Aktenzeichen M 13 E 18.5723
BMG § 9 S. 1 Nr. 2, § 12, § 22
BGB § 104 Nr. 1, § 1626 Abs. 1
GG Art. 6 Abs. 1
Leitsatz
Nur die Inhaber des Aufenthaltsbestimmungsrechts sind befugt, minderjährige Kinder bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf Berichtigung des Melderegisters zu vertreten. (Rn. 23) (red. LS Axel Burghart)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf EUR 7.500,– festgesetzt.
Gründe
I.
Der Vater der Antragsteller begehrt in deren Namen im Wege der einstweiligen Anordnung die Berichtigung des Melderegisters dahingehend, dass seine Wohnung in der … … in … M. (wieder) als ihre (Haupt-)Wohnung eingetragen wird.
Die Antragsteller sind Kinder im Alter von vier Jahren, knapp drei Jahren bzw. sechs Monaten.
Die Eltern der Antragsteller sind und waren nicht miteinander verheiratet, lebten jedoch in einem gemeinsamen Haushalt und betreuten gemeinsam ihre Kinder.
Mit Beschluss vom 13. Februar 2014 (Az.: 543 …), berichtigt durch Beschluss vom 20. Februar 2014 (Az.: 543 …), übertrug das Amtsgericht München das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Antragstellerin zu 1) mit Einverständnis der Mutter auf ihren Vater.
Mit Beschluss vom 5. Januar 2016 (Az.: 543 …) übertrug das Amtsgericht München auch das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Antragsteller zu 2) mit Einverständnis der Mutter auf seinen Vater.
Mit Beschluss vom 17. Januar 2017 (Az.: 543 …) übertrug das Amtsgericht München das alleinige Sorgerecht für die Antragstellerin zu 1) und den Antragsteller zu 2) mit Einverständnis der Mutter auf deren Vater.
Am 5. Juli 2018 haben sich die Eltern der Antragsteller getrennt. Die Mutter der Antragsteller ist infolgedessen zusammen mit dem Antragsteller zu 3) aus der bis dahin gemeinsam mit den Antragstellern zu 1) und zu 2) sowie dem Vater der Antragsteller bewohnten Wohnung ausgezogen. Sie meldete sich und den Antragsteller zu 3) bei der Antragsgegnerin ab 5. Juli 2018 unter ihrer neuen Adresse an. Die Antragsteller zu 1) und zu 2) verblieben zunächst bei ihrem Vater.
Mit Beschluss vom 2. August 2018 wies das Amtsgericht München einen Antrag des Vaters der Antragsteller, ihm auch für den Antragsteller zu 3) das alleinige Sorgerecht zu übertragen, zurück. Es verblieb insofern – mangels gemeinsamer Sorgeerklärung der Eltern – beim alleinigen Sorgerecht seiner Mutter. Diese hatte ihr zunächst erklärtes Einverständnis mit einer Übertragung des Sorgerechts auf den Vater widerrufen.
Mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 20. September 2018 (Az.: 543 F …) wurde die elterliche Sorge für die Antragstellerin zu 1) und den Antragsteller zu 2) auf Anregung des Jugendamtes der Antragsgegnerin und einen sodann gestellten Antrag der Mutter in den Teilbereichen Aufenthaltsbestimmung, Recht zur Regelung des Umgangs, medizinische Angelegenheiten, Zuführung zu ärztlichen und therapeutischen Maßnahmen, Kindergartenangelegenheiten und Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen vorläufig auf die Mutter alleine übertragen. Gleichzeitig wurde die Herausgabe der Antragstellerin zu 1) und des Antragstellers zu 2) an die Mutter angeordnet und die Vollstreckung des Beschlusses vor der Zustellung an den Vater der Antragsteller für zulässig erklärt. Diese konnte die Antragstellerin zu 1) und den Antragsteller zu 2) im Nachgang der mündlichen Verhandlung vom 20. September 2018 vor dem Amtsgericht München mit polizeilicher Unterstützung auch unmittelbar mitnehmen.
Am 27. September 2018 meldete die Mutter der Antragsteller sich und die Antragsteller rückwirkend zum 24. September 2018 unter ihrer wiederum neuen Adresse bei der Antragsgegnerin an.
Am 6. November 2018 begehrte der Vater der Antragsteller bei der Antragsgegnerin eine Meldebescheinigung für sich und die Antragsteller. Aufgrund der Einrichtung eines bedingten Sperrvermerks für die derzeitige Anschrift der Antragsteller verweigerte die Antragsgegnerin die begehrte Meldebescheinigung für die Antragsteller. Am 7. November 2018 sprach der Vater der Antragsteller erneut bei der Antragsgegnerin vor, um die Meldeverhältnisse seiner Kinder berichtigen zu lassen. Er wollte die derzeitige Anschrift der Antragsteller löschen lassen, da seine Kinder nach seinen Angaben dort niemals gewohnt hätten. Von der Antragsgegnerin eingeleitete Ermittlungen ergaben, dass die Antragsteller noch bei ihrer Mutter an der von dieser zuletzt gemeldeten Anschrift wohnhaft sind und aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts München vom 20. September 2018 nun das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für alle drei Antragsteller bei deren Mutter liegt (Az.: 543 …). Daraufhin wurde die Mutter der Antragsteller um einen aktuellen Nachweis hinsichtlich des Sorgerechts für die Antragsteller gebeten. Am 12. November 2018 legte die Mutter der Antragsteller die erbetenen Nachweise vor.
Am 26. November 2018 beantragte der Vater der Antragsteller in deren Namen zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts München,
die Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, die Meldedaten der Antragsteller umgehend zu berichtigen und als Wohnanschrift die … …, … München einzutragen.
Zur Begründung führte er aus, dass die Antragsteller seit Geburt bei ihm lebten und seither unter seiner Meldeadresse (… … …) wohnhaft seien. Anlässlich seines Antrags auf Erteilung einer Melderegisterauskunft vor ca. zehn Tagen habe er festgestellt, dass seine Kinder nicht mehr bei ihm als wohnhaft gemeldet seien. Daraufhin habe er die Antragsgegnerin aufgefordert, die Meldedaten zu korrigieren, was diese abgelehnt habe. Nach Auskunft der Antragsgegnerin seien die Antragsteller bereits vor ca. fünf Monaten durch ihre Mutter umgemeldet worden, weil sie angeblich weggezogen seien. Dies sei nicht richtig. Die Antragsteller lebten nach wie vor bei ihm. Bei der Mutter seien sie nur gelegentlich zu Besuch. Die Korrektur der Meldedaten sei zwingend erforderlich, schon alleine aus versicherungsrechtlichen Gründen. Er weise darauf hin, dass er für die Antragsteller das alleinige Sorge- und Aufenthaltsbestimmungsrecht besitze.
Mit Schreiben vom 4. Dezember 2018 beantragte die Antragsgegnerin,
dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Berichtigung des Melderegisters nicht stattzugeben.
Für den Antrag bestehe insgesamt weder ein Anordnungsanspruch noch ein Anordnungsgrund. Da alle drei Antragsteller aktuell bei ihrer Mutter wohnhaft seien, bestehe kein Anordnungsgrund. Gemäß § 17 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 22 Abs. 2 Bundesmeldegesetz sei die Anmeldung der Kinder bei der Mutter korrekt. Das Melderecht beziehe sich auf den tatsächlichen Aufenthalt der Meldepflichtigen. Alle Antragsteller wohnten aktuell ausschließlich bei der Mutter.
Aus dem Beschluss des Amtsgerichts München vom 20. September 2018 gehe zudem hervor, dass aktuell das Sorgerecht für die Antragsteller zu 1) und zu 2) im Bereich Aufenthaltsbestimmungsrecht allein der Mutter übertragen worden sei. Für den Antragsteller zu 3) habe die Mutter bereits seit Geburt das alleinige Sorgerecht gehabt. Infolgedessen bestehe auch kein Anordnungsanspruch.
Am 11. Dezember 2018 bat der Antragsteller zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichts München um eine schnellstmögliche Entscheidung über seinen Antrag nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung, da er, solange das melderechtliche Problem nicht geklärt sei, vom Jobcenter nur für die beiden älteren Kinder Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) erhalte. Er wies nochmals darauf hin, dass ihm auch für den Antragsteller zu 3) durch die Mutter das alleinige Sorgerecht und Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen worden sei und er bereits eine Ausfertigung der Einigung beim Amtsgericht München beantragt habe.
II.
1. Der im Namen der Antragsteller durch ihren Vater gestellte Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung im Sinne von § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dahingehend, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Meldedaten der Antragsteller umgehend zu berichtigen und als Wohnanschrift „… … … …“ einzutragen, ist unzulässig.
a) Zwar fehlt den Antragstellern nicht die gem. § 42 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) analog erforderliche Antragsbefugnis. Der Vater der Antragsteller hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung in deren Namen, nicht im eigenen Namen gestellt. Inhaber von etwaigen Berichtigungsansprüchen gem. § 9 Satz 1 Nr. 2, § 12 Satz 1 Bundesmeldegesetz (BMG) sind die betroffenen Personen, d.h. die Personen, über deren persönliche oder sachliche Verhältnisse die in Frage stehenden Daten Einzelangaben enthalten, und damit vorliegend die Antragsteller (vgl. BVerwG, U. v. 30.9.2015 – 6 C 38/14 – juris Rn. 8; OVG Berlin-Bbg, B.v. 1.9.2017 – OVG 5 N 14.16 – juris Rn. 5; VG Ansbach, U.v. 26.1.2012 – AN 5 K 11.01169 – juris Rn. 30; VG Freiburg, U.v. 28.11.2016 – 7 K 2044/15 – juris Rn. 24; VG Berlin, U.v. 24.8.2011 – 23 K 242.09 – juris Rn. 15). Zu den jeweils zu ihrer Person gespeicherten Daten gehören u.a. derzeitige Anschriften, frühere Anschriften sowie Haupt- und Nebenwohnung (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 12 BMG). Daher besteht die gemäß § 42 Abs. 2 VwGO analog erforderliche Möglichkeit, dass die Antragsteller durch die Unterlassung der begehrten Melderegisterberichtigung in ihren Rechten aus § 9 Satz 1 Nr. 2, § 12 Satz 1 BMG verletzt werden.
b) Allerdings konnte der Vater der Antragsteller diese bei der Stellung eines Antrags auf Erlass einer auf die (vorläufige) Berichtigung des Melderegisters gerichteten einstweiligen Anordnung nicht ordnungsgemäß vertreten, so dass der Antrag nicht wirksam gestellt wurde und deshalb unzulässig ist.
Die Antragsteller selbst sind aufgrund ihres Alters und ihrer dadurch bedingten Geschäftsunfähigkeit im Sinne § 104 Nr. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht prozessfähig (vgl. § 62 Abs. 1 VwGO). Sie müssen daher bei der Einlegung von Rechtsbehelfen und der Führung von Verfahren nach der Verwaltungsgerichtsordnung durch Personen, die mit entsprechender Vertretungsmacht ausgestattet sind, vertreten werden. Die Prozessfähigkeit ist nicht nur eine Zulässigkeitsvoraussetzung, sondern auch eine Prozesshandlungsvoraussetzung. Wird ein selbst nicht prozessfähiger Antragsteller bzw. Kläger bei Antragstellung bzw. Klageerhebung nicht ordnungsgemäß und damit wirksam vertreten, so ist der Antrag bzw. die Klage mangels ordnungsgemäßer Vertretung schon nicht wirksam gestellt bzw. erhoben und deshalb unzulässig. Vorliegend fehlt dem Vater der Antragsteller das Recht bzw. die Befugnis, die Antragsteller bei der (verwaltungsgerichtlichen) Geltendmachung eines Anspruchs auf Berichtigung des Melderegisters wirksam zu vertreten.
Ein dahingehendes Vertretungsrecht des Vaters der Antragsteller folgt insbesondere nicht aus § 17 Abs. 3 Satz 1 BMG. Gemäß dieser Norm obliegt zwar die An- oder Abmeldung für Personen unter 16 Jahren denjenigen, in deren Wohnung die Personen unter 16 Jahren einziehen oder aus deren Wohnung sie ausziehen. Diese vom Recht und der Pflicht zur elterlichen Sorge im Sinne von §§ 1626 ff. BGB unabhängige Verpflichtung des jeweiligen Wohnungsgebers bei Kindern unter 16 Jahren, Änderungen von deren Wohnverhältnissen den Meldebehörden mitzuteilen, vermittelt jedoch keine eigene Rechtsposition des insofern Verpflichteten, auch wenn es sich dabei um einen Elternteil des bzw. der Kinder handelt, in Bezug auf die dann erfolgende An- oder Abmeldung dieser Personen und damit auch nicht in Bezug auf eine etwaige Berichtigung des Melderegistereintrags betreffend das Kind bzw. die Kinder (vgl. VG Berlin, U.v. 24.8.2011 – 23 K 242.09 – juris Rn. 15; VG Freiburg, U.v. 28.11.2016 – 7 K 2044/15 – juris Rn. 24). Insofern räumt § 17 Abs. 3 Satz 1 BMG dem Vater der Antragsteller, auch wenn diese entsprechend seinem Vortrag nach wie vor bei ihm, d.h. in seiner Wohnung lebten, auch nicht das Recht bzw. die Befugnis ein, die Antragsteller bei der Geltendmachung eines etwaigen Berichtigungsanspruchs gem. § 9 Satz 1 Nr. 2, § 12 Satz 1 BMG zu vertreten (vgl. VG Berlin, U.v. 24.8.2011 – 23 K 242.09 – juris Rn. 15 und 18).
Eine Vertretungsbefugnis des Vaters der Antragsteller ergibt sich auch nicht aus dem dem Elternrecht nach Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG unterfallenden Personensorgerecht nach § 1626 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) für die Antragsteller oder sonst aus dem grundrechtlichen Schutz der Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG. Nach § 1629 Abs. 1 Satz 1 BGB umfasst die elterliche Sorge im Sinne von § 1626 Abs. 1 BGB zwar die Vertretung des Kindes. Allerdings (war und) ist der Vater der Antragsteller in Bezug auf den Antragsteller zu 3) nicht – auch nicht in Teilen – Inhaber der elterlichen Sorge und hat daher auch nicht aufgrund des Rechts zur elterlichen Sorge gem. § 1629 Abs. 1 Satz 1 BGB die Befugnis, ihn bei der Geltendmachung eines Berichtigungsanspruchs nach § 9 Satz 1 Nr. 2, § 12 Satz 1 BMG zu vertreten. Ebenso wenig hat der Vater der Antragsteller das Recht, die Antragstellerin zu 1) und den Antragsteller zu 2) bei der Geltendmachung eines Berichtigungsanspruchs gem. § 9 Satz 1 Nr. 2, § 12 Satz 1 BMG zu vertreten. Denn mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 20. September 2018 wurde das Sorgerecht für die Antragstellerin zu 1) und den Antragsteller zu 2) u.a. in dem für ein Vertretungsrecht im Hinblick auf einen Berichtigungsanspruch im Sinne von § 9 Satz 1 Nr. 2, § 12 Satz 1 BMG relevanten Teilbereich des Aufenthaltsbestimmungsrechts vorläufig allein auf die Mutter der Antragsteller übertragen. Zwar richtet sich auch bei Minderjährigen die Bestimmung der (Haupt-) Wohnung im melderechtlichen Sinne gem. § 22 BMG letztlich nach den tatsächlichen Gegebenheiten, nicht nach der rechtlichen Zuweisung des Aufenthaltsbestimmungsrechts als Teilbereich der Personensorge (vgl. OVG Berliln-Brandenburg, B.v. 16.5.2008 – OVG 5 N 9.07, OVG 5 L 10.07 – juris Rn. 12; Böttcher/Ehmann, Pass-, Ausweis- und Melderecht in Bayern, Art. 15 BayMeldeG Rn. 98, 105, 109 ). Allerdings kommt dem Aufenthaltsbestimmungsrecht hinsichtlich der Bestimmung der melderechtlichen (Haupt) Wohnung dennoch eine nicht unwesentliche Rolle zu. So ist nach § 22 Abs. 2 Hs. 1 BMG die Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners grundsätzlich die vorwiegend genutzte Wohnung der bzw. des Personensorgeberechtigten, konkret der bzw. des Inhabers des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Zudem obliegt den Inhabern des Aufenthaltsbestimmungsrechts bei Nichtfeststellbarkeit des Schwerpunkts der Lebensbeziehungen im Sinne von § 22 Abs. 3 BMG im Fall des paritätischen Wechselmodells die Bestimmung der Hauptwohnung (vgl. BVerwG, U.v. 30.9.2015 – 6 C 38/14 – juris Rn. 20 ff.), so dass die Aufenthaltsbestimmungsberechtigten zumindest auch über die melderechtliche Hauptwohnung entscheiden (vgl. Götz, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 78. Aufl. 2019, § 1626 Rn. 9). Ferner umfasst das Aufenthaltsbestimmungsrecht schon nach seinem Wortlaut die Befugnis, den tatsächlichen Aufenthalt des Kindes zu bestimmen. Von der tatsächlichen Umsetzung dieser Bestimmung wiederum hängt die Bestimmung der melderechtlichen (Haupt) Wohnung eines Kindes ab. Das Aufenthaltsbestimmungsrechtumfasst zudem alle Angelegenheiten, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem tatsächlichen Aufenthalt des Kindes stehen. Daher ist bzw. sind auch nur der bzw. die Inhaber des Aufenthaltsbestimmungsrechts befugt, minderjährige Kinder bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf Berichtigung des Melderegisters gem. § 9 Satz 1 Nr. 2, § 12 Satz 1 BMG im Sinne von § 1629 Abs. 1 Satz 1 BGB zu vertreten. Da dem Vater der Antragsteller mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 20. September 2018 u.a. das Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Antragstellerin zu 1) und den Antragsteller zu 2) vorläufig entzogen wurde und er dieses für den Antragsteller zu 3) bislang nie innehatte, hat er daher – ebenso wie im Fall des gemeinsamen Sorgerechts ein Personensorgeberechtigter allein (vgl. VG Berlin, U.v. 24.8.2011 – 23 K 242.09 – juris Rn. 18) – nicht gem. § 1629 Abs. 1 Satz 1 BGB das Recht, die Antragsteller bei der Geltendmachung eines Anspruchs auf Berichtigung des Melderegisters gem. § 9 Satz 1 Nr. 2, § 12 Satz 1 BMG zu vertreten. Der Bereich des Melderechts ist insoweit – auch unter Berücksichtigung von Art. 6 Abs. 1 GG – an die Zuordnung des Sorgerechts, d.h. insbesondere des Aufenthaltsbestimmungsrechts durch die jeweils zugrunde liegende familienrechtliche Entscheidungen gebunden und kann diese nur nachvollziehen (vgl. OVG Mecklenburg-Vorpommern, B.v. 25.8.2003 – 1 L 160/03 – juris Rn. 5); eine Änderung des Sorgerechts und damit verbundener Befugnisse ist den familienrechtlichen Verfahren vorbehalten. Dem Antragsteller fehlte daher bei Antragstellung die für eine Vertretung der prozessunfähigen Antragsteller erforderliche Vertretungsmacht, so dass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vom 26. November 2018 wegen Fehlens der Prozesshandlungsvoraussetzung der Prozessfähigkeit nicht wirksam gestellt wurde und deshalb unzulässig ist.
2. Auch wenn es auf die Begründetheit des Antrags nicht mehr ankommt, sei darauf hingewiesen, dass gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig und ein dahingehender Antrag daher begründet ist, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dies setzt gem. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO) voraus, dass der jeweilige Antragsteller die Tatsachen, aus denen sich der sog. Anordnungsanspruch, d.h. im Fall des § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO das regelungsbedürftige Rechtsverhältnis und die im Rahmen dessen drohende Rechtsverletzung, und der sog. Anordnungsgrund, d.h. die Dringlichkeit der begehrten Regelung, ergeben, glaubhaft macht. Auf der Grundlage der glaubhaft gemachten Tatsachen muss – nach summarischer Prüfung – eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs sprechen (vgl. BayVGH, B.v. 16.8.2010 – 11 CE 10.262 – juris Rn. 20, 32) und ein Anordnungsgrund bestehen. Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
Vorliegend besteht nach der gebotenen summarischen Prüfung keine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs. Denn aus § 9 Satz 1 Nr. 2 i. V. m. § 12 Satz 1 BMG ergibt sich ein Anspruch auf Berichtigung des Melderegisters in der Sache nur, wenn die Antragsteller nachweisen können, dass die im Melderegister gespeicherten Daten unrichtig sind und die Daten, die stattdessen gespeichert werden sollen, zutreffend sind. Für die Unrichtigkeit des Melderegisters tragen die Betroffenen die volle Beweislast (vgl. BayVGH, U.v. 19.12.2013 – 5 BV 12.721 – juris Rn. 28; Böttcher/Ehmann, Pass-, Ausweis- und Melderecht in Bayern, Art. 10 BayMeldeG Rn. 15 ).
Gemäß § 22 Abs. 2 Hs. 1 BMG ist Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners die vorwiegende benutzte Wohnung der Personensorgeberechtigten, d.h. der Inhaber des Aufenthaltsbestimmungsrechts. Im Fall des alleinigen Aufenthaltsbestimmungsrechts eines Elternteils oder einer sonstigen Person ist Hauptwohnung eines minderjährigen Einwohners die vorwiegend benutzte Wohnung dieser Person (vgl. Böttcher/Ehmann, Pass-, Ausweis- und Melderecht in Bayern, Art. 15 BayMeldeG Rn. 99, 108 ). Vorliegend hat die Mutter der Antragsteller das (vorläufige) alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Antragstellerin zu 1) und den Antragsteller zu 2) sowie das alleinige Personensorge- und damit auch Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Antragsteller zu 3). Insofern ist gem. § 22 Abs. 2 Hs. 1 BMG die Hauptwohnung der Antragsteller die vorwiegend benutzte Wohnung ihrer Mutter, so wie diese es gegenüber der Antragsgegnerin auch gemeldet hat und es auch ins Melderegister eingetragen wurde. Die Antragsteller haben vertreten durch ihren Vater nicht – wie im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gem. § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO im Hinblick auf den Anordnungsanspruch geboten – Tatsachen glaubhaft gemacht, aus denen sich ergäbe, dass sie bei ihrer Mutter tatsächlich nicht über eine Wohnung im Sinne von § 20 BMG verfügen und sie stattdessen weiterhin bei ihrem Vater leben. Die dahingehende Aussage des Vaters der Antragsteller steht in diametralem Widerspruch zu den Angaben der Antragsgegnerin. Der vom Vater der Antragsteller vorgetragene Sachverhalt ist daher nicht überwiegend wahrscheinlich. Die fehlende Glaubhaftmachung der Unrichtigkeit des Melderegisters geht wegen der Beweislastverteilung zu Lasten der Antragsteller.
Schließlich ist nach dem Vortrag der Antragsteller auch kein Anordnungsgrund gegeben. Ein Anordnungsgrund besteht, wenn es dem Rechtsschutzsuchenden nicht zugemutet werden kann, die Rechtsverletzung abzuwarten und der im Hauptsacheverfahren eröffnete Rechtsschutz die drohende Rechtsverletzung nicht mehr rechtzeitig zu verhindern vermag. Eine derartige Dringlichkeit der begehrten (vorläufigen) Melderegisterberichtigung ist nach dem Vortrag der Antragsteller bzw. ihres Vaters nicht erkennbar. Die angeblich eine vorläufige Regelung erfordernden versicherungsrechtlichen Gründe sind nicht nachvollziehbar. An den Eintrag im Melderegister sind keine finanziellen Vor- oder Nachteile geknüpft. Zwar mögen aufgrund eines Melderegistereintrags gewisse – teilweise rein faktische – Darlegungserleichterungen bestehen. Letztlich entscheidend sind jedoch stets die tatsächlichen Verhältnisse und nicht der Melderegistereintrag (vgl. VG Berlin, U.v. 24.8.2011 – 23 K 242.09 – juris Rn. 24 m.w.N.; VG Freiburg, U.v. 28.11.2016 – 7 K 2044/14 – juris Rn. 26 m.w.N.).
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. den Nummern 1.1.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs.