Verwaltungsrecht

Waffenrechtliche (Un-)Zuverlässigkeit, Jagdausübung, Unerlaubtes Führen einer geladenen Waffe auf dem Heimweg, Ungültigerklärung und Einziehung, Jagdschein, Rückgabeverpflichtung bezüglich Waffen und Munition, Keine unangemessene Fristsetzung

Aktenzeichen  M 7 S 22.1772

Datum:
20.6.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 16086
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 80 Abs. 5
WaffG § 45 Abs. 2 S. 1
WaffG § 4 Abs. 1 Nr. 2
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b
WaffG § 5 Abs. 2 Nr. 5
WaffG § 13 Abs. 6
WaffG § 46
BJagdG § 18 S. 1
BJagdG § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
BJagdG § 17 Abs. 1 S. 2
BJagdG § 17 Abs. 3 Nr. 2
BJagdG § 17 Abs. 4 Nr. 2

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 8.375,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen den Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse sowie gegen die Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins mit Folgeanordnungen.
Am … Oktober 2021 erhielt das Landratsamt E. … (im Folgenden: Landratsamt) von der Polizeiinspektion … die Mitteilung, dass der Antragsteller beschuldigt werde, am *. Oktober 2021 bei der Heimfahrt von der Jagdausübung einen geladenen Revolver im Kaliber „.38 Special“ schuss- und zugriffsbereit geführt zu haben. Nach den polizeilichen Feststellungen sei bei einer Verkehrskontrolle bei der Kontaktaufnahme durch die Fenster sofort erkenntlich geworden, dass sich auf dem Beifahrersitz ein Gewehr mit aufgeschraubtem Schalldämpfer befunden habe. Im Folgenden habe der Antragsteller angegeben, dass sich in seiner Hosentasche ein geladener Revolver befinde. Der Revolver sei mit fünf Patronen geladen gewesen. Der Antragsteller habe geäußert, dass sich der Hochstand, von dem aus er gejagt habe, lediglich 700 Meter entfernt von seinem Wohnsitz befinde. Er habe für den kurzen Weg vergessen, den Revolver zu entladen. Er übe bereits seit 40 Jahren die Jagd aus und habe noch nie einen Verstoß begangen. Seine Waffen lagere er zu Hause unter genauester Beachtung aller Vorschriften.
Mit Schreiben vom … Oktober 2021 hörte das Landratsamt den Antragsteller zum beabsichtigten Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse sowie der Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins mit Folgeanordnungen an. Am … November 2021 erfolgte dort eine persönliche Vorsprache des Antragstellers mit seinem Bevollmächtigten. Dieser äußerte sich hierzu weiter mit Schriftsatz vom *. Dezember 2021. Das Strafverfahren gegen den Antragsteller sei nach § 153 StPO (ohne Geldauflage) eingestellt worden. Dieser habe den Sachverhalt – wie sich aus der Akte ergebe – sofort offengelegt, habe keine Ausflüchte gesucht und sich sowohl gegenüber der Polizei als auch gegenüber dem Landratsamt als Ordnungsbehörde umfassend kooperativ verhalten. Der Verstoß sei bestenfalls als Fall des § 52 Abs. 4 WaffG einzustufen und insbesondere aufgrund der Tatsache, dass der Antragsteller für sämtliche Waffen eine entsprechende Waffenbesitzkarte habe, als derart geringfügig anzusehen, dass keine Strafe durch die Staatsanwaltschaft habe ins Auge gefasst werden müssen. Im Übrigen habe der Antragsteller auch den Revolver mittlerweile an einen Berechtigten überlassen. Das Verwaltungsverfahren möge daher ebenfalls eingestellt werden. Auch die Tochter des Antragstellers hatte sich zuvor mit E-Mail vom *. November 2021 mit einer Fürsprache für diesen an das Landratsamt gewandt.
Mit Bescheid vom … Februar 2022, dem Bevollmächtigten des Antragstellers zugegangen am 26. Februar 2022 bzw. am 1. März 2022, widerrief das Landratsamt die waffenrechtlichen Erlaubnisse (Waffenbesitzkarten Nr. … und Nr. … sowie Mitbenutzungserlaubnis für die Waffenbesitzkarte Nr. …*) des Antragstellers (Nr. 1). Der dem Antragsteller erteilte Jagdschein Nr. …, gültig bis 31. März 2023, wurde für ungültig erklärt (Nr. 2) und eingezogen (Nr. 3). Der Antragsteller wurde verpflichtet, die in Nrn. 1 und 2 genannten Dokumente unverzüglich, spätestens innerhalb einer Frist von vier Wochen ab Zustellung des Bescheids an das Landratsamt zurückzugeben bzw. zur Streichung der Mitbenutzung vorzulegen. Sollte die Vollziehung ausgesetzt oder die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs wiederhergestellt werden, werde die Frist bis zum Ablauf von vier Wochen nach Vollziehbarkeit des Bescheids verlängert (Nr. 4). Der Antragsteller wurde weiter verpflichtet, die in seinem Besitz befindlichen Schusswaffen und Munition innerhalb von vier Wochen ab Zustellung des Bescheids im Sinne des Waffengesetzes an Berechtigte zu überlassen oder dauerhaft unbrauchbar machen zu lassen. Das Überlassen an Berechtigte oder die Unbrauchbarmachung der Schusswaffen sei dem Landratsamt entsprechend nachzuweisen. Sollte die Vollziehung ausgesetzt oder die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs wiederhergestellt werden, werde die Frist bis zum Ablauf von vier Wochen nach Vollziehbarkeit des Bescheids verlängert. Der Antragsteller werde darauf hingewiesen, dass die unter Nr. 5 genannten Waffen und Munition sichergestellt würden, soweit die genannte Verpflichtung nicht fristgerecht erfüllt werde. Sofern er nicht innerhalb eines Monats nach Sicherstellung der Waffen und Munition einen empfangsbereiten Berechtigten benenne oder einen Nachweis der Unbrauchbarmachung erbringe, würden die Waffen und Munition eingezogen und verwertet oder vernichtet (Nr. 5). Für die Wiedererteilung waffen- und jagdrechtlicher Erlaubnisse werde – vorbehaltlich, dass sich keine neuen Erkenntnisse in Bezug auf die Zuverlässigkeit und/oder persönliche Eignung des Antragstellers ergäben – eine Sperrfrist für die Dauer von fünf Jahren nach Vollziehbarkeit des Bescheids festgesetzt (Nr. 6). Für die Nrn. 2, 3, 4 und 5 wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Nr. 7). Für den Fall, dass die in Nrn. 1 und 2 genannten Erlaubnisdokumente dem Landratsamt nicht innerhalb der in Nr. 4 genannten Frist zurückgegeben bzw. zur Streichung der Mitbenutzung vorgelegt würden, werde ein Zwangsgeld in Höhe von jeweils 200,00 Euro (für jedes nicht zurückgegebene Erlaubnisdokument) zur Zahlung fällig. Das Zwangsgeld sei hiermit angedroht (Nr. 8). Dem Antragsteller wurden die Kosten des Verfahrens auferlegt (Nr. 9) und für den Bescheid eine Gebühr in Höhe von 247,50 Euro erhoben mit Auslagen in Höhe von 4,33 Euro (Nr. 10).
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse stütze sich auf § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 WaffG und § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG. Nach § 1 Abs. 4 WaffG i.V.m. Abschnitt 2 Nr. 4 der Anlage 1 zum WaffG führe eine Waffe, wer die tatsächliche Gewalt darüber außerhalb der eigenen Wohnung, Geschäftsräume oder des eigenen befriedeten Besitztums ausübe. Ein Kraftfahrzeug, das sich auf öffentlichen Straßen befinde, sei weder eine Wohnung noch Geschäftsraum noch befriedetes Besitztum. Wer eine Schusswaffe führe, bedürfe nach § 10 Abs. 4 WaffG eines Waffenscheins. Inhaber eines gültigen Jagdscheins im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 BJagdG dürften Jagdwaffen zur befugten Jagdausübung ohne Waffenschein führen (§ 13 Abs. 6 WaffG). Im Zusammenhang mit der Jagdausübung, z.B. auf dem Weg zum Revier, dürften Jäger Jagdwaffen nur dann ohne Waffenschein führen, wenn die Waffen nicht schussbereit seien (§ 13 Abs. 6 WaffG). Schussbereitschaft sei dann gegeben, wenn die Waffe geladen sei, wobei es nicht darauf ankomme, ob die Waffe „durchgeladen“ oder „unterladen“ sei. Eine Waffe sei dann schussbereit, wenn sich Munition irgendwo in der Waffe befinde. Es komme auch nicht darauf an, ob die Waffe gesichert sei. Schussbereitschaft sei nur dann zu verneinen, wenn sich keine Munition in der Waffe befinde. Weiter schreibe § 3 Abs. 3 UVV Jagd vor, dass beim Besteigen von Fahrzeugen und während der Fahrt Schusswaffen entladen sein müssten. Es gehöre damit erst recht zu einem sorgsamen Umgang mit Waffen, dass diese außerhalb der eigentlichen Jagdausübung, z.B. im Straßenverkehr in Kraftfahrzeugen nur entladen mitgeführt würden. Auch wenn der Antragsteller sich tatsächlich auf dem Weg zurück von der befugten Jagdausübung befunden habe, sei sein Verhalten nach den obigen Darlegungen rechtswidrig gewesen und stelle einen unsachgemäßen Umgang dar. Sein Verhalten rechtfertige nach der Prognose des Landratsamts, dass er auch zukünftig mit Waffen und Munition nicht sachgemäß umgehen werde. Daher sei er im waffenrechtlichen Sinn als unzuverlässig anzusehen. Der Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit stehe auch nicht entgegen, dass die Staatsanwaltschaft das Ermittlungsverfahren eingestellt habe. Zwar greife deshalb nicht der eine strafrechtliche Verurteilung voraussetzende Tatbestand des § 5 Abs. 2 Nr. 1 WaffG ein, welcher zur Regelunzuverlässigkeit führen würde, doch schließe dies die Anwendbarkeit des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG nicht aus. Nachdem die Unzuverlässigkeit des Antragstellers anzunehmen sei, bestehe bei der Entscheidung keinerlei Ermessensspielraum. Zudem sei ein gröblicher Verstoß gegen Rechtsvorschriften im Sinne von § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG gegeben. Die Rechtsverletzung sei objektiv schwerwiegend. Das Führen einer geladenen Waffe außerhalb erlaubter Bereiche stelle eine gravierende Sicherheitsgefährdung und somit einen gröblichen Verstoß gegen das Waffengesetz dar. Das Führen einer Waffe im Fahrzeug stelle ersichtlich keine Ausübung der Jagd dar. Es gehöre zu den elementaren und selbstverständlichen Obliegenheiten eines Jägers, die Jagdwaffe dann zu entladen, wenn der bestimmungsgemäße Gebrauch im Rahmen der Jagdausübung unmittelbar beendet sei. Zwar werde hier der zuvor jahrelange, unbeanstandet gebliebene Umgang mit Waffen und Munition berücksichtigt, jedoch knüpfe der Eintritt der Regelvermutung bereits an einen einmaligen Verstoß. Für eine Ausnahme komme es gerade auf das tatbezogene Verhalten an. Bei Führen einer geladenen Schusswaffe ohne die dafür erforderliche Erlaubnis handele es sich um ein grob fahrlässiges Verhalten. Zudem sei die Prognose, dass der Antragsteller mit Waffen und Munition auch künftig nicht den waffenrechtlichen Vorschriften entsprechend umgehe, gerechtfertigt. Gründe, die eine Ausnahme von der Regelvermutung der Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG bei dem Antragsteller rechtfertigen könnten, seien nach umfassender Prüfung nicht ersichtlich. Von einem Waffenbesitzer werde generell verlangt, dass er sich in jeder Hinsicht gesetzestreu verhalte. Die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins stütze sich auf § 18 BJagdG i.V.m. § 17 Abs. 1 Nr. 2 BJagdG und § 17 Abs. 3 Nr. 2 BJagdG, § 17 Abs. 4 Nr. 2 BJagdG. Rechtsgrundlage für die Anordnung in Nr. 4 des Bescheids sei § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG und § 18 Satz 1 BJagdG, Art. 52 BayVwVfG. Die Anordnung in Nr. 5 des Bescheids ergebe sich aus § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG, der Hinweis erfolge auf der Grundlage von § 46 Abs. 2 Satz 2 und § 46 Abs. 5 WaffG. Es folgten weitere Ausführungen zu den Festsetzungen in Nr. 6 des Bescheids. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung stütze sich auf § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Die Abwägung des privaten Interesses des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung eines eingelegten Rechtsbehelfs gegen diesen Bescheid mit dem besonderen öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheids habe ergeben, dass das öffentliche Interesse das private Interesse überwiege, was im Folgenden näher ausgeführt wurde. Auf die Gründe des Bescheids wird im Einzelnen Bezug genommen.
Gegen den Bescheid erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers am … März 2022 Klage (M 7 K 22.1771). Zudem stellte er am selben Tag einen Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO. Zur Begründung der Klage und des Antrags wurde im Wesentlichen vorgetragen, es habe sich herausgestellt, dass der Antragsteller nach Jagdende zwar seine Jagdlangwaffe entladen, aber vergessen hätte, seinen Revolver, welchen er nur selten mit ins Revier genommen habe, ebenfalls zu entladen. Er habe seinen Revolver ordnungsgemäß am Körper geführt, sodass er auf der Jagd mit ihm ausgerüstet gewesen sei. Ein Abhandenkommen der Waffe sei ausgeschlossen gewesen, auch eine Gefährdung Dritter. Erst dadurch, dass er sich aus dem nahegelegenen Revier auf den Heimweg gemacht habe, ohne die Waffe zu entladen, sei durch diese Vergesslichkeit der Verdacht eines Verstoßes gegen § 52 Abs. 3 WaffG entstanden. Die Staatsanwaltschaft habe die Geringfügigkeit dieses Verstoßes gesehen und am 1. Dezember 2021 – völlig sanktionslos – das Verfahren nach § 153 Abs. 1 StPO eingestellt. Die Einheit der Rechtsordnung gebiete es hier, den Gedanken und die Wertung der Staatsanwaltschaft zu respektieren. Auch zeige die Gesetzessystematik § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b WaffG, dass die „Messlatte“ bei 60 Tagessätzen oder darüber liege, wenn – wie vorliegend – ein Strafverfahren durchgeführt werde. Das Gesetz mache durch die Formulierung („anzusehen wäre“) deutlich, dass § 153 StPO nicht den Nachweis der Schuld voraussetze. Der Staatsanwalt prüfe in einer Prognose, wie sich die Schuld darstellen würde, wenn der Beschuldigte verurteilt werde. Mit der Einstellung nach § 153 StPO sei deshalb keine Aussage über eine Schuld getroffen, die Unschuldsvermutung gelte fort. Der Bescheid sei schon aus diesem Grund fehlerhaft. Für den Antragsteller spreche außerdem, dass er dennoch unumwunden den Sachverhalt eingeräumt habe. Die Persönlichkeitsbeurteilung für die waffenrechtliche Zuverlässigkeit müsse nach dem Gesetzeswortlaut des § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG eine Zukunftsprognose beinhalten, dass der Antragsteller das Gemeinwesen durch seinen Waffenbesitz und die dadurch gegebene Möglichkeit des Missbrauchs wahrscheinlich stören werde. Die Wahrscheinlichkeitsprognose sei bei der Beurteilung schon allein deshalb erforderlich, weil Fälle, die über diese hinausgingen lediglich als Gefährdungsmomente zu betrachten seien und nicht als konkrete oder konkretisierbare Gefahr. Diese Grundsätze zur Beurteilung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit seien vom Schrifttum bereits zum früheren § 5 WaffG a.F. entwickelt worden. Die Eigenart des Charakters des Antragstellers, der sich seit Jahrzehnten als Jäger waidmännisch einwandfrei verhalten habe und als Waffenbesitzer nie negativ aufgefallen sei, müsse berücksichtigt werden. Der festgestellte sehr kurze und zudem fahrlässige Verstoße gegen eine bloße Ordnungsvorschrift des Waffengesetzes müsste nach Berücksichtigung der Lebenserfahrung die Wahrscheinlichkeit für den zukünftigen Eintritt eines Störungsereignisses ergeben. Dies sei vorliegend keinesfalls gegeben, der einsichtige Antragsteller habe aus dem Vorfall gelernt und werde künftig keine Kurzwaffen mehr auf der Jagd führen, obwohl er als Jäger hierzu berechtigt wäre. Im vorliegenden Fall spreche also nichts dafür, dass der Antragsteller durch Jagdvergehen oder Waffenmissbrauch das Gemeinwesen stören werde. Dies könnte von der Behörde problemlos nachvollzogen werden, da der Antragsteller den versehentlich geführten Revolver mittlerweile einem Berechtigten überlassen habe. Die beabsichtigte Maßnahme eines Widerrufs – der stärksten Sanktion des Waffenrechts – erscheine vor dem genannten Hintergrund höchst unverhältnismäßig. Der Bescheid leite auf Seite 6 durch die Aufbewahrung einen weiteren selbständigen Widerrufsgrund nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG ab. „Gröblich“ meine eine schuldhafte (vorsätzliche oder fahrlässige), nach objektivem Gewicht und Vorwerfbarkeit schwerwiegende, womöglich mit Nachdruck begangenen Zuwiderhandlung. Eine Gefahr im engeren Sinne sei nicht vom Waffenumgang des Antragstellers ausgegangen, der Revolver sei technisch ordnungsgemäß geführt worden, eine versehentliche Schussabgabe, ein Abhandenkommen oder eine (unabsichtliche) Bedrohung Dritter sei nicht zu befürchten gewesen. Dies vorausgeschickt liege kein absoluter Widerrufsgrund bzw. ein gebundenes Ermessen vor. Auch die Einstellung nach § 153 StPO zeige, dass die Strafverfolgungsbehörden das Maß der Schuld und das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung als gering eingestuft hätten. Es käme einer verfassungsrechtlich verbotenen Doppelbestrafung gleich, wenn nun im Verwaltungswege gegen den Antragsteller die (mit dem angefochtenen Bescheid) einschneidenden Maßnahmen verhängt würden. Die rechtliche Begründung des Bescheids und insbesondere die Ausführungen zum Sofortvollzug seien rechtlich nicht haltbar. Ungewöhnlich und rechtswidrig sei auch die in Nr. 4 des Bescheids (enthaltene) Anordnung, den Jagdschein innerhalb von vier Wochen nach Zustellung dieses Bescheids im Landratsamt abzugeben. Diese Anordnung greife noch vor Ablauf der Klageeinreichungsfrist und beraube den Antragsteller eines effektiven Rechtsschutzes. Es würden schon im Vorfeld unverrückbare Tatsachen geschaffen, dies obwohl das dem Antragsteller vorgeworfene Verhalten vom *. Oktober 2021 durch die Staatsanwaltschaft – völlig sanktionslos – im Wege des § 153 Abs. 1 StPO bewertet worden sei. Die Einheit der Rechtsordnung gebiete es hier, den Gedanken und diese Wertung der Staatsanwaltschaft zu respektieren. Im vorliegenden Fall spreche nichts dafür, dass der Antragsteller Waffen missbräuchlich verwende. Einen derartigen Zusammenhang gebe es auch in der Person des Antragstellers nicht. Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO sei zulässig und erweise sich auch als begründet. Denn das private Interesse des Antragstellers an einem vorläufigen Aufschub der im Widerrufsbescheid getroffenen Regelung überwiege das öffentliche Interesse an deren sofortiger Vollziehung. Bei der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gebotenen und auch ausreichenden summarischen Prüfung erweise sich der Ausgang der Klage als offen, wenn nicht sogar als erfolgreich. Da der Ausgang des Hauptsacheverfahrens völlig offen sei, seien bei einer Entscheidung über den vorliegenden Antrag sorgsam alle wechselseitigen Interessen zu ermitteln und zu gewichten. Die vorzunehmende Abwägung führe zu dem Ergebnis, dass dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers für die Dauer des Hauptsacheverfahrens Vorrang vor dem Vollzugsinteresse des Antragsgegners gebühre. Weder ein Missbrauch der noch im Besitz befindlichen Jagdlangwaffen und Schalldämpfer noch der waffen- und jagdrechtlichen Dokumente sei zu befürchten. Vorliegend könne nämlich der Vollzug des Bescheids ohne schwerwiegende Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen aufgeschoben werden. Immerhin habe sich die Behörde mehrere Monate Zeit gelassen, bis sie den Widerrufsbescheid erlassen habe. Es werde bei dieser Bewertung nicht verkannt, dass bei Entscheidungen der Behörde nach dem Jagdgesetz und dem Waffengesetz wegen mangelnder persönlicher Eignung oder Unzuverlässigkeit eines Jägers regelmäßig ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung bestehe, um die Gefahr, die von einem unzuverlässigen Jäger und Waffenbesitzer ausgehe, möglichst bald zu beseitigen. Aus den besonderen Umständen des vorliegenden Falles ergebe sich indes eine hiervon abweichende Bewertung der beiderseitigen Interessen. Es lasse sich aufgrund des bisherigen untadeligen Verhaltens des Antragstellers (insbesondere in jagdrechtlichen Belangen) keine von ihm ausgehende Gefahr für Dritte erkennen. Daher erscheine die sofortige Vollziehung des Widerrufsbescheids nicht dringend. Die aufschiebende Wirkung der Klage sei wiederherzustellen.
Der Antragsteller beantragt,
Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage bezüglich der Nr. 7, betreffend die Nrn. 2, 3, 4 und 5 des Bescheids des Landratsamts, Az.: …, vom … Februar 2002 (Eingang Samstag, den … Februar 2022, also dem *. März 2022) wird angeordnet.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Hierzu wurde mit Schriftsatz des Landratsamts vom *. April 2022 im Wesentlichen vorgetragen, der durch den Antragsteller verübte Verstoß stelle einen unsachgemäßen Umgang im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG, § 17 Abs. 3 Nr. 2 BJagdG sowie einen gröblichen Verstoß gegen die Vorschriften des Waffengesetzes nach § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG, § 17 Abs. 4 Nr. 2 BJagdG dar und führe zur waffen- und jagdrechtlichen Unzuverlässigkeit. Die Anwendbarkeit der Vorschriften im Waffengesetz und im Bundesjagdgesetz werde durch die Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 153 StPO nicht ausgeschlossen, vielmehr seien die Tatbestandsalternativen unabhängig voneinander zu prüfen. Die Beurteilung einer Handlung durch die Strafverfolgungsbehörde als (strafrechtlich) nicht verfolgungswürdig binde die Verwaltungsbehörde nicht in dem Sinne, dass keine Unzuverlässigkeit im waffen- und jagdrechtlichen Sinne mehr bejaht werden könnte. Weshalb in diesem Rahmen dennoch die Unschuldsvermutung angewendet werden sollte, sei nicht nachvollziehbar. Der Verstoß sei unstrittig verwirklicht worden. Im verfahrensgegenständlichen Bescheid sei bereits eine Zukunftsprognose enthalten. Im Rahmen dieser Zukunftsprognose sei auch der zuvor jahrzehntelang unbeanstandet gebliebene Umgang mit Waffen und Munition berücksichtigt worden. Dennoch knüpfe der Eintritt der Regelvermutung bereits an einen einmaligen Verstoß, welcher durch den Antragsteller unstrittig verwirklicht worden sei. Es werde die Auffassung vertreten, dass der zwischen dem Vorfall und Bescheidserlass liegende Zeitraum angemessen sei und das besondere öffentliche Interesse, das der angeordneten sofortigen Vollziehung zugrunde liege, nicht entfallen lasse. Die Fristsetzung bezüglich der Rückgabe des Jagdscheins sei synonym zu § 46 Abs. 1 WaffG erfolgt. Nach Nr. 46.1 der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz – WaffVwV – seien die Erlaubnisdokumente unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, herauszugeben. Die Herausgabe der Ausfertigungen innerhalb von zwei Wochen sei in der Regel als unverzüglich in diesem Sinne anzusehen. Demnach erscheine die festgesetzte Frist ausreichend und angemessen. Die Anordnung des Sofortvollzugs verlange kein besonderes öffentliches Interesse, das über das die Ungültigkeitserklärung des Jagdscheins rechtfertigende Interesse hinausgehe. Denn der gültige Jagdschein würde den Antragsteller fortwährend zum Erwerb von Jagwaffen und Munition berechtigen (§ 13 Abs. 3 Satz 1 WaffG). Nachdem der Widerruf der Waffenbesitzkarten kraft Gesetzes sofort vollziehbar sei, sei im Regelfall davon auszugehen, dass hinsichtlich der Folgeentscheidungen dem öffentlichen Vollzugsinteresse der Vorrang einzuräumen sei. Besondere Gründe dafür, dass der Antragsteller aufgrund bestimmter Umstände auf die jagd- und waffenrechtlichen Erlaubnisse besonders angewiesen wäre, seien nicht geltend gemacht worden und auch nicht ersichtlich. Es könne daher nicht hingenommen werden, dass er trotz Unzuverlässigkeit bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens im Besitz von Waffen, Munition sowie Erlaubnisdokumenten bleibe und ihm damit sogar die Möglichkeit zum Erwerb von weiteren Waffen und Munition eingeräumt werde. Der Waffenbesitz unzuverlässiger Personen stelle für die Gemeinschaft eine nicht hinnehmbare Gefahr dar, welche schnellstmöglich unterbunden werden müsse.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten in diesem und im Klageverfahren (M 7 K 22.1771) sowie auf die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz ist sachdienlich dahingehend auszulegen, dass der Antragsteller begehrt, die aufschiebende Wirkung seiner Klage gegen den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse in Nr. 1 (1.1 bis 1.3) des Bescheids vom 21. Februar 2022 sowie die in Nr. 8 enthaltene Zwangsgeldandrohung anzuordnen und im Hinblick auf die Ungültigerklärung (Nr. 2) und Einziehung des Jagdscheins (Nr. 3) sowie die Verpflichtungen in Nrn. 4 und 5 des Bescheids die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO).
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Der Antrag auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage ist unbegründet, da die Anordnung der sofortigen Vollziehung bzgl. der Nrn. 2, 3, 4 und 5 des Bescheids vom 21. Februar 2022 formell rechtmäßig ist und das (teilweise kraft Gesetzes bestehende – vgl. § 45 Abs. 5 WaffG) öffentliche Vollzugsinteresse das Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner in der Hauptsache erhobenen Klage überwiegt.
Die behördliche Sofortvollziehbarkeitsanordnung betreffend die Nrn. 2, 3, 4 und 5 des Bescheids ist formell rechtmäßig. Die von der Waffenbehörde vorgebrachte Begründung – an die keine übermäßig hohen Anforderungen zu stellen sind (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55 m.w.N.) – genügt formell den Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO, da es sich dabei um eine auf den konkreten Fall abstellende, nicht lediglich formelhafte schriftliche Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts handelt. Es reicht dabei jede schriftliche Begründung, die zu erkennen gibt, dass die anordnende Behörde eine Anordnung des Sofortvollzugs im konkreten Fall für geboten erachtet. Die Begründung muss kenntlich machen, dass sich die Behörde bewusst ist, von einem rechtlichen Ausnahmefall Gebrauch zu machen (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 80 Rn. 55). Im Bereich des Sicherheitsrechts sind die Anforderungen an die Begründung der Anordnung eines Sofortvollzugs ohnehin gering, weil es um den Schutz von Leben und Gesundheit geht und deshalb der Sofortvollzug in der Regel bereits aus der Natur der Sache begründet ist (vgl. BayVGH, B.v. 15.8.2008 – 19 CS 08.1471 – juris Rn. 3; B.v. 23.3.2006 – 19 CS 06.456 – juris Rn. 12). § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO verpflichtet die Behörde nicht, eine Begründung zu geben, die ausschließlich auf den konkreten Einzelfall zutrifft oder eine im Einzelfall bestehende konkrete Gefahr darlegt. Gerade dann, wenn – wie insbesondere im Sicherheitsrecht – immer wiederkehrenden Sachverhaltsgestaltungen eine typische Interessenlage zugrunde liegt, kann sich die Behörde – wie hier geschehen – zur Rechtfertigung der Anordnung der sofortigen Vollziehung vielmehr darauf beschränken, die für diese Fallgruppen typische Interessenlage aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass diese Interessenlage nach ihrer Auffassung auch im konkreten Fall vorliegt (vgl. OVG NW, B.v. 25.8.2010 – 20 B 613/10 – juris Rn. 5).
Der Antragsteller hat nach Abwägung seines privaten Interesses mit dem öffentlichen Interesse keinen Anspruch auf Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse (Nr. 1 des Bescheids) und der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins (Nrn. 2 und 3 des Bescheids) sowie der in den Nrn. 4 und 5 hierzu ergangenen Folgeanordnungen überwiegt das Interesse des Antragstellers an der Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen, im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei eine originäre Ermessensentscheidung. Es hat bei seiner Entscheidung über die Anordnung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung abzuwägen zwischen dem kraft Gesetzes bestehenden beziehungsweise von der Behörde geltend gemachten Interesse an der sofortigen Vollziehung ihres Bescheids und dem Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs. Bei dieser Abwägung sind auch die Erfolgsaussichten der Hauptsache als wesentliches, wenn auch nicht alleiniges Indiz für die vorzunehmende Interessenabwägung zu berücksichtigen. Ergibt die im Rahmen des Verfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO allein mögliche, aber auch ausreichende summarische Prüfung, dass der Hauptsacherechtsbehelf offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit erfolglos sein wird, tritt das Interesse des Antragstellers regelmäßig zurück. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid schon bei summarischer Prüfung als offensichtlich bzw. mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig, besteht kein öffentliches Interesse an dessen sofortiger Vollziehung. Ist der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht hinreichend absehbar, verbleibt es bei einer (dann reinen) Interessenabwägung.
Unter Anwendung dieser Grundsätze ergibt die summarische Prüfung, dass der Bescheid vom 21. Februar 2022 bezüglich der hier streitgegenständlichen Verfügungen rechtmäßig sein und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen dürfte (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Nach summarischer Prüfung bestehen keine durchgreifenden Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Waffenbesitzkarten und der Mitnutzungserlaubnis sowie an der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins.
Sowohl der in Nr. 1 des Bescheids angeordnete Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG und § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG als auch die in Nrn. 2 und 3 des Bescheids angeordnete Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins gemäß § 18 Satz 1 BJagdG i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 BJagdG i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG, § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG und § 17 Abs. 3 Nr. 2 BJagdG, § 17 Abs. 4 Nr. 2 BJagdG dürften rechtmäßig sein und den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei maßgeblich auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung, hier des Bescheidserlasses, abzustellen.
Gemäß § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG ist eine waffenrechtliche Erlaubnis zu widerrufen, wenn nachträglich Tatsachen eintreten, die zur Versagung hätten führen müssen. Eine waffenrechtliche Erlaubnis ist nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 WaffG zu versagen, wenn der Antragsteller nicht die erforderliche Zuverlässigkeit i.S.v. § 5 WaffG besitzt. Des Weiteren ist die zuständige Behörde nach § 18 Satz 1 BJagdG in Fällen des § 17 Abs. 1 BJagdG verpflichtet, den Jagdschein für ungültig zu erklären, wenn Tatsachen, welche die Versagung des Jagdscheins begründen, erst nach Erteilung des Jagdscheins eintreten oder der Behörde, die den Jagdschein erteilt hat, bekannt werden. Gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BJagdG ist der Jagdschein Personen zu versagen, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit oder körperliche Eignung nicht besitzen. Nach § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG darf nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (Falknerjagdschein) erteilt werden, wenn die Zuverlässigkeit oder die persönliche Eignung im Sinne der §§ 5 und 6 WaffG fehlen.
Der Antragsteller dürfte nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG (vgl. auch § 17 Abs. 3 Nr. 2 BJagdG) verfügen. Die bei der polizeilichen Verkehrskontrolle am *. Oktober 2021 festgestellte gesetzeswidrige Auffindesituation eines geladenen Revolvers in der Hosentasche des Antragstellers ist eine nachträglich eingetretene Tatsache, die die Annahme fehlender waffenrechtlicher Zuverlässigkeit des Antragstellers rechtfertigen dürfte.
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG besitzen Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, bei denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen oder diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden. Weiterhin besitzen auch nach der Regelung in § 17 Abs. 3 Nr. 2 BJagdG Personen die erforderliche Zuverlässigkeit nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig und sachgemäß umgehen und diese Gegenstände nicht sorgfältig verwahren werden.
§ 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG umschreibt insoweit im Hinblick auf die erforderliche Prognose Formen des Umgangs mit Waffen und Munition, die von vornherein im Hinblick auf den Gesetzeszweck spezifisch waffenrechtlich so bedenklich, nämlich im hohen Maße gefährlich für die Allgemeinheit sind, dass, anders als in den Fällen des § 5 Abs. 2 WaffG, eine Widerlegung im Einzelfall nicht zugelassen wird (sogenannte absolute Unzuverlässigkeit; vgl. auch die Begründung des Gesetzesentwurfes der Bundesregierung zur Neuregelung des Waffenrechts, BT-Drs. 14/7758 S. 54). Bei der auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellenden Prognose ist der allgemeine Zweck des Gesetzes zu berücksichtigen, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren (§ 1 Abs. 1 WaffG), nämlich zum Schutz der Allgemeinheit diese vor den schweren Folgen eines nicht ordnungsgemäßen Umgangs mit Waffen zu bewahren (vgl. BayVGH, B.v. 13.5.2014 – 21 CS 14.720 – juris Rn. 9).
Maßgeblich für die Beurteilung, ob die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG nicht gegeben ist, ist eine auf Tatsachen gestützte Prognose eines spezifisch waffenrechtlich bedenklichen Verhaltens, aus dem mit hoher Wahrscheinlichkeit der Eintritt von Schäden für hohe Rechtsgüter resultiert (vgl. BT-Drs 14/7758, S. 54). Diese Prognose ist auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu erstellen. Dabei ist der allgemeine Zweck des Gesetzes nach § 1 Abs. 1 WaffG, beim Umgang mit Waffen und Munition die Belange der öffentlichen Sicherheit und Ordnung zu wahren, zu berücksichtigen. Die Risiken, die mit jedem Waffenbesitz verbunden sind, sind nur bei solchen Personen hinzunehmen, die nach ihrem Verhalten das Vertrauen verdienen, mit Waffen und Munition jederzeit und in jeder Hinsicht ordnungsgemäß umzugehen (st. Rspr. BVerwG, vgl. z.B. B.v. 2.11.1994 – 1 B 215/93 – juris Rn. 10; B.v. 31.1.2008 – 6 B 4/08 – juris Rn. 5; st. Rspr. BayVGH, vgl. z.B. B.v. 5.10.2017 – 21 Cs 17.1300 – juris Rn. 11; B.v. 21.11.2019 – 21 CS 18.2523 Rn. 15). Dabei wird nicht der Nachweis verlangt, dass der Betroffene mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen wird, sondern es genügt vielmehr allgemein nach tatrichterlicher Würdigung aller Umstände des Einzelfalls eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, B.v. 2.11.1994 – 1 B 215/93 – juris Rn. 10; B.v. 31.1.2008 – 6 B 4/08 – juris Rn. 5). Im Bereich des Waffenrechts kann angesichts der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit ausgehen, ein Restrisiko nicht hingenommen werden. Bereits ein einmaliger Verstoß (z.B.) gegen die Aufbewahrungspflichten rechtfertigt die Feststellung der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit (vgl. BayVGH, B.v. 2.10.2013 – 21 CS 13.1564 – juris Rn. 12 m.w.N.). Hat ein Waffenbesitzer in diesem Sinne bereits einmal versagt, ist allein das ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient. Eine dahingehende Lebenserfahrung oder ein entsprechender Rechtssatz, dass erst ab einem weiteren Verstoß eine negative Zukunftsprognose gerechtfertigt ist, besteht nicht (st. Rspr. BayVGH, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 28.11.2013 – 21 CS 13.1758 – juris Rn. 12; B.v. 22.12.2014 – 21 ZB 14.1512 – juris Rn. 12; B.v. 4.11.2015 – 21 CS 15.2023 – juris Rn. 15; B.v. 14.11.2016 – 21 ZB 15.648 – juris Rn. 17).
Mit dem am 8. Oktober 2021 festgestellten Verstoß gegen eine grundlegende waffenrechtliche Umgangsvorschrift liegt eine Tatsache vor, welche die Annahme rechtfertigt, dass der Antragsteller mit seinen Waffen nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen wird und aufgrund dessen dürfte er nicht über die erforderliche waffenrechtliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG verfügen.
Vorsichtig und sachgemäß im Sinn des § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG ist der Umgang mit Waffen und Munition nur dann, wenn alle Sicherungsmöglichkeiten ausgenutzt werden (vgl. BayVGH, B.v. 13.5.2014 – 21 CS 14.720 – juris Rn. 10). Im konkreten Fall geht unvorsichtig mit einer Waffe um, wer ein Verhalten gezeigt hat, das von vorneherein in hohem Maße für die Allgemeinheit gefährlich ist, insbesondere, wenn der Schütze nicht alle gebotenen Sicherheitsregeln zur Vermeidung von Schäden beachtet hat. Vorsichtig und sachgemäß ist der Umgang nur dann, wenn alle Sicherheitsmöglichkeiten ausgenutzt werden und nicht nur die eigene Gefährdung, sondern auch die Dritter so weit wie möglich ausgeschlossen wird (vgl. Brunner in Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, Stand: März 2022, § 5 WaffG Rn. 40). Vorsichtig ist der Umgang mit Schusswaffen nur dann, wenn alle zur Verfügung stehenden und zumutbaren Maßnahmen vom Waffeninhaber ergriffen werden, dass eine möglichst geringe Gefahr von der Waffe ausgeht. Das erfordert es, dass die Waffe nach dem Gebrauch gesichert und entladen ist. Eine Kontrolle, ob sich noch Munition in der Waffe befindet, ist ebenfalls unerlässlich (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 4.3.2015 – OVG 11 S 9.15 – juris Rn. 5 m. w. N.). Insgesamt geht es hierbei um die Vermeidung potenzieller Gefahrensituationen. Unerheblich ist es daher auch, ob tatsächlich eine konkrete Gefährdungssituation besteht bzw. bestanden hat (vgl. z.B. VG München, B.v. 27.8.2013 – M 7 S 13.2566 – juris Rn. 33).
Nach § 13 Abs. 6 Satz 1 WaffG darf ein Jäger seine Jagdwaffen u.a. zur befugten Jagdausübung ohne Erlaubnis führen und mit ihnen schießen. Im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit darf er die Waffen ohne Erlaubnis jedoch nur führen, wenn diese nicht schussbereit sind. Gemäß Anlage 1 Abschnitt 2 Nr. 12 zum WaffG ist eine Waffe schon dann schussbereit, wenn sie geladen ist in dem Sinne, dass Munition oder Geschosse in der Trommel, im in die Waffe eingefügten Magazin oder im Patronen- oder Geschosslager sind, auch wenn sie nicht gespannt ist. Auch nach § 3 Abs. 1 Satz 1 der Unfallverhütungsvorschriften Jagd vom 1. Januar 2000 – UVV Jagd – dürfen Schusswaffen nur während der tatsächlichen Jagdausübung geladen sein. In § 3 Abs. 3 Satz 1 UVV Jagd ist zudem weiter ausdrücklich geregelt, dass beim Besteigen von Fahrzeugen und während der Fahrt die Schusswaffen entladen sein müssen (vgl. auch Adolph in Adolph/Brunner/Bannach, Waffenrecht, Stand: März 2022, § 13 WaffG Rn. 49). Bei den Jagd-Unfallverhütungsvorschriften handelt es sich um Rechtsnormen, die von den landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften in ihrer Eigenschaft als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung erlassen werden. Auch außerhalb ihres unmittelbaren Geltungsbereichs sind die Unfallverhütungsvorschriften als „Codex der Jagdausübung“ eine maßgebliche Erkenntnisquelle für die Präzisierung jagdgerechten Verhaltens. Sie regeln jagdrechtliche Verhaltenspflichten, die dem Schutz von Leben und Gesundheit dienen und sind daher auch außerhalb ihres unmittelbaren Geltungsbereichs Maßstab für verkehrsgerechtes Verhalten. Die Verletzung von Unfallverhütungsvorschriften stellt daher regelmäßig eine Verletzung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht dar und begründet den Vorwurf schuldhaften Verhaltens (vgl. VG München, B.v. 5.5.2015 – M 7 SE 14.5556 – juris Rn. 23 m.w.N.). Die Unfallverhütungsvorschrift Jagd regelt die hier einschlägigen Anforderungen an einen vorsichtigen Umgang mit Schusswaffen in aller Deutlichkeit. Die mit einem Transport im Kraftfahrzeug verbundene Gefahr eines geladenen Gewehres ist nicht hinnehmbar und kann zu gravierenden Unfällen, zum Teil sogar mit tödlichem Ausgang führen. Derartiges ist insbesondere dann denkbar, wenn der Waffenbesitzer vergisst, dass die Waffe geladen ist und das nächste Mal mit ihr hantiert (vgl. OVG Berlin-Bbg, B.v. 4.3.2015 – OVG 11 S 9.15 – juris Rn. 6 unter Bezugnahme auf BayVGH, B.v. 14.7.1993 – 19 CE 93.1849 – juris Rn. 29). Eine besondere Gefahrenlage ist nicht nur beim unmittelbaren Besteigen eines Fahrzeugs gegeben, sondern auch beim Fahren selbst. Jeglicher Transport von Gewehren hat in ungeladenem Zustand zu erfolgen (vgl. BayVGH, B.v. 14.7.1993 – 19 CE 93.1849 – juris Rn. 28). Das Führen einer geladenen Waffe außerhalb erlaubter Bereiche stellt eine gravierende Sicherheitsgefährdung dar. Der Antragsteller hat damit nicht nur gegen eine „bloße Ordnungsvorschrift“, sondern vielmehr auch gegen eine elementare Obliegenheit eines Jägers verstoßen (vgl. BayVGH, B.v. 17.4.2015 – 21 ZB 15.83 – juris Rn. 14; B.v. 4.3.2016 – 21 CS 15.2718 – juris Rn. 12). Der Antragsteller ist daher nicht vorsichtig und sachgemäß mit Waffen und Munition umgegangen und hat ein Verhalten gezeigt, das von vorneherein in hohem Maße für die Allgemeinheit – nicht zuletzt auch für ihn selbst – gefährlich ist, da er nicht alle gebotenen Sicherheitsregeln zur Vermeidung von Schäden beachtet hat.
Es ist zwar richtig, dass die Annahme unsachgemäßen Umgangs mit Waffen die erforderliche Zuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG nur dann ausschließt, wenn ein festgestellter unsachgemäßer Umgang mit erlaubt besessenen Waffen zugleich indiziell die Prognose trägt, dass der Waffenbesitzkarteninhaber auch künftig mit seinen Waffen unsachgemäß umgehen werde. Dabei genügt jedoch grundsätzlich, wenn ein unsachgemäßer Umgang mit einer von mehreren legal besessenen Waffen festgestellt wird und diese negative Prognose ermöglicht (vgl. BayVGH, B.v. 9.3.2006 – 21 CS 06.25 – juris Rn. 3). Wie ausgeführt, kann auch ein einmaliger und kurzfristiger Verstoß gegen diese sicherheitsrelevanten Vorschriften die absolute waffen- und jagdrechtliche Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst b WaffG bzw. § 17 Abs. 3 Nr. 2 BJagdG begründen (vgl. BayVGH, B.v. 17.4.2015 – 21 ZB 15.83 – juris Rn. 14). Hat ein Waffenbesitzer in diesem Sinne bereits einmal versagt, ist allein das ein gewichtiges Indiz dafür, dass er das in ihn gesetzte Vertrauen nicht mehr verdient. Eine dahingehende Lebenserfahrung oder ein entsprechender Rechtssatz, dass erst ab einem weiteren Verstoß eine negative Zukunftsprognose gerechtfertigt ist, besteht nicht. Damit kommt es auch nicht darauf an, dass sich der Antragsteller zuvor in der Vergangenheit stets tadellos verhalten haben mag.
Die sich aus dem Verstoß ergebende hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Antragsteller mit Waffen oder Munition nicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen wird, wird auch nicht dadurch in Zweifel gezogen, dass der Antragsteller die Kurzwaffe – wie vorgetragen – abgegeben hat und eine solche auch künftig nicht mehr nutzen will. Zwar mag der Antragsteller das Entladen (nur) bei der Kurzwaffe (nicht jedoch bei der Langwaffe) vergessen haben. Gleichwohl liegt hierin eine gravierende Nachlässigkeit, zumal der Antragsteller den geladenen Revolver nicht lediglich abgelegt, sondern vielmehr an seinem Körper in der Hosentasche getragen hat, sodass ihm die Notwendigkeit des Entladens dieser Waffe noch mehr hätte bewusst sein müssen. Der alleinige (angekündigte) Verzicht auf das Führen einer Kurzwaffe bei der Jagd ist daher nicht geeignet, die negative Prognose zu entkräften, da damit auch nicht sicher ausgeschlossen werden kann, dass dem Antragsteller auch im übrigen Umgang mit Waffen und Munition eine Nachlässigkeit unterlaufen kann. Im Bereich des Waffenrechts kann – wie ausgeführt – angesichts der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit ausgehen, ein Restrisiko nicht hingenommen werden. Auch handelt es sich bei dem Verstoß gegen eine elementare und selbstverständliche Obliegenheit eines Jägers (vgl. auch BayVGH, B.v. 4.3.2016 – 21 CS 15.2718 – juris Rn. 12) nicht lediglich um eine situative Nachlässigkeit minderen Gewichts, die bei nur einmaligem Auftreten noch toleriert werden könnte.
Die in dem Verstoß gegen eine elementare und selbstverständliche Pflicht beim Umgang mit Waffen – hier das unerlaubte Führen einer geladenen Kurzwaffe – liegende Pflichtverletzung dürfte daher unter Berücksichtigung der besonderen Begleitumstände des Einzelfalls als so schwerwiegend anzusehen sein, dass sie auch unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit die Prognose rechtfertigen dürfte, der Antragsteller werde auch künftig mit Waffen nicht jederzeit und in jeder Hinsicht vorsichtig oder sachgemäß umgehen. Die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit ist in Anbetracht der erheblichen Gefahren, die von Waffen und Munition für hochrangige Rechtsgüter ausgehen, nicht unverhältnismäßig.
Der Prognose steht auch nicht entgegen, dass das Ermittlungsverfahren gegen den Antragsteller wegen eines Vergehens nach § 52 Abs. 3 WaffG nach § 153 Abs. 1 StPO wegen anzunehmender geringer Schuld eingestellt wurde.
Zum einen setzt § 5 Abs. 1 Nr. 2 WaffG für die zwingende Annahme der Unzuverlässigkeit nicht ein konkretes strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Antragstellers in der Vergangenheit voraus. Vielmehr wird vom Gesetzgeber die Befürchtung regelwidrigen Verhaltens in der Zukunft aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte als zwingender Grund für die Annahme der Unzuverlässigkeit angeführt. Daher zieht nicht nur strafrechtlich relevantes Verhalten in der Vergangenheit die Unzuverlässigkeit nach sich. Es reicht hierfür bereits das Vorliegen von Tatsachen aus, welche die Annahme eines unsachgemäßen Umgangs mit der Waffe oder Munition rechtfertigen. Die Einstellung des Strafverfahrens nach § 153 Abs. 1 StPO (Absehen von Verfolgung wegen Geringfügigkeit) hindert zum anderen die Behörden und Gerichte nicht, die festgestellten Tatsachen als gewichtig einzustufen. Die Bindung der Behörde an eine Einstellung des Strafverfahrens aus bestimmten Gründen sieht das Gesetz nicht vor. Vielmehr haben die Verwaltungsbehörden und im Streitfall auch die Verwaltungsgerichte eigenständig die Verstöße gegen das Waffenrecht festzustellen. Denn einer Straftat kann ordnungsrechtlich größeres Gewicht als in strafrechtlicher Hinsicht zukommen. Dabei ist von dem dargelegten ordnungsrechtlichen Zweck des Waffengesetzes auszugehen, die Allgemeinheit vor dem Schaden zu bewahren, der aus einem Umgang mit Schusswaffen durch nicht in jeder Hinsicht hierfür vertrauenswürdige Personen droht. Dass im Einzelfall bei einer waffenrechtlichen Verfehlung die Schuld im strafrechtlichen Sinn als gering anzusehen ist, bedeutet demnach nicht zugleich, dass die Verfehlung ordnungsrechtlich, d.h. im Hinblick auf den Schutz der Allgemeinheit nicht zur fehlenden Zuverlässigkeit führen kann (vgl. BayVGH, B.v. 8.9.2011 – 21 ZB 11.1286 – juris Rn. 10 f. m.w.N.; B.v. 29.7.2013 – 21 ZB 13.415 – juris Rn. 12; SächsOVG, B.v. 28.4.2022 – 6 B 72/22 – juris Rn. 13).
Auch die strafrechtlich heranzuziehende Unschuldsvermutung führt zu keiner anderen Bewertung. Dies folgt aus den unterschiedlichen Zielrichtungen einerseits eines Straf- oder Bußgeldverfahrens und andererseits des gefahrenabwehrrechtlich mit Blick auf die Zukunft intendierten waffenrechtlichen Verwaltungsverfahrens, in dem es nicht um die nachträgliche Sanktionierung und Feststellung der persönlichen Schuld vor dem Hintergrund einer insoweit geltenden Unschuldsvermutung geht. Maßgeblich ist die Abwehr aktueller und künftiger Gefahren im Interesse der Allgemeinheit, die eine „Ungefährlichkeitsvermutung“ oder „im Zweifel“ einen Verzicht auf eine Gefahrenabwehr vor dem Hintergrund der staatlichen Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung für die Rechtsgüter Leben und Gesundheit nicht zulässt (vgl. SächsOVG, B.v. 28.4.2022 – 6 B 72/22 – juris Rn. 13 unter Bezugnahme auf OVGSaarl, B.v. 9.12.2016 – 2 A 85/16 – juris Rn. 12 m. w. N.).
Hinsichtlich des Einwandes des Verbots der Doppelbestrafung (Art. 103 Abs. 3 GG) ist darauf hinzuweisen, dass das Landratsamt aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung tätig wird und der Widerruf der Waffenbesitzkarte sowie die Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins keinen Strafcharakter haben (vgl. VG München, U.v. 12.1.2000 – M 7 K 99.1142 – juris Rn. 17). Die Frage nach dem Verbot einer Doppelbestrafung stellt sich daher schon wegen der unterschiedlichen Zielsetzung der Verfahren nicht (vgl. BayVGH, B.v. 9.7.2012 – 21 ZB 11.2997 – juris Rn. 20). Das staatsanwaltschaftliche bzw. strafgerichtliche Verfahren bezweckt die Ahndung von Verstößen gegen Strafvorschriften. Der Widerruf der waffen- und jagdrechtlichen Erlaubnisse stellt hingegen eine Maßnahme zur Abwehr der Gefahren dar, die von einem unzuverlässigen Waffenbesitzer ausgehen. Eine rechtlich erhebliche „Kollisionslage“ kann damit nicht entstehen (vgl. auch BayVGH, B.v. 30.10.2008 – 19 ZB 08.1376 – juris Rn. 12).
Die festgestellten Tatsachen dürften damit insgesamt die Annahme begründen, dass der Antragsteller auch zukünftig mit Waffen und Munition nicht jederzeit ordnungsgemäß vorsichtig oder sachgemäß umgehen wird und er somit als unzuverlässig i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG und § 17 Abs. 3 Nr. 2 BJagdG anzusehen sein dürfte. Die waffenrechtlichen Erlaubnisse des Antragstellers dürften danach zwingend zu widerrufen, § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG, sowie der Jagdschein zwingend für ungültig zu erklären und einzuziehen gewesen sein, § 18 Satz 1 BJagdG.
Da im Fall des Antragstellers bereits der Tatbestand der absoluten Unzuverlässigkeit nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG erfüllt sein dürfte, kommt es nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob er weiterhin auch den Regelunzuverlässigkeitstatbestand des § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG erfüllt, sodass dieser Frage hier nicht weiter nachzugehen ist.
Des Weiteren sind auch gegen die mit dem Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse sowie der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins verbundenen notwendigen Folgeanordnungen durchgreifende rechtliche Bedenken nicht ersichtlich.
Die Anordnung in Nr. 4 des Bescheids wurde rechtlich zutreffend auf § 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG und § 18 BJagdG i.V.m. Art. 52 BayVwVfG, die Anordnung in Nr. 5 des Bescheids ebenfalls zutreffend auf § 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG gestützt. Soweit der Behörde hierbei Ermessen eingeräumt ist, sind Ermessensfehler (vgl. zum diesbezüglichen Prüfungsumfang des Gerichts § 114 Satz 1 VwGO) nicht ersichtlich und – abgesehen von der Bemessung der Fristen – nicht geltend gemacht. Insbesondere ist die Bemessung der Fristen mit vier Wochen ab Bescheidszustellung nicht als unangemessen kurz anzusehen. So hat der Antragsteller auch nicht substantiiert begründet, weshalb diese Frist in seinem Fall unangemessen kurz gewesen sein soll. Allein die Tatsache, dass der Fristablauf mit dem Ende der Rechtsmittelfrist zusammenfällt, dürfte insoweit nicht genügen. Denn der Antragsteller wird dadurch in seinem Recht zur Einlegung eines Rechtsmittels nicht beschnitten und kann, sollte die Behörde eine sofortige Vollziehung ohne Aufschub durchsetzen wollen, auch rechtzeitig den erforderlichen Rechtsschutz erlangen. Auch ist nicht ersichtlich, weshalb es vorliegend nicht möglich oder zumutbar gewesen sein sollte, innerhalb einer Frist von vier Wochen die Waffen an einen Berechtigten zu übergeben oder dauerhaft unbrauchbar zu machen. Insbesondere hätte der Antragsteller auch die Möglichkeit gehabt, seine Waffen vorübergehend – bis zu einer Entscheidung über seinen Eilrechtsbehelf – bei einem Waffenhändler einzulagern. Es ist mithin auch nicht ersichtlich, inwieweit durch die sofortige Vollziehung endgültige, unumkehrbare Tatsachen geschaffen würden. Angesichts des dringenden Anliegens des Gesetzgebers, die Dauer des Besitzes von Waffen und Munition durch waffenrechtlich unzuverlässige Personen auf das geringstmögliche noch verhältnismäßige Maß zu begrenzen, ist eine Fristsetzung von vier Wochen – ohne das Vorliegen besonderer und begründeter Umstände – rechtlich nicht zu beanstanden. Auch gegen die Zwangsgeldandrohung in Nr. 8 des Bescheids bestehen keine rechtlichen Bedenken und wurden auch nicht vorgetragen.
Im Übrigen würde auch unabhängig von den Erfolgsaussichten der Klage bei einer reinen Interessenabwägung das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der streitgegenständlichen Anordnungen das Interesse des Antragstellers überwiegen.
§ 45 Abs. 5 WaffG beseitigt von Gesetzes wegen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO) die aufschiebende Wirkung einer Anfechtungsklage gegen den Widerruf einer waffenrechtlichen Erlaubnis wegen nachträglichen Wegfalls der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit. Der Gesetzgeber hielt in dieser Fallgruppe die Anordnung der sofortigen Vollziehung für dringend angezeigt. In derartigen Fällen sei im Interesse der öffentlichen Sicherheit und Ordnung immer eine umgehende Beendigung des Waffenbesitzes geboten bzw. ein höherwertiges, legitimes, privates Interesse an einem weiteren Waffenbesitz bis zum Eintritt von Bestands- oder Rechtskraft (u.U. mehrere Monate oder Jahre) überhaupt nicht zu erkennen. Den berechtigten Belangen der Betroffenen könnte in Ausnahmefällen durch eine abweichende (Eil-) Anordnung der Verwaltungsgerichte Rechnung getragen werden (BT-Drucks. 16/7717 S. 33). In Fällen der gesetzlichen Sofortvollzugsanordnung unterscheidet sich die Interessenabwägung von derjenigen, die in den Fällen einer behördlichen Anordnung stattfindet. Während im Anwendungsbereich von § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO bei der Interessenabwägung die Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers für die aufschiebende Wirkung von Rechtsbehelfen bedeutsam wird, ist in Fällen der Nummern 1 bis 3 zu beachten, dass hier der Gesetzgeber einen grundsätzlichen Vorrang des Vollziehungsinteresses angeordnet hat und es deshalb besonderer Umstände bedarf, um eine hiervon abweichende Entscheidung zu rechtfertigen. Hat sich schon der Gesetzgeber für den Sofortvollzug entschieden, sind die Gerichte – neben der Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache – zu einer Einzelfallbetrachtung grundsätzlich nur im Hinblick auf solche Umstände angehalten, die von den Beteiligten vorgetragen werden und die Annahme rechtfertigen können, dass im konkreten Fall von der gesetzgeberischen Grundentscheidung ausnahmsweise abzuweichen ist (vgl. BVerfG, B.v. 10.10.2003 – 1 BvR 2025/03 – juris Rn. 21 f.; BayVGH, B.v. 4.3.2016 – 21 CS 15.2718 – juris Rn. 16; B.v. 25.8.2020 – 24 CS 20.1596 – juris Rn. 23 f.).
Der Antragsteller hat hier keine Gründe vorgetragen, die auf besondere, über die im Regelfall mit der Anordnung sofortiger Vollziehung verbundenen Umstände hingewiesen hätten, aufgrund derer eine Abwägung zugunsten seiner privaten Interessen ausfallen müsste. Der im streitgegenständlichen Bescheid des Landratsamts verfügte Widerruf dient dem besonderen Sicherheitsinteresse der Allgemeinheit an einem sicheren und zuverlässigen Umgang mit Schusswaffen sowie Munition und daher dem Schutz überragender Rechtsgüter wie Leben und Gesundheit der Bevölkerung. Gegenüber diesem gewichtigen öffentlichen Interesse hat das private Interesse des Antragstellers zurückzustehen, zumal insoweit ohnehin kein besonderes, einen vergleichbaren Fall übersteigendes Interesse vorgetragen wurde.
Das öffentliche Interesse am sofortigen Vollzug (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO) aus Gründen der Gefahrenabwehr besteht regelmäßig auch für die nicht vom gesetzlich angeordneten sofortigen Vollzug erfassten, mit der Widerrufsentscheidung verbundenen notwendigen Anordnungen, die Waffen unbrauchbar zu machen oder sie einem Dritten zu übergeben (§ 46 Abs. 2 Satz 1 WaffG) bzw. für die Anordnung der Rückgabe von Erlaubnisurkunden (§ 46 Abs. 1 Satz 1 WaffG). Diese Folgeentscheidungen dienen der Umsetzung des Widerrufs der waffenrechtlichen Erlaubnisse und stellen die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der formellen Erlaubnisberechtigung durch sofortige Abgabe von Waffen und Erlaubnisurkunden sicher. Die Verpflichtung, die Waffenbesitzkarten zurückzugeben, folgt ebenso wie diejenige zur Unbrauchbarmachung bzw. Abgabe der Waffen aus dem Widerruf der Waffenbesitzkarten. Nachdem der Widerruf der Waffenbesitzkarten kraft Gesetzes sofort vollziehbar ist, ist im Regelfall davon auszugehen, dass hinsichtlich der Folgeentscheidungen dem öffentlichen Vollzugsinteresse der Vorrang einzuräumen ist (vgl. BayVGH, B.v. 4.3.2016 – 21 CS 15.2718 – juris Rn. 17; B.v. 25.8.2020 – 24 CS 20.1596 – juris Rn. 26).
Bezogen auf die Einziehung des Jagdscheins besteht bei der vorzunehmenden Abwägung ebenfalls ein Vorrang des öffentlichen Vollzugsinteresses. Insoweit ist die sofortige Vollziehung – anders als im Waffenrecht – zwar nicht schon gesetzlich angeordnet, weil das Bundesjagdgesetz eine Vorschrift wie § 45 Abs. 5 WaffG nicht enthält. Allerdings ist das öffentliche Vollzugsinteresse bei einer Entziehung des Jagdscheins wegen Unzuverlässigkeit inhaltlich deckungsgleich mit demjenigen des waffenrechtlichen Widerrufs. Denn der Jagdschein berechtigt unter den in § 13 Abs. 3 bis Abs. 6 WaffG erfassten Umständen ebenfalls zum Umgang mit Waffen. Mithin besteht auch hier ein öffentliches Interesse, nach einer Entziehung wegen Unzuverlässigkeit den weiteren Umgang mit Waffen nicht bis zu einem bestands- bzw. rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens hinzunehmen, sondern diesen aus Gründen der Sicherheit und Ordnung, die in § 45 Abs. 5 WaffG die Grundlage des gesetzlichen Sofortvollzugs bilden, sofort zu unterbinden (vgl. BayVGH, B.v. 25.8.2020 – 24 CS 20.1596 – juris Rn. 27 m.w.N.; VG München, B.v. 20.7.2021 – M 7 S 21.1425 – juris Rn. 35).
Im Übrigen ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass sich auch die Dauer des Verwaltungsverfahrens nicht zugunsten des Antragstellers auswirken kann. Zum einen ist nach der Aktenlage davon auszugehen, dass das Landratsamt das Verfahren mit der gebotenen Eile durchgeführt hat und eine überlange bzw. unangemessene Verfahrensdauer daher nicht zu erkennen ist. Zum anderen könnte auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Vorliegen der absoluten waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit des Antragstellers durch die Verfahrensdauer für den Erlass des streitgegenständlichen Bescheides infrage gestellt würde (vgl. OVG LSA, B.v. 17.5.2012 – 1 M 23/21 – juris Rn. 21). Auch wurde bei der hier gegebenen Verfahrensdauer beim Antragsteller noch kein schutzwürdiger Vertrauenstatbestand geschaffen, die Behörde werde die sofortige Vollziehung nicht anordnen, der Einfluss auf die Ermessensentscheidung haben könnte (vgl. BayVGH, B.v. 21.11.2019 – 21 CS 18.2523 – juris Rn. 22). Zudem widerspräche es sicherheitsrechtlichen Grundsätzen, die Beseitigung einer Gefahr deshalb nicht als besonders dringlich anzusehen, weil die Behörde durch zeitliche Komprimierung des Verwaltungsverfahrens möglicherweise zu einem früheren Zeitpunkt den Widerrufsbescheid einschließlich der Folgeentscheidungen hätte treffen können (vgl. BayVGH, B.v. 28.6.2017 – 21 CS 17.196 – juris Rn. 15).
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz – GKG – i.V.m. Nrn. 1.5, 20.3 und 50.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.


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