Verwaltungsrecht

Nutzung eines Holzlagerplatzes

Aktenzeichen  4 B 20.1116

Datum:
30.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
RÜ – 2021, 48
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GO Art. 21 Abs. 1 S. 1, Art. 37 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Art. 57 Abs. 1 S. 1, Art. 75 Abs. 2, Art. 80
VwGO § 43 Abs. 1, § 58 Abs. 2 S. 1, § 88, § 113 Abs. 1 S. 4
BayVwVfG Art. 36 Abs. 2 Nr. 2, Art. 43 Abs. 2, Art. 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 3
AGVwGO Art. 15 Abs. 1 Nr. 2
BGB § 580 Abs. 1 Nr. 3

 

Leitsatz

1. Werden die Benutzungsmodalitäten einer öffentlichen Einrichtung durch zivilrechtlichen Vertrag geregelt (sog. Zweistufentheorie), so besteht auch nach Vertragsabschluss ein auf der vorangegangenen (konkludenten) Zulassungsentscheidung beruhendes öffentlich-rechtliches Benutzungsverhältnis, das allein durch eine spätere Vertragskündigung noch nicht beendet wird. (Rn. 31)
2. In der außerordentlichen Kündigung des Vertrags wegen Verstößen gegen die Nutzungsbedingungen kann nach dem erkennbaren Willen des Einrichtungsträgers ein gleichzeitiger Widerruf der Zulassungsentscheidung liegen. (Rn. 33)
3. Wurde kein ausdrücklicher Zulassungsbescheid erlassen, sondern nur konkludent durch Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrags über die Zulassung entschieden, so steht diese im Regelfall unausgesprochen unter der auflösenden Bedingung, dass das vertraglich begründete Nutzungsrecht nicht vorzeitig aufgrund einer gravierenden Pflichtverletzung entfällt. (Rn. 36)

Verfahrensgang

AN 4 K 18.1945 2019-11-15 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 15. November 2019 hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat das Klagebegehren im Ergebnis zu Recht abgewiesen. In Bezug auf den Feststellungsantrag ist die Klage zwar entgegen dem erstinstanzlichen Urteil zulässig (1.), jedoch unbegründet (2.). Der Hilfsantrag in Gestalt einer Fortsetzungsfeststellungsklage ist bereits unzulässig (3.).
1. a) Dem Klageantrag auf Feststellung, dass durch das Kündigungsschreiben der Beklagten vom 23. Mai 2017 das vom Kläger behauptete öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnis in Bezug auf den bis dahin genutzten Holzlagerplatz nicht beendet sei, steht nicht die Rechtskraft des amtsgerichtlichen Urteils vom 16. März 2018 entgegen.
Das zivilgerichtliche Verfahren betraf, wie sich aus dem dort gestellten Klageantrag ergibt, allein die Feststellung, dass der „Holzplatz-Pachtvertrag zwischen den Parteien… nicht durch die Kündigung vom 23. Mai 2017 zum 30. September 2017 beendet worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht“. Nur über diese vertraglich begründete Rechtsbeziehung wurde in dem klageabweisenden Urteil vom 16. März 2018 entschieden. Ob die Kündigung des vom Amtsgericht als Mietverhältnis über ein Grundstück (§§ 578 ff. BGB) angesehenen privatrechtlichen Vertragsverhältnisses zugleich zur Beendigung des – nach Auffassung des Klägers – parallel dazu bestehenden öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses bezüglich einer öffentlichen Einrichtung geführt hat, war schon mangels einer entsprechenden Antragstellung nicht Streitgegenstand in dem zivilgerichtlichen Verfahren. Soweit sich das Amtsgericht in den Entscheidungsgründen mit den auf Art. 21 GO gestützten klägerischen Einwänden befasst hat, ging es allein um die Frage, ob sich daraus für die Wirksamkeit der Kündigung des Mietverhältnisses über die zivilrechtliche Beurteilung hinaus etwas anderes ergeben könnte bzw. ob eine Aussetzung des Verfahrens angezeigt wäre. Eine rechtskraftfähige Feststellung über das Bestehen oder Nichtbestehen eines öffentlich-rechtlichen Benutzungsverhältnisses zwischen den Beteiligten lässt sich dem Urteil vom 16. März 2018 nicht entnehmen.
b) Der Kläger besitzt für die begehrte Feststellung, dass das – nach seiner Vorstellung mit der Vollstreckung des Räumungsurteils beendete – öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnis zuvor ungeachtet des Kündigungsschreibens fortbestanden hat, das nach § 43 Abs. 1 VwGO erforderliche Feststellungsinteresse. Dabei kann offenbleiben, ob er die ernstliche Absicht, wegen eines materiellen Schadens einen Amtshaftungsprozess gegen die Beklagte zu führen, hinreichend konkret dargelegt hat. Sein Interesse an der gerichtlichen Feststellung des (eventuell bereits vergangenen) Rechtsverhältnisses ergibt sich jedenfalls aus dem Gesichtspunkt einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 43 Rn. 34 m.w.N.). Der Kläger hat nachvollziehbar dargelegt, dass er an der Nutzung eines gemeindlichen Holzlagerplatzes nach wie vor interessiert ist und dafür geklärt haben möchte, ob bei der Beendigung eines künftigen Benutzungsverhältnisses das aus Art. 21 GO folgende öffentlich-rechtliche Benutzungsrecht zu berücksichtigen ist. An der Beantwortung dieser Frage besteht schon deshalb ein schützenswertes Interesse, weil die Beklagte sich zwar zur Überlassung eines (anderswo gelegenen) Lagerplatzes an den Kläger bereit erklärt hat, jedoch weiterhin bestreitet, dass diese Plätze eine öffentliche Einrichtung im Sinne der Gemeindeordnung bilden.
2. Die Klage auf Feststellung des Fortbestehens des öffentlich-rechtliche Benutzungsverhältnisses ist unbegründet. Bei den von der Beklagten den Gemeindeeinwohnern überlassenen Lagerplätzen handelt es sich zwar entgegen der Auffassung der Beklagten um eine öffentliche Einrichtung, zu deren Benutzung der Kläger konkludent zugelassen wurde (a). Auch ist davon auszugehen, dass er als Folge dieser Zulassungsentscheidung zunächst eine öffentlich-rechtliche Rechtsstellung erlangt hat, die neben dem vertraglich begründeten Nutzungsrecht Bestand hatte (b). Das widmungs- und vertragswidrige Verhalten des Klägers, mit dem die zivilrechtliche Kündigung begründet wurde, hat aber auch diese öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehung beendet (c).
a) In der Bereitstellung und Vergabe einer Mehrzahl von Holzlagerplätzen im Gemeindegebiet durch die Beklagte lag – jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der Kündigungserklärung am 23. Mai 2017 – der Betrieb einer öffentlichen Einrichtung gemäß Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO, die vom Kläger in Anspruch genommen wurde.
Öffentliche Einrichtungen in diesem Sinne sind alle Verwaltungsressourcen (Personal- und Sachmittel), die von einer Gemeinde durch Widmungsakt der allgemeinen Benutzung durch Ortsansässige zur Verfügung gestellt und von ihr im öffentlichen Interesse unterhalten werden (BayVGH, B.v. 3.7.2018 – 4 CE 18.1224 – BayVBl 2019, 50 Rn. 13 m.w.N.). Eine Einrichtung nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO setzt demnach voraus, dass die Gemeinde eine ihr obliegende Aufgabe wahrnimmt und im Wege einer Widmung, die auch durch konkludentes Handeln geschehen kann, den Einrichtungszweck sowie den Benutzerkreis festlegt (BayVGH, a.a.O.). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Mit der Überlassung der Holzlagerplätze an Gemeindeangehörige erfüllt die Beklagte eine im öffentlichen Interesse liegende Aufgabe. Nach Art. 57 Abs. 1 Satz 1 GO sollen die Gemeinden im eigenen Wirkungskreis in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit u. a. die öffentlichen Einrichtungen schaffen und erhalten, die nach den örtlichen Verhältnissen für das wirtschaftliche Wohl ihrer Einwohner erforderlich sind. Von einer solchen Erforderlichkeit ist hier auszugehen, da nach Auskunft der Beteiligtenvertreter in der mündlichen Verhandlung auf dem Gebiet der Beklagten ein Bedarf an Plätzen zur Lagerung des Brennholzes besteht, das bei der Ausübung von Holznutzungsrechten (Art. 80 GO) regelmäßig anfällt.
Die für die Annahme einer öffentlichen Einrichtung unabdingbare Widmung durch den Einrichtungsträger ist, soweit ersichtlich, zwar nicht ausdrücklich erfolgt. In der tatsächlichen Vergabepraxis der Beklagten kann aber eine konkludente Widmung gesehen werden (zu dieser Möglichkeit BayVGH, B.v. 10.10.2013 – 4 CE 13.2125 – NVwZ-RR 2014, 110 Rn. 10 m.w.N.). Näheren Aufschluss über deren Inhalt bietet das bei der Platzzuteilung in neuerer Zeit verwendete Vertragsformular („Vertrag über die Nutzung eines Holzlagerplatzes in der Gemeinde B.“). Daraus ergibt sich neben der Bestimmung der möglichen Einrichtungsbenutzer (Personen mit einer Adresse im Gemeindegebiet) auch der genaue Zweck der Einrichtung („Ausschließliche Lagerung von Brennholz für private Zwecke…“). Damit liegen alle notwendigen Begriffsmerkmale einer gemeindlichen Einrichtung nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO vor. Diese besteht aus der Gesamtheit der von der Beklagten vorgehaltenen und vergebenen Holzlagerplätze im Gemeindegebiet.
Unselbständiger Bestandteil der Einrichtung war zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung auch der vom Kläger aufgrund mündlicher Vereinbarung seit mehr als 25 Jahren genutzte Lagerplatz. Selbst wenn die entgeltliche Überlassung dieser Grundstücksfläche ursprünglich nur der Einnahmeerzielung im Rahmen der gemeindlichen Vermögensverwaltung (Art. 75 Abs. 2 GO) gedient haben sollte, wäre der betreffende Platz jedenfalls durch die spätere Übernahme des größenunabhängigen, weit unter den üblichen Marktpreisen liegenden Nutzungsentgelts (8 Euro/Jahr) gleichfalls in die Gesamteinrichtung „Holzlagerplätze“ einbezogen worden. In dem weiteren Zurverfügungstellen der Lagerfläche zu diesem Pauschalpreis lag zugleich die konkludente Entscheidung über die Zulassung zu der öffentlichen Einrichtung. Dass hiernach das mit dem Kläger bestehende Nutzungsverhältnis trotz des Fehlens eines schriftlichen Vertrags rechtlich ebenso zu behandeln war wie die unter Verwendung des Vertragsformulars zustande gekommenen jüngeren Nutzungsverhältnisse, kommt auch in der Kündigungserklärung der Beklagten unmissverständlich zum Ausdruck.
b) Die Einbeziehung des vom Kläger genutzten Holzlagerplatzes in die gemeindliche Einrichtung hatte zur Folge, dass mit der Überlassungsentscheidung der Beklagten ein dauerhaftes öffentlich-rechtliches Rechtsverhältnis begründet wurde, die bis zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung fortbestand.
Erfolgt der Zugang zu einer öffentlichen Einrichtung wie hier in einem zweistufigen Verfahren, bei dem zunächst durch einen (ausdrücklich oder konkludent erlassenen) Verwaltungsakt über das „Ob“ der Nutzung und sodann durch zivilrechtlichen Vertrag über das „Wie“ und somit über die konkrete Art und Weise der Nutzung entschieden wird, so stellt sich die Frage, inwieweit diese beiden rechtlichen Ebenen voneinander abhängig sind bzw. aufeinander einwirken (vgl. Sodan in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 40 Rn. 353; Ehlers/Schneider in Schoch u.a., VwGO, § 40 Rn. 262; Kramer/Bayer/Fiebig/Freudenreich, JA 2011, 810/816).
Als gesichert dürfte dabei gelten, dass dem Nutzungsinteressenten durch die in Form eines begünstigenden Verwaltungsakts ergehende Zulassungsentscheidung ein grundsätzlicher Anspruch auf Abschluss des zivilrechtlichen Nutzungsvertrags erwächst (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2019 – 4 CE 19.176 – GewArch 2019, 477 Rn. 3; U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 119; ders., Verwaltungsprivatrecht, 2005, S. 1007; Struzina, GewArch 2019, 369/370). Umstritten ist hingegen, ob sich mit dem Zustandekommen dieses Vertrags die vorhergehende öffentlich-rechtliche Zulassungsentscheidung durch Vollzug auf „andere Weise“ im Sinne des Art. 43 Abs. 2 Var. 5 BayVwVfG erledigt (so im Ergebnis BGH, U.v. 7.11.1963 – VII ZR 189.61 – BGHZ 40, 206/210; OVG Berlin-Bbg, B.v. 11.9.2020 – OVG 12 S 30/20 – juris Rn. 7) oder ob das durch Verwaltungsakt begründete öffentlich-rechtliche Rechtsverhältnis parallel zu der zivilrechtlichen Vertragsbeziehung fortbesteht (so BVerwG, U.v. 22.4.1970 – V C 11.68 – BVerwGE 35, 170/172; BayVGH, B.v. 10.10.2012 – 12 CE 12.2170 – NJW 2013, 249 Rn. 42). Der Senat folgt nunmehr der letztgenannten Rechtsauffassung und hält an der im Beschluss vom 24. Januar 2019 (a.a.O., Rn. 3) geäußerten gegenteiligen Meinung nicht mehr fest.
Die auf Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO beruhende gemeindliche Zulassungsentscheidung vermittelt bei sach- und interessengerechter Auslegung nicht lediglich ein Recht auf Vertragsschluss, sondern zugleich ein subjektiv-öffentliches Recht auf Festhalten an dem geschlossenen Vertrag (vgl. Stelkens, Verwaltungsprivatrecht, a.a.O., S. 1009). Der den Zugangsanspruch feststellende Verwaltungsakt fungiert insoweit als Rechtsgrund für das Behaltendürfen der erlangten Rechtsstellung (vgl. allgemein U. Stelkens, a.a.O., § 35 Rn. 42; Ossenbühl, NVwZ 1991, 513/517 f.). Die dadurch erlangte Rechtsposition, die als öffentlich-rechtliches Benutzungsrecht bezeichnet werden kann, verliert der Einrichtungsbenutzer nicht schon durch eine Kündigung des zivilrechtlichen (Miet-)Vertrags, auch wenn deren gesetzliche Voraussetzungen vorliegen (BayVGH, U.v. 16.9.1994 – 4 B 94.1496 – NVwZ 1995, 812; B.v. 10.10.2012, a.a.O.; U. Stelkens, a.a.O., § 35 Rn. 119; ders., Verwaltungsprivatrecht, S. 1009; Sodan, a.a.O., § 40 Rn. 345a; Struzina, a.a.O., 371). Der aus der Gemeindeordnung folgende öffentlich-rechtliche Zulassungsanspruch darf nicht mit den Mitteln des Zivilrechts unterlaufen werden (vgl. BayVGH, U.v. 16.9.1994, a.a.O., 812). Will der kommunale Einrichtungsträger das zweistufig begründete Benutzungsverhältnis vollständig beenden, muss er daher über die zivilrechtliche Kündigung hinaus auch seine frühere Zulassungsentscheidung aufheben oder das damit verbundene Recht auf Gewährung des Zugangs zur Einrichtung auf andere Weise zum Erlöschen bringen (vgl. BayVGH, B.v. 10.10.2012, a.a.O., 250 m.w.N.; Stelkens, a.a.O., S. 1009; Tanneberg, Die Zweistufentheorie, 2011, S. 87).
c) Von einer solchen Beendigung des zwischen dem Einrichtungsträger und dem Einrichtungsbenutzer bestehenden öffentlich-rechtlichen Rechtsverhältnisses ist hier nach den gegebenen Umständen auszugehen. In der dem Kläger übermittelten Kündigungserklärung dürfte neben der Ausübung eines zivilrechtlichen Gestaltungsrechts auch ein Widerruf der Zulassung zu der gemeindlichen Einrichtung zu sehen sein (aa). Selbst wenn man dieser Annahme nicht folgen wollte, hätte der Kläger sein Recht auf Festhalten an dem bestehenden Nutzungsverhältnis jedenfalls infolge einer nachweislich widmungswidrigen Inanspruchnahme der Lagerfläche verloren (bb).
aa) Das mit einer Reihe von Verstößen gegen die „Vertragsbedingungen“ begründete Kündigungsschreiben des nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GO zuständigen ersten Bürgermeisters vom 23. Mai 2017 zielte nach dem objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) auf die vollständige Beendigung aller bestehenden Rechtsbeziehungen bezüglich des Holzlagerplatzes und auf eine daraus folgende Räumungspflicht. Angesichts dieser deutlich erkennbaren Regelungsabsicht der Beklagten müsste für den Kläger klar gewesen sein, dass auch sein im Kommunalrecht wurzelndes Recht auf Benutzung der öffentlichen Einrichtung nicht länger fortbestehen, die konkludent ergangene Zulassungsentscheidung also mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden sollte (Art. 49 Abs. 2 BayVwVfG). Für diese erweiternde Auslegung des Kündigungsschreibens sprach der darin enthaltene Hinweis auf den für das Benutzungsrecht nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO maßgebenden Widmungszweck der Einrichtung („Die Gemeinde B. überlässt diese Flächen zur ausschließlichen Nutzung als Holzlagerplatz zur Lagerung von Brennholz für private Zwecke.“). Auch die in dem Räumungsverlangen liegende Rückforderung der zuvor erbrachten Leistung deutete darauf hin, dass die Beklagte das Rechtsverhältnis insgesamt rückabwickeln und dazu die frühere Zugangsgewährung aufheben wollte (vgl. zum Subventionsrecht BVerwG, U.v. 13.12.1984 – 3 C 79.82 – NVwZ 1985, 488/489 m.w.N.).
Ob alle für einen rechtmäßigen Widerruf notwendigen Voraussetzungen vorlagen, wie etwa die gebotene Anhörung des Klägers (Art. 28 BayVwVfG), eine fehlerfreie Ermessensbetätigung (Art. 40 BayVwVfG) oder eine Gefährdung des öffentlichen Interesses (Art. 49 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BayVwVfG), mag im Einzelnen zweifelhaft sein, kann aber dahinstehen. War in der Abgabe der Kündigungserklärung zugleich ein Widerruf zu sehen, so hatte dieser Verwaltungsakt bereits vor Klageerhebung Bestandskraft erlangt. Das formlos und ohne Rechtsmittelbelehrungübersandte Schreiben der Beklagten vom 23. Mai 2017 war dem Kläger jedenfalls am 17. Juli 2017 bekannt, wie sein unter diesem Datum verfasstes Antwortschreiben beweist. Die für eine Anfechtungsklage geltende Jahresfrist (§ 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO) endete somit spätestens am 17. Juli 2018. Die am 5. Oktober 2018 eingegangene Klage wäre demnach, selbst wenn sie als Anfechtungsklage (um-)gedeutet werden könnte (§ 88 VwGO), in jedem Fall verfristet. Da es sich bei dem Streit um die Benutzung des allen Gemeindeeinwohnern als öffentliche Einrichtung zur Verfügung stehenden Holzlagerplatzes nicht im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Nr. 2 AGVwGO um eine Angelegenheit des Landwirtschaftsrechts bzw. der forstlichen Subventionen handelte, war der vom Klägerbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 4. September 2017 erklärte „Widerspruch“ als Rechtsbehelf unstatthaft (Art. 15 Abs. 2 AGVwGO) und konnte daher nicht fristwahrend wirken.
bb) Der Annahme eines zugleich mit der zivilrechtlichen Kündigung ausgesprochenen Widerrufs bedarf es indes hier wie auch in ähnlichen Fallkonstellationen nicht, da das öffentlich-rechtliche Benutzungsrecht des Klägers bereits wegen der im Kündigungsschreiben genannten Pflichtverstöße entfallen war.
(1) Erlässt eine Gemeinde gegenüber dem Nutzer einer öffentlichen Einrichtung keinen ausdrücklichen Zulassungsbescheid, sondern ergibt sich die (positive) Entscheidung über die Zugangsgewährung nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO nur mittelbar aus dem Abschluss eines die Nutzungsmodalitäten regelnden zivilrechtlichen Vertrags, so ist durch Auslegung zu ermitteln, wie weit die damit konkludent gewährte öffentlich-rechtliche Rechtsposition reicht. Von maßgebender Bedeutung ist dabei, dass nach dem Willen des Einrichtungsträgers die Überlassung an die Benutzer immer nur für widmungsgemäße Nutzungen erfolgen soll. Im Regelfall muss danach angenommen werden, dass Verstöße gegen den Widmungszweck zumindest dann, wenn sie eine verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung des zivilrechtlichen Vertrags rechtfertigen, auch das öffentlich-rechtliche Nutzungsrecht ohne weiteres entfallen lassen sollen. Die konkludente Zulassung zu der öffentlichen Einrichtung steht insoweit unausgesprochen unter der auflösenden Bedingung (Art. 36 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG), dass das vertraglich begründete Nutzungsrecht nicht vorzeitig aufgrund einer gravierenden Pflichtverletzung entfällt.
Dieses Auslegungsergebnis wird den legitimen Interessen beider Seiten gerecht. Die Zulassung zu einer öffentlichen Einrichtung berechtigt lediglich zur Nutzung „nach den bestehenden allgemeinen Vorschriften“ (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GO) und im vertraglich vorgesehenen Umfang (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 20.5.2015 – OVG 6 L 34.15 – juris Rn. 6; NdsOVG, B.v. 18.6.2018 – 10 ME 207/18 – juris Rn. 39). Von dem Einrichtungsbetreiber kann daher nicht gefordert werden, an der bestehenden Rechtsbeziehung trotz zweck- und vertragswidriger Nutzung und einer darauf gestützten Kündigung auch nur teilweise festzuhalten. Der kommunalrechtliche Zugangsanspruch des Benutzers wäre von der nachträglichen Beendigung des öffentlich-rechtlichen Benutzungsrechts nur berührt, wenn der angeführte Grund nicht erst die Modalitäten der Benutzung beträfe, sondern schon für die Zulassungsentscheidung relevant gewesen wäre (vgl. BayVGH, B.v. 10.10.2012, a.a.O., Rn. 36 f.). Dies ist aber bei einer verhaltensbedingten Kündigung und Auflösung des Nutzungsverhältnisses nicht der Fall.
(2) Da die vorgenannten Grundsätze auch für das hier zu beurteilende Benutzungsverhältnis gelten, steht dem Kläger kein öffentlich-rechtliches Nutzungsrecht mehr zu. Er hat bei der tatsächlichen Inanspruchnahme der als Holzlagerplatz überlassenen Fläche die durch die Widmung der Einrichtung gezogenen Grenzen so erheblich überschritten, dass die Beklagte zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrags berechtigt war.
Die als Kündigungsgrund angeführten Verstöße hat der Kläger zwar bestritten. Auf den von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung übergebenen Lichtbildern, die jeweils einen Datumsstempel tragen, ist jedoch deutlich zu erkennen, dass der Untergrund des im Außenbereich gelegenen Lagerplatzes in erheblichem Umfang mit Tonscherben befestigt wurde und dass sich dort zumindest zeitweilig ein offener Abfallcontainer, metallene Stützpfosten und große Stapel mit ungeschnittenen Baumstämmen befanden, wobei letztere zum Teil bis in den Kreuzungsbereich hineinragten. Die im Kündigungsschreiben erhobenen Vorwürfe eines bestimmungswidrigen Gebrauchs (ungenehmigte Aufschotterung, widerrechtlich gelagerte Gegenstände, platzübergreifende Lagerung) erweisen sich danach als zutreffend. Dass die Beklagte dieses Verhalten erlaubt oder zumindest dauerhaft toleriert hätte, ist weder ersichtlich noch vom Kläger substantiiert vorgetragen worden; einer weiteren Sachaufklärung (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) bedarf es daher nicht.
3. Der hilfsweise gestellte Antrag nach § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf Feststellung, dass der mit der Kündigung der Beklagten vom 23. Mai 2017 konkludent ausgesprochene Widerruf rechtswidrig war, hat ebenfalls keinen Erfolg. Sofern in der Kündigungserklärung zugleich der Erlass eines die Zulassungsentscheidung widerrufenden Verwaltungsakts lag, war dieser aus den oben dargelegten Gründen schon vor Klageerhebung in Bestandskraft erwachsen. Eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist aber unzulässig, wenn vor Eintritt des erledigenden Ereignisses die Frist zur Anfechtung versäumt wurde (vgl. BVerwG, U.v. 9.2.1967 – 1 C 49.64 – BVerwGE 26, 161/167; Schübel-Pfister in Eyermann, a.a.O., § 113 Rn. 94 m.w.N.).
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
III.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.


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