Familienrecht

Berücksichtigung von Zeiten der Kindererziehung

Aktenzeichen  S 2 R 305/14

Datum:
12.7.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 151307
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB VI § 56, § 57, § 249, § 300
RVO § 1227a

 

Leitsatz

1 Die Regel des § 1227a Abs. 3 S. 2 RVO, der auf den Elternteil abstellt, der das Kind überwiegend erzieht, kommt nur zur Anwendung, wenn sich nicht aus Abs. 2 etwas anderes ergibt. Der nach Abs. 2 bewirkten Zuordnung wird somit ein Vorrang eingeräumt (ebenso BSGE 68, 171 = BeckRS 1991, 30736775). (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
2 Maßgebend dafür, ob ein Elternteil ein Kind überwiegend erzogen hat, können nur Umstände sein, die im Rahmen der notwendigerweise pauschalierenden rentenrechtlichen Betrachtung von einigem Gewicht sind. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, in welchem Umfang der jeweilige Elternteil seine Erwerbstätigkeit zugunsten der Kindererziehung reduziert hat. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)
3 Allgemeine Haushaltsarbeiten fließen ebenfalls in die Kindererziehung ein. (Rn. 57) (redaktioneller Leitsatz)
4 § 56 Abs. 2 S. 6 SGB VI enthält den verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken, dass Rentenzeiten, auf deren Grundlage bereits Leistungen erbracht wurden bzw. ein Versorgungsausgleich durchgeführt wurde, nicht nachträglich einem anderen Versicherungskonto zugeordnet werden sollen. (Rn. 59 – 62) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 17.03.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.03.2014 und in der Gestalt des Bescheides vom 24.02.2016 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 15.01.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.03.2014 und in der Gestalt des Bescheids vom 24.02.2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Zu Recht hat die Beklagte es abgelehnt, im Rentenkonto des Klägers Pflichtbeitragszeiten für Kindererziehung gemäß § 56 Abs. 1 SGB VI und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung gemäß § 57 SGB VI zu berücksichtigen.
1. Die Berücksichtigung einer Kindererziehungszeit richtet sich nach den §§ 56 und 249 SGB VI in der seit dem 01.07.2014 geltenden Fassung. § 56 SGB VI ist nach der allgemeinen Regel des § 300 Abs. 1 SGB VI in seiner jeweils bei der Entscheidung über einen Rentenantrag geltenden Fassung auch für Kinder anzuwenden, die wie die Töchter des Klägers, vor seinem Inkrafttreten geboren worden sind. Durch § 249 Abs. 1 SGB VI wird§ 56 SGB VI für Kinder die vor dem 01.01.1992 geboren sind, nur insoweit abgeändert, als nur 24 Monate und nicht drei Jahre rentenrechtliche Kindererziehungszeit entstehen können.
Der streitige Zeitraum erstreckt sich bei der Tochter vom 01.07.1986 bis zum 30.06.1988. Das erst mit der Neufassung des § 249 SGB VI geschaffene zweite Jahr Kindererziehungszeit auch bei Kindern, die vor dem 01.01.1992 geboren sind, ist dem Elternteil zuzuordnen, für den im entsprechenden Zeitraum eine Berücksichtigungszeit nach § 57 SGB VI anerkannt ist.
Denn es soll nach dem Willen des Gesetzgebers keine neuerliche Zuordnung erfolgen. Nach der Gesetzesbegründung bleibt die Zuordnung von Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung nach Ablauf der früher anrechenbaren Kindererziehungszeit (12 Monate) nach § 249 Abs. 7 SGB VI in der Fassung des Rentenreformgesetzes 1992 für die Zuordnung der Kindererziehungszeit grundsätzlich maßgebend (BT-Drs. 18/909 vom 25.03.2014, S. 22).
Eine rentenrechtliche Kindererziehungszeit setzt voraus, dass 1) tatsächlich eine Kindererziehung durch den Versicherten erfolgt ist, wobei 2) die Erziehung auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sein muss, 3) der Versicherte nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist und 4) die Voraussetzungen für die Zuordnung der Kindererziehungszeit zu dem Versicherten vorliegen (§ 56 Abs. 1 S. 2 Nr.1 SGB VI).
Der insoweit erforderliche Zuordnungstatbestand muss zu der bloß tatsächlichen Erziehung eines Kindes hinzukommen. Grund dafür ist, dass für den gleichen Zeitraum der Kindererziehung immer nur ein Versicherter die rentenrechtliche Kindererziehungszeit beanspruchen kann, auch wenn mehrere Personen an der Kindererziehung mitgewirkt haben. Zwischen verschiedenen Versicherten ist die Kindererziehungszeit damit allenfalls zeitlich teilbar, wobei eine Aufteilung für kürzere Zeiträume als Kalendermonate nicht möglich ist (BSG, Urt. v. 16.12.1997, 4 RA 60/97, Rn. 14, juris).
2. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass der Kläger seine Töchter und in dem Zeitraum, für den eine Kindererziehungszeit entstehen kann, also dem 01.07.1986 bis zum 30.06.1988 bzw. dem 01.06.1991 bis zum 31.05.1993 zumindest miterzogen hat, diese Erziehung auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erfolgt ist, und der Kläger nicht von der Anrechnung ausgeschlossen ist.
3. Für den Zuordnungstatbestand gilt allerdings nicht ausschließlich § 56 SGB VI in der bei der Entscheidung über den Rentenantrag geltenden Fassung. Eine auf Grundlage älterer Rechtsvorschriften beruhende Zuordnung muss weiterhin wirksam bleiben. Andererseits setzt die Wirksamkeit einer nach früherem Recht eingeräumten Zuordnungserklärung voraus, dass die gesetzlichen Voraussetzungen, unter der sie jeweils abgegeben wurde, eingehalten wurden (BSG, Urt. v. 31.08.2000, B 4 RA 28/00 R, Rn. 18, juris). Davon ist nur abzuweichen, wenn mit einer Neuregelung ausdrücklich in die bereits bewirkten Zuordnungen eingegriffen werden sollte.
4. Entscheidend ist zunächst, ob nach den bei Geburt der Tochter geltenden Regelungen eine Zuordnung bewirkt worden war. Die Begründung einer rentenrechtlichen Zeit wegen Kindererziehung wurde erstmals im Jahr 1986 durch das Gesetz zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 11.07.1985, BGBl 1985 I, 1450 eingeführt.
Es galt insoweit nach § 1227a Abs. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) ab 01.01.1986: „Erziehen Mutter und Vater ihr Kind gemeinsam, ist die Mutter versichert, sofern nicht Mutter und Vater bis zum Ablauf des dritten Kalendermonats nach der Geburt des Kindes gegenüber dem zuständigen Rentenversicherungsträger übereinstimmend erklären, dass der Vater für den gesamten Zeitraum versichert sein soll. § 16 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist ausgeschlossen. Die Erklärung kann nicht widerrufen werden.“
Abs. 3 bestimmte: „Mütter und Väter im Sinne des Absatzes 1 sind auch Stiefmütter, Stiefväter, Pflegemütter und Pflegeväter (§ 56 Abs. 3 Nr. 2 und 3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch). Erziehen mehrere Personen das Kind, ist, soweit sich aus Absatz 2 nichts anderes ergibt, der Elternteil versichert, der das Kind überwiegend erzieht.“
§ 1227a Abs. 2 RVO sah damit im Fall einer gemeinsamen Erziehung eines Kindes durch Vater und Mutter eine grundsätzliche Zuordnung der Kindererziehungszeit zur Mutter vor. Eine gemeinsame Erziehung des Kindes durch Vater und Mutter lag bei dem Kläger und seiner verstorbenen Ehefrau im streitgegenständlichen Zeitraum vor. Eine gemeinsame Erziehung ist nach der gesetzlichen Konzeption bei Vorliegen von Erziehungsbeiträgen beider, mit den Kindern zusammenlebenden Eltern der Regelfall. Unanwendbar ist die Vorschrift nur, wenn dieser Regelfall widerlegt ist, was etwa dann der Fall ist, wenn einer der Elternteile mit Einverständnis des anderen Erziehungsurlaub in Anspruch nimmt (BSG, Urt. v. 28.02.1991, 4 RA 76/90, juris). Im vorliegenden Fall war der Kläger jedoch im streitgegenständlichen Zeitraum durchgehend erwerbstätig. Es lag eine gemeinsame Erziehung durch Mutter und Vater vor. Eine Erziehung nur durch den Vater ist nicht erfolgt.
Eine Zuordnung zum Vater konnte daher nur durch eine Erklärung gegenüber dem Rentenversicherungsträger bis zum Ende des dritten Kalendermonats nach der Geburt der Tochter, d.h. bis Ende August 1986, bewirkt werden. Eine solche Erklärung wurde nicht abgegeben.
Die Regel des § 1227a Abs. 3 S. 2 RVO, der auf den Elternteil abstellt, der das Kind überwiegend erzieht, kommt nicht zur Anwendung, weil sie nur in dem Umfang gilt, wenn sich nicht aus Absatz 2 etwas anderes ergibt. Somit wird der nach Abs. 2 bewirkten Zuordnung ein Vorrang eingeräumt (vgl. BSG, Urt. v. 28.02.1991, 4 RA 76/90, Rn. 22 und 24, juris).
Das Bundessozialgericht hat zwar auch im Zusammenhang mit der Zuordnung von Kindererziehungszeiten die Auffassung vertreten, dass sich die Pflicht des Rentenversicherungsträgers zur Vormerkung gemäß § 300 Abs. 1 SGB VI nach dem im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung maßgeblichen Recht bemesse (BSG, Urt. v. 31.08.2000, B 4 RA 28/00 R, Rn. 13, juris). Für § 56 SGB VI hat das BSG insoweit entschieden, dass bei Fehlen einer rechtsgestaltenden Erklärung der Eltern über die Zuordnung der Kindererziehungszeit in erster Linie danach zu entscheiden ist, welcher Elternteil das Kind überwiegend erzogen hat. Den normativen Ausgangspunkt bilde insoweit trotz ihres systematischen Standorts am Ende des Absatzes 2 die Vorschrift des § 56 Abs. 2 S. 9 SGB VI (BSG, Urt. v. 16.12.1997, 4 RA 60/97, juris). Nur wenn sich eine überwiegende Erziehung durch einen Elternteil nicht nachweisen lasse, sondern die Erziehungsbeiträge nach objektiven Maßstäben annähernd gleichwertig seien, werde nach der Auffangregel des § 56 Abs. 2 S. 8 SGB VI die Kindererziehungszeit der Mutter zugeordnet.
Diese Grundsätze dürften aber nicht anzuwenden sein, wenn die Zuordnung durch Erklärung bewirkt wurde oder durch Ausbleiben einer Erklärung als bewirkt gilt. Erfolgt eine Zuordnung der Kindererziehungszeit durch Erklärung, ist deren Wirksamkeit nach der o.g. Entscheidung des BSG (BSG, Urt. v. 31.08.2000, B 4 RA 28/00 R, Rn. 18, juris) an die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften gebunden, unter denen sie jeweils abgegeben wurde. Die nachträgliche Abgabe einer derartigen Gestaltungserklärung ist nicht mehr möglich, wenn eine gesetzlich bestimmte Erklärungsfrist abgelaufen ist. Eine solche Erklärungsfrist bestimmte § 1227a Abs. 2 RVO im Interesse der Rechtssicherheit. Die Vorschrift zielte erkennbar darauf ab, dass eine eindeutige und abschließende Zuordnung der Kindererziehungszeit bereits kurze Zeit nach der Geburt bewirkt wird. Insoweit wurden eine Unwiderruflichkeit der Erklärung und ein Ausschluss der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bestimmt. Das Ausbleiben einer Erklärung wird damit der Zuordnungserklärung zugunsten der Mutter funktionell gleichgestellt. Die bereits vor Geltung des § 56 SGB VI eingetretene Zuordnungswirkung kann daher grundsätzlich nicht revidiert werden.
5. Selbst wenn man aber abweichend davon nachträglich darauf abstellt, durch welchen Elternteil die Erziehung überwiegend erfolgt ist, kann die Kindererziehungszeit nicht dem Kläger zugeordnet werden.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme lag eine gemeinsame Erziehung sowohl durch die Mutter der Kinder als auch durch den Kläger vor. Ein Überwiegen des Erziehungsanteils des Klägers ließ sich aber nicht nachweisen.
Insoweit geht zwar aus den glaubhaften Aussagen der Zeugin C. und den schlüssigen Einlassungen des Klägers hervor, dass dieser einen ganz erheblichen Teil seiner Freizeit auf die Betreuung und Erziehung beider Kinder verwendet hat. Wie die Zeugin C. ausgeführt hat, verbrachte der Kläger seine Zeit nach Dienstschluss mit gemeinsamen Unternehmungen mit den Kindern, machte mit diesen Hausaufgaben und lernte mit diesen für die Schule. Er beteiligte sich auch über die Mithilfe im Haushalt an der Kindererziehung.
Gleichwohl ist damit noch nicht nachgewiesen, dass die Mutter der Kinder nicht einen annähernd gleichen Anteil an der Kindererziehung hatte.
Maßgebend dafür, ob ein Elternteil ein Kind überwiegend erzogen hat, können nur Umstände sein, die im Rahmen der notwendigerweise pauschalierenden rentenrechtlichen Betrachtung von einigem Gewicht sind. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, in welchem Umfang der jeweilige Elternteil seine Erwerbstätigkeit zugunsten der Kindererziehung reduziert hat. Denn Sinn und Zweck der Regelung über die rentenrechtliche Berücksichtigung der Kindererziehung ist der Ausgleich von Nachteilen, die infolge einer durch Kindererziehung bedingten Reduzierung der Erwerbstätigkeit und damit geringerer Rentenversicherungsbeiträge und eines geringeren Erwerbs von Entgeltpunkten in der Rentenversicherung bestehen.
Die Beweisaufnahme hat zwar ergeben, dass die Mutter der Kinder vermutlich ab Sommer 1992 einer Tätigkeit als Reinigungskraft, teilweise verbunden mit Tätigkeiten der Altenpflege, nachgegangen ist. Deren zeitlicher Umfang war nicht mehr sicher zu ermitteln. So hat der Kläger von einem Umfang von täglich 3 bis 4 Stunden gesprochen. Folgt man den Angaben der Zeugin C., so erstreckte sich diese Tätigkeit von dem Zeitpunkt, nachdem ihre jüngere Schwester in den Kindergarten gebracht worden war bis ca. 15 Uhr nachmittags und damit auf ungefähr 6 Stunden.
In jedem Fall lag jedoch keine Vollzeitbeschäftigung vor.
Zu berücksichtigen ist weiter, dass bezüglich allgemeiner Haushaltsarbeiten, die ebenfalls in die Kindererziehung einfließen kein überwiegender Beitrag des Klägers festzustellen war. Insoweit geht das Gericht davon aus, dass auch diese zumindest im gleichen Umfang von der Mutter der Kinder wie von dem Kläger verrichtet worden sind.
Schließlich folgte aus der Beweisaufnahme, dass die Mutter der Kinder zumindest bis 1992 keine Berufstätigkeit ausgeübt hat und in größerem Umfang Zeit auf die Betreuung und Versorgung der Kinder verwendet hat als der berufstätige Kläger.
6. Gegen eine nachträgliche Zuordnung der Kindererziehungszeiten zum Kläger spricht auch, dass aus dem Versicherungskonto der Mutter bereits unter Einbeziehung der Kindererziehungszeiten Waisenrenten erbracht worden sind und eine Berücksichtigung beim Versorgungsausgleich erfolgte.
Dass dieser Umstand durchaus zu berücksichtigen ist, zeigen § 56 Abs. 2 S. 6 SGB VI und § 249 Abs. 6 S. 2 SGB VI in der bis 31.12.1997 gültigen Fassung. Nach § 56 Abs. 2 S. 6 SGB VI kann die Zuordnung der Kindererziehungszeit rückwirkend für bis zu zwei Kalendermonate vor Abgabe der Erklärung erfolgen, es sei denn, für einen Elternteil ist unter Berücksichtigung dieser Zeiten eine Leistung bindend festgestellt, ein Versorgungsausgleich oder eine Rentensplitting durchgeführt worden.
§ 249 Abs. 6 S. 2 SGB VI in der bis 31.12.1997 gültigen Fassung bestimmte für eine Erklärung, durch die bis zum 31.12.1996 die Zuordnung einer vor dem 01.01.1986 liegenden Kindererziehungszeit zum Vater bewirkt werden konnte, dass diese Erklärung nicht zulässig ist, wenn für die Mutter unter Berücksichtigung dieser Zeit eine Leistung bindend festgestellt oder eine rechtskräftige Entscheidung über einen Versorgungsausgleich durchgeführt worden ist.
Beide Vorschriften enthalten den verallgemeinerungsfähigen Rechtsgedanken, dass Rentenzeiten, auf deren Grundlage bereits Leistungen erbracht wurden bzw. ein Versorgungsausgleich durchgeführt wurde, nicht nachträglich einem anderen Versicherungskonto zugeordnet werden sollen.
7. Insgesamt konnte damit bei der Tochter für den in Betracht kommenden Zeitraum der Kinderziehungszeit vom 01.07.1986 bis zum 30.06.1988 keine Zuordnung der Kindererziehungszeit zum Kläger erfolgen.
Auch die durch die Gesetzesänderung von 2014 geschaffenen weiteren 12 Monate Kindererziehungszeit können dem Kläger nicht zugeordnet werden, weil die auf diesen Zeitraum (01.07.1987 bis 30.06.1988) entfallende Berücksichtigungszeit ihm nicht zuzuordnen ist.
8. Der Kläger kann auch nicht zumindest teilweise die Berücksichtigungszeit gemäß § 57 SGB VI für seine Tochter beanspruchen.
Betroffen ist hier der Zeitraum vom 20.06.1986 bis zur Vollendung des 10. Lebensjahrs, d.h. bis einschließlich 19.06.1996.
Die Zuordnung erfolgt, da § 57 SGB VI auf das Vorliegen der „Voraussetzungen für die Anrechnung einer Kindererziehungszeit auch in dieser Zeit“ verweist, nach den Regeln des § 56 Abs. 2 SGB VI.
Eine rechtsgestaltende Erklärung des Klägers und seiner Ehefrau war nicht festzustellen.
Nach der o.g. Entscheidung des BSG (BSG, Urt. v. 16.12.1997, 4 RA 60/97) kommt es, wie im Widerspruchsbescheid der Beklagten ausgeführt, darauf an, ob der Kläger seine Tochter überwiegend erzogen hat. Ein solches Überwiegen war nach dem oben ausgeführten Ergebnis der Beweisaufnahme, bei dem auch der Zeitraum bis 1996 mitgewürdigt wurde, nicht nachzuweisen.
9. Bezüglich der Tochter geht es bei der Frage der Kindererziehungszeit nach § 56 SGB VI um den Zeitraum vom 01.06.1991 bis zum 31.05.1993.
Bei Geburt des Kindes galt noch § 1227a RVO, sodass die Frist für die gemeinsame Erklärung der Elternteile, mit der nach damaliger Rechtslage bei gemeinsamer Erziehung allein die Zuordnung zum Vater bewirkt werden konnte, bereits Ende Juli 1991 abgelaufen war.
Selbst wenn man die Zuordnung danach vornehmen würde, welcher Elternteil im betreffenden Zeitraum überwiegend das Kind erzogen hat, kann auch bezüglich die Kindererziehungszeit nicht dem Kläger zugeordnet werden. Auch insoweit hat die Beweisaufnahme keinen Nachweis für das Überwiegen des Erziehungsanteils des Klägers erbracht. Wie die Zeugin C. ausgeführt hat, können ihre Angaben zu den Erziehungsbeiträgen der Elternteile und den Familienverhältnissen auf die Erziehung ihrer Schwester übertragen werden.
Auch insoweit war zu berücksichtigen, dass nach der Angabe der Zeugin C. die Mutter der Kinder einer Erwerbstätigkeit nicht nachgegangen ist, bis in den Kindergarten kam. Auch für die Zeit der Kindererziehung bei war weiter der zeitlich geringere Umfang der Berufstätigkeit der Mutter zu berücksichtigen, sodass insgesamt kein Überwiegen des Anteils des Klägers nachzuweisen war.
Eine Zuordnung der Kindererziehungszeit zum Kläger war auch insoweit nicht möglich.
10. Der Kläger kann schließlich auch nicht zumindest teilweise die Berücksichtigungszeit gemäß § 57 SGB VI für seine Tochter beanspruchen.
Betroffen ist hier der Zeitraum vom 16.05.1991 bis zur Vollendung des 10. Lebensjahrs, d.h. bis einschließlich 15.05.2001.
Ein Überwiegen des Erziehungsanteils des Klägers war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ebenfalls nicht festzustellen.
Es gelten die oben gemachten Ausführungen zu den jeweiligen Erziehungsanteilen der Elternteile in entsprechender Weise.
Eine Besonderheit ergab sich insofern für diesen Zeitraum, als er die Situation der Scheidung der Eltern umfasst. Wie aus den übereinstimmenden und glaubhaften Angaben der Zeugin C. und des Klägers hervorgeht, hat die Scheidung allerdings keine wesentliche Änderung des Erziehungsbeitrages des Klägers nach sich gezogen. Vielmehr lebte dieser nach der Scheidung weiterhin mit der übrigen Familie zusammen, kümmerte sich wie vorher um die Hausaufgaben und die schulischen Angelegenheiten der Kinder und hatte einen großen Anteil an der gemeinsamen Freizeitgestaltung.
Gleichwohl ist für diesen Zeitraum ein Überwiegen seines Erziehungsanteils nicht nachzuweisen, weil weiterhin auch ein erheblicher Anteil von der Mutter der Kinder übernommen wurde und diese keiner vollschichtigen Erwerbstätigkeit nachging.
Insgesamt konnte die Klage daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 183, 193 SGG.

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