Zivil- und Zivilprozessrecht

Geltendmachung eines Vermächtnisanspruchs

Aktenzeichen  5 U 565/19

Datum:
16.4.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 57822
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 91 Abs. 1, § 167, § 580 Ziff. 6 u. 7, § 582, § 586, § 589 Abs. 1 S. 2, § 780 Ziff. 7 b

 

Leitsatz

Trotz Säumnis einer Partei ist durch streitmäßiges Urteil zu entscheiden, wenn die von Amts wegen anzustellende Prüfung der Prozeßvoraussetzungen zu dem Ergebnis führt, dass die Klage unzulässig und der Rechtsstreit deshalb entscheidungsreif ist (BGH, Urteil vom 13. März 1986 – I ZR 27/84). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

8 O 140/13 (2) 2016-02-18 Endurteil LGMUENCHENII LG München II

Tenor

1. Der Wiederaufnahmeantrag des Beklagten und Restitutionsklägers wird als unzulässig verworfen.
2. Die Kosten des Wiederaufnahmeverfahrens trägt der Beklagte und Restitutionskläger.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte und Restitutionskläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Kläger und Restitutionsbeklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des zu vollstreckenden Betrags leisten.
4. Der Streitwert wird auf 300.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Kläger und Restitutionsbeklagten machen gegen den Beklagten und Restitutionskläger einen Vermächtnisanspruch geltend.
Das Landgericht München II hat mit Endurteil vom 18.02.2016 den Beklagten verurteilt, an die Kläger Teilflächen von in Italien gelegenen Grundstücken aufzulassen und in die Änderung des Grundbuches einzuwilligen. Die dagegen eingelegte Berufung des Beklagten hat das Oberlandesgericht München mit Beschluss vom 29.08.2016 zurückgewiesen mit der klarstellenden Fassung des Tenors des Landgerichts München II, dass der Beklagte verurteilt wird, den Klägern das Eigentum und den Besitz an den im Tenor des landgerichtlichen Urteils näher bezeichneten Grundstücken zu übertragen. Die dagegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 14.2.2018 – IV ZR 275/16 zurückgewiesen.
Mit Schriftsatz vom 12.03.2018, eingegangen am 13.03.2018, teilte der Beklagte dem Landgericht München II unter der Überschrift Antrag mit, dass beabsichtigt sei, das Verfahren erneut aufzunehmen, mit dem Antrag, das Urteil des Landgerichts München II sowie die Entscheidung des Oberlandesgerichts München, Beschluss vom 29.08.2016, aufzuheben und die Klage der vormaligen Kläger – Wiederaufnahmegegner – abzuweisen. Mit Schriftsatz vom 11.10.2018 wurde mitgeteilt, dass es sich um eine Restitutionsklage aufgrund neuer Tatsachen und Beweismittel handele. Restitutionsgründe seien § 580 Ziffern 6 und 7 ZPO. Das als Erstes mit der Sache seit März 2001 befasste Landgericht Tempio di Pausania sei für die Erbauseinandersetzung insgesamt, d.h. den in Italien belegenen Nachlass Immobilien und die Erbteilung international zuständig. Weder das Landgericht, noch das Oberlandesgericht, hätten sich mit dem Einwand der doppelten Rechtshängigkeit befasst und die internationale Zuständigkeit falsch beurteilt. Im Rahmen des in Italien anhängigen Verfahrens, habe das Oberlandesgericht Cagliari, Abteilung Sassari, mit Anordnung vom 05.07.2017 ein Sachverständigengutachten erholt. Tatsächlich befasse sich das italienische Verfahren auch mit den Ansprüchen der Vermächtnisnehmer. Die Tatsache, dass das Oberlandesgericht Sassari ein auf die Vermächtnisansprüche bezogenes Gutachten erholt habe, sei erst 2018 mit dem in Anlage W 15 beigefügten Gutachten bekannt geworden. Dies sei eine neue Tatsache i.S.v. § 780 Ziffer 7 b ZPO. Aus dem Urteil des Oberlandesgerichts Sassari von Februar 2019 ergebe sich, dass sämtlichen Vermächtnisse Streitgegenstand vor den italienischen Gerichten seien.
Der Beklagte beantragt,
das Verfahren wiederaufzunehmen mit dem Antrag, das Urteil des Landgerichts München II sowie die Entscheidung des Oberlandesgerichts München, Beschluss vom 29.08.2016, aufzuheben und die Klage der vormaligen Kläger abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
den Wiederaufnahmeantrag zu verwerfen.
Sie tragen vor, die Voraussetzungen für eine Restitutionsklage gem. § 580 Ziffer 6 und 7 ZPO lägen nicht vor. Die Entscheidung in Italien habe auf den vorliegenden Rechtsstreit keinen Einfluss. Die Frist gemäß § 586 ZPO sei nicht gewahrt.
Das Landgericht München II hat sich mit Beschluss vom 04.02.2019 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Oberlandesgericht verwiesen. Die Anträge des Beklagten auf Gewährung von „Verfahrenskostenhilfe“, einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung und „Aussetzung“ wurden mit Beschluss vom 07.02.2019 zurückgewiesen. Weitere Hinweise erfolgten im Beschluss vom 07.03.2019 und 12.04.2019. Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf diese Beschlüsse, die Ladungsverfügung vom 07.02.2019, die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 16.04.2019 und die im Wiederaufnahmeverfahren gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II.
Die Restitutionsklage ist unzulässig und unbegründet. Weder wurde vorgetragen, dass die Klagefrist (§ 586 ZPO) gewahrt, noch warum der Restitutionsgrund nicht bereits im Ausgangsverfahren, in dem die doppelte Rechtshängigkeit Streitgegenstand war, geltend gemacht wurde (§ 582 ZPO). Die Klagefrist ist nicht gewahrt. Nach § 586 ZPO ist die Restitutionsklage binnen einer Notfrist von einem Monat zu erheben, nachdem die Partei von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erhalten hat, nicht jedoch vor eingetretener Rechtskraft des Urteils, die mit der Entscheidung des BGH im Februar 2018 eingetreten ist. Eine spätere Kenntnis als Februar 2018 wurde nicht vorgetragen. Die Zustellung des Wiederaufnahmeantrags erfolgte erst am 07.09.2018. Die Voraussetzungen des § 167 ZPO sind nicht gegeben, weil die Zustellung des Schriftsatzes vom 12.03.2018 nicht demnächst erfolgte. Der am 23.04.2018 angeforderte Prozesskostenvorschuss (Bl. 15) wurde erst am 28.08.2018 einbezahlt. Der Antrag auf „Verfahrenskostenhilfe“ wurde erst mit Schriftsatz vom 11.10.2018 gestellt. Die Voraussetzungen für eine Restitutionsklage wurden nicht vorgetragen. Auf die Ausführungen in Ziffer II. des Beschlusses vom 07.02.2019, Seite 3 und 4 (Bl. 64/65) und in Ziffer 2.2. des Beschlusses vom 07.03.2019 (Bl. 75) wird Bezug genommen. Auf den Hinweis des Senats in der Ladungsverfügung vom 07.02.2019 hat sich der Beklagte nicht geäußert.
Der Wiederaufnahmeantrag war durch unechtes Versäumnisurteil als unzulässig zu verwerfen (§ 589 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Trotz Säumnis einer Partei ist durch streitmäßiges Urteil zu entscheiden, wenn die von Amts wegen anzustellende Prüfung der Prozeßvoraussetzungen zu dem Ergebnis führt, dass die Klage unzulässig und der Rechtsstreit deshalb entscheidungsreif ist (BGH, Urteil vom 13. März 1986 – I ZR 27/84, Rn. 10, juris, BGH, Beschluss vom 10.06.1959 – IV ZA 24/59, NJW 1959, 1780, beck-online, Herget in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, Vorbemerkungen zu §§ 330-347, Rn. 11). Der Beklagte wurde auf die Unzulässigkeit des Wiederaufnahmeantrags in den Beschlüssen des Senats vom 07.02.2019, 07.03.2019 und 12.04.2019 hingewiesen. Trotz ordnungsgemäßer Ladung zum Termin vom 16.04.2019, die der Prozessbebevollmächtigen des Restitutionsklägers am 15.02.2019 per PZU zugestellt wurde, ist im Termin vom 16.04.2019 von Beklagtenseite niemand erschienen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert wurde entsprechend dem Ausgangsverfahren festgesetzt.

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