Zivil- und Zivilprozessrecht

Schadensersatz für umgestürzten Bauzaun

Aktenzeichen  251 C 15396/16

Datum:
19.12.2016
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 823

 

Leitsatz

Die entlastende Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf einen anderen setzt eine klare und Dritten gegenüber erkennbar verpflichtende Absprache voraus. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger … nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit … sowie weitere … nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit … zu zahlen.
2. Die Beklagten haben als Gesamtschuldner die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf … festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.
Dem Kläger steht der geltend gemachte Anspruch zu.
I.
Die Verkehrssicherungspflicht ist vorliegend durch die Gefahreröffnung, d.h. das Aufstellen des Bauzauns, entstanden. Diese besteht grundsätzlich fort, bis sie in tatsächlicher Hinsicht von einem Dritten übernommen worden ist, was vorliegend nicht der Fall ist. Es genügt insofern nicht, dass die Streitverkündete den Zaun demontiert und anschließend wieder aufgestellt hat, ein derartiges Eingreifen eines Dritten lässt die Haftung nicht entfallen, sofern dieser Dritte nicht tatsächlich auch die Verkehrssicherungspflicht übernommen hätte, was offenbar nicht der Fall war. Etwas anderes würde nur gelten, wenn eine entlastende Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf die Kranfirma erfolgt wäre, eine solche Übertragung bedarf zu ihrer Wirksamkeit jedoch einer klaren und Dritten gegenüber erkennbar verpflichtenden Absprache (OLG Köln, Urteil v. 21.03.2003, 19 U 102/02; NJOZ 2004, 210; ebenso: OLG Köln, Urteil vom 13.02.1973, 15 U 69/72, OLGZ 1973, 210; BeckOK). Das Verlassen und Räumen der Baustelle nach Beendigung der eigenen Arbeiten genügt hierfür nicht. Für die Tatbestandsmäßigkeit genügt im Übrigen bereits das bloße Unterlassen gebotener Sicherungsmaßnahmen, wovon vorliegend dem Anschein nach bereits deswegen auszugehen ist, da der Zaun umgefallen ist. Der Unternehmer haftet insofern neben den Bauherrn. Die Sicherungspflichten auf Baustellen treffen zwar zunächst den Bauherrn als Veranlasser der gefährlichen Aktivitäten. Nach allgemeinen Grundsätzen haften allerdings auch Architekten und Bauunternehmer im Rahmen der ihnen übertragenen und auch tatsächlich wahrgenommenen Aufgabenkreise. Deren Sicherungspflichten überdauern den Zeitpunkt der Fertigstellung und Abnahme des Bauwerks, denn sie beruhen nicht auf dem Zustand des von ihnen kontrollierten Grundstücks, sondern auf gefährlichem Verhalten (vgl. MüKomm, § 823, Rn. 489; BeckOK).
Der Höhe nach ist die Beklagtenseite den geltend gemachten Schadenspositionen (Reparaturkosten … Sachverständigengebühren … und Auslagenpauschale i.H.v. …) nicht entgegengetreten, diese gelten mithin als zugestanden. Die Sachverständigengebühren sind zudem vorliegend als erforderlich anzusehen, der Ansatz der Auslagenpauschale ist ebenfalls nicht zu beanstanden.
Die Beklagte zu 2.) haftet als persönlich haftende Gesellschafterin der Beklagte zu 1.).
II.
Die Entscheidung hinsichtlich der Nebenforderungen (Zinsen, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Kosten für Handelsregisterauszug) folgt § 280, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 S. 1 u. 2 BGB.
III.
Die Kostenentscheidung folgt § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt § 709 S. 2 ZPO.


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