Zivil- und Zivilprozessrecht

Vermittlung von Hunden aus dem Ausland – Rückgabe des Hundes

Aktenzeichen  9 C 67/19

Datum:
11.6.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 23168
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Ebersberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 307 Abs. 1, § 433, § 688, § 985

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 500,00 € festgesetzt.

Gründe

Gemäß § 495 a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch nach § 985 BGB auf Rückgabe des Hundes.
Zwar hat der Kläger nachgewiesen durch die Vorlage der Erklärung der Gemeinde Olbia vom 08.04.2018, dass er dort die Pflegschaft für den streitgegenständlichen Hund Felice beantragt hat und sich darüber bewusst ist, dass er, wenn er innerhalb von 60 Tagen nach diesem Antrag nicht auf die Adoption verzichtet, in jedem Sinn der rechtmäßige Eigentümer des oben genannten Hundes wird. Sonach kommt die aufschiebend bedingten Übereignung des Hundes durch die Gemeinde Olbia an den Kläger nach Ablauf von sechs Monaten, also mit Ablauf des 08.10.2018, in Betracht.
Mit der Übernahme der Pflegschaft hat der Kläger allerdings die vollen Handlungsbefugnisse über den Hund erhalten, wo von der Kläger selbst auch ausgeht, da er in der Klage ausführt, dass die von ihm vermittelten Hunde zunächst im Eigentum der Comune Olbia stehen und das Eigentum auf ihn übergehen würde, wenn eine Vermittlung anstünde. Auch die Beklagte geht von einer berechtigten Weitergabe des Hundes durch den Kläger an die Beklagte aus, da sie sich auf einen Eigentumsübergang im Rahmen eines Kaufvertrages beruft.
Tatsächlich ist der Vertrag zwischen der Gemeinde Olbia und den Kläger dahingehend auszulegen, dass der Kläger den Hund ohne jegliche Beschränkungen zum Zweck der Verwahrung und/oder Vermittlung übernimmt, ihn also auch an Dritte weitergeben darf. Gelingt die Weitergabe nicht und der Kläger widerspricht nicht innerhalb der Frist von 60 Tagen, ist er Eigentümer und allein Verantwortlicher bezüglich des Tieres.
Der Vertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten vom 14.05.2018 ist folglich ein berechtigtes Rechtsgeschäft des Klägers im eigenen Namen mit der Beklagten, da die Comune Olbia ersichtlich keinen Wert auf Rückübernahme des Tieres legt.
Der Vertrag kann nicht, wie die Klagepartei meint, als atypischer Verwahrvertrag angesehen werden. Der Vertrag ist darauf ausgerichtet, das Tier mit allen Verantwortlichkeiten an einen Dritten zu übergeben, der keinerlei Anspruch auf Gewährleistung, auf Aufwendungsersatz oder sonstiges hat, aber Pflichten in einem Umfang übernehmen soll, die dem Vertragsrecht nach BGB in keiner Weise entsprechen. So behält sich der Kläger sogar für den Fall der Eigentumsübertragung auch noch die Eigentumsrechte an etwaigen Welpen und die Berechtigung, etwa erzielbare Erlöse einzubehalten, vor.
Nachdem der Vertrag formularmäßig verwendet wird, was unstreitig ist, und es sich nicht um eine individuelle Vertragsgestaltung zwischen den beiden Prozessparteien handelt, sind seine Klauseln als Allgemeine Geschäftsbedingungen an §§ 305 f BGB zu messen. Sie unterliegen der Inhaltskontrolle des § 307 BGB und stellen sich vorliegend insgesamt als unwirksam im Sinn von § 307 Abs. 1 BGB dar, da sie die Beklagte unangemessen benachteiligen, insbesondere mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren sind und wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrages ergeben, derart einschränken, dass die Erreichung des Vertragszweckes gefährdet ist.
Nach dem gesamten Vertragsinhalt gehen alle Verpflichtungen auf den Übernehmer eines von der Klagepartei vermittelten Hundes über. Während er letztlich keinerlei Rechte hat, selbst nach Ablauf der vorgesehenen sechsmonatigen Probezeit, hat der Kläger noch das Kontrollrecht und sogar noch das wirtschaftliche Recht an etwaigen Welpen eines vermittelten Tieres. Eine solche Konstellation ist im Rahmen eines Vewahrvertrages nach § 688 BGB gesetzlich in keiner Weise vorgesehen. Auch geht der vorliegende Vertrag dahin, dass nach einer gewissen Bewährungsprobe das Eigentum auf den Übernehmer des Hundes übergehen soll, der aber von Anfang an sämtliche Verpflichtungen trägt. Eine „Aufbewahrung“ liegt ersichtlich nicht vor, sondern das vermittelte Tier soll nach Möglichkeit beim Dritten verbleiben. Ist die Obhut eine Hauptpflicht des Verwahrungsvertrages, so verstößt ein Haftungsausschluss, der zwar grundsätzlich zulässig ist, regelmäßig gegen § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB (Rand-Nr. 7 zu § 688 bei Palandt, BGB, 75. Auflage).
Die Vertragsklauseln sind auch in sich widersprüchlich, da sie nur hinsichtlich des Eigentumsübergangs differenzieren, ob das vermittelte Tier kürzer oder länger als sechs Monate beim Übernehmer ist, nicht aber hinsichtlich alle anderen Punkte. Sonach ist die Klausel der sechsmonatigen Probezeit, Ziffer 2, unklar und damit ebenfalls unwirksam im Sinn von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Die Beklagte hat für den Hund insgesamt 480,00 € bezahlt, der Streitwert wird von der Klagepartei mit 500,00 € angegeben. Die Beklagte hat, wenn auch unter anderen Bezeichnungen, also einen Preis für den Hund bezahlt, der nur unwesentlich unter dem angegebenen Wert des Tieres liegt.
Nach Ziffer 25 des Vertrages soll die Gültigkeit des Vertrages unberührt bleiben, wenn einzelne Bestimmungen des Vertrages unwirksam sind. Daher ist der Vertrag im Wege der Auslegung nur als Kaufvertrag im Sinn von § 433 BGB interpretierbar mit der Pflicht des Klägers zur Übereignung der „Kaufsache“ Hund, sobald der Kaufpreis entrichtet ist, § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB. In diesem Fall wird auch der Gewährleistungsausschluss des Klägers ohne weiteres zulässig und der im Vertrag vorgesehene Gefahrübergang auf die Beklagte ab Übergabe des Tieres erklärt sich aus § 446 BGB.
Ein Kauf auf Probe im Sinn von 454 BGB kommt bei Auslegung des Vertrages ebenso in Betracht, der allerdings allenfalls die Beklagte zur Zurückgabe des Hundes vor Ablauf von sechs Monaten berechtigen würde, nicht aber den Kläger zur Rückforderung des Tieres.
Die von den Parteien zitierten gerichtlichen Entscheidungen haben in wesentlichen gemein, dass bei Verwendung vorformulierter Klauseln, wie hier, eine Wirksamkeitskontrolle nach §§ 305 f BGB stattzufinden hat. Die von der Klagepartei zitierte Rechtsprechung des Amtsgerichts Krefeld (Urteil vom 01.09.2006, Az.: 7 C 255/06 und des Landgerichts Krefeld vom 13.04.2007, Az.: 1 F 79/06) ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, da es dort um die Vermittlung eines herrenlosen Tieres durch ein deutsches Tierheim, also einen gänzlich anderen Vermittlungs-Sachverhalt geht. Das Urteil des Oberlandesgerichts Celle vom 28.01.2009 (3 U 186/08) befasst sich mit einem „Schutzvertrag“ mit Übergabe eines Ponys zu Zuchtzwecken und der Frage, wann eine Vertragsstrafe verwirkt ist. Die rechtliche Einordnung des dortigen Schutzvertrages wird im Urteil nicht näher erläutert, sondern dort geht es ausschließlich um die Frage, ob ein Anspruch auf Vertragsstrafe gegeben ist oder nicht und sich daran eine Pflichtverletzung aus einem Anwaltsvertrag anknüpft. Letztlich sind auch die einzelnen Vertragsbedingungen des Falles unbekannt, der der Entscheidung des Landgerichts Essen vom 18.11.2011 (Az.: 15 S 277/10) zugrunde liegt. Auch diese Entscheidung befasst sich ausführlich nur mit der Frage der Vertragsstrafe und aus den Gründen ist nur ersichtlich, dass es um die Vermittlung zweier Hunde ging, deren Übereignung an die beklagte Partei nicht stattgefunden hatte. Woraus sich die fehlende Übereignung in diesem Rechtsstreit ergibt, ist aus den Entscheidungsgründen nicht ersichtlich.
Auch das Urteil des Amtsgerichts München vom 14.06.2017 (Az.: 171 C 17635/16) ist nicht ohne weiteres vergleichbar, da es in dem dortigen „Schutzvertrag“ ausdrücklich heißt, dass ein „Schutz- und Kaufvertrag geschlossen“ werde. Das Gericht sah einen Vertragsverstoß als gegeben an, hielt aber die Vertragsstrafenabrede für unwirksam. Auch hat sich das Landgericht München I in seinem Beschluss vom 13.10.2017 (Az.: 31 S 10544/17) im wesentlichen mit der Wirksamkeit der Vertragsstrafenklausel befasst. Im Unterschied zum vorliegenden Rechtsstreit führt das Landgericht München I zu dem dort vorgelegten Vertragsformular aus, dass ein Kaufvertrag vorliegt, da von einem Kaufgegenstand die Rede ist und der Vertrag gestrichene Klauseln zum Kaufpreis, zur Ankaufsuntersuchung und zur Haftung enthält. Offensichtlich ging es dort also nachweislich um einen Kaufvertrag, was vorliegend aber gerade strittig ist.
Beim Vewahrungsvertrag steht im Vorgrund die Pflicht zur Aufbewahrung, also Gewährung von Obhut und Pflege für ein Tier. In einem solchen Fall jegliche Haftung ausschließen und sämtliche Risiken auf den Übernehmer abwälzen zu wollen, widerspricht dem Vewahrungsvertrag eklatant. Auch unter Berücksichtigung der zitierten gerichtlichen Entscheidungen ist daher von der Unwirksamkeit der vorliegenden Bestimmungen des „Adoptionsvertrages“ in seiner Gesamtheit auszugehen und der Vertrag kann nur als Kaufvertrag ausgelegt werden, welchen der Kläger berechtigterweise als Vermittler der Gemeinde Olbia mit der Beklagten abgeschlossen hat.
Damit ist aber die Beklagte Eigentümerin des Hundes geworden und weder zur Herausgabe noch zu weiteren Mitwirkungshandlungen verpflichtet.
Selbst wenn man einen atypischen Verwahrvertrag im Sinn von § 688 BGB annehmen wollte, wäre das Herausgabeverlangen abzuweisen, denn eine Pflichtverletzung durch die Beklagte ist nicht ersichtlich und allenfalls unsubstantiiert behauptet. Durch ein Telefonat mit einer dritten Person will ein Mitglied des klägerischen Vereins Kenntnis davon haben, dass der Hund bei den Nachbarn der Beklagten über den Zaun gesprungen sei, während die Beklagte diese Nachbarn als Zeugen dafür anbietet, dass der Hund sich durch ein Schlupfloch aus dem Garten davon machte. Es ist nicht zu verkennen, dass das Tier tatsächlich in große Gefahr geriet, was die Beklagte nicht bestreitet. Dass das Entweichen des Hundes vorhersehbar war und das Tier nicht ausreichend gesichert war, ist jedoch durch Angaben vom Hörensagen nicht beweisbar.
Die Beklagte hat sofort alles unternommen, um den vermittelten Hund zurückzuerlangen und war dabei nicht verpflichtet, sich nur und ausschließlich auf die Hilfe des Klägers bei der Suche zu versteifen. Diese Hilfe letztlich abgelehnt zu haben wie auch eine Untersuchung durch das vom Kläger benannte Labor hinsichtlich des zweiten Mittelmeerchecks kann allenfalls eine so untergeordnete Pflichtverletzung darstellen, dass jegliches Herausgabeverlangen treuwidrig im Sinn von § 242 BGB wäre. Im übrigen wäre ein solches Herausgabeverlangen wohl auch nicht mit den Grundsätzen des Tierschutzes in Einklang zu bringen, dem sich der Kläger nach eigenen Bekunden verschrieben hat. Die Beklagte hat eine Überprüfung durch den Tierschutzverein M. absolviert, die positiv ausgefallen ist; der Platz des Hundes wird als „Traumplatz“ bezeichnet und das einmalige Weglaufen des Tieres, das kurzfristig bei Nachbarn betreut wurde, stellt keinerlei beachtlichen Pflichtenverstoß in Sinne eines atypischen Verwahrvertrages dar, wenn ein solcher überhaupt gegeben wäre.
Die Klage ist somit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 4 ZPO liegen nicht vor. Weder ist die Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung, noch erfordern die Rechtsfortbildung oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts.


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