Baurecht

Vorbescheid für Änderung und Aufstockung eines Wohnhauses

Aktenzeichen  M 8 K 15.4628

Datum:
23.1.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBO BayBO Art. 59 S. 1 Nr. 3, Art. 71 S. 1
BauGB BauGB § 30 Abs. 3, § 34 Abs. 1 S. 1
DSchG Art. 6 Abs. 3 S. 1

 

Leitsatz

1. Bei den Kriterien Maß der baulichen Nutzung und überbaubare Grundstücksfläche wird in der Regel ein kleinerer Umgriff zur Bestimmung der näheren Umgebung anzunehmen sein, als dies bei der Art der baulichen Nutzung der Fall ist. (redaktioneller Leitsatz)
2. Aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung können Anlagen auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen (Ausreißer). (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Erweiterung des Prüfungsumfangs bei Erteilung des Vorbescheids ist nicht vorgesehen. Der Prüfungsumfang und die gestellten Fragen stehen nicht zur Disposition der Baugenehmigungsbehörde. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Vorbescheid vom 18. September 2015, Plannr. …, wird in Nummer 1.3 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet, den Vorbescheidsantrag vom 7. August 2015, Plannr. …, in Nummer 1.3 positiv zu beantworten. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin zu ¾, die Beklagte zu ¼.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Versagungsgegenklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) ist hinsichtlich der Nummer 1.3 des Vorbescheidsantrags begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf entsprechende positive Beantwortung (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Im Übrigen war die Klage abzuweisen, da der Klägerin hinsichtlich der weiteren streitigen Vorbescheidsfragen in den Nummern 1.2 und 2 kein Anspruch auf positive Beantwortung oder Neubescheidung zusteht.
1. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens richtet sich vorliegend nach § 30 Abs. 3, § 34 Abs. 1 BauGB. Das Vorhaben liegt im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans. Für das streitgegenständliche Vorhabengrundstück Fl.Nr. … sowie die nordwestlich und südöstlich benachbarten Grundstücke ist eine Baulinie entlang der …straße und des … Angers festgesetzt. Danach muss auf die Baulinie gebaut werden; eine Regelung für die Bebaubarkeit des Grundstücks im Übrigen enthält diese vordere Baulinie nicht (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 26.9.1991 – 4 C 5.87 – juris; VG München U.v. 24.11.2014 – M 8 K 13.4160 – juris Rn. 27).
Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist.
Als „nähere Umgebung“ im Sinn von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist der das Baugrundstück umgebende Bereich anzusehen, soweit sich die Ausführung des Vorhabens auf ihn auswirken kann und soweit er seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des zur Bebauung vorgesehenen Grundstücks prägt oder doch beeinflusst (vgl. aktuell BVerwG, U.v. 8.12.2016 – 4 C 7.15 – juris Rn. 3). Die Grenzen der näheren Umgebung lassen sich allerdings nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der städtebaulichen Situation zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2003 – 4 B 74.03 – juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 30.1.2013 – 2 ZB 12.198 – juris Rn. 3). Hierbei ist die nähere Umgebung für jedes der in § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB aufgeführten Zulässigkeitsmerkmale gesondert zu ermitteln, weil die prägende Wirkung der jeweils maßgeblichen Umstände unterschiedlich weit reichen kann (vgl. BVerwG, B.v. 6.11.1997 – 4 B 172.97 – juris Rn. 5, BayVGH,, U.v. 18.7.2013 – 14 B 11.1238 – juris Rn 19). Dies kann im Einzelfall dazu führen, dass hinsichtlich eines Parameters des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB nur wenige Grundstücke den maßgeblichen Rahmen bilden (vgl. BayVGH, U.v. 7.3.2011 – 1 B 10.3053 – juris). Bei den Kriterien Maß der baulichen Nutzung und überbaubare Grundstücksfläche wird in der Regel ein kleinerer Umgriff zur Bestimmung der näheren Umgebung anzunehmen sein als dies bei der Art der baulichen Nutzung der Fall ist (vgl. BayVGH, B.v. 16.12.2009 – 1 CS 09.1774 – juris Rn. 21 m.w.N). In der Regel zählt zur maßgeblichen Umgebung zwar das Straßenquartier, in dem sich das Vorhaben befindet bzw. bei größeren Straßenquartieren ein entsprechender Teil des Quartiers sowie die dem Vorhaben gegenüberliegende Straßenseite. Allerdings lassen sich die Grenzen der näheren Umgebung i.S.d § 34 BauGB nicht schematisch festlegen, sondern sind nach der tatsächlichen städtebaulichen Struktur zu bestimmen, in die das für die Bebauung vorgesehene Grundstück eingebettet ist. Diese kann auch so beschaffen sein, dass die Grenze zwischen näherer und fernerer Umgebung dort zu ziehen ist, wo zwei jeweils einheitlich geprägte Bebauungskomplexe mit voneinander verschiedener Bau- und Nutzungsstruktur aneinander stoßen. Der Grenzverlauf der näheren Umgebung ist dabei nicht davon abhängig, dass die unterschiedliche Bebauung durch eine künstliche oder natürliche Trennlinie entkoppelt ist. Das Fehlen einer solchen führt nicht dazu, dass benachbarte Bebauungen stets als miteinander verzahnt anzusehen sind und insgesamt die nähere Umgebung ausmachen (vgl. BVerwG, B.v. 28.8.2003 a.a.O.).
2. Hinsichtlich des mit der Vorbescheidsfrage 1.2 thematisierten Einfügens nach dem Maß der baulichen Nutzung ergibt sich unter Zugrundelegung des Vorstehenden Folgendes:
Auf Grundlage der im Augenschein vom 23. Januar 2017 gemachten Feststellungen sowie der Auswertung der bei den Akten befindlichen Pläne und (Luft-)Bilder gelangt die Kammer zu der Überzeugung, dass sich das streitbefangene Bauvorhaben hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung einfügt.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist das im Vorbescheid abgefragte Vorhaben auf dem Grundstück …straße 4, FlNr. …, weder vom nördlich der …straße liegenden Gebäudekomplex (Blockteil) …straße 1, FlNr. …, noch vom östlich jenseits des … Angers gelegenen …klosters (…, … Anger 2, FlNr. …) geprägt. Auch die Bebauung auf dem Grundstück FlNr. …, … Anger 15, ist nicht mehr der prägenden Umgebung des Vorhabengrundstücks zuzuordnen.
Als maßgeblich prägende nähere Umgebung erweisen sich vielmehr – wie von der Beklagten insoweit zutreffend ihrer Beurteilung im streitbefangenen Bescheid zugrunde gelegt – allein die Gebäude …straße 2, 4 und 6 sowie die Gebäude … Anger 17 und 16.
Hinsichtlich des Gebäudes … Anger 2 und des Gebäudes …straße 1 ergeben sich jeweils signifikant unterschiedliche Bebauungsstrukturen von solcher Art und Qualität, dass von Strukturschnitten auszugehen ist.
Zwar ist der Klägerin hinsichtlich des Gebäudekomplexes …straße 1 darin zuzustimmen, dass allein die Zugehörigkeit der dortigen Bebauung zu dem Gebiet eines (qualifizierten) Bebauungsplans, hier des Bebauungsplans … der Beklagten, nicht dessen prägende Wirkung auf die benachbarte, nicht zum Plangebiet gehörende Umgebung i.S.d. § 34 BauGB ausschließt (vgl. z.B. BVerwG, B.v. 10.7.2000 – 4 B 39.00 – juris Rn. 7), da der Bebauungszusammenhang, den § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB voraussetzt, nach den rein äußerlich wahrnehmbaren Verhältnissen zu bestimmen ist, also auf das abzustellen ist, was in der Umgebung des Vorhabens tatsächlich vorhanden ist. Zu Recht geht die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid aber insoweit davon aus, dass das nördlich der …straße auf dem Grundstück FlNr. … befindliche, bis zu siebengeschossige …-Bürogebäude mit einer Höhe von 25,13 m im höchsten Staffelgeschoss einen nicht vergleichbaren städtebaulichen Duktus aufweist. Die Zäsur zwischen den städtebaulichen Typologien, die sich für das Gebäude …straße 1 einerseits maßgeblich aus dem vorgenannten Bebauungsplan, für das streitbefangene Grundstück sowie den weiteren südlich der …straße gelegenen Gebäuden mit den Hausnummern 2 bis 6 sowie den Gebäuden … Anger 16 und 17 andererseits aus der historisch gewachsenen Bebauung, die auch Teil des denkmalgeschützten Ensembles „Altstadt … …“ ist, ergibt, findet damit nicht nur in den Festsetzungen des Bebauungsplans Ausdruck, sondern ist gerade auch äußerlich-tatsächlich signifikant wahrnehmbar. Sowohl hinsichtlich der Höhenentwicklung als auch seiner Ausdehnung findet die einheitliche und moderne Blockbebauung auf dem Grundstück FlNr. … keine Entsprechung südlich der …straße. Vielmehr stoßen hier jeweils zwei einheitlich geprägte Bebauungskomplexe mit sehr deutlich verschiedenen Bau- und Nutzungsstrukturen in solcher Weise aneinander, dass diese beidseitig andersartigen Siedlungsstrukturen nicht als miteinander verzahnt anzusehen sind. Das Gebäude …straße 1 stellt sich von seiner Gesamtstruktur her städtebaulich deutlich anders dar als die gegenüberliegenden Gebäude an der …straße sowie am … Anger.
Gleiches gilt auch für die östlich des … Angers dem Vorhaben zunächst gelegene Bebauung des Grundstücks FlNr. … (…kloster, …). Auch die dort vorzufindende Bau- und Nutzungsstruktur eines fünfgeschossigen ehemaligen Klostergebäudes, das in der Gegenwart schulischen Zwecken dient, ist siedlungsstrukturell mit der maßgeblich von Wohnnutzung geprägten Bebauung entlang der Südseite der …straße (Hausnummern 2 bis 6 sowie … Anger 17 und 16) nicht ansatzweise vergleichbar. Zudem wird die jenseits des … Angers, d.h. an dessen Ostseite befindliche Bebauung ( … Anger 2 und 3) von der westlich des … Angers gelegenen auch durch die platzartige Erweiterung am nördlichen Ende des … Angers, die den Auftakt zum …platz bildet, abgetrennt. Neben der unterschiedlichen Bau- und Nutzungsstruktur ist somit auch eine Grenzziehung in Gestalt einer äußerlich deutlich erkennbaren städtebaulichen Trennlinie durch den … Anger mit dessen platzartiger Aufweitung im Norden festzustellen.
Auch hinsichtlich des Gebäudes …straße 15 fehlt der relevante prägende, räumlich-sachliche Bezug zum Vorhaben.
Zwar besteht von der Ecke …straße und … Anger (noch) eine Sichtbeziehung sowohl zum Vorhaben als auch zum Gebäude …straße 15. Gleiches gilt auch für das Blockinnere, wo ebenfalls eine entsprechende Sichtbeziehung besteht. Dies reicht aber nicht aus, um einen gegenseitig prägenden oder auch nur städtebaulich beeinflussenden Charakter, wie ihn die Klägerin annimmt, abzuleiten. Dies gerade auch deswegen, weil der Bereich der näheren Umgebung für die Ermittlung des Maßes der baulichen Nutzung sowie der überbaubaren Grundstücksfläche in der Regel – wie auch hier – enger begrenzt ist, als dies zur Ermittlung des Gebietscharakters der Fall ist. Auch innerhalb der baulichen Struktur des Blocks/Gevierts südlich der …straße und entlang des … Angers ist – ebenso wie im Übrigen auch westlich mit dem Gebäude des Kommunalreferats – ein Strukturschnitt gegeben. Denn zum einen reicht die Höhenentwicklung des Gebäudes … Anger 15 in Gestalt der Firsthöhe ca. 1,5 m über die der nördlich angrenzenden Gebäude … Anger 16 und 17 hinaus. Der Augenschein hat ergeben, dass sich auch die deutlich höhere Giebelwand des Gebäudes … Anger 15 von den Gebäuden … Anger 16 und 17 erheblich abhebt. Die Höhenentwicklung der Gebäude …straße 2, 4 und 6 sowie … Anger 17 und 16 erweist sich hingegen als nahezu gleich und insoweit siedlungsstrukturell homogen. Die Firsthöhen dieser Gebäude belaufen sich auf 20,43 m ( …straße 2), 19,74 m ( …straße 4), 19,70 m (…straße 6). 20,78 m (… Anger 17) und 20,76 m (… Anger 16), während das Gebäude … Anger 15 eine Firsthöhe von 23,03 m aufweist und sich damit klar abhebt. Dieses Abheben stellt sich in der städtebaulichen Wahrnehmung, wie beim Augenschein festgestellt, auch als offenkundig und signifikant dar, da es sowohl bei einer Betrachtung entlang des … Angers als auch im Blockinneren auffällig in Erscheinung trat. Dazu kommt zum anderen, dass der … Anger an der Grenze der Gebäude mit den Hausnummern 16 und 15 abknickt und sich von dort nach Süden hin deutlich aufweitet. Auch daraus ergibt sich eine städtebauliche Zäsur, die im Hinblick auf die Bestimmung des Bebauungszusammenhangs hinsichtlich des Maßes der baulichen Nutzung zusätzlich relevant ist. Aufgrund der deutlichen Homogenität der Bebauung entlang der Südseite …straße einschließlich der Gebäude … Anger 17 und 16 und der weiteren städtebaulichen Besonderheit des Abknicken und Sich-Aufweitens des … Angers erweist sich das Gebäude … Anger 15 – trotz der bestehenden Blickbeziehung zum Vorhaben – folglich als nicht prägend.
Selbst aber, wenn man – entgegen dem Vorstehenden – die maßgebliche nähere Umgebung vorliegend auch auf das Gebäude … Anger 15 erstrecken würde, weil die Bebauungsstruktur dieser Grundstücke im Wesentlichen gleichartig erscheine und sich in dieser Gleichartigkeit auch über die Eckbebauung auf die Südseite der …straße auswirke, bliebe es dabei, dass dieses auch dann keine prägende Wirkung für das streitgegenständliche Vorhaben entfalten würde. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. grundlegend U.v. 15.2.1990 – 4 C 23.96 – juris Rn. 14 f.) können auch solche Anlagen aus der Bestimmung der Eigenart der näheren Umgebung auszusondern sein, die zwar quantitativ die Erheblichkeitsschwelle überschreiten, aber nach ihrer Qualität völlig aus dem Rahmen der sonst in der näheren Umgebung anzutreffenden Bebauung herausfallen. Das ist namentlich dann anzunehmen, wenn eine singuläre Anlage in einem auffälligen Kontrast zur übrigen Bebauung steht. Eine solche erlangt die Stellung eines Unikats umso eher, je einheitlicher sich die nähere Umgebung im Übrigen erweist. Trotz der deutlich in Erscheinung getretenen Größe und des nicht zu übersehenden Gewichts in der näheren Umgebung bestimmt eine solche Anlage deren Eigenart dann nicht, wenn sie sich wegen ihrer mehr oder weniger ausgeprägten und vom übrigen Charakter der Umgebung abweichenden Struktur gleichsam isoliert als Ausreißer darstellt.
So läge der Fall auch hier im Hinblick auf das Gebäude … Anger 15, da sich das Gebäude im Hinblick auf seine signifikant abweichende Höhenentwicklung von der weiteren Wohnbebauung entlang der …straße und des nördlichen … Angers abhebt und insoweit einen Ausreißer hinsichtlich der Gebäudehöhe darstellt. Zwar können nach der vorgenannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bauliche Anlagen von stark abweichendem Charakter ein solches Gewicht entwickeln, dass sie trotz ihrer herausstechenden Andersartigkeit in einer abweichend und verhältnismäßig einheitlich strukturierten Umgebung ihrerseits tonangebend wirken. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall, da sich die Bebauung entlang der …straße bis hin zu den Gebäuden … Anger 17 und 16 als sehr homogen strukturierter Bereich darstellt und sich von der weiteren Bebauung entlang des … Angers nach Süden hin deutlich in seiner Höhenentwicklung und Siedlungsstruktur, die insoweit maßgeblich gerade von der Bebauung entlang der …straße geprägt wird, abgrenzt. Einen im Sinne des vorstehenden tonangebenden Charakter vermag das Gebäude … Anger 15 nach Norden hin nicht zu entwickeln, da es sich aufgrund des aufweitenden Knicks des … Angers nicht maßgeblich prägend oder gar dominierend über diesen hinaus zu erstrecken vermag, sondern seine siedlungsstrukturelle Prägung vom Süden her erfährt und maßgeblich auch nur nach Süden hin wirkt, auch wenn man noch keine Unterbrechung der näheren Umgebung an diesem Knick annimmt.
Anhaltspunkte dafür, dass die deutliche Rahmenüberschreitung des abgefragten Vorhabens hinsichtlich der Gebäudehöhe im Vergleich zu den Gebäuden entlang der …straße einschließlich der Gebäude … Anger 17 und 16 zulässig wäre, weil sie keine städtebaulichen Spannungen auslöst (vgl. BVerwG, U.v. 8.12.2016 aaO Rn 17), sind nicht ersichtlich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das Vorhaben aufgrund der bestehenden Vorbildwirkung im Gegenteil gerade zu städtebaulichen Spannungen führen würde.
3. Nicht zuzustimmen ist der Beklagten allerdings, wenn sie im Rahmen der Beantwortung der Frage 1.2 das nicht abgefragte Denkmalschutzrecht zum Prüfungsgegenstand und -maßstab erhebt.
Zwar ist gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 3 BayBO im Baugenehmigungsverfahren das Denkmalschutzrecht im Prüfungsumfang enthalten (Art. 6 Abs. 3 Satz 1 DSchG). Jedoch ist das Denkmalschutzrecht damit nicht bereits ohne weiteres auch Gegenstand im Vorbescheidsverfahren, in dem der Bauherr durch die von ihm gestellten „einzelnen Fragen des Bauvorhabens“ (Art. 71 Satz 1 BayBO) maßgeblich den Umfang der durchzuführenden baurechtlichen Zulässigkeitsprüfung bestimmt. Da die Klägerin hier die Frage der denkmalrechtlichen Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens im Hinblick auf die Lage des Vorhabens im Ensemble „Altstadt … …“ im Rahmen des Vorbescheids gerade nicht abgefragt hat, beschränkt sich der behördliche Prüfungsumfang auf die zur Beantwortung gestellten Fragen. Diesen kann die Behörde nicht von sich aus erweitern (vgl. zuletzt VG München, U.v. 11.4.2016 – M 8 K 15.1604 – juris Rn 50; BayVGH, B.v. 12.12.2013 – 2 ZB 12.1513 – juris Rn. 3 m.w.N.; BayVGH, B.v. 28.9.2010 – 2 CS 10.1760 – juris Rn. 20, 23 jeweils zum vereinfachten Genehmigungsverfahren; Decker in; Simon/Busse, BayBO, Stand August 2016, Art. 71 Rn. 35; a.A. BayVGH, U.v. 10.6.2008 – 2 BV 07.762 – juris Rn. 19). Eine Erweiterung des Prüfungsumfangs bei Erteilung des Vorbescheids ist nicht vorgesehen. Der Prüfungsumfang und die gestellten Fragen stehen insoweit nicht zur Disposition der Baugenehmigungsbehörde. Solches würde auch, je weiter man entsprechende Feststellungen in einem Vorbescheidsverfahren zuließe, schließlich zur Entwertung des Vorbescheidsverfahrens führen. Ließe man eine umfassende behördliche Prüfung entsprechend Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Hs. 2 BayBO im Ermessen der Bauaufsichtsbehörden auch im Rahmen der Erteilung eines Vorbescheids zu, wäre Sinn und Leistungsfähigkeit des Vorbescheidsverfahrens stark eingeschränkt. Art. 71 Satz 1 BayBO eröffnet dem Bauherrn gerade die Möglichkeit, (nur) einzelne Fragen des Bauvorhabens vorab klären zu können. Das Prüfprogramm der Beklagten bleibt damit strikt auf die im Vorbescheidsantrag von der Klägerin gestellten Fragen beschränkt. Dies hat die Beklagte verkannt.
Nachdem die Frage 1.2 allerdings bereits aus den vorgenannten bauplanungsrechtlichen Gründen zu verneinen war, wirkt sich die von der Beklagten zu Unrecht durchgeführte denkmalschutzrechtliche Prüfung nicht entscheidungserheblich zulasten der Klägerin aus.
4. Die Vorbescheidsfrage 1.3 ist indes positiv zu beantworten, da das Vorhaben, wie es in den Bauvorlagen dargestellt ist, sich hinsichtlich der Grundfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt. Daher war die Beklagte unter Aufhebung des negativen Vorbescheids vom 18. September 2015 zu verpflichten, den Vorbescheidsantrag insoweit positiv zu beantworten.
Das Vorhaben wirft die Frage der überbaubaren Grundstücksfläche entscheidungserheblich nur hinsichtlich des geplanten Tiefhofs mit Terrasse im Blockinneren auf, da es nur insoweit die bereits durch den Bestand überbaute südliche Gebäudegrenze überschreitet. Die hier nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu beurteilende maßgebliche Umgebungsbebauung weist insoweit keine faktische hintere Baugrenze auf. Vielmehr weist die hinsichtlich des Kriteriums der überbaubaren Grundstücksfläche vorliegend nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB maßstabbildende Umgebung in Gestalt der Rückgebäude auf den Grundstücken …straße 6 und … Anger 17 und 16 eine erhebliche Blockinnenbebauung jenseits der hinteren Gebäudeflucht der Gebäude entlang der …straße auf. Besteht folglich keine faktische hintere Baugrenze innerhalb des hierzu maßgeblich zu betrachtenden Blockinneren, fügt sich das Vorhaben insoweit in die nähere Umgebung ein. Dies verkennt die Beklagte, wenn sie insoweit auf die Zulässigkeit von Geländemodellierungen und zudem auch auf die Bestimmungen der Baumschutzverordnung abstellt. Zutreffend weist die Klägerin hierzu darauf hin, dass – unabhängig von der bauplanungsrechtlichen Bewertung der rückwärtigen Bauteile allein mit Blick auf das abgefragte Kriterium der überbaubaren Grundstücksfläche – auch der Einwand der Beklagten, die Eigenart der näheren Umgebung spreche gegen eine Abgrabung, der Sache nach fehlgeht. Dies deswegen, weil die geplante Geländehöhe im Hofbereich auf derselben Höhe liegt wie das Hofgelände des benachbarten Kommunalreferats … 3 auf dem Grundstück FlNr. …
5. Nachdem sich das Vorhaben hinsichtlich seiner Höhenentwicklung nach dem Kriterium des Maßes der baulichen Nutzung nicht in die nähere Umgebung einfügt, durfte die Beklagte zu Recht auch das Sachbescheidungsinteresse für die Beantwortung der gesamten bauordnungsrechtlichen Frage 2 zum Abstandsflächenrecht und der Inaussichtstellung von entsprechenden Abweichungen nach Art. 63 Abs. 1 BayBO verneinen. Dies gilt auch mit Blick darauf, dass die Beklagte mit vorliegendem Urteil zur positiven Beantwortung der Frage 1.3 hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksflache verpflichtet wurde. Denn auch für eine getrennte Beantwortung der einheitlich aufgeworfenen abstandsflächenrechtlichen Fragen unter Nummer 2 des Vorbescheidsantrag im Lichte verschiedener zulassungsfähiger (Nummer 1.3) oder nicht zulassungsfähiger (Nummer 1.2) bauplanungsrechtlicher Parameter fehlt derzeit das – im Lichte der Nummer 2 des Vorbescheidsantrags ebenfalls auch einheitlich zu beurteilende – entsprechende Sachbescheidungsinteresse. Es ist vielmehr Sache der Klägerin, in Reaktion auf das zur Vorbescheidsfrage 1.3 vorliegend zusprechende Urteil gegebenenfalls eine entsprechende Frage zur abstandsflächenrechtlichen Zulässigkeit der sonach bauplanungsrechtlich zulässigen Hofbebauung (mit Blick sowohl auf das südliche Nachbargrundstück FlNr. … als auch auf das Baugrundstück selbst und den sich dort wohl überdeckenden Abstandsflächen) zum Gegenstand eines neuen (Vorbescheids-)Verfahrens zu machen.
Der Klage war daher im tenorierten Umfang stattzugeben, im Übrigen war sie abzuweisen. Dies hat die Kostenentscheidung nach § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO zur Folge.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).


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