Zivil- und Zivilprozessrecht

Gegenstand der Anhörungsrüge

Aktenzeichen  6 CE 21.2769

Datum:
23.11.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 36784
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 103 Abs. 1
VwGO § 152a

 

Leitsatz

Die Anhörungsrüge dient als außerordentlicher Rechtsbehelf nur der Korrektur von Gehörsverstößen, nicht aber von sonstigen Rechtsfehlern des Gerichts. (Rn. 3 und 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

6 CE 21.2081 2021-10-26 Bes VGHMUENCHEN VGH München

Tenor

I. Der Antrag der Antragstellerin, den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof S. und die Richterin am Verwaltungsgerichtshof R. wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird verworfen.
II. Die Anhörungsrüge der Antragstellerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Oktober 2021 – 6 CE 21.2081 – wird verworfen.
III. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Das Ablehnungsgesuch der Antragstellerin (1.) und ihre gegen den Beschluss des Senats vom 26. Oktober 2021 – 6 CE 21.2081 – gerichtete Anhörungsrüge (2.) sind unzulässig.
1. Das – wiederholte – Befangenheitsgesuch ist unzulässig. Darüber entscheidet der Senat in der nach dem Geschäftsverteilungsplan für die anstehende Sachentscheidung maßgeblichen Besetzung unter Mitwirkung und ohne dienstliche Äußerung der abgelehnten Richter (vgl. BayVGH, B.v. 15.5.2015 – 6 ZB 15.662; BayVerfGH, E.v. 1.2.2021 – Vf. 98-VII-20 – juris Rn. 8 m.w.N.).
Es kann dahinstehen, ob im Verfahren der Anhörungsrüge eine Richterablehnung von vornherein ausscheiden muss, weil diese als außerordentlicher Rechtsbehelf nur der Korrektur von Gehörsverstößen, nicht aber von sonstigen Rechtsfehlern durch das Gericht dient (so etwa BayVGH, B.v. 7.11.2016 – 10 BV 16.962 – juris Rn. 6 ff.; die Frage offenlassend BVerwG, B.v. 29.11.2018 – 9 B 26.18 – juris Rn. 2 m.w.N.). Jedenfalls ist das Ablehnungsgesuch unzulässig. Mit Blick auf Richterin R. geht der Antrag schon deshalb ins Leere, weil diese nicht der zur Entscheidung berufenen Spruchgruppe angehört. Mit Blick auf Vorsitzenden Richter S. wird das (u.a.) im Ausgangsverfahren mit Schriftsätzen vom 17. September und 8. Oktober 2021 gestellte und vom Senat verbeschiedene Ablehnungsgesuch wiederholt und erweitert, wobei auch die neu vorgetragenen Umstände offenkundig ungeeignet sind, um eine Besorgnis der Befangenheit zu begründen.
Die Vermutung, die Richterbank sei durch den Präsidiumsbeschluss vom 22. September 2021 und die Zuweisung von Richterin G. „auch noch in den Präsidentensenat“ manipuliert worden, damit die verbleibenden Senatsmitglieder in den noch anhängigen Verfahren der Antragstellerin in vereinfachter Weise das von ihnen gewünschte Ergebnis erreichen können, entbehrt jeder sachlichen Grundlage. Sie erscheint abgesehen davon widersprüchlich, weil die Antragstellerin im Ausgangsverfahren auch Richterin G. „wegen individueller und institutioneller Befangenheit“ abgelehnt hatte. Dass die Antragstellerin nunmehr zusätzlich Richterin B., die dem Senat – als Nachfolgerin von Richterin G. – am 2. November 2021 mit ihrer Ernennung zur Richterin am Verwaltungsgerichtshof zugewiesen worden ist, für ausgeschlossen hält, bestätigt die Annahme, dass das Institut der Richterablehnung – instanz- und verfahrensübergreifend – rechtsmissbräuchlich instrumentalisiert wird.
2. Die Anhörungsrüge der Antragstellerin ist als unzulässig zu verwerfen, weil entgegen den Anforderungen des § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO das Vorliegen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO) nicht dargelegt wird.
Die Antragstellerin wendet sich lediglich im Gewand einer Anhörungsrüge gegen die ihrer Meinung nach fehlerhaften Verfahrensweisen und Rechtsauffassungen des Senats auf dem Weg zum und im Beschluss vom 26. Oktober 2021 – 6 CE 21.2081, mit dem ihr vorangegangenes Ablehnungsgesuch verworfen und ihre Beschwerde in einem Konkurrentenstreitverfahren zurückgewiesen wurde. Die Anhörungsrüge ist indes kein Instrument, mit dem die Rechtskraft überspielt und eine neue inhaltliche Überprüfung in der Sache erreicht werden kann.
Der Senat hat das Vorbringen der Antragstellerin in dem angegriffenen Beschluss zur Kenntnis genommen und gewürdigt. Die Gerichte sind nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Gründen ausdrücklich zu befassen. Aus Art. 103 Abs. 1 GG ergibt sich auch keine Pflicht eines Gerichts, der von der Partei vertretenen Rechtsauffassung zu folgen. Nur wenn sich im Einzelfall aus besonderen Umständen ergibt, dass das Gericht aus seiner Sicht erhebliche, zum Kern des Beteiligtenvorbringens gehörende Gesichtspunkte nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen hat, ist Art. 103 Abs. 1 GG verletzt. Dafür zeigt die Antragstellerin weder zum Befangenheitsgesuch noch mit Blick auf die Sachentscheidung etwas Substantiiertes auf. Sie wiederholt, erläutert und vertieft lediglich ihr Beschwerdevorbringen, das der Senat ihrer Meinung nach nur unvollständig, fehlerhaft und in parteiischer Weise wiedergegeben und willkürlich gewürdigt hat.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil sich die Gebührenhöhe für die Anhörungsrüge unmittelbar aus Nr. 5400 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz ergibt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).


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