Aktenzeichen M 7 K 16.2615
NamÄndVwV Nr. 53 Abs. 3
Leitsatz
1 Ein wichtiger Grund als Voraussetzung für eine Namensänderung ist nur dann zu bejahen, wenn das schutzwürdige Interesse des Namensträgers an der Ablegung seines bisherigen Namens unter Führung eines neuen Namens das große öffentliche Interesses an der Beibehaltung des bisherigen Namens überwiegt. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Grund, von der Vorgabe des Nr. 53 Abs. 3 NamÄndVwV, dass die Namen bekannter Romanfiguren bei Namensänderungen keine Verwendung finden sollen, kann nicht schon darin gesehen werden, dass der Antragsteller zwischen dem Leben der Romanfigur (hier: Oliver Twist) und seinem eigenen Leben Parallelen sieht. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Verpflichtungsklage auf Änderung des klägerischen Namens in den Namen „Oliver Simon Silas Twist“ ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Änderung seines Namens in der gewünschten Weise. Der ablehnende Bescheid der Beklagten auf Namensänderung ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Eine Namensänderung kommt nach den § 3 Abs. 1, § 11 des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen (NamÄndG) i.V.m. der NamÄndVwV nur in Betracht, wenn ein wichtiger Grund die Änderung gerechtfertigt. Dabei ist angesichts des großen öffentlichen Interesses an der Beibehaltung des bisherigen Namens ein strenger Maßstab anzulegen und ein wichtiger Grund nur dann zu bejahen, wenn das schutzwürdige Interesse des Namensträgers in der Ablegung seines bisherigen Namens unter Führung eines neuen Namens dieses öffentliche Interesse überwiegt.
Auf der Grundlage der fachärztlichen Stellungnahme im vorangegangenen Namensänderungsverwaltungsverfahren von Dr. … vom 21. April 2004, der fachärztlichen Stellungnahme von … …, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie vom 30. Juni 2015 sowie der eigenen Angaben des Klägers kam und kommt für die Beklagte eine Änderung des Nachnamens des Klägers zwar in Betracht, aber nicht hinsichtlich des gewählten Nachnamens.
Soweit die Beklagte die konkrete Wahl des Nachnamens „Twist“ bezugnehmend auf Nr. 53 Abs. 3 NamÄndVwV ablehnt, nach der ein Familienname, der durch frühere Träger bereits eine Bedeutung, z.B. auf historischem, literarischem oder politischem Gebiet erhalten habe, im allgemeinen nicht gewährt werden solle, ist dies insoweit nicht zu beanstanden, als die Wahl des Nachnamens „Twist“ beim Kläger in unmittelbaren Zusammenhang mit der Vornamenswahl „Oliver“ steht und begehrt wird. Auch in der mündlichen Verhandlung ist deutlich geworden, dass es dem Kläger um die Namenswahl „Oliver Twist“ geht. Es kann daher dahinstehen, ob die Nachnamenswahl „Twist“ mit einem anderen Vornamen als „Oliver“ zulässig wäre.
Bei Oliver Twist handelt es sich um die berühmte Romanfigur des gleichnamigen Romans von Charles Dickens, der mehrfach für Theater, Kino, Fernsehen, Hörspiele und Comics adaptiert wurde. Der Roman erzählt die Geschichte des Findelkindes und Waisenkindes Oliver Twist. Nr. 53 Abs. 3 NamÄndVwV beinhaltet insofern eine deutliche Vorgabe, dass die Namen bekannter Romanfiguren bei Namensänderungen keine Verwendung finden sollen. Ein Grund, hiervon abzuweichen, ist nicht erkennbar. Dass der Kläger zwischen dem beschriebenen Leben von Oliver Twist zu seinem Leben Parallelen sieht, reicht insofern nicht aus.
Allerdings folgt das Gericht der Beklagten insoweit nicht, als für eine Vornamensänderung kein ausreichender wichtiger Grund angenommen wird. Die Stellungnahme von … vom 30. Juni 2015 mag zwar keine Notwendigkeit auch einer Vornamensänderung erkennen lassen, im Gutachten vom 21. April 2004 von … wird hingegen ausdrücklich auch die Änderung des Vornamens aus ärztlicher Sicht dringend befürwortet. Es ist angesichts der Stellungnahme … nicht erkennbar, dass sich daran etwas geändert hat. Auch findet sich auf Blatt 20 der Behördenakte ein Vermerk unter einer E-Mail vom 26. Januar 2016, dass ein wichtiger Grund für eine Vor- und Familiennamensänderung grundsätzlich gegeben sei. Allein die Wahl des Familiennamens sei nicht zulässig, Nr. 53 NamÄndVwV.
Gegen die Wahl der Namen „Oliver Silas Simon“ sprechen an sich keine durchgreifenden Bedenken. Die in der Bescheidsbegründung vom 12. Mai 2016 enthaltene Ablehnung der Vornamen „Silas Simon“ ist nicht überzeugend.
Da aber den Akten und der mündlichen Verhandlung nach der Namenswunsch des Klägers mit Vor- und Nachnamen bezugnehmend auf die Romanfigur eine Einheit bildet, kommt eine Verpflichtung der Beklagten auf isolierte Vornamensänderung nicht in Betracht, auch wenn die konkrete Antragstellung dies vermuten ließe. Den Akten ist zu entnehmen und es ist in der mündlichen Verhandlung deutlich geworden, dass es nicht dem Willen des Klägers entspricht, nur seinen Vornamen entsprechend zu ändern, wenn nicht auch der Name wie beantragt in „Twist“ geändert wird.
Die Ablehnung des Namensänderungsantrags im Ganzen ist somit wegen des Bezugs zur Romanfigur rechtlich nicht zu beanstanden, die Klage daher unbegründet und mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.