Verwaltungsrecht

Untätigkeitsklage

Aktenzeichen  M 25 K 16.31191

Datum:
17.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 75

 

Leitsatz

Auch in den Fällen, in denen das Bundesamt nach mehr als zwei Jahren nach Antragstellung noch nicht über den Asylantrag entschieden und auch keine Anhörung durchgeführt hat, besteht keine Verpflichtung des Verwaltungsgerichts zum “Durchentscheiden”.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Asylantrag des Klägers vom 29. November 2013 innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft des Urteils zu entscheiden.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat Erfolg.
Über den Rechtsstreit konnte mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
1. Die auf (bloße) Entscheidung über den gestellten Asylantrag gerichtete Klage ist als Untätigkeitsklage gemäß § 75 VwGO zulässig.
1.1. Die besondere – auf Beschleunigung und Konzentration auf eine Behörde gerichtete – Ausgestaltung des Asylverfahrens rechtfertigt bei der vorliegenden Untätigkeitsverpflichtungsklage eine bloße Verpflichtung der Behörde zur Entscheidung über den gestellten Asylantrag (vgl. VG Osnabrück, U.v. 14.10.2015 – 5A 390/15 – juris).
Eine Verpflichtung des Gerichts zum „Durchentscheiden“ besteht in dieser besonderen Fallkonstellation, in der eine Entscheidung des Bundesamts innerhalb von fast zweidreiviertel Jahren nach Antragstellung noch nicht ergangen ist und in der noch nicht einmal eine Anhörung stattgefunden hat, nicht.
1.2. Vorliegend kann auch dahingestellt bleiben, ob die Klage bereits nach Ablauf der Dreimonatsfrist des § 75 Satz 2 VwGO oder erst nach Ablauf der Sechsmonatsfrist des § 24 Abs. 4 AsylG erhoben werden kann, da auch die letztgenannte Frist mittlerweile abgelaufen ist, ohne dass die Beklagte über den Asylantrag entschieden hat.
2. Die Untätigkeitsklage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch darauf, dass die Beklagte innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft dieses Urteils über den Asylantrag des Klägers entscheidet (§ 113 Abs. 5 VwGO).
2.1. Dieser Anspruch ergibt sich aus Art. 16a Abs. 1 GG sowie aus Art. 31 Abs. 2 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Asylverfahrensrichtlinie) bzw. aus Art. 23 Abs. 2 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zu Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft (Asylverfahrensrichtlinie alt) als der im Zeitpunkt der Antragstellung noch gültigen Vorgängervorschrift.
2.2. Das Bundesamt hat über den Asylantrag des Klägers vom 29. November 2013 in angemessener Frist nicht entschieden.
Welche Entscheidungsfrist angesichts der extremen Steigerung der Zahl der Asylbewerber im Jahr 2015 „angemessen“ ist, kann vorliegend dahingestellt bleiben.
Denn im vorliegenden Fall ist nach fast zweidreiviertel Jahren seit Antragstellung eine angemessene Frist, die auch das berechtigte Interesse eines Asylbewerbers an einer zeitnahen Entscheidung berücksichtigt, jedenfalls abgelaufen.
2.3. Es liegt auch kein zureichender Grund für die bisherige Nichtentscheidung vor.
Die (dauerhafte) Überlastung des Bundesamts stellt vorliegend keinen zureichenden Grund dafür dar (vgl. dazu VG Osnabrück, U.v. 14.10.2015 – 5 A 390/15 – juris Rn. 33 ff.).
2.4. Die gerichtlich festgesetzte Entscheidungsfrist von drei Monaten erscheint dem Gericht unter Berücksichtigung der bisherigen Dauer des Asylverfahrens und seines Fortgangs einerseits und der Arbeitsbelastung des Bundesamts andererseits als ausreichend.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.


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