Verwaltungsrecht

Offensichtliche Unbegründetheit eines aus wirtschaftlichen Gründen gestellten Asylantrags

Aktenzeichen  M 1 S 16.35565

Datum:
3.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 30 Abs. 2, 36 Abs. 4
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

1 Der Wunsch nach wirtschaftlicher Verbesserung der Lebensbedingungen in Deutschland, um der Armut und dem schweren Leben in Pakistan zu entgehen, rechtfertigen die Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet. (redaktioneller Leitsatz)
2 Das Gesetz stellt hohe Anforderungen an die Berücksichtigungsfähigkeit gesundheitlicher Einwendungen, sowohl was die Schwere des Leidens (siehe § 60 Abs. 7 S. 2 bis 5 AufenthG) als auch den qualifizierten ärztlichen Nachweis betrifft (siehe für die inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisse § 60a Abs. 2c, Abs. 2d AufenthG). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist nach seinen Angaben pakistanischer Staatsangehöriger und auf der Balkanroute am 09.06.2015 nach Deutschland eingereist, nachdem er sich vorher zwei Jahre in der Türkei aufgehalten habe. Am 04.07.2016 stellte er Asylantrag.
In seiner Anhörung vor dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) trug der Antragsteller im Wesentlichen vor, dass er in Pakistan in ärmlichen Verhältnissen gelebt habe. Er sei auch einige Male geschlagen worden, weil die Leute gewusst hätten, dass er niemanden gehabt habe, der ihn hätte beschützen können. Er habe ein schweres Leben gehabt. Bei einer Rückkehr nach Pakistan würde er sterben wollen, da er dort keine Perspektive haben würde und niemanden hätte, der um ihn trauert. Es könne auch passieren, dass er sich in diesem Fall dort selbst umbringe. Nach Krankheiten befragt gab der Antragsteller an, kerngesund zu sein.
Mit Bescheid vom 02.12.2016 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, den Antrag auf Asylanerkennung und den Antrag auf subsidiären Schutz jeweils als offensichtlich unbegründet ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen und forderte den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Sollte der Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, werde er nach Pakistan abgeschoben. Der Antragsteller könne auch in einen anderen Staat abgeschoben werden, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Auf die Begründung des Bescheides wird verwiesen.
Am 13.12.2016 erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers gegen den Bescheid Klage und beantragte außerdem der Sache nach, hinsichtlich der Ausreiseaufforderung und der Abschiebungsandrohung die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
In seiner Begründung vom 9.1.2017 führte der Bevollmächtigte des Antragstellers aus, dass die Gefahr des Suizids und Depressionen einen Anspruch auf subsidiären Schutz oder zumindest ein Abschiebungsverbot nach § 60 Ab. 7 AufenthG begründen würden.
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.
II.
Der der Sache nach gestellte Antrag, die kraft Gesetzes gemäß § 75 AsylG ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid gemäß § 36 Abs. 3 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen, bleibt ohne Erfolg.
Nach dem Willen der Verfassung (Art. 16a Abs. 4 GG) und des einfachen Gesetzes (§ 36 Abs. 4 AsylG) darf das Gericht die Aussetzung der Abschiebung nur anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Eilverfahrens ist die unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche ausgesprochene Abschiebungsandrohung nach § 34 AsylG und § 36 Abs. 1 i.V.m. § 30 AsylG. Das Gericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen dieser Abschiebungsandrohung zu prüfen, insbesondere das Offensichtlichkeitsurteil des Bundesamts, also dessen Einschätzung, dass der Asylantrag nach § 13 Abs. 2 AsylG offensichtlich unbegründet ist.
Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung.
Zu Recht lehnt das Bundesamt den Asylantrag des Antragstellers als offensichtlich unbegründet ab. Die vom Antragsteller vorgetragene Armut und sein schweres Leben in Pakistan, so der Vortrag zutrifft, und der Wunsch des Antragstellers nach wirtschaftlicher Verbesserung in Deutschland haben offensichtlich nichts mit politischer Verfolgung im Sinne des Asylgrundrechts nach Art. 16a GG oder mit einer asylrelevanten Verfolgung im Sinne der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG oder mit einem Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylG zu tun. Das hat das Bundesamt zutreffend im Bescheid herausgearbeitet, § 77 Abs. 2 AsylG. Auch die sonstige allgemeine prekäre Lage in Pakistan und die Andeutungen des Antragstellers über einen Suizid in Pakistan im Falle seiner Abschiebung dorthin begründen offensichtlich keinen Asylanspruch.
Abschiebungsverbote nach § 34 Abs. 1 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG bestehen ebenfalls nicht, wie das Bundesamt im Bescheid zutreffend ausführt.
Insbesondere besteht kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG wegen der Andeutungen des Antragstellers über einen Suizid in Pakistan im Falle einer Abschiebung dorthin oder wegen einer depressiven Erkrankung des Antragstellers. Zunächst findet sich zu der Behauptung des Bevollmächtigten des Antragstellers über eine depressive Erkrankung seines Mandanten kein Anhalt in dessen eigenen Aussagen vor dem Bundesamt. Dort hat er im Gegenteil vorgetragen, kerngesund zu sein. Jedenfalls ist es der Bevollmächtigte schuldig geblieben, für seine bisher bloßen Behauptungen hinaus irgendwelche objektivierbaren medizinisch-psychologischen Fakten oder Erkenntnisse vorzulegen. Das Gesetz stellt hohe Anforderungen an die Berücksichtigungsfähigkeit gesundheitlicher Einwendungen, sowohl was die Schwere des Leidens (siehe § 60 Abs. 7 Satz 2 bis 5 AufenthG) als auch den qualifizierten ärztlichen Nachweis betrifft (siehe für die inlandsbezogenen Vollstreckungshindernisse § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG). Der Bevollmächtigte blendet auch die Möglichkeiten sachgerechter Suizidprophylaxe im Inland als auch im Zielland völlig aus.
Da der Antragsteller schließlich auch über keinen Aufenthaltstitel verfügt (§ 34 Abs. 1 Nr. 4 AsylG), besteht die Abschiebungsandrohung zu Recht.
Der Antrag war deshalb mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.


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