Verwaltungsrecht

Erfolglose Klage auf Erteilung einer Erlaubnis zur Rodung von Schutzwald

Aktenzeichen  19 ZB 15.2409

Datum:
18.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 17483
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 86 Abs. 1, Abs. 2, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3, Nr. 5
GG Art. 103 Abs. 1
BayWaldG Art. 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1, S. 2, Abs. 4, Abs. 6 S. 1 Nr. 1, Abs. 7

 

Leitsatz

1 Die Ausnahmeregelung in Art. 9 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BayWaldG ist zum Schutz des Waldes sehr beschränkt und eng umgrenzt.(Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2 Prozessual sind Privatgutachten wie Beteiligtenvorbringen zu behandeln. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
3 Es besteht eine Vermutung dafür, dass sich das Gericht der aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Pflichten bewusst gewesen und ihnen nachgekommen ist, namentlich das entscheidungserhebliche Vorbringen zur Kenntnis genommen und erwogen hat. Zur Widerlegung dieser Vermutung bedarf es der Darlegung und des Vorliegens besonderer Umstände des Einzelfalls. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 25 K 13.3979, M 25 K 13.3988, M 25 K 13.3989 2015-05-13 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsantragsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsantragsverfahren wird auf 15.000,00 € festgesetzt.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg.
Die Kläger wenden sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 13. Mai 2015, durch das ihre Klagen gegen die Bescheide des Beklagten vom 9. August 2013 abgewiesen worden sind. Mit diesen Bescheiden hat der Beklagte Anträge auf Erlaubnis zur Rodung von ca. 1,8 ha Schutzwald zum Bau eines auf einer Höhe von ca. 870 m beginnenden, über 14 Wegkehren bis zu einer Höhe von 1260 m ansteigenden, ca. 3,4 km langen (davon ca. 2,6 km durch Schutzwald verlaufenden) Forstweges im Bereich St.-S./F. abgelehnt.
Das der rechtlichen Überprüfung durch den Senat ausschließlich unterliegende Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) rechtfertigt keine Zulassung der Berufung. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.
1. Die Berufung der Kläger ist nicht aufgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts bestünden nur dann, wenn die Klägerseite im Zulassungsverfahren einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten infrage gestellt hätte (BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – juris Rn. 11; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – juris Rn. 16). Solche schlüssigen Gegenargumente liegen bereits dann vor, wenn im Zulassungsverfahren substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufgezeigt werden, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546). Es reicht nicht aus, wenn Zweifel lediglich an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen bestehen, auf welche das Urteil gestützt ist. Diese müssen vielmehr zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründen. Das wird zwar regelmäßig der Fall sein. Jedoch schlagen Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente nicht auf das Ergebnis durch, wenn das angefochtene Urteil sich aus anderen Gründen als richtig darstellt (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4/03 – juris Rn. 9).
Die Kläger rügen, die Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Erlaubnis zur teilweisen Rodung des Schutzwaldes lägen vor, weil keine Nachteile für die Schutzfunktion des Schutzwaldes zu befürchten seien. Das Verwaltungsgericht habe sich weder vertieft mit den Vorteilen des Vorhabens auseinandergesetzt, die im von der Klägerseite vorgelegten Sachverständigengutachten und in den befürwortenden Stellungnahmen anderer Behörden dargelegt seien (verbesserte Waldpflege und langfristige Erhaltung des Schutzwaldes; Reduzierung des Wildverbisses durch erleichterten Gebietszugang; gebietsschonende Gestaltung der Rodungsflächen), noch sämtliche in Betracht kommende Aspekte geprüft und gewürdigt. Es sei nicht erkennbar, von welcher betroffenen Rodungsfläche das Verwaltungsgericht ausgehe. Nicht die zu rodende Fläche betrage 80 ha, sondern das durch den Forstweg erschlossene Gebiet. Es handle sich nicht um ein unberührtes Schutzwaldgebiet, da bereits vor 17 Jahren zwei ca. 15 bis 25 m breite Schneisen zum Zwecke des Holzabtriebs geschlagen worden seien. Der Weg füge sich durch seinen weitgehend quer zur Hangrichtung geplanten Verlauf (nur in den Kehlen parallel zum Hang) relativ schonend in die vorhandene Hanglage ein. Daher werde kein höheres Lawinenrisiko oder Steinschläge verursacht, wie sich auch aus der im Gutachten des Sachverständigen erwähnten „Barrierewirkung gegenüber ableitenden Schneemassen“ ergebe. Obwohl das zuständige Landratsamt Berchtesgaden mit Schreiben vom 27. Dezember 2012 dem Vorhaben unter Auflagen sein Einvernehmen erteilt habe, habe das Verwaltungsgericht nicht überprüft, ob der Erlass von Nebenbestimmungen den befürchteten Nachteilen abhelfen könne. Das Verwaltungsgericht verkenne, dass die mit dem Forstweg verbundene Verbesserung der Bewirtschaftung nicht nur „wünschenswert“, sondern ausweislich der Erkenntnisse des Sachverständigen im Interesse des öffentlichen Wohls geboten sei. Der Zweck des BayWaldG gebiete, den Wald nachhaltig zu bewirtschaften, um diese Leistungen für das Wohl der Allgemeinheit dauerhaft erbringen zu können. Die Ziele und Grundsätze der Raumordnung und damit auch die Vorgaben des bayerischen Landesentwicklungsprogramms seien bei der forstlichen Fachplanung gem. § 5 Abs. 1 BayWaldG zu berücksichtigen. Ausweislich des Sachverständigengutachtens diene der Weg der nachhaltigen Bewirtschaftung des Bergwaldes im Sinne des Landesentwicklungsprogramms 2013.
Dieses Zulassungsvorbringen ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung zu begründen.
1. 1 Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, die Kläger hätten keinen Anspruch auf Erteilung einer Schutzwaldrodungserlaubnis gem. Art. 9 Abs. 2 Satz 1 und 2, Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BayWaldG, wonach die Rodungserlaubnis zur Überführung von Schutzwald insbesondere in Waldwege zu erteilen ist, sofern Nachteile für die Schutzfunktion des Waldes nicht zu befürchten sind, ist nicht zu beanstanden.
Tragendes Leitprinzip des Gesetzgebers bei Erlass des Bayerischen Waldgesetzes war die Erhaltung des Waldes und seiner Funktionen (LT-Drs. 7/6654 S. 1, S. 19 ff.). Die ausschließlich am Allgemeinwohl orientierten Regelungen des Art. 9 BayWaldG lassen das Bemühen des Gesetzgebers um einen bestmöglichen Schutz des Waldes erkennen, wobei die gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Walderhaltung und privaten Interessen eines Waldbesitzers durch die abgestuften und differenzierten Regelungen weitgehend bereits vorgenommen und den Behörden entzogen ist (Zerle/Hein/Brinkmann/Foerst/Stöckl, Forstrecht in Bayern, Stand 5/2018, Art. 9 Rn. 15, LT-Drs. 7/6654, S. 19). Die Vorschrift enthält nicht nur die Versagungsvoraussetzungen hinsichtlich der Rodung von Schutzwald (Art. 9 Abs. 4 BayWaldG), sondern auch die Voraussetzungen, unter denen die Rodungserlaubnis ausnahmsweise zu erteilen ist (Art. 9 Abs. 6 und 7 BayWaldG).
Die Ausnahmeregelung in Art. 9 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BayWaldG ist zum Schutz des Waldes sehr beschränkt und eng umgrenzt (LT-Drs. 7/6654, S. 19). Wann Nachteile für die Schutzfunktion des Waldes zu befürchten sind, muss anhand der jeweiligen Besonderheiten des konkreten Einzelfalls beurteilt werden, insbesondere im Hinblick auf die jeweilige Schutzfunktion des Waldes, die Größe und die beabsichtigte Verwendung der gerodeten Fläche (Zerle/Hein/Brinkmann/Foerst/Stöckl, Forstrecht in Bayern, Stand 5/2018, Art. 9 Rn. 19). Den Klägern ist es nicht gelungen, die Prognose des Beklagten betreffend Nachteile für die Schutzfunktion des Waldes zu entkräften.
Die Befürchtung des Beklagten, die für den geplanten Weg erforderliche Waldfläche, der der Waldfunktionsplan für die Region 18, Südostoberbayern, eine besondere Bedeutung für den Boden- und Lawinenschutz zuweist, werde durch die beabsichtigte Trassenführung über 14 Wegkehren in den Bereichen zwischen den Wegegeraden nur noch bedingt in der Lage sein, herabrollende Steine abzufangen und bei entsprechenden Schneelagen den zur Verhinderung eines Lawinenabgangs notwendigen Spannungsabbau in der Schneedecke zu gewährleisten, ist überzeugend. Die Ausführung der Kläger, die hangparallelen Wegstrecken hätten eine Barrierewirkung gegenüber abgleitenden Schneemassen, verdeutlich, dass auch die Kläger in den Bereichen zwischen den Wegegeraden von Schneerutschungen ausgehen. Die Auffassung der Kläger ist zwar nachvollziehbar, trifft aber nur zu, bis der bergseitige Seitengraben – soweit ein solcher überhaupt vorgesehen ist – noch nicht vollständig gefüllt ist. Der Fahrweg selbst kann – im Gegensatz zu einer Waldbestückung von 1.000 bis 5.000 Einzelbäumen pro Hektar (vgl. Erläuterung zu Nr. 2.3 der Ziele des Waldfunktionsplanes für den Teilabschnitt Region 18, Südostoberbayern, S. 25) – die Bindung der Schneedecke an den Boden nicht gewährleisten, da die Querneigung eines Forstweges grundsätzlich in Regen- und Schmelzwasser ableitender Uhrglasform ausgestaltet ist, um das Aufweichen des Wegekörpers durch eindringendes Wasser und anschließende Verformungen beim Befahren des Weges zu vermeiden. Die Gefahr von abgleitenden Schneemassen wird durch die für die Herstellung des Forstweges zu schlagende Schneise von bis zu 8 m Aufhiebsbreite verstärkt, da durch das Fehlen eines abgestuften Kronenraums eine die Lawinenbildung verhindernde ungleichmäßige Ablagerung der Schneedecke nicht mehr erfolgt (vgl. Erläuterung zu Nr. 2.3 der Ziele des Waldfunktionsplanes für den Teilabschnitt Region 18, Südostoberbayern, S. 25).
Die weiteren Befürchtungen des Beklagten, eine Beeinträchtigung der Schutzfunktionen des betroffenen Waldes werde auch deshalb eintreten, weil das Wegevorhaben zum einen (vor allem im Bereich der aus Hauptsturmwindrichtung Westen nachgelagerten, ungeschützten Waldbereiche) neue Angriffsflächen für Starkwindereignisse aller Art schaffe und es zum anderen zu Rindenschädigungen der bislang im Waldinneren geschützt stehenden Bäume durch sog. „Sonnenbrand“ komme (v.a. an den neu geschaffenen, nach Süden ausgerichteten Waldrändern), die im Bereich der betroffenen fichtendominierten Waldbestände zu einer erhöhten Gefährdung durch Borkenkäferbefall führten, sind ebenfalls überzeugend. Die Auffassung der Kläger, die Gefahr von Sonnenbrand und Windwurf sei zwar gegeben, aber aufgrund der geringen Aufhiebsbreiten als eher gering einzuschätzen (z.B. im Vergleich zu erforderlichen Aufhieben für Seiltrassen), überzeugt schon deshalb nicht, weil der von den Kläger herangezogene Sachverständige von unzutreffenden Dimensionen des Wegeprojekts ausgegangen ist. Während im Sachverständigengutachten ausgeführt wird, der Hang könne auf der Wegetrasse mit Steigungsprozenten von 10% überwunden werden, haben die – von den Klägern nicht substantiiert bestrittenen – Messergebnisse des Beklagten ergeben, dass vor allem in durch Rippen und Gruppen dominierten Geländebereichen die Wegetrasse Steigungsprozente von über 20% erreicht. Da das zu erschließende Gelände sehr steil ist (die Hangneigung übersteigt auf einem Großteil der Fläche 30%), ist die Auffassung des Beklagten plausibel, es müsse eine Schneise von bis zu 8 m Aufhiebsbreite in den Wald geschlagen werden, wodurch teilweise erhebliche Wegeböschungen entstehen (im unteren Bereich mit Höhen von bis zu 23 m). Demzufolge kann der Senat nicht davon ausgehen, dass die Bäume nur unwesentlich freigestellt werden.
Es ist weder substantiiert dargetan noch sonst ersichtlich, dass die Befürchtungen des Beklagten durch Nebenbestimmungen zur Rodungserlaubnis ausgeräumt werden könnten. Eine naturschonende Trassenführung ist nach den von den Klägern nicht bestrittenen Ausführungen des Beklagten geländebedingt nicht möglich. Da auf dem geplanten Wege keine alten Pfade oder Ziehwege verlaufen, lässt sich auch dadurch keine Minimierung des Geländeeingriffs erreichen.
Auf die Auffassung der Kläger, das Wegeprojekt bringe Vorteile mit sich (langfristige Erhaltung des Schutzwaldes durch bessere Bewirtschaftungs- und Pflegemöglichkeiten sowie durch verminderte Verbissbelastung infolge leichterer Erreichbarkeit des zur Erschließung vorgesehenen Waldgebiets; die Nachteile, von denen nach dem Ergebnis des Verfahrens auszugehen ist – vgl. oben – lassen eine Annahme echter Vorteile allerdings als fragwürdig erscheinen), kommt es im Rahmen des § 9 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BayWaldG, der lediglich die Nachteile für die Schutzfunktionen des Waldes in den Blick nimmt, nicht an.
1. 2 Die verwaltungsgerichtliche Auffassung, die Rodungserlaubnis könne auch nicht gem. § 9 Abs. 7 BayWaldG erteilt werden, weil die hierfür erforderlichen zwingenden Gründe des öffentlichen Wohls nicht vorlägen, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
1. 2.1 Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich oder vorgetragen, aus denen sich eine Gefahr für die Erhaltung der Schutzfunktionen des Waldbereiches bei Ablehnung der Rodungserlaubnis ergibt.
Den Ausführungen in dem von den Klägern vorgelegten Sachverständigengutachten zufolge sind zwar in den zurückliegenden Jahren in den mittleren Lagen aus Forstschutzgründen nur von Borkenkäfer befallene Bäume gefällt worden und ist in den höheren Lagen jegliche reguläre Waldpflege unterblieben. Trotzdem sieht der Sachverständige die zu erschließende Waldfläche als vorbildlich bewirtschaftet an. In Übereinstimmung hiermit – und auch sonst von den Klägern nicht bezweifelt – wird der zur Erschließung vorgesehene Waldbestand aber von dem Beklagten als weitgehend stabil (mit Ausnahme eines kahlschlagartigen Eingriffs auf zwei 450 m und 750 m langen und ca. 15 bis 25 m breiten Trassen zur Seilbringung in den Jahren 1997/1998) beurteilt; er erfülle seine Schutzfunktionen als Boden- und Lawinenschutzwald derzeit in vollem Umfang. Angesichts des festgestellten Waldzustands sind Pflege- und Pflanzmaßnahmen, die über die bislang (ohne den vorgesehenen Waldweg) vorgenommenen hinausgehen, nicht notwendig. Insbesondere ist, was die Kläger nicht bestritten haben, der Abtransport der von Borkenkäfer befallenen Bäume über einen Forstweg zur Erhaltung der Schutzwaldfunktionen nicht erforderlich.
Um die Schutzfunktionen des Waldes langfristig zu erhalten (und noch zu verbessern) sind sich die Beteiligten jedoch einig, dass der Wildverbiss in den streitgegenständlichen Waldflächen, die Teil des verpachteten Gemeinschaftsjagdreviers K. sind, verringert werden muss. Dafür ist jedoch der Forstweg nicht erforderlich. Vielmehr muss sichergestellt werden, dass die Jagdpächter, auch wenn diese keine hauptberuflichen Jäger sind, die ihnen obliegenden Pflichten zuverlässig und unter Einsatz des dafür erforderlichen Zeitaufwands erfüllen.
Die Schutzfunktionen des Waldes können auch durch die Wiederbewaldung der Seiltrassen weiter verbessert werden. Die Kläger haben insoweit nicht bestritten, dass sich dies bei Verbesserung der Verbisssituation ohne zusätzliche Kunstverjüngung, allein mittels sich ansamender Naturverjüngung erreichen lässt.
Dass Waldpflegemaßnahmen in den mittleren und höheren Lagen nicht mittels Seilschlepper, der auf einen Erschließungsweg angewiesen wäre, durchgeführt werden können und deshalb den kostenintensiveren Einsatz von Seilbringungsanlagen erfordern, so dass die Erwirtschaftung regelmäßiger Erlöse aus der Holznutzung erschwert wird, nimmt der Gesetzgeber mit seinen Regelungen in Art. 9 BayWaldG zum Schutze des Schutzwaldes hin.
1. 2.2 Dahinstehen kann, ob es sich bei dem Wegeprojekt um eine der nachhaltigen Bewirtschaftung des Bergwaldes dienende, landeskulturelle Maßnahme i.S.d. Landesentwicklungsprogramms 2013 (zu 2.3.6 (B) LEP 2013) handelt. Ein zwingender Grund des öffentlichen Wohls i.S.d. § 9 Abs. 7 BayWaldG wäre jedenfalls auch dann nicht anzunehmen, da die Maßnahme erhebliche Nachteile für die Allgemeinheit befürchten lässt (vgl. die Ausführungen zu Nr. 1). Diese Nachteile sind im Übrigen ein gewichtiger Grund gegen die Annahme einer landeskulturellen LEP-Maßnahme.
2. Der Zulassungsgrund der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten gem. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO liegt nicht vor.
Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten im Sinne dieser Vorschrift weist eine Rechtssache dann auf, wenn die Beantwortung der für die Entscheidung erheblichen Fragen in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht voraussichtlich das durchschnittliche Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten bereitet, wenn sie sich also wegen der Komplexität und abstrakten Fehleranfälligkeit aus der Mehrzahl der verwaltungsgerichtlichen Verfahren heraushebt (BayVGH, B.v. 10.4.2017 – 15 ZB 16.673 – juris Rn. 42 m.w.N.). Für die Darlegung der besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten genügt dabei nicht die allgemeine Behauptung eines überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrads. Vielmehr ist erforderlich, dass sich die Kläger mit dem verwaltungsgerichtlichen Urteil substanziell auseinandersetzen und im Einzelnen darlegen, hinsichtlich welcher aufgrund der erstinstanzlichen Entscheidung auftretenden Fragen sich besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten ergeben sollen (BayVGH, B.v. 2.5.2011 – 8 ZB 10.2312 – juris Rn. 21 m.w.N.).
Der Einwand der Kläger, die Berufung sei wegen besonderer Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen, wenn der Senat im Zulassungsverfahren eine Prognose über den voraussichtlichen Ausgang des Rechtsstreits nicht treffen könne, greift schon deshalb nicht durch, weil der Senat – wovon auch die Kläger ausgehen – vorliegend die Erfolgsaussichten der Berufung beurteilen kann (vgl. die Ausführungen zu Nr. 1). Darüber hinausgehende Fragen, hinsichtlich derer sich besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten ergäben, haben die Kläger nicht aufgeworfen.
3. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), die die Kläger ihr zumessen.
Um den auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren, ausführen, weshalb diese Frage entscheidungserheblich ist, erläutern, weshalb die vorformulierte Frage klärungsbedürftig ist, und darlegen, warum der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 17.12.2015 – 10 ZB 15.1394 – juris Rn. 16 m.w.N.).
Die von den Klägern aufgeworfene Frage, wie die Wendung „Nachteil für die Schutzfunktion des Waldes nicht zu befürchten“ auszulegen ist, hängt maßgeblich von der Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls ab (vgl. die Ausführungen zu Nr. 1.1, Abs. 3). Eine grundsätzlich klärungsfähige Frage haben die Kläger auch nicht formuliert.
Die von den Klägern aufgeworfene Frage, „ob bei der unterstellten Argumentation des Erstgerichts Rodungsmaßnahmen mit dem Ziel, den Schutzwald insgesamt zu erhalten, kompensiert werden können (z.B. Wegebau zum dauerhaften Erhalt des Schutzwaldes)“, rechtfertigt die Zulassung der Berufung mangels Entscheidungserheblichkeit nicht, da der geplante Forstweg zur Erhaltung des Schutzwaldes nicht erforderlich ist, und könnte im Übrigen ebenfalls nur einzelfallbezogen beantwortet werden.
4. Ein Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt ebenfalls nicht vor.
Die Kläger rügen, das Verwaltungsgericht habe kein gerichtliches Sachverständigengutachten eingeholt, obwohl seine Annahme, Nachteile für die Schutzfunktion des Waldes lägen vor, in diametralem Gegensatz zur Aussage des von der Klägerseite beauftragten Sachverständigen stehe. Weder in der mündlichen Verhandlung noch im Urteil habe sich das Verwaltungsgericht mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandergesetzt. Der Verfahrensrüge stehe im konkreten Fall nicht entgegen, dass der Klägerbevollmächtigte in der mündlichen Verhandlung keinen Antrag auf Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens gestellt habe, da der klägerseits beauftragte Sachverständige zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen sei. Daher habe die Klägerseite zumindest davon ausgehen können, das Gericht werde sich entweder mit dem vorliegenden Gutachten und den darin getroffenen Feststellungen im Urteil auseinandersetzen oder ein gerichtliches Sachverständigengutachten einholen, falls von dem Ergebnis des Sachverständigen abgewichen werden sollte.
4. 1 Das Vorbringen begründet keinen Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO).
Eine Aufklärungsrüge kann nur Erfolg haben, wenn substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (BVerwG, B.v. 8.7.2009 – 4 BN 12.09 – juris Rn. 7). Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts grundsätzlich dann nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat (§ 86 Abs. 2 VwGO), da eine Aufklärungsrüge nicht dazu dient, Versäumnisse Beteiligter, insbesondere das Unterlassen der Stellung von Beweisanträgen, zu kompensieren (BVerwG, B.v. 29.7.2015 – 5 B 36.14 – juris Rn. 7; B.v. 18.12.2006 – 4 BN 30.06 – NVwZ-RR 2007, 285 = juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 1.3.2018 – 8 ZB 17.1486 – juris Rn. 9; B.v. 18.10.2013 – 10 ZB 11.618 – juris Rn. 25). Dass ein Beweisantrag nicht gestellt wurde, ist nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Ermittlung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge ist dabei nur dann erfolgreich, wenn das Gericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung Anlass zu weiterer Sachaufklärung hätte sehen müssen. Außerdem muss der Kläger darlegen, welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Aufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer für ihn günstigen Entscheidung geführt hätte (BVerwG, B.v. 16.3.2011 – 6 B 47.10 – juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 21.3.2012 – 10 ZB 10.100 – juris Rn. 22).
Die Kläger haben ausweislich des Sitzungsprotokolls in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht keinen Beweisantrag gestellt. Ein solcher wäre trotz der Vorlage eines privaten Sachverständigengutachtens erforderlich gewesen. Prozessual sind Privatgutachten wie Beteiligtenvorbringen zu behandeln (BVerwG, B.v. 29.7.2015 – 8 B 75/14 – juris Rn. 15). Daher ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht den Inhalt des Gutachtens gemäß § 108 Abs. 1 VwGO frei gewürdigt hat.
Eine weitere Sachaufklärung hätte sich dem Verwaltungsgericht nach dem Akteninhalt und dem Vorbringen der Beteiligten auch nicht aufdrängen müssen. Teilweise bestätigen die Ausführungen im Privatgutachten die Beklagtenauffassung (vgl. oben Nr. 1.2.1). Eine substantiierte Auseinandersetzung der Kläger mit den Ausführungen des Beklagten im Schriftsatz vom 23. April 2015, in dem dieser mehreren Ausführungen im Sachverständigengutachten umfangreich und detailliert entgegengetreten ist, ist nicht erfolgt. Dem Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 13. Mai 2015 kann lediglich die Aussage des ebenfalls anwesenden Gutachtenerstellers entnommen werden, seiner Meinung nach werde die Schutzfunktion des Waldes in diesem Bereich nicht beeinträchtigt.
4. 2 Sollten die Kläger mit ihrer Ausführung, das Verwaltungsgericht habe sich in seinem Urteil nicht mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandergesetzt, die Erhebung einer Gehörsrüge beabsichtigen, greift diese nicht durch.
Zwar ist der Anspruch auf rechtliches Gehör auch dann verletzt, wenn das erkennende Gericht das (entscheidungserhebliche) tatsächliche oder rechtliche Vorbringen der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen und nicht erwogen hat. Indessen besteht aber eine Vermutung dafür, dass sich das Gericht der aus Art. 103 Abs. 1 GG folgenden Pflichten bewusst gewesen und ihnen nachgekommen ist, namentlich das entscheidungserhebliche Vorbringen zur Kenntnis genommen und erwogen hat. Zur Widerlegung dieser Vermutung bedarf es der Darlegung und des Vorliegens besonderer Umstände des Einzelfalls. Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet die Gerichte nicht, jedes Vorbringen ausdrücklich zu bescheiden, vielmehr ist der Anspruch auf rechtliches Gehör nur verletzt, wenn sich im Einzelfall aus besonderen Umständen ergibt, dass ein Gericht seiner Pflicht, das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und zu erwägen, nicht nachgekommen ist (vgl. BVerfG, B.v. 25.3.2010 -1 BvR 2446/09 – juris sowie NdsOVG, B.v. 22.3.2010 – 5 LA 32/09 – juris jeweils m.w.N.; SächsOVG, B.v. 18.2.2010 – 2 B 586/09 – juris; BayVGH, B.v. 10.3.2010 – 2 CS 10.222 – juris). Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt insbesondere dann nicht vor, wenn das Gericht dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsauffassung eines Verfahrensbeteiligten in der Sache nicht folgt (vgl. BVerwG vom 8.2.2010 – 8 B 126/09, 8 B 76/09 – juris m.w.N.; BayVGH, B.v. 10.3.2010 – 2 CS 10.222 – juris).
Im Tatbestand des verwaltungsgerichtlichen Urteils ist das von den Klägern vorgelegte Sachverständigengutachten – das im Übrigen teilweise die Beklagtenauffassung stützt – ausdrücklich erwähnt (vgl. S. 5). Das Verwaltungsgericht hat das Vorbringen der Klägerseite somit zur Kenntnis genommen und auch erwogen. Ein Gehörsverstoß liegt nicht vor, wenn das Gericht der Auffassung der Klägerseite in der Sache ganz oder teilweise nicht folgt.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf §§ 47 Abs. 3, Abs. 2, 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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