Aktenzeichen 22 C 7850/16
SchwarzArbG SchwarzArbG § 1 Abs. 2 Nr. 2
Leitsatz
Wird ein Fahrzeug bei einer Kfz-Werkstatt in Reparatur gegeben und ist für den Autoinhaber erkennbar, dass das Fahrzeug auf einem frei zugänglichen Werksgelände abgestellt werden wird, so haftet der Werkzeuginhaber auch dann nicht für eine nicht aufklärbare Beschädigung des Fahrzeugs, wenn das Fahrzeug aus Platzgründen auf der Straße ordnungsgemäß geparkt war. Der Werkstatthof bietet keinen höheren Schutz gegen Schadenseinwirkung durch Dritte und eine Obhutspflichtverletzung liegt nicht vor. (Rn. 9 – 17) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 2.128,50 € festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Ein Schadensersatzanspruch aus Obhutspflichtverletzung seitens des Beklagten ist nicht darstellbar.
1. Aus den vorgelegten Lichtbildern und den Parteischilderungen ergibt sich, dass das Werkstattgelände des Beklagten für jedermann frei zugänglich ist und nicht einmal durch eine Umfriedung vom öffentlichen Verkehrsraum abgetrennt ist. Ferner hat sich nach der Anhörung ergeben, dass schon beim Verbringen des klägerischen Fahrzeuges auf den kleinen Werkstatthof dieser vollständig beparkt war und deshalb das Fahrzeug (nach der klägerischen Darstellung) unmittelbar vor dem Werkstatthallentor statt auf einer Parkfläche abgestellt werden musste. Zudem konnte geklärt werden, dass es sich bei dem S-Weg um eine Sackgasse handelt. Ferner kann jeder Fußgänger, welcher aus dem S-Weg in Richtung L-Str. geht, über das Werkstattgelände des Beklagten in Richtung Stadtmitte nach Westen abkürzen. Des Weiteren konnte geklärt werden, dass das Fahrzeug ordnungsgemäß – also unter Beachtung der allgemeinen Verkehrsregeln – am Straßenrand nach der Reparatur abgestellt war.
2. Diese Sachlage vorausgesetzt ergibt sich, dass auch wenn man die klägerische Darstellung des Schadensvelaufes unterstellt, dem Beklagten kein Verstoß gegen einer Obhutspflicht vorgeworfen werden kann.
a) Der vom Beklagten zur Verfügung gestellte Werkstatthof bietet keinerlei höheren Schutz gegen Schadenseinwirkungen durch Dritte als der unmittelbar angrenzende öffentliche Verkehrsraum im S-Weg. Die Obhutspflicht eines Werkunternehmers gegenüber den ihm anvertrauten Gegenständen bezieht sich zwar auf den Schutz vor unzulässigen Einwirkungen Dritter. Er soll jedoch nicht vor dem allgemeinen Lebensrisiko bewahren. Dass ein anderes Fahrzeug gegen das Klägerfahrzeug stößt, kann weder auf dem Werkstatthof noch im S-Weg durch den Beklagten verhindert werden. Auch auf dem Werkstatthof, gerade bei den vorliegenden äußerst beengten örtlichen Verhältnissen, kann beim Rangieren durch andere Kunden des Beklagten das klägerische Fahrzeug beschädigt werden. Auch hierfür müsste der Beklagte nicht haften. Gleich verhält es sich mit Kollisionen mit vorbeifahrenden Kraftfahrzeugen im S-Weg.
Dem Beklagten können nicht weitergehende Obhutspflichten auferlegt werden als solche Obliegenheiten, welche die Klägerin selbst in eigenem Interesse wahrnimmt. Die Klägerin stellt ihr Fahrzeug auch an der Wohnanschrift am Straßenrand ab, über eine Garage o.ä, verfügt sie nicht.
Der klägerseits zitierten Ansicht des LG Oldenburg (Urteil vom 26.10.1988, Az. 9 S 130/88) kann insoweit aus keinem Gesichtspunkte gefolgt werden.
b) Die örtlichen Verhältnisse waren für die Klägerin ohne Weiteres vor Ort erkennbar. Ihr war vor Abgabe der Schlüssel und Übergabe des Fahrzeuges bewusst, dass auf dem Werkstattgelände ihr Fahrzeug nicht in besserem Maße geschützt ist als im öffentlichen Verkehrsraum. Zudem hat sie erkannt, dass auf dem Gelände zum Zeitpunkt der Abgabe kein Platz für das Fahrzeug war.
Sie hat das Fahrzeug vor dem Tor zu Werkstatthalle abgestellt. Ihr war also bewusst, dass das Fahrzeug von diesem Abstellort an einen anderen verbracht werden musste, um die täglichen Arbeiten des Beklagten nicht zu behindern. Auch war offensichtlich, dass eine Reparatur nicht sofort an Ort und Stelle erfolgen würde, da die Abholung erst eine Woche später erfolgen sollte.
Eine schriftliche Vereinbarung hinsichtlich besonderer Schutzpflichten wurde nicht geschlossen. Auch eine ausdrückliche mündliche Abrede diesbezüglich erfolgte nicht. Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass über die allgemeinen Verkehrssitte hinausgehende besondere Obhutspflichten – etwa aufgrund des Fahrzeugwertes oder eines erkennbaren außergewöhnlichen Schutzinteresses – konkludent vereinbart wurden. Bei der Werkstatt des Beklagten handelt es sich für alle Beteiligten ersichtlich um einen recht einfach eingerichteten Betrieb, welcher in erster Linie dem Gebrauchtwagenhandel und der Vornahme von äußerst günstigen Klein(st) reparaturen dient. Das Fahrzeug der Klägerin war zum Reparaturzeitpunkt bereits 15 Jahre alt. Hier hätte es schon einer ausdrücklichen Vereinbarung bedurft, wenn die Klägerin auf besonderen Schutz ihres Fahrzeuges bei einer Kleinreparatur – ohne Vertrag und ohne Rechnungbestanden hätte.
3. Die äußeren Umstände der Reparaturvereinbarung – Barzahlung ohne Rechnung, schwer lesbare handschriftliche Quittung auf einem kleinen Notizzettel – deuten auf die Missachtung diverser steuerrechtlicher Vorgaben hin. Ob insoweit die Vertragsabrede bereits nach § 134 BGB i.V.m. § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig war und damit der Klägerin ohnehin eine Berufung auf Obhutspflichtverletzungen verwehrt war, muss aber mit Hinblick auf die obigen Ausführungen unter Ziffer 1. und 2. vorliegend nicht entschieden werden.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 11, 711 ZPO.