Zivil- und Zivilprozessrecht

Ermessen, Beweislast, Gutachten, Verfahren, Anspruch, Zeitpunkt, Form, Berufung, Klage, Kostenentscheidung, Lieferung, Zulassung, Vollstreckbarkeit, Zulassungsgrund, billigem Ermessen, Zulassung der Berufung

Aktenzeichen  1 C 12/15

Datum:
24.5.2016
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 140168
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Nördlingen
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 332,90 EUR sowie ferner außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 83,54 EUR jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 03.10.2014 zu bezahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 332,90 EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich als begründet.
I.
1. Gemäß § 495 a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises in Folge erklärten Rücktritts zu.
Nach Überzeugung des Gerichts liegt ein Mangel i.S. des § 434 Abs. 1 BGB zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs (Lieferung des Laptops), auf den der Rücktritt begründet wurde, vor.
Diese Überzeugung erlangt das Gericht auf Grund des eingeholten Sachverständigengutachtens vom 19.04.2016 (B. 52/62 d.A.). Gem. § 476 BGB obliegt die Beweislast für den Zeitpunkt des Vorliegens des Mangels bei der Beklagten als Unternehmerin.
Der Sachverständige hat nachvollziehbar, unter Zugrundelegung einer nicht beanstandungswürdigen Vorgehensweise (vgl. SV-Gutachten vom 19.04.2016, Bl. 55 f.) ausgeführt, dass es zu Abstürzen im Betriebssystem kam. Hierbei hat er auch festgestellt, dass die Abstürze wohl auf eine Überhitzung einer Hardwarekomponente zurückzuführen sind, da die Abstürze hauptsächlich bei der erstmaligen Verwendung des Laptops nach längerer Standzeit im ausgeschalteten Zustand und bei Zimmertemperatur erfolgen (vgl. SV-Gutachten vom 19.04.2016, Bl. 62). Die Ursache hierfür könnte – jedenfalls nicht ausschließbar – im festgestellten Flüssigkeitseindringen liegen. Allerdings konnte der Sachverständige den Zeitpunkt des Eindringens der Flüssigkeit nicht ermitteln. Diesbezüglich liegt die Beweislast jedoch bei der Beklagten, § 476 BGB. § 476 Satz 2 BGB greift hier erkennbar nicht. Nach jüngster Rechtsprechung des EuGH (NJW 2015, 2237) muss der Kläger, als Verbraucher nur das Vorliegen einer binnen sechs Monaten seit Lieferung aufgetretenen Vertragswidrigkeit beweisen, nicht aber deren Grund. Dies ist vorliegend geschehen. Der Flüssigkeitseintritt und die damit einhergehenden Probleme an der Hardware sind durch das Sachverständigengutachten bewiesen.
In Form dieser vorgenannten Beweislastregelung muss die Beklagte, als Unternehmerin/Verkäuferin beweisen, dass die Vertragswidrigkeit bei der Lieferung noch nicht vorlag, sondern ihren Grund oder Ursache in einem nach Lieferung eingetreten Umstand hat (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 75. Aufl., § 476 Rn. 8).
Beides gelingt vorliegend nicht.
Das Sachverständigengutachten führt konkret aus, dass eine Zeitpunktbestimmung für den Flüssigkeitseintritt nicht möglich ist. Allerdings führt es auf, dass der erste dokumentierte Absturz am 10.08.2014 erfolgte. Gleichzeitig stellt das Gutachten fest, dass die Erstinstallation des Betriebssystems am 10.08.2014 erfolgte, also am selben Tag des ersten dokumentierten Systemabsturzes. Zwar kann durchaus der Fall eingetreten sein, dass der Kläger bei der Erstinstallation am ersten Tag (10.08.2014) eine Flüssigkeit verschüttete, jedoch besteht genauso die Möglichkeit, dass das Gerät, das als aufbereitetes Gerät verkauft wurde, diesen Flüssigkeitsschaden – anders als Neugeräte – schon vorher hatte. Insoweit kommt es im vorliegenden Fall konkret auf den Zeitpunkt an. Hier greift die Beweislast, die zu Lasten der Beklagten geht. Der Beweis kann, wie oben beschrieben, jedoch nicht geführt werden.
Die weiteren Voraussetzungen des Rücktritts liegen vor. Es handelt sich zudem um einen erheblichen Mangel, § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB.
2. Da der Hauptanspruch besteht, kann der Kläger auch die Nebenansprüche begehren, §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
III.
Für die Zulassung der Berufung bestand keine Veranlassung; es liegt kein Zulassungsgrund i.S. von § 511 Abs. 4 ZPO vor.


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