Aktenzeichen I B 27/10
§ 17 S 2 Nr 2 KStG 2002
§ 302 Abs 4 AktG
§ 69 Abs 3 FGO
Leitsatz
Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass
a) die für die körperschaftsteuerliche Organschaft mit einer GmbH als Organgesellschaft erforderliche Vereinbarung einer Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG auch die Vereinbarung der Verjährungsregelung des § 302 Abs. 4 AktG voraussetzt (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 16. Dezember 2005, BStBl I 2006, 12) und dass
b) mit der Vertragsklausel
“Die (Organträgerin) ist entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG verpflichtet, jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind”
eine Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG vereinbart wird (gegen Verfügung der OFD Rheinland vom 12. August 2009, DStR 2010, 1136) .
Verfahrensgang
vorgehend Sächsisches Finanzgericht, 30. November 2009, Az: 6 V 1426/09, Beschlussnachgehend BFH, 15. September 2010, Az: I B 27/10, Beschluss
Tatbestand
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I. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Antragstellerin) begehrt die Aussetzung der Vollziehung (AdV) von Bescheiden über die Festsetzung von Steuervorauszahlungen.
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Die Antragstellerin ist eine GmbH, die ein abweichendes Wirtschaftsjahr hat, das jeweils zum 30. Juni endet. Am 6. Dezember 2006 schloss die Antragstellerin mit ihrer alleinigen Gesellschafterin –der D-AG– einen erstmals zum 30. Juni 2012 kündbaren Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag (BGV), in dem sich die Antragstellerin zur Abführung ihres Gewinns an die D-AG verpflichtete. Der mit “Verlustübernahme” überschriebene § 3 Abs. 1 BGV hatte zunächst folgenden Wortlaut:
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“Die (D-AG) ist entsprechend den Vorschriften des § 302 Absatz 1 und 3 des Aktiengesetzes verpflichtet, jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind.”
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Im gemeinsamen Bericht der Antragstellerin und der D-AG nach § 293a des Aktiengesetzes (AktG) vom 6. Dezember 2006 heißt es u.a.:
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“Die (D-AG) verpflichtet sich, gemäß § 302 AktG jeden während der Vertragsdauer entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen.”
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Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt –FA–) sah die Voraussetzungen einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft nicht als gegeben an, weil im Hinblick auf die Verlustübernahme die Verjährungsregelung des § 302 Abs. 4 AktG (in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 9. Dezember 2004, BGBl I 2004, 3214) nicht Bestandteil des BGV geworden sei. Er setzte deshalb mit Bescheid vom 6. Juli 2009 Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer für die Wirtschaftsjahre 2008/2009, 2009/2010 sowie für 2010/2011 und weitere Jahre fest. Die Antragstellerin erhob hiergegen Einspruch, über den das FA noch nicht entschieden hat.
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Die Antragstellerin beantragte sodann beim FA die AdV des Vorauszahlungsbescheids und reichte eine “Klarstellungsvereinbarung” zwischen Antragstellerin und D-AG vom 25. August 2009 ein, in der es u.a. heißt:
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“Die (Antragstellerin) und die (D-AG) waren und sind sich darin einig, die umfassende Geltung der Bestimmung des § 302 AktG vereinbart zu haben.
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Es sind von dritter Seite Zweifel aufgekommen, ob der Wortlaut des Vertrages die gesamten Bestimmungen zur Verlustübernahme, insbesondere die Verjährungsbestimmungen in § 302 Abs. 4 AktG umfasst: Zur Beseitigung des Widerspruchs zwischen dem Vertrag und dem Gemeinsamen Bericht wird § 3 des Vertrages vom 06.12.2006 daher wie folgt klargestellt:
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§ 3 Verlustübernahme
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(1) Die (D-AG) ist entsprechend den Vorschriften des § 302 des Aktiengesetzes verpflichtet, jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind. …”
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Das FA lehnte die AdV ab. Ohne Erfolg blieb auch der anschließend an das Sächsische Finanzgericht (FG) gerichtete AdV-Antrag der Antragstellerin, den das FG mit Beschluss vom 30. November 2009 6 V 1426/09 abgelehnt hat.
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Gegen den FG-Beschluss richtet sich die vom FG zugelassene Beschwerde der Antragstellerin, der das FG nicht abgeholfen hat. Im Beschwerdeverfahren reichte die Antragstellerin eine “Änderungsvereinbarung” zwischen der Antragstellerin und der D-AG vom 2. Dezember 2009 ein. Danach wird der BGV in der Fassung der “Klarstellungsvereinbarung” vom 25. August 2009 dahin geändert, dass er erstmals zum Ablauf des 30. Juni 2015 gekündigt werden kann. Nach Zustimmung durch die Gesellschafterversammlung der Antragstellerin und die Hauptversammlung der D-AG wurden die Vertragsänderungen gemäß der “Klarstellungsvereinbarung” und der “Änderungsvereinbarung” am 28. Januar 2010 im Handelsregister eingetragen.
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Während des Beschwerdeverfahrens hat das FA mit Bescheid vom 25. Januar 2010 die Höhe der ab dem vierten Kalendervierteljahr 2009 zu leistenden Vorauszahlungen herabgesetzt.
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Die Antragstellerin beantragt, den FG-Beschluss aufzuheben, die Vollziehung des Bescheids des FA vom 25. Januar 2010 hinsichtlich der Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer in Höhe von 9.048 € (Jahresbetrag) auszusetzen und –soweit der Bescheid bereits vollzogen worden ist– die Vollziehung aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde hat teilweise Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet.
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1. Nachdem die Antragstellerin ihre Beschwerde auf die mit Bescheid vom 25. Januar 2010 festgesetzten Vorauszahlungsbeträge zur Körperschaftsteuer beschränkt hat, ist der ursprüngliche Vorauszahlungsbescheid des FA vom 6. Juli 2009 –soweit er sich auf Vorauszahlungsbeträge bis einschließlich des dritten Kalendervierteljahrs 2009 bezieht– nicht mehr Gegenstand des Rechtsmittels.
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2. Soweit die Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer auf dem Herabsetzungsbescheid vom 25. Januar 2010 beruhen (Vorauszahlungen ab dem vierten Kalendervierteljahr 2009), ist der angefochtene FG-Beschluss aus verfahrensrechtlichen Gründen aufzuheben, weil sich insoweit während des Beschwerdeverfahrens der Verfahrensgegenstand geändert hat. Das FG hat über die AdV des ursprünglichen Vorauszahlungsbescheids vom 6. Juli 2009 entschieden. An die Stelle dieses Bescheids ist in Bezug auf die ab dem vierten Kalendervierteljahr 2009 zu leistenden Vorauszahlungen der Bescheid vom 25. Januar 2010 getreten, der insoweit entsprechend § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) Gegenstand des Verfahrens geworden ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 6. November 1987 III B 101/86, BFH/NV 1988, 312). Der angefochtene Beschluss ist insoweit gegenstandslos. Da sich die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffs nicht geändert haben, kann der Senat über die streitigen Rechtsfragen selbst entscheiden und braucht er die Sache nicht an das FG zurückverweisen.
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3. Soweit sich der Bescheid vom 25. Januar 2010 auf Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer für das Wirtschaftsjahr 2009/2010 bezieht (Zahlungen bis einschließlich des zweiten Kalendervierteljahrs 2010), ist der Antrag auf AdV abzulehnen.
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a) Nach § 69 Abs. 3 Satz 1 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung soll –u.a. und soweit hier einschlägig– erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen (§ 69 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO). Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, kann das Gericht ganz oder teilweise die Aufhebung der Vollziehung, auch gegen Sicherheit, anordnen (§ 69 Abs. 3 Satz 3 FGO).
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Ernstliche Zweifel i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO sind u.a. dann zu bejahen, wenn bei summarischer Prüfung des angefochtenen Steuerbescheides neben für seine Rechtmäßigkeit sprechende Umstände gewichtige Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen bewirken (vgl. BFH-Beschluss vom 10. Februar 1967 III B 9/66, BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182, seitdem ständige Rechtsprechung).
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b) Derartige ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Vorauszahlungsbescheids bestehen –soweit das Wirtschaftsjahr 2009/2010 betroffen ist– nicht. Der Auffassung des FG, wonach der BGV in seiner ursprünglichen Fassung keine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft i.S. von § 14 i.V.m. § 17 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 2002) zwischen der Antragstellerin und der D-AG begründet hat, ist nach summarischer Prüfung zuzustimmen.
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aa) Verpflichtet eine andere als die in § 14 Abs. 1 Satz 1 KStG 2002 bezeichnete Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland –und damit auch eine inländische GmbH– sich wirksam, ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen i.S. des § 14 KStG 2002 abzuführen, so gelten nach § 17 Satz 1 KStG 2002 die §§ 14 bis 16 KStG 2002 entsprechend. Als weitere Voraussetzung für die Anerkennung der Organschaft verlangt § 17 Satz 2 KStG 2002 u.a., dass eine Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG vereinbart wird (§ 17 Satz 2 Nr. 2 KStG 2002). Nach ständiger Spruchpraxis des BFH (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 3. März 2010 I R 68/09, Deutsches Steuerrecht –DStR– 2010, 858, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, m.w.N.) muss der Ergebnisabführungsvertrag eine dem § 302 AktG entsprechende Vereinbarung enthalten. Das erstreckt sich auf § 302 AktG in seiner Gesamtheit und in allen seinen Bestandteilen (in den jeweiligen Regelungsfassungen), also seit Einfügung der Verjährungsregelung des § 302 Abs. 4 AktG durch das Gesetz zur Anpassung von Verjährungsvorschriften an das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts mit Wirkung vom 15. Dezember 2004 auch auf diese (Erle/Heurung in Erle/Sauter, Körperschaftsteuergesetz, 3. Aufl., § 17 Rz 37; Schothöfer, GmbH-Rundschau –GmbHR– 2005, 982; vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 16. Dezember 2005, BStBl I 2006, 12, wonach allerdings das Fehlen eines Hinweises auf § 302 Abs. 4 AktG in vor dem 1. Januar 2006 abgeschlossenen Ergebnisabführungsverträgen von der Verwaltung nicht beanstandet wird; dazu Fatouros, Finanz-Rundschau 2006, 163). § 302 Abs. 4 AktG sieht eine Verjährung der Ansprüche aus § 302 AktG in zehn Jahren seit dem Tag, an dem die Eintragung der Beendigung des Vertrags in das Handelsregister nach § 10 des Handelsgesetzbuchs bekannt gemacht worden ist, vor und weicht damit von den allgemeinen Verjährungsregeln der §§ 195, 199 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ab.
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bb) Die ursprüngliche Fassung des BGV zwischen der Antragstellerin und der D-AG (BGV a.F.) enthält keine Vereinbarung, die § 302 Abs. 4 AktG einbezieht. Vielmehr werden nach § 3 BGV a.F. lediglich § 302 Abs. 1 und 3 AktG, nicht aber die übrigen Absätze der Vorschrift als entsprechend anwendbar bezeichnet. Die Vertragsbestimmung kann deshalb nach der gebotenen objektivierten Auslegung von Unternehmensverträgen (dazu Senatsurteil vom 28. November 2007 I R 94/06, BFHE 220, 51) nur so verstanden werden, dass die Geltung der nicht erwähnten Regelung des § 302 Abs. 4 AktG nicht vereinbart worden ist. An dieser Auslegung vermag die Formulierung in der gemeinsamen Erklärung der Vertragsparteien gemäß § 293a AktG, wonach sich die D-AG verpflichte, gemäß § 302 AktG jeden Jahresfehlbetrag auszugleichen, nichts zu ändern. Denn dabei handelt es sich lediglich um eine allgemeine Beschreibung, die gegenüber der konkreten Vertragsklausel des § 3 BGV a.F. nachrangig ist und deshalb nicht dazu führen kann, die dort getroffenen Regelungen entgegen deren eindeutigen Wortlaut auszulegen.
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cc) Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Verjährungsregeln des § 302 Abs. 4 AktG in zivilrechtlicher Hinsicht möglicherweise auch ohne die ausdrückliche Einbeziehung in Ergebnisabführungsverträgen mit einer GmbH anwendbar sind (so z.B. Liebscher in Münchener Kommentar zum GmbH-Gesetz, 2010, § 13 Anh. Rz 846). Insoweit gilt nichts anderes als für die Regelungen über Verzicht und Vergleich hinsichtlich des Verlustübernahmeanspruchs in § 302 Abs. 3 AktG, die nach § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG 2002 unabhängig davon im Ergebnisabführungsvertrag vereinbart sein müssen, dass nach der jüngeren zivilrechtlichen Rechtsprechung die Regelung des § 302 AktG im GmbH-Konzern analog anzuwenden ist. Insoweit wird nochmals auf das Senatsurteil in DStR 2010, 858 und die dortigen Nachweise –auch zur Gegenauffassung– Bezug genommen.
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dd) Die mit der “Klarstellungsvereinbarung” vom 25. August 2009 vorgenommene und im Januar 2010 im Handelsregister eingetragene Änderung des § 3 BGV vermag im Hinblick auf das Wirtschaftsjahr 2009/2010 nichts am Fehlen der Voraussetzungen des § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG 2002 zu ändern. Die in § 17 Satz 1 KStG 2002 für den GmbH-Konzern angeordnete entsprechende Anwendung von § 14 KStG 2002 betrifft auch die Voraussetzungen zu Beginn und Ende der Wirksamkeit des Ergebnisabführungsvertrages. Der Vertrag muss also gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG 2002 auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen sein und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden. Diese zeitlichen Erfordernisse erstrecken sich gleichermaßen auf die Einbeziehung der Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG gemäß § 17 Satz 2 Nr. 2 KStG 2002 (vgl. Senatsurteile vom 22. Februar 2006 I R 74/05, BFH/NV 2006, 1513 und I R 73/05, GmbHR 2006, 890 sowie in DStR 2010, 858).
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4. In Bezug auf die Vorauszahlungen zur Körperschaftsteuer für die Wirtschaftsjahre ab 2010/2011 (Zahlungen ab dem dritten Kalendervierteljahr 2010) ist die Aussetzung bzw. –soweit er bereits vollzogen ist– die Aufhebung der Vollziehung des Bescheids vom 25. Januar 2010 anzuordnen. Denn nach summarischer Prüfung erfüllt der BGV seit der Eintragung der mit der “Klarstellungsvereinbarung” vom 25. August 2009 und der “Änderungsvereinbarung” vom 2. Dezember 2009 vorgenommenen Änderungen der §§ 3, 5 BGV (BGV n.F.) in das Handelsregister am 28. Januar 2010 die Voraussetzungen der §§ 14, 17 KStG 2002.
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a) Nach § 3 Abs. 1 BGV n.F. ist die D-AG “entsprechend den Vorschriften des § 302 des Aktiengesetzes verpflichtet, jeden während der Vertragsdauer sonst entstehenden Jahresfehlbetrag auszugleichen, soweit dieser nicht dadurch ausgeglichen wird, dass den anderen Gewinnrücklagen Beträge entnommen werden, die während der Vertragsdauer in sie eingestellt worden sind”. Diese Vereinbarung ist so zu verstehen, dass damit sämtliche Regelungen des § 302 AktG zum Vertragsinhalt gemacht werden.
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Der Auffassung des FA (vgl. auch Verfügung der Oberfinanzdirektion Rheinland vom 12. August 2009, DStR 2010, 1136 zu einer vergleichbaren Klausel), durch § 3 Abs. 1 BGV n.F. werde lediglich auf § 302 Abs. 1 AktG, nicht aber auch auf dessen Absätze 3 und 4 Bezug genommen, vermag der Senat nicht zu folgen. Die Vertragsklausel verweist in ihrem ersten Teil insgesamt auf die “Vorschriften des § 302 AktG”, mithin auch auf dessen Absätze 3 und 4. Die im Anschluss daran erfolgende Wiedergabe des Wortlauts des § 302 Abs. 1 AktG soll erkennbar der Beschreibung des Tatbestands der Verlustübernahme dienen. Sie ist deshalb nicht dahin zu verstehen, dass sie die vorangestellte umfassende Bezugnahme auf § 302 AktG relativieren und dessen Absätze 3 und 4 von der Einbeziehung in den Vertrag ausnehmen soll (ebenso Lenz, Die Unternehmensbesteuerung 2010, 179, 180; Rödder, DStR 2010, 1218, 1219).
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b) Das erste Wirtschaftsjahr der Antragstellerin, in dem die durch die Eintragung im Handelsregister wirksam gewordene geänderte Regelung des § 3 BGV n.F. von Anfang an gilt, ist das am 1. Juli 2010 beginnende Wirtschaftsjahr 2010/2011. Da nach der ebenfalls geänderten Bestimmung des § 5 BGV n.F. der Vertrag erstmals zum 30. Juni 2015 gekündigt werden kann, ist er ab diesem Zeitpunkt mindestens noch auf fünf Jahre abgeschlossen und kann in diesem Zeitraum tatsächlich durchgeführt werden (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG 2002).
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Mithin ist nach summarischer Prüfung ab dem 1. Juli 2010 vom Bestehen einer körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft zwischen der Antragstellerin und der D-AG auszugehen. Das hat gemäß § 17 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 KStG 2002 zur Folge, dass ab diesem Zeitpunkt die Gewinne der Antragstellerin körperschaftsteuerrechtlich nicht mehr dieser, sondern der D-AG zuzurechnen sind und die Antragstellerin dafür mithin voraussichtlich keine Körperschaftsteuern entrichten muss. Da nach § 31 Abs. 2 KStG 2002 i.V.m. § 37 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes bei einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr die Vorauszahlungen auf die Körperschaftsteuer bereits während des Wirtschaftsjahrs zu entrichten sind, können im Streitfall für die Zeit ab dem 1. Juli 2010 gegen die Antragstellerin keine Vorauszahlungen auf die Körperschaftsteuer mehr festgesetzt werden.