Zivil- und Zivilprozessrecht

Unfall zwischen Kfz und Hund

Aktenzeichen  20 O 5615/18

Datum:
15.9.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 39453
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 7
BGB § 249

 

Leitsatz

1. Wird ein angeleinter Hund angefahren, ohne dass sich eine Tiergefahr realisiert hätte, führt dies zur vollen Haftung des Kfz-Halters. (Rn. 23 – 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei einer Verletzung eines Tieres ist eine Feststellungsklage zulässig, soweit sich weitere Verletzungsfolgen und Heilbehandlungskosten nicht ausschließen lassen. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an die Klägerin 14.058,84 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag in Höhe von 6.748,16 € seit dem 20.03.2018 sowie aus einem weiteren Betrag in Höhe von 7.310,68 € seit 06.08.2019 zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch dem Grunde nach verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weitere Schäden im Zusammenhang mit der Verletzung des Hundes … bei dem Verkehrsunfall am 15.11.2017 im … – … in …, verursacht durch das Kfz …, zu ersetzen.
3. Die Beklagte zu 1) wird verurteilt, die Klägerin von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 546,50 € freizustellen.
4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
5. Die Beklagten haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.
Gemäß den §§ 7, 17 StVG in Verbindung mit § 115 VVG, § 823 BGB und § 249 BGB haften die Beklagten gesamtschuldnerisch auf den geltend gemachten Schaden.
Aufgrund der glaubhaften Angaben des glaubwürdigen Geschäftsführers der Klägerin ist bewiesen, dass der Hund … als Wachhund in der Firma eingesetzt wurde.
Somit ist die Klägerin als Besitzerin und Eigentümerin aktivlegitimiert. Herr … hat glaubhaft bekundet, dass er den Hund für die Firma angeschafft hat und auch dort als Wachhund eingesetzt hat.
Weiter ist bewiesen, dass auf dem Firmengelände eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 10 km/h besteht, siehe K 1, und dass der Beklagte zu 2) schneller gefahren ist.
Das hat er selber eingeräumt.
Ferner hat die Beweisaufnahme ergeben, dass der Hund vor dem Unfall angeleint war.
Das haben die glaubwürdigen Zeugen … und … glaubhaft bestätigt.
Durch ihre Angaben wurde auch klar, warum der Beklagte zu 2) der Ansicht war, der Hund sei nicht angeleint gewesen. Nach dem Zusammenstoß war es dem Hund nämlich gelungen sich von der Leine zu befreien und er bewegte sich unangeleint auf der Wiese neben dem Unfallort. Aufgrund der Zeugenaussagen und auch des vernommenen glaubwürdigen Beklagten zu 2) steht zur Überzeugung der erkennenden Richterin fest, dass Herr … mit dem angeleinten Hund unterwegs war und die Straße überqueren wollte, als der Beklagte zu 2) mit überhöhter Geschwindigkeit, mindestens 20 km/h, dort entlang fuhr. Herr … zog sodann den Hund zurück, sodass nur seine Pfote verletzt wurde und nicht schwerwiegendere Verletzungen entstanden. Dem Hund gelang es sich von der Leine zu befreien und er rannte schmerzheulend auf der Wiese umher.
Somit hat sich die Betriebsgefahr des Pkws verwirklicht. Hinzu kommt ein Verschulden des Beklagten zu 2) durch eine überhöhte Geschwindigkeit.
Ein Mitverschulden auf Klageseite oder ein Mitverursachungsbeitrag, etwa durch die Verwirklichung der sogenannten Tiergefahr, ist hingegen nicht nachgewiesen.
Die Beklagten haften somit dem Grunde nach zu 100 %.
Aufgrund des überzeugenden und nachvollziehbaren Gutachtens des Professors … von der Universität … steht auch fest, dass die Verletzungen des Hundes mit dem Autounfall kompatibel sind und die Behandlungskosten angemessen, und dass richtig abgerechnet wurde und ebenfalls, dass eine Physiotherapie bei solchen Verletzungen notwendig ist.
Somit waren die Beklagten antragsgemäß zu verurteilen.
Auch der Feststellungsantrag war zuzusprechen, weil nicht auszuschließen ist, dass noch weitere Verletzungsfolgen entstehen könnten.
Rechtsanwaltskosten wurden in Höhe einer 1,3-fachen Gebühr, weil es sich um eine durchschnittliche Angelegenheit handelt, jedoch aus einem Betrag von 6.794,00 €, vergleiche Anlage K 6, zugesprochen. Deshalb war die klage in geringem Umfang abzuweisen.
Die Zinsen sind gemäß den §§ 286, 288, 291 BGB geschuldet.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.


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