 27.02.2017 erhoben die Antragsteller zur Niederschrift der Rechtsantragsstelle des Verwaltungsgerichts Bayreuth in … Klage gegen den Bescheid vom 21.02.2017 und beantragten gleichzeitig,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung führten sie im Wesentlichen aus, sie hätten in Slowenien keinen Asylantrag gestellt. Sie seien in Slowenien im Gefängnis gewesen und seien aufgefordert worden Fingerabdrücke abzugeben. Der Antragsteller zu 1 sei schwer erkrankt. Hierzu werde auf das ärztliche Attest der Sozialstiftung … vom 06.02.2017 verwiesen.
Mit Schriftsatz vom 03.03.2016 zeigte der Bevollmächtigte der Antragsteller gegenüber dem Gericht deren anwaltliche Vertretung an, bezog sich auf den bei der Rechtsantragsstelle gestellten Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO und beantragte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe.
Zur Begründung führte der Bevollmächtigte der Antragsteller im Wesentlichen aus, der Antragsteller zu 1 sei derzeit nicht reisefähig und bedürfe dringend ärztlicher Behandlung, welche in Slowenien nicht durchgeführt werden könne. Der Antragsteller zu 1 habe sich unmittelbar nach seiner Einreise in die Bundesrepublik Deutschland zur ärztlichen Behandlung in die …-Klinik in … begeben müssen. Die Behandlung sei nach der Zuweisung der Antragsteller nach … im Klinikum … fortgeführt worden. Der Antragsteller zu 1 leide unter lumbalen Rückenschmerzen, welche sich erst durch Medikamente gebessert hätten. Eine endgültige Diagnose und der Besuch eines Orthopäden stehe noch aus. Angesichts dieser Erkrankung könne dem Antragsteller zu 1 die Reise nach Slowenien auch da nicht zugemutet werden, wenn eine Behandlung in Slowenien erfolgen würde. Der Antragsteller zu 1 habe während seines früheren Aufenthalts in Slowenien keine ärztliche Behandlung erfahren. Es seien ihm dort nicht einmal Schmerzmittel gegeben worden. Es sei dem Antragsteller zu 1 nicht zuzumuten, Schmerzen längere Zeit ohne ärztliche Behandlung zu ertragen.
Im Übrigen seien die Antragsteller in Slowenien sehr schlecht behandelt worden. Es sei zu prüfen, ob dem Antragsteller zu 1 aufgrund seiner Erlebnisse in Slowenien die Abschiebung dorthin überhaupt zugemutet werden könne.
Mit Schreiben vom 08.03.2017 legte die Antragsgegnerin die Behördenakte vor und beantragte,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung bezog sich die Antragsgegnerin auf die angefochtene Entscheidung.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die vorgelegte Behördenakte, die Gerichtsakte des Klageverfahrens B 3 K 17.50105 und die Gerichtsakte dieses Verfahrens verwiesen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
II.
Der Antrag der Antragsteller, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, ist gem. §§ 122, 88 VwGO dahingehend auszulegen, dass sie beantragen, die aufschiebende Wirkung der Klage im Verfahren B 3 K 17.50105 gegen die im Bescheid des Bundesamts vom 21.02.2017 enthaltene Abschiebungsanordnung (Ziff. 3) anzuordnen.
Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zulässige Antrag bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage – im Fall des hier einschlägigen § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO – ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht trifft dabei eine eigene Ermessensentscheidung. Es hat abzuwägen zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsanordnung und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten des Hauptsacherechtsbehelfs zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des § 80 Abs. 5 VwGO erforderliche summarische Prüfung der Sach- und Rechtslage, dass die Klage voraussichtlich erfolglos bleiben wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei kursorischer Prüfung als rechtswidrig, so besteht in der Regel kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Nicht erforderlich sind insoweit ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids, denn die Regelung des § 36 Abs. 4 AsylG ist hier nicht (entsprechend) anwendbar (vgl. VG München, B.v. 18.7.2016, M 12 S. 16.50473, juris). Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer allgemeinen Interessensabwägung.
Vorliegend stellt sich die angegriffene Abschiebungsanordnung unter Zugrundelegung der nach § 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG maßgeblichen Sach- und Rechtslage bei der im Eilverfahren nur möglichen und gebotenen summarischen Prüfung als rechtmäßig dar, so dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers hinter dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Abschiebungsandrohung zurückzutreten hat.
Nach § 34a Abs. 1 AsylG wird die Abschiebung ohne das Erfordernis einer vorherigen Androhung und Fristsetzung insbesondere dann angeordnet, wenn der Ausländer in einem für die Durchführung des Asylverfahrens gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG zuständigen Staat abgeschoben werden soll, sobald feststeht, dass die Abschiebung durchgeführt werden kann. Dies ist dann der Fall, wenn die Zuständigkeit des anderen Staates gegeben ist und feststeht, dass die Abschiebung in den zuständigen Staat nicht aus anderen Gründen rechtlich unzulässig oder tatsächlich unmöglich ist.
Diese Voraussetzungen liegen hier – wie im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt – im Hinblick auf die beabsichtigte Überstellung nach Slowenien vor.
1. Der Asylantrag ist gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 AsylG in Deutschland unzulässig.
a) Vorliegend haben die Antragsteller am 29.02.2016 Anträge auf internationalen Schutz in Slowenien gestellt. Dies ergibt sich eindeutig aus den EURODAC-Treffern der „Kategorie 1“. Der Vortrag der Antragsteller, sie hätten dort keinen Asylantrag gestellt ist damit widerlegt. Auf Übernahmeersuchen der Antragsgegnerin vom 15.02.2017 hin, haben sich die slowenischen Behörden mit Schreiben vom 17.02.2017 gem. Art. 18 Abs. 1b Dublin-III-VO für die Bearbeitung der Asylanträge zuständig erklärt. Damit ist der Asylantrag der Antragsteller gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1a AsylG in Deutschland unzulässig (vgl. hierzu auch VG Regensburg, B.v. 15.01.2015 – RO 4 K 14.50301 – juris).
b) Die Zuständigkeit Sloweniens ist auch nicht durch Ablauf der Überstellungsfrist wieder entfallen. Die Überstellungsfrist beträgt nach Art. 29 Abs. 1 und 2 Dublin-III-VO sechs Monate ab dem Tag der Annahme des Auf- oder Wiederaufnahmegesuchs durch den anderen Mitgliedsstaat oder der Entscheidung über den Rechtsbehelf, wenn dieser aufschiebende Wirkung hat. Vorliegend ist die Zustimmung Sloweniens erst am 17.02.2017 erfolgt, so dass gegenwärtig die Überstellungsfrist noch nicht abgelaufen ist.
2. Die Abschiebung nach Slowenien ist auch nicht aus anderen Gründen rechtlich unzulässig oder tatsächlich unmöglich.
a) Insbesondere liegen keine außergewöhnlichen Umstände vor, die die Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Dublin-III-VO begründet oder möglicherweise für ein Selbsteintrittsrecht bzw. eine Selbsteintrittspflicht der Antragsgegnerin nach Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO sprechen.
aa) Systemische Mängel des slowenischen Asylverfahrens bzw. der dortigen Aufnahmebedingungen liegen nach Auffassung des Gerichts nicht vor.
Nach dem vom Bundesverfassungsgericht zur Drittstaatenregelung entwickelten „Konzept der normativen Vergewisserung“ ist davon auszugehen, dass in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Anwendung der Grundrechtecharta, der Genfer Flüchtlingskonvention als auch der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten – EMRK – sichergestellt ist (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1938/93, 2 BvR 2315/93 – juris). Dieses vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Konzept steht im Einklang mit dem der Schaffung eines gemeinsamen europäischen Asylsystems zugrundeliegenden Prinzips des gegenseitigen Vertrauens (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 – Rs. C-411/10 und C-493/10 – juris). Unter diesen Bedingungen muss die nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung gelten, dass die Behandlung eines Asylbewerbers bzw. als schutzberechtigt anerkannten Ausländers in jedem einzelnen dieser Staaten im Einklang mit den genannten Rechten steht.
Hiervon kann nur dann nicht ausgegangen werden, wenn sich auf Grund bestimmter Tatsachen aufdrängt, der Ausländer sei von einem Sonderfall betroffen, der von dem Konzept der normativen Vergewisserung bzw. dem Prinzip des gegenseitigen Vertrauens nicht aufgefangen wird (vgl. EuGH, U.v. 10.12.2013 – Rs. C-394/12 – juris, BVerfG, U.v. 14.5.1996 a.a.O.). Den nationalen Gerichten obliegt im Einzelfall die Prüfung, ob ernsthaft zu befürchten ist, dass das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen im zuständigen Mitgliedstaat systemische Mängel aufweisen, die eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung der an diesem Mitgliedstaat überstellten Personen implizieren (vgl. EuGH, U.v. 21.12.2011 a.a.O.). Die Vermutung ist aber nicht schon bei einzelnen einschlägigen Regelverstößen der zuständigen Mitgliedstaaten widerlegt. An die Feststellung systemischer Mängel sind vielmehr hohe Anforderungen zu stellen. Von systemischen Mängeln ist nur dann auszugehen, wenn das Asylverfahren und/oder die Aufnahmebedingungen aufgrund größerer Funktionsstörungen in dem zuständigen Mitgliedstaat regelhaft so defizitär sind, dass zu erwarten ist, dass im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 EUGrdRCh bzw. Art. 3 EMRK droht (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.2014 – 10 B 6.14 – juris, m.w.N., B.v. 6.6.2014 – 10 B 35/14 – juris). Bei einer zusammenfassenden, qualifizierten – nicht rein quantitativen – Würdigung aller Umstände, die für das Vorliegen solcher Mängel sprechen, muss diesen ein größeres Gewicht als den dagegensprechenden Tatsachen zukommen, d.h. es müssen hinreichend gesicherte Erkenntnisse dazu vorliegen, dass es immer wieder zu den genannten Grundrechtsverletzungen kommt (vgl. VGH BW, U.v. 16.4.2014 – A 11 S 1721/13 – juris).
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat in zwei grundlegenden Entscheidungen – betreffend die Rückführung von Asylbewerbern – grundlegend ausgeführt, dass die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat, nicht ausreicht, die Schwelle der unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten. Wenn keine außergewöhnlich zwingenden humanitären Gründe vorliegen, die gegen die Zurückweisung sprechen, ist allein die Tatsache, dass die wirtschaftlichen und sozialen Lebensverhältnisse bedeutend geschmälert würden, falls er oder sie des Vertragsstaates verwiesen würde, nicht ausreichend, einen Verstoß gegen Art. 3 EGMR zu begründen (vgl. EGMR, B.v.2.4.2013 – Nr.27725/10 – juris sowie B.v.18.6.2013 – Nr.53852/11 – juris).
Bei Anlegung diese Maßstäbe ergeben sich keine durchgreifenden Anhaltspunkte für systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in Slowenien (so auch VG München, B.v. 02.11.2016 – M 25 S. 16.50720 – juris; VG Regensburg, B.v. 15.01.2015 – RO 4 K 14.50301 – juris). Das Vorbringen der Antragsteller, es sei in Slowenien schrecklich und die Unterkunft wie eine Haft gewesen, sowie dass die ärztliche Versorgung in Deutschland besser sei als in Slowenien, begründet keinen systemischen Mangel des slowenischen Asylsystems. Die Tatsache, dass die Antragsteller bei der Überstellung aus Österreich in Slowenien zunächst inhaftiert wurden, stellte sich – nach eigenen Angaben der Antragsteller – als Missverständnis heraus und droht somit nicht automatisch jedem Asylbewerber in Slowenien. Im Übrigen verweist das Gericht auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid vom 21.02.2017, mit dem ausführlich dargelegt wird, dass im slowenischen Asylsystem keine systemischen Mängel vorliegen.
bb) Individuelle, außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Ausübung des Selbsteintrittsrechts nach Art. 17 Abs. 1 UAbs. 1 Dublin-III-VO notwendig machen könnten, sind ebenfalls nicht ersichtlich. Es bestehen für das Gericht keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass ältere oder – wie der Antragsteller zu 1 – gesundheitlich beeinträchtigte Menschen in Slowenien im Asylverfahren oder bei den Aufnahmebedingungen regelhaft so defizitäre Zustände zu erwarten hätten, dass den Asylbewerbern im konkret zu entscheidenden Einzelfall mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung drohen würde. Dies gilt vorliegend umso mehr, da die Schmerzen des Antragstellers zu 1 mit relativ einfachen Mitteln zu behandeln sind (siehe hierzu ausführlich nachstehend unter b)
b) Es sind auch keine Anhaltspunkte für Abschiebungsverbote bzw. Abschiebungshindernisse in Bezug auf das Zielland Slowenien ersichtlich. Dies gilt sowohl für zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote im Sinne von § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG, deren Nichtvorliegen die Antragsgegnerin in nicht zu beanstandender Weise gemäß § 31 Abs. 3 Satz 1 AsylG in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides festgestellt hat. Auch inlandsbezogene Abschiebehindernisse im Sinne von § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG, die bei Abschiebungsanordnungen nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG gleichfalls zu berücksichtigen sind, sind nicht ersichtlich.
Insbesondere steht der Gesundheitszustand der Antragsteller einer Überstellung nach Slowenien nicht entgegen. Den Antragstellen droht keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Das Gericht weist zunächst auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Bescheid (vgl. § 77 Abs. 2 AsylG).
aa) Zwar berichtet der Antragsteller zu 1 von Rückenproblemen sowie einer Rückenoperation in Syrien und legt diesbezüglich ärztliche Atteste des …-Klinikums in … und des Klinikums … vor, jedoch droht dem Antragsteller zu 1 aufgrund dieses Krankheitsbildes bei einer Überstellung nach Slowenien keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Selbst wenn sich die Rückenprobleme des Antragstellers zu 1 in Slowenien aufgrund der schlechten Haftbedingungen verschlechtert haben sollten, so ist nicht zu erwarten, dass der Antragsteller zu 1 bei einer neuerlichen Rückkehr nach Slowenien wieder inhaftiert wird und er deswegen einer zusätzlichen körperlichen Belastungen aufgrund der gerügten schlechten Haftbedingungen ausgesetzt ist.
Im Übrigen ist den ärztlichen Attesten zu entnehmen, dass die Schmerzen des Antragstellers zu 1 offensichtlich auf einen Hexenschuss zurückzuführen sind, die in das linke Bein ausstrahlen. Im Klinikum … konnte bereits aufgrund der Notfallbehandlung am 09.01.2017 – mit absoluten Standardmedikamenten wie Novalgin und Ibuprofen – eine problemlose Mobilisation des Antragstellers erreicht werden, so dass der Antragsteller zu 1 das Klinikum nahezu beschwerdefrei verlassen konnte. Auch dem Befund des Klinikums … vom 06.02.2017 ist zu entnehmen, dass sich die Schmerzen unter Gabe von Voltaren, Novamin und Targin deutlich gebessert haben, so dass der Antragsteller zu 1 bereits nach zwei Tagen im Klinikum … eine vorzeitige Entlassung wünschte. Nach alledem ergibt sich, dass der Antragsteller zu 1 mit einer konservativen Schmerztherapie effektiv behandelt werden kann. Dass eine solche konservative Schmerztherapie mit Standardmedikamenten in Slowenien nicht erfolgen kann, ist für das Gericht nicht ersichtlich, zumal die Ausländerbehörden bei der Überstellung stets darauf achten, dass die Betroffenen mit einem ausreichenden Vorrat der notwendigen Medikamente ausgestattet werden.
Für die vom Bevollmächtigten der Antragsteller vorgetragene Reiseunfähigkeit ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, geschweige denn, dass diese Behauptung auch nur annähernd belegt wurde.
bb) Soweit die Antragsteller von psychischen Problemen, insbesondere aufgrund der Haftbedingungen in Slowenien, berichten, fehlt es bereits an der Vorlage von aussagekräftigen ärztlichen Attesten. Die Antragsteller stehen offensichtlich nicht einmal in ärztlicher Behandlung.
cc) Für das Gericht ergeben sich daher keine Anhaltspunkte, dass die Antragsteller in Slowenien nicht ausreichend behandelt werden könnten. Bei einer Abschiebung nach Slowenien kann daher gegenwärtig nicht von einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib oder Leben der Antragsteller im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG ausgegangen werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 159 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Der Gegenstandswert folgt aus § 30 RVG.
4. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist abzulehnen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung – gemessen an dem im Prozesskostenhilfeverfahren zugunsten der Antragsteller anzulegenden großzügigen Maßstab, der lediglich eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Erfolgs der beabsichtigten Rechtsverfolgung voraussetzt – nach den vorstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.

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