Aktenzeichen AN 15 S 20.00379
LStVG Art. 7 Abs. 2 Nr. 3, 18 Abs. 2, 37 Abs. 1
VwZVG Art. 29, 30, 34, 36
Leitsatz
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege vorläufigen Rechtsschutzes gegen sicherheitsrechtliche Anordnungen und die Zwangsmittelandrohung im Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Februar 2020.
Die Antragstellerin ist Halterin der beiden Hunde „…“, geboren am …2014, einem American Bulldog-Mischlingsrüden und „…“, geboren am … 2017, einer American Bulldog-Mischlingshündin. Für beide Hunde wurden Negativatteste im Sinne von Art. 37 Abs. 1 LStVG i.V.m. § 1 Abs. 2 der Verordnung über Hunde mit gesteigerter Aggressivität und Gefährlichkeit (GefHundeV) erteilt, nämlich hinsichtlich des Rüden mit Bescheid der Stadt … vom 21. Dezember 2015, bestätigt durch Schreiben der Antragsgegnerin vom 6. März 2017 und hinsichtlich der Hündin mit Bescheid der Antragsgegnerin vom 14. Januar 2019 (Bl. 9 ff. u. 91 f. d. Behördenakte). Zuvor ließ die Antragstellerin jeweils gutachterliche Stellungnahmen zur Wesensbeurteilung der Hunde durch die öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für das Hundewesen Frau … … erstellen (Bl. 1 ff. u. 85 ff. d. Behördenakte). Die Stellungnahmen schließen mit der Zusammenfassung, dass die Ausstellung eines Negativzeugnisses gutachterlicherseits befürwortet werde und Anlass zu sicherheitsrechtlichen Einzelmaßnahmen nach dem positiven Überprüfungsergebnis nicht angezeigt seien. Der Hund „…“ wurde im Gutachten mit einer Widerristhöhe von 56 cm und einem Gewicht von 28 kg beschrieben, die Hündin „…“ mit einer Widerristhöhe von 55 cm und einem Gewicht von 30 kg. Hinsichtlich der weiteren Merkmale der Hunde wird auf die in der Behördenakte befindlichen Gutachten der Sachverständigen … nebst den darin abgebildeten Fotos verwiesen.
Erstmals aktenkundig erreichte die Antragsgegnerin im Oktober 2017 per E-Mail eine Beschwerde einer damaligen Nachbarin der Antragstellerin über Vorfälle im Zusammenhang mit dem Führen des Rüden „…“ auf Gemeinschaftsflächen der Wohnanlage. Die Nachbarin gab im Wesentlichen an, dass die Antragstellerin und ihr Lebensgefährte den Hund grundsätzlich nie anleinen würden, dieser oftmals nicht einmal ein Halsband tragen würde. Auf Bitten der Nachbarschaft zum Anleinen des Hundes reagierten die Antragstellerin und ihr Lebensgefährte nicht bzw. abweisend bis hin zu unwirsch und beleidigend. Es werde auch der Hundekot liegengelassen.
Die Antragsgegnerin hörte die Antragstellerin zu dieser Beschwerde an und teilte mit, dass die Anordnung eines Leinenzwangs in Erwägung gezogen werde. Die Antragstellerin äußerte sich mit E-Mail vom November 2017. Sie stellte darin heraus, dass ihr Hund wohlerzogen, liebevoll und rücksichtsvoll sei. Es sei für sie selbstverständlich, bei Verlassen des Hauses ihren Hund anzuleinen und den Hundekot zu entfernen. In ihrer Wohnanlage lebten hundefeindliche Mitmenschen, die ihr das Leben schwermachen wollten.
Am 30. August 2017 erging eine polizeiliche Ereignismeldung, der Antragsgegnerin bekanntgegeben im November 2017. Danach wurde die Antragstellerin durch Polizeikräfte der Polizeiinspektion … nach telefonischer Meldung eines Zeugen zusammen mit einem Begleiter stark alkoholisiert im Bereich des U-Bahnhofs Plärrer angetroffen. Einen zehn Monate alten Hundewelpe hatte sie angeleint bei sich geführt. Der Begleiter führte einen bereits ausgewachsenen American Bulldog-Mix angeleint bei sich, der im Rahmen der Abklärung der Antragstellerin zugeordnet werden konnte. Der anwesende Zeuge hatte angegeben, beobachtet zu haben, wie die Antragstellerin den Hundewelpen an der Leine durch die Gegend gezogen habe. Dieses beschriebene Verhalten wurde durch die Polizeibeamten vor Ort ebenfalls beobachtet und als sehr grob beschrieben. Auf Ansprache reagierte die Antragstellerin uneinsichtig. Von der Fertigung einer Anzeige wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz wurde nach Hinzuziehung des Polizeihundeführers und dessen Einschätzung der Lage abgesehen. Aufgrund der übermittelten polizeilichen Ereignismitteilung erhielt die Antragsgegnerin erstmals Kenntnis davon, dass die Antragstellerin neben dem Hund „…“ einen weiteren Hund im Besitz hat. Diesbezüglich leitete die Antragsgegnerin in der Folge ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen „Kampfhundehaltung ohne Erlaubnis oder Negativzeugnis“ ein und gab der Antragstellerin Gelegenheit zur Äußerung.
Eine Beschwerde einer weiteren Person im Zusammenhang mit dem Führen der Hunde der Antragstellerin in deren Wohnanlage ging bei der Antragsgegnerin per E-Mail am 22. November 2017 ein. Im Wesentlichen werden darin die Vorwürfe wiederholt, die bereits in der Nachbarschaftsbeschwerde vom Oktober 2017 angegeben worden waren.
Mit E-Mail vom 19. Januar 2018 an die Antragsgegnerin wiederholte die Nachbarin, deren Beschwerde im Oktober 2017 bei der Antragsgegnerin eingegangen war, ihr Vorbringen und meldete ein weiteres Vorkommnis vom 18. Januar 2018. Danach sei ein Hund der Antragstellerin wieder ohne Leine auf der Privatfläche der Wohnanlage herumgerannt, wovon die Beschwerdeführerin ein – unscharfes – Foto habe fertigen können. Sie habe in den Weihnachtsferien auch eine Diskussion mit dem Freund der Antragstellerin wegen des Anleinens und des Entsorgens von Hundekot geführt. Bei diesem Gespräch, das ruhig verlaufen sei, sei der Hund auf die Beschwerdeführerin zugelaufen und habe auf „Sitz“-Befehle des Freundes der Antragstellerin sowie auf das Rufen seines Namens nicht reagiert.
Erneut beschwerte sich dieselbe Nachbarin bei der Antragsgegnerin mit E-Mail am 19. Februar 2018. Sie teilte mit, dass einen Tag zuvor bei einem Spaziergang mit ihrer Tochter beide Hunde der Antragstellerin in für sie bedrohlicher Weise auf sie zugelaufen seien, sodass sie sich mit ihrer Tochter in die Tiefgarage geflüchtet habe. Der kleine Hund habe auch am 17. Februar 2018 übersteigerte Aggressivität gezeigt. Dabei seien die Hunde der Antragstellerin durch einen Unbekannten ohne Leine ausgeführt worden. Dieser Mann habe sich uneinsichtig hinsichtlich des Anleinens der Hunde gezeigt. Sie habe auch beobachtet, wie der kleine Hund den älteren Hund beiße, wobei der ältere Hund bislang noch keine übersteigerte Aggressivität zeige.
Eine weitere Beschwerde einer anderen Nachbarin erreichte die Antragsgegnerin per Telefaxschreiben am 26. Februar 2018 (Bl. 68 f. d. Behördenakte).
Mit Schreiben vom 22. März 2018 hörte die Antragsgegnerin die Antragstellerin unter Verweis auf die bisher eingegangenen Beschwerden zur beabsichtigten Anordnung sicherheitsrechtlicher Maßnahmen, namentlich die Anordnung eines Leinenzwangs für beide Hunde, an. Dazu äußerte sich die Antragstellerin mit E-Mail am 24. März 2018.
Mit Bescheid vom 26. April 2018, der ohne Rechtsmitteleinlegung in Bestandskraft erwachsen ist, wurde gegenüber der Antragstellerin ein näher bezeichneter Leinenzwang für die Hunde „…“ und „…“ angeordnet. Zudem wurde angeordnet, dass die Antragstellerin den Hund nur solchen zuverlässigen, erwachsenen Personen überlassen darf, die körperlich dazu in der Lage sind, das Tier jederzeit unter Kontrolle zu halten. Auf die Bescheidsgründe wird für die Einzelheiten verwiesen (Bl. 75a ff. d. Behördenakte).
Seit dem 28. Juni 2018 bewohnt die Antragstellerin eine neue Wohnung in einem anderen Bezirk im Stadtgebiet der Antragsgegnerin.
Am 22. November 2019 kam es zu einer Ereignismeldung der Polizeiinspektion … aufgrund einer Zeugenmitteilung über zwei frei herumlaufende, aggressive Hunde und einen Beißvorfall. Vor Ort stellten die Polizeibeamten nur die geschädigte Zeugin Frau … fest, die bereits medizinisch durch herbeigerufene Sanitäter behandelt wurde. Die Zeugin gab an, mit ihrer Tochter, Frau … und deren zwei Hunden Gassi gegangen zu sein. Die beiden Hunde der Tochter seien von zwei größeren Hunden angefallen und sie, die Zeugin, ebenfalls am linken Oberarm und am linken Daumen durch Bisse verletzt worden. Einer der eigenen Hunde habe in der weiteren Folge der Geschehnisse eingeschläfert werden müssen. Die Zeugin kenne den Namen der Halterin der beiden großen Hunde nur phonetisch. Die Hunde seien von einem unbekannten Mann ausgeführt worden. Eine Nahbereichsfahndung der Polizei nach den beiden Hunden verlief ergebnislos. Befragungen von Passanten führten in diesem Zuge die Polizei zur Wohnanschrift der Antragstellerin. Dort habe auf Klopfen niemand die Tür geöffnet, aber es sei Hundegebell hinter der Tür vernommen worden. Die Antragstellerin wurde am 27. November 2019 polizeilich vernommen. Dabei gab sie an, die Hunde hätten sich zur fraglichen Tatzeit in der Wohnung befunden, sie selbst sei auf Arbeit gewesen. Sie habe die Hunde niemand anderen überlassen. Lediglich ihr Vater habe einen Zweitschlüssel zur Wohnung. Dieser dürfte die Hunde aber nicht ausgeführt haben. In der Ereignismeldung ist weiter ausgeführt, dass die Befragung einer weiteren, nicht beteiligten Zeugin, die den Vorfall am 22. November 2019 selbst auch nicht wahrgenommen hatte, ergeben hat, dass diese Zeugin diverse andere Fälle bezeugen könne, in denen die Hunde der Antragstellerin unangeleint ausgeführt worden seien und sich aggressiv gegenüber anderen Hundehaltern und deren Hunden gezeigt hätten. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die zur Behördenakte gereichte polizeiliche Ereignismeldung verwiesen (Bl. 110a ff. d. Behördenakte).
Am 26. November 2019 (Bl. 112a d. Behördenakte) und am 9. Dezember 2019 (Bl. 123a/124 ff. d. Behördenakte) sei die Antragstellerin nach Mitteilungen der Frau …bzw. des Herrn … wieder dabei beobachtet worden, ihre Hunde ohne Leine ausgeführt zu haben. Vom Vorfall am 9. Dezember 2019 seien zwei Fotos aus dem Wohnungsfenster in Richtung Straße gefertigt worden, auf denen auch der freilaufende Hund erkennbar sei (Bl. 126 d. Behördenakte).
Nach Anhörung der Antragstellerin, insbesondere zum beabsichtigen Ausspruch eines Verbots der Haltung der Hunde „…“ und „…“ mit Schreiben vom 4. Dezember 2019, in welchem auch Zwangsgelder wegen Verstoßes gegen die Anordnungen im Bescheid vom 26. April 2018 durch die Vorfälle am 22. und 26. November 2019 fällig gestellt wurden, erließ die Antragsgegnerin schließlich unter dem 18. Februar 2020 den streitgegenständlichen Bescheid. Darin wird der Antragstellerin die Haltung der Hunde „…“ und „…“ untersagt (Ziffer 1). Die Antragstellerin wird aufgefordert, die bezeichneten Hunde bis spätestens 6. März 2020 beim Tierheim …abzugeben und einen Nachweis hierüber vorzulegen (Ziffer 2). Die sofortige Vollziehung dieser Anordnungen wurde angeordnet (Ziffer 4.). Im Falle dessen die Antragstellerin der Verpflichtung aus Ziffer 2 des Bescheids nicht fristgerecht nachkommt, droht die Antragsgegnerin unmittelbaren Zwang durch Wegnahme der Hunde und Unterbringung im Tierheim … an; die Antragstellerin hat die dauerhafte Wegnahme zu dulden (Ziffer 3). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Gründe des Bescheids, die sich im Wesentlichen auf die bislang aktenkundig festgestellten Beschwerden und den Vorfall vom 22. November 2019 sowie die weiteren gemeldeten Fälle des unangeleinten Führens der Hunde am 26. November 2019 und 9. Dezember 2019 stützen, verwiesen. Ziffern 1 und 2 des Bescheids stützt die Antragsgegnerin auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG. Bei der Ermessensentscheidung sei die Uneinsichtigkeit und fehlende Empathie der Antragstellerin mit der Geschädigten des Beißvorfalls sowie die durch den Vorfall am 30. August 2017 gezeigte Unzuverlässigkeit der Person der Antragstellerin berücksichtigt worden. Bei den Hunden „…“ und „…“ handle es sich um Kategorie-2-Hunde. Die Maßnahmen richteten sich gegen die Antragstellerin als Halterin und damit Inhaberin der tatsächlichen Gewalt. Die Androhung des unmittelbaren Zwangs beruhe auf Art. 29, 30, 34 und 36 VwZVG. Ein milderes Mittel stehe nicht zur Verfügung. Insbesondere würde ein weiteres Zwangsgeld die Antragstellerin nicht beeindrucken.
Der streitgegenständliche Bescheid wurde im Wege der Ersatzzustellung durch Einlegen des zuzustellenden Schriftstücks in einen zur Wohnung gehörenden Briefkasten mittels Postzustellungsurkunde am 20. Februar 2020 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2020, dem Verwaltungsgericht Ansbach per Telefax am 2. März 2020 übermittelt, erhob der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18. Februar 2020 Klage und stellte zugleich einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO. Zur Begründung wird vorgetragen, die Untersagung der Haltung der Hunde sei rechtswidrig und verletze die Antragstellerin in ihren Rechten. Die im Bescheid herangezogenen Vorfälle seien nicht geeignet, der Antragstellerin die Befähigung zum Halten der Hunde abzusprechen. Die Hunde seien weder gefährlich noch sei eine Wegnahme der Hunde im öffentlichen Interesse geboten. Die bei dem Vorfall am 22. November 2019 aufgetretene geschädigte Zeugin und deren Tochter seien der Antragstellerin bekannt. Frau … habe von der Antragstellerin mit anwaltlichem Schreiben aus Juli 2019 die Zahlung eines Schmerzensgeldes wegen einer angeblichen Beißattacke gefordert; die Anspruchstellerin sei dabei angeblich in den Arm gebissen worden. Das habe seitens der Antragstellerin nicht verifiziert werden können. Daraufhin sei von der Geltendmachung eines Schmerzensgeldes wieder Abstand genommen worden. Auch wegen des Vorfalls vom 22. November 2019 habe sich Frau …mit anwaltlicher Hilfe wieder wegen Zahlung eines Schmerzensgeldes an die Antragstellerin gewandt. Es sei angeblich der Finger der Anspruchstellerin durchgebissen worden. Frau … habe angegeben, dass die Bisswunde habe genäht werden müssen. Aus einem in Vorlage gebrachten medizinischen Attest zu Frau …, Klinikum …, vom 22. November 2019 ergebe sich dieser Sachverhalt nicht. Dort heißt es lediglich im Befund: „Es zeigt sich eine Bisswunde am linken Daumen beugeseitig auf Höhe des IP Gelenks. pDM des Daumens ist intakt. Keine Rötung, keine Schwellung, kein Druckschmerz, kein Dehnungsschmerz.“ Der Vorfall und die Identität der Hunde sei allein auf die Angaben der Zeuginnen … gestützt worden. Es sei davon auszugehen, dass diese Angaben nicht unbedingt der Wahrheit entsprächen. Soweit die Zeugin …zu einem Vorfall vom 26. November 2019 Lichtbilder der unangeleinten Hunde eingereicht habe, sei dort die Antragstellerin nicht zu erkennen und könne nicht festgestellt werden, dass die auf den Bildern zu sehenden Hunde die der Antragstellerin seien. Die Antragstellerin habe Vorwürfe im Zusammenhang mit der Verletzung einer Leinenpflicht gegenüber der Antragsgegnerin zurückgewiesen. Es liege für die Hunde je eine gutachterliche Stellungnahme zum Wesen vor, die keine gesteigerte Aggressivität feststellten. Es bestünden also ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der nunmehr getroffenen Anordnungen. Überdies sei das besondere öffentliche Interesse nach § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO nicht hinreichend begründet worden. Eine Abwägung der widerstreitenden Interessen habe nicht stattgefunden. Die Anordnung sei weder verhältnismäßig noch erforderlich. Die Anordnung aus Ziffer 1 sei einschränkungslos erfolgt. Allein das Halten von Hunden begründe auch keine Gefahr im Sinne des Art. 7 Abs. 2 LStVG. Die Antragsgegnerin hätte vielmehr ein neues Gutachten zur Wesensbeurteilung der Hunde verlangen können, um eine solche Gefahr festzustellen. Die Antragstellerin lässt beantragen,
Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 28. Februar 2020 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin äußerte sich mit Schriftsatz vom 10. März 2020 und dem Antrag:
Der Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung wird abgelehnt.
Die Antragsgegnerin erwidert, der Bescheid sei rechtmäßig und auf dessen Gründe werde Bezug genommen. Eine generelle Hundehaltung sei der Antragstellerin nicht verboten worden. Der Vorfall vom 22. November 2019 sei zutreffend erfasst und eingeordnet worden. Die von der Polizei aufgenommenen Zeugenaussagen seien widerspruchsfrei und ohne Belastungseifer. Es träten auch nicht immer dieselben Personen als Beschwerdeführer auf. Vielmehr habe es schon an der vorherigen Wohnanschrift der Antragstellerin Beschwerden gegeben. Das sei im Bescheid auch gewürdigt worden. Letztlich werde der Beißvorfall durch die Anlagen zur Klage- und Antragsschrift bestätigt. Deshalb stehe fest, dass die Antragstellerin zum Halten der Hunde „…“ und „…“ ungeeignet sei. Sie sei nicht in der Lage, zukünftig Beißvorfälle zu verhindern. Dies stelle eine Gefahr im Sinne des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG dar. Dazu werde auf Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs verwiesen. Gegen die Eignung der Antragstellerin spreche vor allem, dass sie der im Bescheid vom 26. April 2018 angeordneten Leinenpflicht beharrlich nicht nachkomme. Sie zeige völlige Gleichgültigkeit gegenüber den Anordnungen, was der Vorfall vom 26. November 2019 bestätige. Auch der Fall vom 30. August 2017 runde insoweit das Gesamtbild ab. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung sei sachgerecht begründet worden.
Dazu lässt die Antragstellerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 9. April 2020 erwidern. Die Zeugenaussagen seien nicht widerspruchsfrei. Das zeige die Aussage der Zeuginnen zu ihren Verletzungen in Gegenüberstellung zum Befund im ärztlichen Attest. Das Nachbarschaftsverhältnis zwischen den Beteiligten sei stets angespannt gewesen. Die Antragstellerin sei oft grundlos beschimpft und provoziert worden. Die Vorfälle vom 30. August 2017 und vom 23. Oktober 2017 lägen sehr lange zurück und taugten nicht als Begründungsgrundlage. Die gutachterliche Stellungnahme zur Hündin „…“ aus dem Jahr 2018 sei zu beachten.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten, der behördlichen Feststellungen und des Gangs des behördlichen und des gerichtlichen Verfahrens wird auf die Gerichtakte und die vorgelegte Behördenakte der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hat keinen Erfolg.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung eines Verwaltungsaktes wie im vorliegenden Fall im Hinblick auf die Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 18. Februar 2020 nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO angeordnet worden oder gemäß Art. 21a BayVwZVG i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Bezug auf Ziffer 3 des Bescheids bereits kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs gegen den zu Grunde liegenden Bescheid ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Das Gericht trifft dabei im Rahmen einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage unter Abwägung der widerstreitenden Interessen der Beteiligten eine eigene originäre Ermessensentscheidung, wobei den Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage in der Hauptsache entscheidende Bedeutung zukommt. Bleibt dieser Rechtsbehelf mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos, so tritt das Interesse der Antragstellerin an der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage regelmäßig zurück; erscheint der angefochtene Bescheid dagegen voraussichtlich rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Sind die Erfolgsaussichten offen, so ist eine reine Interessenabwägung durchzuführen.
1. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung durch die Behörde erfordert zunächst nach § 80 Abs. 3 VwGO, dass das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich begründet wird. Dabei setzt die Anordnung der sofortigen Vollziehung grundsätzlich ein besonderes Vollzugsinteresse voraus, das über das hinausgeht, was den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt (BayVGH, B.v. 28.9.2012 – 10 CS 12.1791 – juris Rn. 24; B.v. 27.2.2019 – 10 CS 19.180 – BeckRS 2019, 3418 Rn. 10 f.). An den Inhalt der schriftlichen Begründung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO sind allerdings keine zu hohen Anforderungen zu stellen (BayVGH, B.v. 29.12.2020 – 11 CS 20.2355 – BeckRS 2020, 38196 Rn. 17). Erforderlich ist eine auf den konkreten Einzelfall abstellende Darlegung des besonderen öffentlichen Interesses dafür, dass ausnahmsweise die sofortige Vollziehbarkeit notwendig ist und dass hinter dieses erhebliche öffentliche Interesse das Interesse des Betroffenen zurücktreten muss, zunächst von dem von ihm bekämpften Verwaltungsakt nicht betroffen zu werden (Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 80 Rn. 85). Auf die inhaltliche Richtigkeit oder Tragfähigkeit der Begründung kommt es dabei nicht an, da es sich bei dem Begründungszwang des § 80 Abs. 3 VwGO um eine formelle und keine materielle Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Vollzugsanordnung handelt (BayVGH, B.v. 28.12.2020 – 11 CS 20.2067 – BeckRS 2020, 38192 Rn. 21). Im Einzelfall, insbesondere im Bereich der Gefahrenabwehr, kann sich allerdings das besondere öffentliche Interesse am Sofortvollzug mit den Erlassgründen des Verwaltungsakts decken (Wysk/Buchheister, 3. Aufl. 2020, VwGO § 80 Rn. 25).
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes genügt die im streitgegenständlichen Bescheid gegebene Begründung den Anforderungen an § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO noch. Die Antragsgegnerin stützt ihre Anordnungen im Bescheid vom 18. Februar 2020 auf die bisher dokumentierten Vorfälle hinsichtlich nicht eingehaltener Leinenbenutzung für die Hunde der Antragstellerin im öffentlichen Raum und stützt sich im Weiteren insbesondere auf die dabei gezeigte Uneinsichtigkeit der Antragstellerin und deren Beharrlichkeit aus Sicht der Behörde im Zusammenhang mit der Weigerung, sicherheitsrechtliche Anordnungen in Bezug auf zwei Hunde, die der Gefahrenkategorie 2 zuzuordnen sind, umzusetzen. Auch wenn in den Gründen unter II. der Bescheidsfassung die Vorschrift des § 80 Abs. 3 VwGO nicht explizit genannt wird, ist für die Adressatin des Bescheids doch hinreichend deutlich zu entnehmen, warum die nunmehr ergangenen sicherheitsrechtlichen Anordnungen aus Sicht der Behörde einer eiligen Umsetzung bedürfen. Damit ist dem Begründungserfordernis für die Anordnung der sofortigen Vollziehung Genüge getan.
2. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin in Ziffer 1 des Bescheides vom 18. Februar 2020 voraussichtlich zu Recht die Haltung ihrer American Bulldog-Mischlingshunde untersagt und deshalb auch zu Recht in Ziffer 2 des Bescheides unter Fristsetzung die Abgabe der Hunde an eine öffentliche Einrichtung zur Betreuung von Tieren (Tierheim) angeordnet.
Rechtsgrundlage hierfür ist Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG, nicht aber Art. 18 Abs. 2 LStVG (Schwabenbauer, in: BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, 15. Ed. November 2020, LStVG Art. 18 Rn. 109, beck-online; VG Ansbach, U.v. 13.09.2017 – AN 15 K 17.00605 – unveröff.). Nach der Vorschrift des Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG kann die Sicherheitsbehörde zur Erfüllung ihrer Aufgaben im Einzelfall Anordnungen (nur) treffen, um Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen, die Leben, Gesundheit oder die Freiheit von Menschen oder Sachwerte, deren Erhaltung im öffentlichen Interesse geboten erscheint, bedrohen oder verletzen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zum Fall der Untersagung einer Hundehaltung den rechtlichen Prüfungsmaßstab dahingehend weiter konkretisiert, dass auch hundetypisches und artgerechtes Verhalten eines Hundes eine konkrete Gefahr für andere Menschen verursachen kann und die durch einen Hund verursachten Verletzungen dem Tier – und damit seinem Halter – auch dann zuzurechnen sind, wenn hierfür das Fehlverhalten anderer Personen (mit-)ursächlich ist (BayVGH, B.v. 05.01.2016 – 10 CS 15.2369 – BeckRS 2016, 40756). Obgleich die Untersagung der Hundehaltung für den Betroffenen die einschneidendste denkbare Maßnahme zur Verhütung und Unterbindung der von einer Hundehaltung ausgehenden Gefahr ist, ist eine solche Anordnung jedenfalls dann verhältnismäßig, wenn sich der Hundehalter dauerhaft und hartnäckig weigert, einer bestehenden sicherheitsbehördlichen Anordnung nach Art. 18 Abs. 2 LStVG nachzukommen und diesbezügliche Vollstreckungsversuche erfolglos geblieben sind (BayVGH, B.v. 30.01.2018 – 10 CS 17.2335 – BeckRS 2018, 2295; B.v. 05.01.2016, a.a.O.; B.v. 26.02.2014 – 10 ZB 13.2476 – BeckRS 2014, 48658; Schwabenbauer in: Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht Bayern, Stand 1.11.2020, Art. 37 LStVG Rn. 124). Eine umfassende Haltungsuntersagung kommt auch dann in Betracht, wenn von vornherein feststeht, dass der Halter nicht geeignet für die Haltung von Hunden ist. In einem solchen Fall ist im Bescheid genau zu begründen, weshalb die Haltungsuntersagung die einzig sinnvolle und erfolgversprechende Maßnahme ist (BayVGH, B.v. 6.3.2015 – 10 ZB 14.2166 – juris Rn. 8 m.w.N.). Im Übrigen fordert das verfassungsrechtliche Verhältnismäßigkeitsprinzip, dass die eingreifende staatliche Maßnahme bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit wahrt (vgl. etwa: BVerfG, B.v. 12.02.1986 – 1 BvR 1170/83 – BVerfGE 72, 26 [30]). Eine Haltungsuntersagung ist in der Regel verhältnismäßig, wenn es bereits zu einem oder mehreren Vorfällen gekommen ist, in denen sich die Gefährlichkeit des Hundes gezeigt hat (VGH BW, B.v. 28.10.2020 – VGH 1 S 2771/20 – BeckRS 2020, 30058 Rn. 18).
Dies zugrunde gelegt begegnet der streitgegenständliche Bescheid in Ziffer 1 und 2 bei summarischer Prüfung keinen ernstlichen Zweifeln. Insbesondere erweisen sich die getroffenen Anordnungen als verhältnismäßig (Art. 8 LStVG) und ermessensgerecht (Art. 40 BayVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO).
Formelle Fehler weist der Bescheid vom 18. Februar 2020 nicht auf. Solche wurden von der Antragstellerin auch nicht vorgetragen.
Auch materiell ist gegen Ziffer 1 und 2 des Bescheids von Rechts wegen nichts zu erinnern. Die Antragsgegnerin hat im angegriffenen Bescheid selbst erkannt, dass es sich bei der Haltungsuntersagung um eine einschneidende Maßnahme handelt und diese damit begründet, dass es ihrem pflichtgemäßen Ermessen entspreche, eine solche Untersagung (nur) in Bezug auf die beiden Hunde „…“ und „…“ auszusprechen, um Gefahren abzuwehren oder Störungen zu beseitigen. Solche Gefahren und Störungen ergeben sich aus den aktenkundigen Geschehnissen, wie sie im streitgegenständlichen Bescheid zumindest benannt werden und von der Antragstellerin auch nicht bestritten wurden, insbesondere, soweit es sich um Ereignisse von vor dem 22. November 2019 handelt. Ein substantiiertes Bestreiten dieser Vorfälle durch die Antragstellerseite ist dabei nicht in den Äußerungen des Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin im Rahmen der Anhörung im Schriftsatz vom 16. Dezember 2019 zu erblicken, soweit dort ausgeführt wird, die in der Vergangenheit gefertigten Anzeigen gegen die Antragstellerin hätten sich als unrichtig herausgestellt. Denn zum einen ist dazu nicht spezifiziert, was genau sich aufgrund welcher Gegentatsachen als unrichtig herausgestellt habe; auch entnimmt das Gericht den Einlassungen der Antragstellerin, die sie per E-Mail an die Antragsgegnerin in den einzelnen Fällen abgegeben hatte, nur ein pauschales Abwehren der Vorwürfe und ein bloßes Bekräftigen, die Antragstellerin halte sich stets an die Forderungen der Antragsgegnerin. Zum anderen räumt der Prozessbevollmächtigte in seinem Schreiben vom 16. Dezember 2019 selbst ein, seine Mandantin sei „heimlich beobachtet und verfolgt“ worden und es seien ihre Hunde von fremden Menschen fotografiert worden. Soweit demnach auch Fotos zu Vorfällen von vor dem 22. November 2019 und zum Vorfall vom 9. Dezember 2019, die von Privaten angefertigt worden sind, zur Behördenakte gelangten, wird gegen die hieraus ersichtlichen Momentaufnahmen nicht argumentiert, sondern werden diese letztlich eingeräumt.
Die Kammer hat keine durchgreifenden Zweifel, dass die Antragstellerin selbst und Dritte, denen sie ihre Hunde zum Ausführungen überlassen hat, willentlich und – bezogen auf dritte Personen – auch wissentlich mit Duldung der Antragstellerin gegen die bestandskräftige Pflicht zum angeleinten Führen der Hunde „…“ und „…“ auf öffentlichen Wegen und Plätzen innerhalb geschlossener Ortslage, soweit es sich nicht um Hundefreilaufflächen handelt, verstoßen hat. Dies ergibt sich zum einen aus dem Vorfall vom 22. November 2019 und weiter aus Vorfällen vom 26. November 2019 und vom 9., Dezember 2019, wie die Antragsgegnerin zutreffend auch in ihrem Bescheid hierauf abstellt. Das Gericht hat nach entsprechender Wertung der polizeilich aufgenommenen Zeugenaussagen zum Vorfall vom 22. November 2019 sowie der Bewertung der weiteren Beschwerden vom 26. November 2019 und vom 10. Dezember 2019 keine durchgreifenden Bedenken, dass es sich dabei um konstruierte, sich spezifisch gegen die Antragstellerin richtende Aussagen handelt, um ein behördliches Einschreiten gegen die Antragstellerin zu forcieren. Der Beißvorfall am 22. November 2019 zum Nachteil der Geschädigten … und … ist widerspruchsfrei und nachvollziehbar geschildert und durch tatsächliche Anhaltspunkte objektiv bekräftigt. Ein Widerspruch ergibt sich bei wertender Betrachtung auch nicht aus den von Frau …geschilderten Verletzungen in Gegenüberstellung des später der Antragstellerin bekannt gewordenen ärztlichen Attestes des Klinikum … Dem ärztlichen Attest ist ein Zustand nach Bissverletzung zu entnehmen und dort ist auch ausgeführt, dass die Patientin – Frau* …- durch den Vorfall psychisch belastet sei. Dass im Einzelfall der geschilderte Vorfall geeignet ist, die eigenen Verletzungen subjektiv als stärker belastend erscheinen zu lassen, als sie sich bei objektiver Betrachtung tatsächlich erweisen, ist menschlich nachvollziehbar. Ohnedies drängt sich ein bewusstes Widerspruchsverhalten der Zeuginnen … diesbezüglich nicht auf, weil der Antragstellerin ja – wenn auch im Zuge eines anwaltlich vorgetragenen Begehrens auf Zahlung eines Schmerzensgeldes – ein aussagekräftiges Attest über die tatsächlich bei Frau …eingetretenen Verletzungen zugänglich gemacht wurde, so dass die Antragstellerin in die Lage versetzt wurde, das Verletzungsgeschehen selbst zu beurteilen.
Die Kammer hat im Weiteren keine im Rahmen summarischer Prüfung sich aufdrängenden Zweifel, dass die im streitgegenständlichen Bescheid unter Ziffer 1 genannten Hunde der Antragstellerin in den Vorfall am 22. November 2019 involviert waren. Die Antragstellerin selbst konnte unter Berücksichtigung ihrer Einlassung zum Geschehen keine sachdienlichen Angaben dazu machen. Es ist nach ihrer Aussage jedenfalls möglich, dass ein Dritter – beispielsweise ihr Vater, der über einen Wohnungszweitschlüssel für die Wohnung der Antragstellerin verfügt und seinen Wohnsitz in einer Gemeinde in der Nähe von … hat – die Hunde während ihrer Abwesenheit am 22. November 2019 zum Ereigniszeitpunkt auf öffentlichen Wegen ausgeführt hat. Ihre Einlassung, ihr Vater habe die Hunde ihres Wissens auch nicht ausgeführt, enthält jedenfalls nicht die ausdrückliche Aussage, dass ihr Vater ihr dies so bestätigt habe. Für die Überzeugungsbildung des Gerichts bei einer summarischen Prüfung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist es dabei unschädlich, dass sich der Behördenakte der Antragsgegnerin keine Anhaltspunkte dafür entnehmen lassen, dass die Polizei oder die Antragsgegnerin den Vater der Antragstellerin zu den Geschehnissen befragt hat bzw. Erkenntnisse der Staatsanwaltschaft … im Verfahren … das gegen die Antragstellerin wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung aufgrund des Vorfalls am 22. November 2019 eingeleitet worden war, diesbezüglich herangezogen worden wären. Denn das im Raum stehende Argument der Antragstellerin, bei den zwei Hunden, die den Vorfall am 22. November 2019 verursacht haben, handle es sich um fremde Hunde, wird jedenfalls durch die Aussagen der Zeuginnen …, denen die Hunde der Antragstellerin bekannt sind und die diese in den beteiligten Hunden am 22. November 2019 wiedererkannt haben, sowie unter Mitbetrachtung des Umstandes, dass die Hunde der Antragstellerin auch anderen im Wohnbezirk der Antragstellerin lebenden Zeugen hinlänglich bekannt sind, zureichend entkräftet. Die von den Zeuginnen beschriebenen Hunde entsprechen den Merkmalen der Hunde der Antragstellerin, die sich in der Behördenakte insbesondere in den Gutachten der Sachverständigen … finden. Der Behördenakte lassen sich überdies auch zahlreiche Verstöße gegen das Leinengebot durch die Antragstellerin und Begleiter der Antragstellerin schon vor dem 22. November 2019 entnehmen, vor allem im früheren Wohngebiet der Antragstellerin aufgrund von Beschwerden von Personen, die an den Geschehnissen ab dem 22. November 2019 nicht beteiligt waren. Insoweit liegen zusätzliche, bekräftigende Indizien dafür vor, dass die Antragstellerin und ihr persönliches Umfeld trotz einer behördlichen Anordnung und trotz entsprechender Bekräftigungen gegenüber der Antragsgegnerin das Anleinen der Hunde „…“ und „…“ auf öffentlichen Wegen und Plätzen nicht nur nicht verinnerlicht haben, sondern es bewusst ignorieren und die Antragstellerin auch in ihrem persönlichen Umfeld, soweit sie ihre Hunde anderen Personen überlässt, willentlich nicht für die Einhaltung dieser Pflicht Sorge trägt. Dass in der Gesamtschau dieser Indizien und Aussagen Betroffener und Nachbarn der Antragstellerin im Wohnbezirk der Antragstellerin am 22. November 2019 eine gänzlich dritte Person zwei Hunde ohne Leine ausgeführt hat, die denen der Antragstellerin gleichen, ist zwar denkbar, aber bei lebensnaher Betrachtung fernliegend. Auch der Umstand, dass die vor Ort ermittelnden Polizeibeamten im Rahmen einer Nachschau an der Wohnung der Antragstellerin hinter der geschlossenen Wohnungstür Hundegebell vernahmen und niemand auf das Klopfen reagierte, entkräftet die Indizien nicht. Der Hundeführer der beiden großen Hunde, der den Zeuginnen … nicht näher bekannt war, hatte sich nach dem Geschehen vom Ereignisort entfernt und das Eintreffen der Polizei nicht abgewartet. Zwischen dem Ereignisort und der Wohnanschrift der Antragstellerin liegen nur gut 400 m (ca. fünf bis sechs Minuten Fußweg lt. Routenplaner Google-Maps) und zwischen dem Vorfall und dem Eintreffen der Polizeibeamten vergingen wenigstens 20 Minuten. Daher ist es bei objektiver Betrachtung möglich, dass ein sich unverzüglich vom Ereignisort entfernender Hundeführer die Wohnung der Antragstellerin zeitnah erreicht, sodass bei der erst zeitlich versetzten Nachschau der Polizeibeamten vor Ort sich die Hunde der Antragstellerin wieder in deren Wohnung befanden. Insoweit begegnet es keinen ernstlichen Zweifeln, dass die Antragsgegnerin den Vorfall vom 22. November 2019, wie er sich aus der Behördenakte darstellt und ermittelt wurde, zum Anlass für sicherheitsrechtliche Anordnungen gegenüber der Antragstellerin genommen und in ihre Bescheidsgründe eingestellt hat.
Dasselbe trifft für die zur Begründung der streitgegenständlichen Anordnungen mit herangezogenen weiteren Ereignisse am 26. November 2019 und am 9. Dezember 2019 zu. Auch hier ist es unerheblich, ob die Antragstellerin auf einem Foto abgebildet ist oder nicht. Die Beschwerdeführer zu den Ereignissen am 26. November und 9. Dezember 2019 haben die Personen und Hunde erkannt und die Antragstellerin namentlich bezeichnet. Das Foto zum Vorfall vom 9. Dezember 2019 zeigt dabei auch einen unangeleinten Hund auf dem Fußweg, der der Beschreibung zum Rüden „…“ entspricht.
Damit steht fest, dass die Antragstellerin wiederholt und beharrlich gegen die sie treffenden Pflichten aus dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. April 2018 verstoßen hat. Aufgrund der Überzeugung des Gerichts, dass die Hunde der Antragstellerin in der von den Zeuginnen … beschriebenen Weise an einem Beißvorfall am 22. November 2019 beteiligt waren, sodass ein anderer Hund aufgrund seiner erlittenen Verletzungen euthanasiert werden musste und zumindest die Zeugin … auch eine Bissverletzung am linken Daumen davontrug, bestehen hinreichende Anhaltspunkte, dass den Wesensbeurteilungen der Hundesachverständigen … in deren Gutachten vom 30. Oktober 2015 (betreffend den Hund „…“) und vom 8. November 2018 (betreffend den Hund „…“) keine dahingehende Bedeutung zukommt, die Hunde der Antragstellerin erwiesen sich nicht als gesteigert aggressiv und gefährlich im Sinne des Art. 37 Abs. 1 LStVG. Dass die Antragsgegnerin bislang – jedenfalls nach Aktenlage – die erteilten Negativzeugnisse für die Hunde der Antragstellerin noch nicht widerrufen hat, ist aufgrund des feststehenden Ereignisses vom 22. November 2019, das deutlich nach den Begutachtungen durch die Sachverständige … liegt, unschädlich. Denn trotz bestehenden Negativzeugnisses kann von einem Hund eine konkrete Gefahr im Sinne des Art. 7 Abs. 2 LStVG ausgehen. Die Antragsgegnerin war – entgegen der Auffassung der Antragstellerseite – auch nicht gehalten, vor Ausspruch des Hundehaltungsverbotes eine erneute Wesensbegutachtung der Hunde „…“ und „…“ zu veranlassen. Im Falle einer durch einen Beißvorfall oder sonstigen Zwischenfall belegten Gefährlichkeit eines Hundes bedarf es keiner Nachprüfung durch ein Gutachten, da sich dann die von jedem Hund ausgehende abstrakte Gefahr bereits realisiert hat und dann die konkrete Gefahr weiterer Vorfälle besteht (VG Bayreuth, B.v. 25.10.2017 – 1 S 17.718 – BeckRS 2017, 142997 Rn. 23). Ein Wesenstest stellt immer nur eine Momentaufnahme dar, die sich (insbesondere infolge veränderter Umstände) jederzeit ändern kann (vgl. etwa BayVGH, B.v. 20.01.2011 – 10 B 09.2966 – juris Rn. 18). Auf die Frage, ob die Begutachtung des Hundes „…“ zudem auf einer mangelhaften Grundlage beruhte, weil nach Auffassung der Antragsgegnerin die Antragstellerin die Sachverständige nicht über alle bis zur Begutachtung bereits sich ereigneten Vorfälle informiert habe, kommt es daher rechtlich nicht an.
Das betätigte Auswahlermessen der Antragsgegnerin ist unter Berücksichtigung des vorstehend dargestellten rechtlichen Maßstabes nicht zu beanstanden. Die ergriffenen Maßnahmen erweisen sich als zulässig, geeignet und angemessen, einer zukünftigen Gefahr von Beißvorfällen, die von den Hunden der Antragstellerin ausgehen, zum Schutz höherrangiger Rechtsgüter des Lebens und der Gesundheit dritter Personen wirksam zu begegnen. Insbesondere erfüllt das gezeigte Verhalten der Antragstellerin die rechtlichen Voraussetzungen, die im Hinblick auf die Angemessenheit des Ergreifens der behördlichen Maßnahme der Untersagung einer Hundehaltung vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof aufgestellt wurden. Mildere Mittel sind nicht (mehr) erkennbar. Die vorrangige Anordnung einer Maulkorbpflicht zusätzlich zur bereits bestehenden Leinenpflicht ist kein milderes Mittel, da die Begegnung einer konkreten Gefahr eines erneuten Beißvorfalls damit nicht hinreichend sicher gewährleistet ist. Dies folgt aus dem aktenkundig dokumentierten Umstand, dass die Gefahren, die von den Hunden ausgehen, nicht allein aus einer gesteigerten Aggressivität heraus folgen, sondern aus dem kumulativen Umstand, dass die Antragstellerin nicht willens ist, behördlich angeordnete Sicherungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Hundehaltung zu befolgen. Die Annahme der Antragsgegnerin, die Antragstellerin werde sich auch zukünftig nicht an behördliche Anordnungen ihre Hunde betreffend halten, ist nicht zu beanstanden. Soweit der Verwaltungsgerichtshof zwar zusätzlich fordert, es bedürfe vor Erlass des Verbots einer Hundehaltung erfolgloser Vollstreckungsmaßnahmen etwa durch Zwangsgelder (vgl. BayVGH, B.v. 26.2.2014 – 10 ZB 13.2476 – BeckRS 2014, 48658 Rn. 4), ist zunächst zu bemerken, dass der Verwaltungsgerichtshof diese Voraussetzung im Lichte der Prüfung eines totalen Hundehaltungsverbots aufgestellt hat, zu dem die Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin hier gerade nicht gegriffen hat. Im Übrigen ist das Kriterium des vorangegangenen erfolglosen Versuchs einer Verhaltensänderung beim Hundehalter mittels Zwangsgeldern vorliegend deshalb auch erfüllt, weil die Erfolglosigkeit der Verhaltensänderung durch zwei weitere, zeitlich sehr nah beim Ereignis vom 22. November 2019 liegende Vorfälle des Ausführens der Hunde der Antragstellerin ohne Leine nach Überzeugung des Gerichts sicher feststeht und der vorgelegten Behördenakte zu entnehmen ist, dass die Antragstellerin auch die bislang fällig gestellten Zwangsgelder (siehe Schreiben d. Antragsgegnerin vom 4. Dezember 2019) trotz Mahnungen im Januar und Februar 2020 (Bl. 137 f. d. Behördenakte) nicht beglichen hat.
Nach alledem ist es jedenfalls bei summarischer Prüfung auch nicht unverhältnismäßig, der Antragstellerin die Hundehaltung und -betreuung konkret bezogen auf ihre beiden Hunde „…“ und „…“ zu untersagen. Wie sich gezeigt hat, ist sie nicht geeignet, eine sicherheitsrechtlich nicht zu beanstandende Hundehaltung für diese Hunde zu gewährleisten. Dass sich die Antragsgegnerin auf ein partielles Hundehaltungsverbot beschränkt hat, ist ebenfalls unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten nicht zu beanstanden und für die Antragstellerin auch günstiger als ein totales Hundehaltungsverbot.
Wird die Haltung eines Hundes untersagt, ist zugleich auch nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 3 LStVG die Abgabe des Hundes innerhalb einer bestimmten Frist anzuordnen. Die Sicherheitsbehörde kann verfügen, dass der Halter den Hund an eine geeignete Person oder an ein Tierheim übergeben muss. Die Behörde kann auch die Vorlage eines Nachweises der Abgabe fordern (Bengl/Berner/Emmerig, LStVG, Art. 18 Rn. 82; BayVGH, U.v. 18.9.2017 – 10 B 17.50 – BeckRS 2017, 128044 Rn. 21 f.). Dem wird Ziffer 2 des streitgegenständlichen Bescheids gerecht, so dass auch insoweit keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen.
3. Aufgrund der summarischen Prüfung von Ziffer 3 des streitgegenständlichen Bescheids begegnet schließlich auch diese keinen Bedenken.
Sofern ein Zwangsgeld keinen Erfolg erwarten lässt und der Halter der Abgabeanordnung nicht fristgerecht nachkommt, kann die Sicherheitsbehörde die Herausgabeanordnung im Wege des unmittelbaren Zwangs vollstrecken (vgl. BayVGH, B.v. 7.11.2006 – 25 CS 06.2619 – BeckRS 2009, 40573). Die Antragsgegnerin hat insoweit richtigerweise nicht auf die Ersatzvornahme, sondern den unmittelbaren Zwang nach Art. 34 VwZVG abgestellt. Warum die Antragsgegnerin die Androhung eines Zwangsgeldes als ungeeignet ansieht, hat sie im Bescheid vom 18. Februar 2020 zwar kurz, aber nachvollziehbar begründet. Die Begründung wird sich voraussichtlich im Hauptsacheverfahren als tragfähig erweisen.
Soweit die Antragsgegnerin der Antragstellerin unmittelbaren Zwang androht, stützt sie diese Androhung auch zu Recht auf die gesetzlichen Vorschriften der Art. 29, 34 und 36 Abs. 1 u. 2 VwZVG. Dass das Fehlen allgemeiner oder besonderer Vollstreckungsvoraussetzungen dem vorläufigen Fortbestand von Ziffer 3 des Bescheids vom 18. Februar 2020 entgegenstehen, ist weder ersichtlich noch vorgetragen. Ob daneben Ziffer 3 Satz 3, wonach die Antragstellerin die dauerhafte Wegnahme der Tiere zu dulden habe, eine eigenständige Bedeutung zukommt kann hier dahinstehen.
4. Die Kostenlast ergibt sich für die Antragstellerin als unterlegene Partei aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung bemisst sich nach §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i.V.m. Ziffern 35.2 und 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der Fassung vom 15. November 2013.