Baurecht

Erfolgloser Eilantrag des Nachbarn gegen die Genehmigung von Windkraftanlagen – Geringfügige Verschiebung des Standorts

Aktenzeichen  22 CS 16.2048, 22 CS 16.2049

Datum:
2.11.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
ZUR – 2017, 178
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BImSchG BImSchG § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 6, § 15 Abs. 1 S. 1, § 16 Abs. 1 S. 1
BauGB BauGB § 1 Abs. 3 S. 1, § 35 Abs. 1, Abs. 3
UVPG UVPG § 3b, § 3c
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 80a Abs. 3, § 146 Abs. 4 S. 3

 

Leitsatz

1. Tangiert die Veränderung der Situierung einer Windkraftanlage oder einzelner ihrer Teile einen derart eng umgrenzten Ausschnitt immissionsschutzrechtlich relevanter Rechtsgüter nachteilig, dass eine sektorale Prüfung ausreicht, um die Vereinbarkeit der Änderung mit den materiellen Genehmigungsvoraussetzungen feststellen zu können, liegt ein Anwendungsfall des § 16 BImSchG vor. Typischerweise kann das zu bejahen sein, wenn die kleinräumige Zuordnung der Anlage auf dem Vorhabengrundstück inmitten steht. (redaktioneller Leitsatz)
2. Zum Einwirkungsbereich einer Windkraftanlage gehören unter lärmschutzrechtlichem Aspekt alle Flächen, auf denen die von der zu beurteilenden Anlage ausgehenden Geräusche einen Beurteilungspegel verursachen, der weniger als 10 dB (A) unter dem für diese Fläche maßgebenden Immissionsrichtwert liegt. (redaktioneller Leitsatz)
3. Eigentümer von Außenbereichsgrundstücken müssen grundsätzlich stets mit der Verwirklichung “lästiger” Anlagen in der Umgebung rechnen. Es können daher allenfalls Schutzansprüche bestehen, die auf Mischgebietsniveau gemindert sind. (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine Windkraftanlage entfaltet typischerweise dann keine optisch bedrängende Wirkung auf die Nutzer eines Wohnanwesens, wenn sie von diesem Gebäude einen Abstand wahrt, der mindestens das Dreifache ihrer Gesamthöhe erreicht. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 4 S 16.901 2016-09-16 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I.
Die Verwaltungsstreitsachen 22 CS 16.2048 und 22 CS 16.2049 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II.
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
III.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
IV.
Die Streitwerte der Beschwerdeverfahren werden bis zur Verbindung auf jeweils 3.750 Euro festgesetzt. Der Streitwert des verbundenen Verfahrens beläuft sich auf 7.500 Euro.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im vorliegenden Rechtsstreit gegen die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheids des Landratsamts Würzburg vom 1. April 2015 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 30. März 2016.
Durch den erstgenannten Bescheid wurde der Beigeladenen die immissionsschutzrechtliche Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb zweier Windkraftanlagen („Windkraftanlagen 4 und 5“) mit einer Gesamthöhe von jeweils 178,4 m in einem Teil der Gemeinde Leinach erteilt, der im Flächennutzungsplan dieser Gemeinde in der Fassung der nach Aktenlage am 11. März 2013 in Kraft getretenen 11. Änderung als Sondergebiet „Flächen für die Windkraftnutzung“ dargestellt ist.
Westlich der für die Windkraftanlagen 4 und 5 vorgesehenen Standorte bestehen bereits drei jeweils 150 m hohe Windkraftanlagen („Windkraftanlagen 1 bis 3“). Südwestlich der fünf vorgenannten Anlagenstandorte wurde eine weitere Windkraftanlage („Windkraftanlage 6“) errichtet. Die hierfür erteilte Genehmigung hat das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg durch Urteil vom 19. Mai 2015 (W 4 K 14.604 u. a. – juris) aufgehoben; diese Entscheidung ist seit der Zurückweisung des sich hierauf beziehenden Antrags auf Zulassung der Berufung durch Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 22. Oktober 2015 (22 ZB 15.1584 – BayVBl 2016, 353) rechtskräftig. Westlich der letztgenannten Anlage befinden sich Spalierobstplantagen, die nach dem Vorbringen der Antragstellerin von ihr betrieben werden. Der Sitz der Antragstellerin befindet sich nach Aktenlage in einem Gutshof, der ausweislich des schalltechnischen Gutachtens, das in dem dem Bescheid vom 1. April 2015 vorangehenden Verwaltungsverfahren vorgelegt wurde, von der Windkraftanlage 4 2,228 km und von der Windkraftanlage 5 2,425 km entfernt ist.
Am 30. März 2016 änderte das Landratsamt auf Antrag der Beigeladenen den Bescheid vom 1. April 2015 dahingehend ab, dass die Errichtung der Windkraftanlage 4 an einer auf dem gleichen Grundstück liegenden, gegenüber den ursprünglichen Planungen jedoch um 10 m nach Osten und um 2 m nach Norden verschobenen Stelle genehmigt wurde.
Über die von der Antragstellerin am 18. Mai 2016 gegen den Bescheid vom 1. April 2015 erhobene, vom Verwaltungsgericht in zwei Verfahren (Az. W 4 K 16.525 und W 4 K 16.526) aufgespaltene Anfechtungsklage wurde noch nicht entschieden.
In diesen Verfahren legte das Landratsamt mit Schreiben vom 3. August 2016 ein nicht bei den Behördenakten befindliches, vom 11. November 2014 datierendes Schriftstück vor, in dem ausgeführt wird, eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles (§ 3c UVPG) habe ergeben, dass es vorliegend keiner Umweltverträglichkeitsprüfung bedürfe. Mit Schreiben vom 8. September 2016 übersandte das Landratsamt dem Verwaltungsgericht eine vom 2. September 2016 stammende, mit „Ergänzung des Protokolls vom 11.11.2014, Stand 02.09.2016“ überschriebene Unterlage, an deren Ende erneut festgehalten wurde, eine überschlägige Prüfung gemäß § 3c UVPG habe ergeben, dass keine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen sei.
Durch Bescheid vom 3. August 2016 ordnete das Landratsamt auf Antrag der Beigeladenen die sofortige Vollziehbarkeit der Genehmigung vom 1. April 2015 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 30. März 2016 an.
Den am 31. August 2016 eingereichten Antrag der Antragstellerin, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Genehmigungsbescheid vom 1. April 2015 wiederherzustellen, lehnte das Verwaltungsgericht nach Aufspaltung auch dieses Rechtsschutzgesuchs in zwei Streitsachen (Az. W 4 S 16.901, betreffend die Windkraftanlage 4, und W 4 S 16.902, betreffend die Windkraftanlage 5) durch Beschlüsse vom 16. September 2016 als zulässig, aber unbegründet ab. Nach § 3c Satz 1 UVPG in Verbindung mit der Nummer 1.6.2 der Anlage 1 zu diesem Gesetz sei vorliegend eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles erforderlich gewesen, da die beiden verfahrensgegenständlichen und die vier vorhandenen Windkraftanlagen voneinander keinen größeren Abstand als das Zehnfache des Rotordurchmessers aufwiesen und sie deshalb eine einheitliche Windfarm bildeten. Da § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwRG die Nachholung u. a. einer Umweltverträglichkeitsvorprüfung ausdrücklich zulasse und dies grundsätzlich bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens möglich sei, könne dahinstehen, ob diese Vorprüfung tatsächlich am 11. November 2014 stattgefunden habe oder das in den Klageverfahren vorgelegte, dieses Datum tragende Schriftstück erst später erstellt worden sei. Die Umweltverträglichkeitsvorprüfung leide auch an keinem von § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG erfassten inhaltlichen Mangel, da das Landratsamt das Vorhaben ausweislich des Protokolls vom 2. September 2016 anhand aller in den Nummern 1 und 2 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Kriterien auf relevante Umweltauswirkungen hin bewertet habe; die Entscheidung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung nicht durchzuführen, erscheine nach kursorischer Prüfung nachvollziehbar. Jedenfalls in ihrer Zusammenschau würden die Protokolle vom 11. November 2014 und vom 2. September 2016 auch dem sich aus § 3c Satz 6 UVPG ergebenden Dokumentationserfordernis genügen. Entgegen der Ansicht der Antragstellerin müssten an ihren Spalierobstanlagen weder Grenzwerte der TA Lärm noch die Anhaltswerte für die höchstzulässige Beschattungsdauer eingehalten werden, da dergestalt genutzte Grundstücke unter beiden Gesichtspunkten keine maßgeblichen Immissionsorte darstellten. Mit ihrem Vorbringen, die 11. Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde Leinach sei fehlerhaft zustande gekommen, so dass das Vorhaben der Beigeladenen gegen § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB verstoße, berufe sich die Antragstellerin auf einen Umstand, der – sollte er vorliegen – keine drittschützende Wirkung entfalte.
Mit ihren gegen diese Beschlüsse eingelegten Beschwerden erstrebt die Antragstellerin der Sache nach die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der von ihr erhobenen Klage. Wegen der zur Begründung dieser Rechtsmittel vorgebrachten Gesichtspunkte wird auf die Schriftsätze ihrer Bevollmächtigten vom 24. Oktober 2016 und vom 28. Oktober 2016 verwiesen.
Bereits am 21. Oktober 2016 hatte sie den Erlass einer Zwischenverfügung beantragt, durch die der Beigeladenen die Fortführung der der Errichtung der Windkraftanlagen 4 und 5 dienenden Bauarbeiten untersagt werden sollte.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerden zurückzuweisen.
Wegen seiner Sicht der Sach- und Rechtslage wird auf die Beschwerdeerwiderung der Landesanwaltschaft Bayern vom 26. Oktober 2016 Bezug genommen.
Die Beigeladene beantragt sinngemäß gleichfalls,
die Beschwerden zurückzuweisen.
Hinsichtlich ihrer Darstellung der tatsächlichen Gegebenheiten und ihrer Einschätzung der Rechtslage wird auf die Schriftsätze ihrer Bevollmächtigten vom 26. Oktober 2016 und vom 28. Oktober 2016 verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge, insbesondere auf die allen Beteiligten mit Schreiben des Verwaltungsgerichtshofs vom 25. Oktober 2016 erteilten rechtlichen Hinweise, sowie auf den vom Verwaltungsgericht beigezogenen Vorgang des Landratsamts verwiesen.
II.
Die Verbindung der Verfahren beruht auf § 93 Satz 1 VwGO.
Die Beschwerden sind ungeachtet des Umstands zulässig, dass die Antragstellerin entgegen § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO keinen ausdrücklichen Beschwerdeantrag gestellt hat. Denn aus dem Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 24. Oktober 2016 ergibt sich in zweifelsfreier Deutlichkeit, dass sie mit ihren Rechtsmitteln die gerichtliche Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid vom 1. April 2015 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 30. März 2016 erreichen will (vgl. dazu namentlich den einleitenden Satz des letzten Absatzes der Beschwerdebegründungsschrift vom 24.10.2016).
Die Beschwerde bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg, da sich aus den in der Beschwerdebegründung vorgetragenen Gesichtspunkten, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, sowie aus den Ausführungen in der Zuschrift der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 28. Oktober 2016 nicht die Notwendigkeit einer Aufhebung oder Abänderung der angefochtenen Beschlüsse ergibt.
1. Über ihr Vorbringen im ersten Rechtszug hinaus macht die Antragstellerin nunmehr geltend, die immissionsschutzrechtliche Genehmigung sei deshalb unwirksam, weil die Verschiebung der Stelle, an der die Windkraftanlage 4 errichtet werden soll, nicht – wie geschehen – durch eine Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG, sondern nur durch eine auf § 4 BImSchG gestützte Behördenentscheidung hätte zugelassen werden dürfen; gegen die aus diesem Grund illegale Windkraftanlage 4 müsse der Antragsgegner gemäß § 20 Abs. 2 BImSchG einschreiten. Dieses Vorbringen rechtfertigt eine teilweise Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage schon deshalb nicht, weil für die – hiervon allein betroffene – Windkraftanlage 4 selbst dann eine wirksame, ihre Errichtung und ihren Betrieb legalisierende Genehmigung vorläge, wenn die Abweichung von dem dem Bescheid vom 1. April 2015 zugrunde liegenden Aufstellort nicht im Wege einer Änderungsgenehmigung nach § 16 BImSchG hätte gestattet werden dürfen; die Antragstellerin hat in der Beschwerdebegründung nicht aufgezeigt, dass der von ihr behauptete Rechtsverstoß die Nichtigkeit des Bescheids vom 1. April 2015 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 30. März 2016 nach sich zieht.
Nur ergänzend ist deshalb festzuhalten, dass dem Rechtsstandpunkt der Antragstellerin auch in der Sache nicht gefolgt werden kann. Sie verweist zwar zutreffend darauf, dass im Schrifttum (Hansmann, DVBl 1997, 1421 Fn. 6; Reidt/Schiller in Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Bd. III, Stand April 2011, § 16 BImSchG Rn. 56) die Auffassung vertreten wird, das in § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG verwendete Tatbestandsmerkmal der Änderung der „Lage“ einer genehmigungspflichtigen Anlage betreffe allein die Verschiebung des Aufstellungsorts einzelner Maschinen und sonstiger Anlagenteile auf dem Anlagengelände, während Veränderungen des Standorts der gesamten Anlage hiervon nicht erfasst würden. Dieses Verständnis des Gesetzes steht indes bereits in Widerspruch zum Wortlaut sowohl des § 15 Abs. 1 Satz 1 als auch des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG; beide Vorschriften befassen sich ihrer sprachlichen Gestalt nach auch mit Änderungen der Lage „einer genehmigungsbedürftigen Anlage“ als solcher (und nicht nur ihrer Teile). Andere Stimmen im Schrifttum (Guckelberger in Kotulla, BImSchG, Stand November 2004, § 15 Rn. 37; Führ in GK-BImSchG, Stand September 2006, § 15 Rn. 106; Jarass, BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 15 Rn. 7) gehen deshalb grundsätzlich zutreffend davon aus, dass auch die Zuweisung eines neuen Standorts an eine Anlage insgesamt oder deren Kernbereich als „Änderung ihrer Lage“ im Sinn von § 15 Abs. 1 Satz 1 BImSchG verstanden werden kann.
Andererseits kann kein Zweifel daran bestehen, dass das in § 15 Abs. 1 Satz 1 und § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG aufscheinende Tatbestandsmerkmal der „Änderung der Lage“ einer genehmigungsbedürftigen Anlage einer sinnorientierten Auslegung bedarf. Denn Veränderungen der Situierung einer immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Anlage in ihrer Gesamtheit können ggf. derart gravierende Auswirkungen auf die in § 1 BImSchG genannten Schutzgüter zeitigen, dass hierdurch die Frage der Genehmigungsfähigkeit des Vorhabens von Grund auf mit der Folge aufgeworfen wird, dass es der Durchführung eines umfassenden Neugenehmigungsverfahrens nach § 4 BImSchG bedarf. Diese Konstellation ist ersichtlich gemeint, wenn Jarass (BImSchG, 11. Aufl. 2015, § 15 Rn. 7 und § 16 Rn. 6a) solche Veränderungen der örtlichen Situierung einer Anlage aus dem Anwendungsbereich des § 15 Abs. 1 Satz 1 und des § 16 Abs. 1 Satz 1 BImSchG ausnimmt, bei denen diese an einer „ganz“ anderen Stelle (neu oder erstmals) aufgebaut wird, d. h. es zu Veränderungen hinsichtlich ihrer großräumigen Zuordnung kommt. Auf dieses Abgrenzungskriterium stellt grundsätzlich zu Recht Rebentisch in Feldhaus, Bundes-Immissionsschutzrecht, Bd. 1, Teil I, Stand Mai 1998, § 15 BImSchG Rn. 40, ab, ohne dass es freilich entgegen der dort vertretenen Auffassung darauf ankommen muss, ob die Verschiebung innerhalb ein und desselben Grundstücks stattfindet oder nicht. Tangiert die Veränderung der Situierung der Anlage oder einzelner ihrer Teile hingegen lediglich einen derart eng umgrenzten Ausschnitt immissionsschutzrechtlich relevanter Rechtsgüter nachteilig, dass eine sektorale Prüfung ausreicht, um die Vereinbarkeit der Änderung mit den materiellen Genehmigungsvoraussetzungen feststellen zu können, liegt ein Anwendungsfall des § 16 BImSchG vor. Typischerweise kann das zu bejahen sein, wenn lediglich die kleinräumige Zuordnung der Anlage auf dem Vorhabensgrundstück inmitten steht (Rebentisch a. a. O. Rn. 40).
In der Beschwerdebegründung wurde nicht aufgezeigt, dass die Verschiebung des Aufstellorts der Windkraftanlage 4 auf dem hierfür von Anfang an vorgesehenen Grundstück um 10 m nach Osten und um 2 m nach Norden Auswirkungen auf von § 1 BImSchG erfasste Schutzgüter nach sich ziehen kann, aus denen sich die Notwendigkeit der Durchführung eines vollständigen Neugenehmigungsverfahrens ergibt; auch unabhängig hiervon sind derart weitreichende Konsequenzen nicht erkennbar. Sollte nicht ohnehin ein Fall vorliegen, in dem sich die Beigeladene mit einer Anzeige dieser Änderung nach § 15 BImSchG hätte begnügen können, so konnte diese Abweichung von der ursprünglichen Genehmigung jedenfalls rechtsfehlerfrei gemäß § 16 BImSchG zugelassen werden. Die Frage, ob die Wahl einer unzutreffenden Genehmigungsart überhaupt geeignet ist, Dritte in subjektiven Rechten zu verletzen, bedarf vor diesem Hintergrund keiner Erörterung.
2. Die sich auf die Umweltverträglichkeitsvorprüfung beziehenden Ausführungen in der Beschwerdebegründung erfordern gleichfalls keine Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Beschlüsse, ohne dass es darauf ankommt, unter welchen Voraussetzungen sich die Antragstellerin auf etwaige Fehler berufen könnte und ob diese Voraussetzungen hier vorliegen.
Hierbei kann dahinstehen, ob es im vorliegenden Fall überhaupt einer Umweltverträglichkeitsvorprüfung bedurfte. Auf sich beruhen kann in tatsächlicher Hinsicht namentlich, ob das zu den Windkraftanlagen 1 bis 3 hinführende Erdkabel und das Kabel, das der Verbindung der beiden verfahrensgegenständlichen Anlagen mit dem allgemeinen Stromnetz dient, über einen gemeinsamen Einspeisepunkt verfügen. In rechtlicher Hinsicht kann unentschieden bleiben, ob die Existenz eines gemeinsamen Einspeisepunkts – sollte er hier bestehen – ausreicht, um zwischen mehreren Windkraftanlagen jenen räumlich-betrieblichen Zusammenhang in Gestalt eines funktionalen und wirtschaftlichen Bezugs aufeinander bejahen zu können, wie er nach den Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2015 (4 C 4.14 – BVerwGE 152, 219 Rn. 25 f.) und vom 17. Dezember 2015 (4 C 7.14 u. a. – BVerwGE 153, 361 Rn. 18 ff.) erforderlich ist, um Anlagen als einen Fall der „nachträglichen Kumulation“ von Vorhaben ansehen zu können. Gleiches gilt für die Frage, ob ein wirtschaftlicher Bezug zwischen den Windkraftanlagen 1 bis 3 einer- und den Anlagen 4 und 5 andererseits daraus resultiert, dass sich die Beigeladene ausweislich der Presseartikel, die die Antragstellerin als Anlagen zum Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 28. Oktober 2016 vorgelegt hat, bereits in den Jahren 2006 und 2011 für die Errichtung eines Windparks in der Gemeinde Leinach eingesetzt und sie nach der Darstellung im Schreiben der Landesanwaltschaft Bayern vom 26. Oktober 2016 auch die Windkraftanlagen 1 bis 3 errichtet (sie später allerdings an den jetzigen Betreiber veräußert) hat. Sollten diese Fragen nämlich allesamt zu bejahen sein, ergäbe sich aus dem Beschwerdevorbringen nicht, dass die alsdann lediglich gebotene standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles mit beachtlichen Mängeln behaftet ist.
Die Notwendigkeit einer lediglich standortbezogenen Vorprüfung folgt aus dem Umstand, dass es auf der Grundlage der vorstehend erörterten Unterstellungen allenfalls zu einer nachträglichen Kumulation der beiden verfahrensgegenständlichen Anlagen mit den Windkraftanlagen 1 bis 3 gekommen sein kann, so dass die für eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalles nach der Nummer 1.6.2 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung erforderliche Mindestzahl von sechs derartigen Anlagen nicht erreicht wird. Denn weder aus dem Vorbringen der Antragstellerin noch aus den Ausführungen der übrigen Beteiligten oder den Antragsunterlagen ergibt sich, dass zwischen der Windkraftanlage 6 und den fünf vorerwähnten weiteren Anlagen eine technische Verknüpfung irgendwelcher Art besteht. Eine etwaige Nutzung vorhandener Wege auch für den Bau der Windkraftanlage 6 kann entgegen dem Vorbringen, das in Abschnitt II des Schriftsatzes der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 28. Oktober 2016 anklingt, schon deshalb nicht ausreichen, weil unter dieser Voraussetzung auch Vorhaben, „die beziehungslos und gleichsam zufällig nebeneinander verwirklicht werden“ (BVerwG, U. v. 18.6.2015 – 4 C 4.14 – BVerwGE 152, 219 Rn. 25), deren Umweltauswirkungen sich jedoch überlagern, in den meisten Fällen von der Kumulationsregelung des § 3b UVPG erfasst würden. Der Umstand, dass die Richtlinie 2011/92/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten („UVP-Richtlinie“; ABl Nr. L 26 vom 28.1.2012, S. 1) die Notwendigkeit einer Umweltverträglichkeitsprüfung durchgehend an ein konkretes „Projekt“ knüpft, würde auf diese Weise unterlaufen (vgl. zur limitierenden Funktion des Projektbezugs der UVP-Richtlinie BVerwG, U. v. 18.6.2015 – 4 C 4.14 – BVerwGE 152, 219 Rn. 25). Desgleichen geht weder aus dem Vorbringen der Antragstellerin hervor, dass irgendein wirtschaftlicher Bezug der Windkraftanlage 6 zu den fünf vorerwähnten Anlagen besteht, noch ergeben sich aus dem Akteninhalt dahingehende Anhaltspunkte. Da die Anlage 6 im Gebiet der Gemeinde Hettstadt liegt, vermöchte insbesondere die „werbende“ und initiierende Tätigkeit, die die Beigeladene ausweislich der als Anlagen zum Schreiben der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 28. Oktober 2016 eingereichten Presseveröffentlichungen in bestimmten unterfränkischen Gemeinden, zu denen Hettstadt nach Aktenlage jedoch nicht gehörte, zugunsten der Errichtung von Windkraftanlagen entfaltet hat, die Bejahung eines wirtschaftlichen Zusammenhangs ungeachtet des Umstands nicht zu rechtfertigen, dass hierfür bereits ein die Vorhaben koordinierendes und dem/den Betreiber(n) zurechenbares Verhalten genügt (vgl. BVerwG, U. v. 17.12.2015 – 4 C 7.14 u. a. – BVerwGE 153, 361 Rn. 18).
Die Notwendigkeit einer allgemeinen Vorprüfung des Einzelfalles nach der Nummer 1.6.2 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung lässt sich auch nicht mit der Begründung bejahen, dem Rechtsstandpunkt, den das Bundesverwaltungsgericht in den Urteilen vom 18. Juni 2015 (4 C 4.14 – BVerwGE 152, 219) und vom 17. Dezember 2015 (4 C 7.14 u. a. – BVerwGE 153, 361) eingenommen hat, sei – generell oder auch nur in Ansehung von Windkraftanlagen – nicht zu folgen. In ihrer Zuschrift vom 28. Oktober 2016 haben die Bevollmächtigten der Antragstellerin ihre dem beschließenden Senat bereits aus dem Verfahren 22 CS 16.1078 bekannte Auffassung wiederholt und vertieft, die Errichtung von Windkraftanlagen, die zu Bestandsanlagen in der Weise hinzutreten, dass sich ihre Einwirkungsbereiche überschneiden oder sie aneinander angrenzen, stelle sich stets als die Erweiterung eines bestehenden Vorhabens, nicht aber als ein Fall der nachträglichen Kumulation von Vorhaben dar, so dass die vom Bundesverwaltungsgericht für Fälle nachträglicher Kumulation aufgestellten Voraussetzungen nicht einschlägig seien. Diesem Rechtsstandpunkt ist der Senat bereits im Beschluss vom 4. Juli 2016 (22 CS 16.1078 – juris Rn. 19 bis 22) entgegengetreten. Zu dem jetzigen diesbezüglichen Vorbringen ist ergänzend anzumerken, dass die Ausführungen in der Randnummer 23 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2014 (4 C 36.13 – BVerwGE 151, 138), auf die das Urteil des gleichen Gerichts vom 18. Juni 2015 (4 C 4.14 – BVerwGE 152, 219 Rn. 15) Bezug nimmt, entgegen der Behauptung der Antragstellerin keineswegs allein die Frage zum Gegenstand haben, ob die im erstgenannten Verfahren streitgegenständliche Erweiterung des Vorfelds eines Flughafens einer behördlichen Zulassungsentscheidung bedurfte. In der Randnummer 23 des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2014 (a. a. O.) wird vielmehr auch ausdrücklich festgehalten, dass sich die Frage, ob die Änderung oder Erweiterung eines Vorhabens im Sinn des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (konkret: nach § 3e Abs. 1 UVPG) inmitten steht, anhand des einschlägigen deutschen materiellen Rechts beurteilt. Zu einer Korrektur der im Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Juli 2016 (22 CS 16.1078 – juris Rn. 20) dargestellten Kriterien für die Abgrenzung zwischen der Neuerrichtung einer vom Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung erfassten Anlage und der Erweiterung einer Bestandsanlage gibt das jetzige Vorbringen der Antragstellerin deshalb keinen Anlass.
Soweit in Abschnitt I der Zuschrift der Antragstellerbevollmächtigten vom 28. Oktober 2016 außerdem die Unvereinbarkeit des im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2015 (4 C 4.14 – BVerwGE 152, 219) eingenommenen Standpunkts mit dem Recht der Europäischen Union behauptet wird, genügt es, darauf hinzuweisen, dass diese Frage in der Randnummer 25 der letztgenannten Entscheidung ausdrücklich erörtert und u. a. mit dem Argument bejaht wurde, der Projektbezug der UVP-Richtlinie erlaube eine Einschränkung der Vorprüfungspflicht bei Anlagen, die sich zwar hinsichtlich ihrer Umweltauswirkungen überschneiden, die jedoch beziehungslos und gleichsam zufällig nebeneinander verwirklicht werden, so dass sie m.a.W. kein zusammengehöriges „Projekt“ bilden. Die Zulässigkeit der im Schriftsatz vom 28. Oktober 2016 kritisierten teleologischen Reduktion der Vorprüfungspflicht hat das Bundesverwaltungsgericht damit der Sache nach selbst bejaht; die Antragstellerin hat keine Argumente vorgetragen, in Anbetracht derer – zumal im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes – an dieser Rechtsauffassung nicht festgehalten werden könnte.
Die demnach allenfalls gebotene standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalles – sie ist in der durchgeführten allgemeinen Vorprüfung als Minus enthalten – begegnet im Licht des Beschwerdevorbringens keinen Bedenken. Eine solche Vorprüfung hat nach § 3c Satz 2 UVPG ausschließlich die in der Nummer 2 der Anlage 2 zu diesem Gesetz aufgeführten „Schutzkriterien“ zum Gegenstand. Das Landratsamt hat in den Protokollen vom 11. November 2014 und vom 2. September 2016 eine Betroffenheit aller in den Nummern 2.3.1 bis 2.3.11 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgezählten Gebiete und Einzelobjekte verneint; die Richtigkeit dieser Auffassung greift die Beschwerdebegründung nicht an. Damit aber erweist sich der auf Seite 3 unten des Schriftsatzes der Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 24. Oktober 2016 erhobene Einwand, die Behörde sei im Rahmen der Umweltverträglichkeitsvorprüfung nicht auf die „Merkmale der möglichen Auswirkungen“ im Sinn der Nummer 3 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung eingegangen, als unbehelflich. Denn diesbezügliche Ausführungen erübrigen sich jedenfalls dann, wenn eine Vorprüfung zu dem Ergebnis führt, es fehle hinsichtlich aller in die Prüfung einzubeziehenden Kriterien an rechtserheblichen Umweltauswirkungen.
Der in der Beschwerdebegründung außerdem aufgestellten Behauptung, es sei nicht ersichtlich, aufgrund welcher Umstände das Verwaltungsgericht davon ausgegangen sei, das Landratsamt habe die Schall- und die Schattenwurfprognose, die spezielle artenschutzrechtliche Prüfung sowie jene im Verwaltungsverfahren vorgelegte Ausarbeitung eines von der Beigeladenen beauftragten Ingenieurbüros, die der Vorbereitung der behördlichen Umweltverträglichkeitsvorprüfung dienen sollte, seiner eigenen Vorprüfung zugrunde gelegt, kann nicht gefolgt werden. Denn diese Unterlagen werden auf Seite 2 oben des Protokolls vom 2. September 2016 aufgeführt; die Frage, ob die nach § 3c Satz 6 UVPG erforderliche Dokumentation von Rechts wegen eine solche Aufzählung enthalten muss, bedarf deshalb keiner Entscheidung. Dass im Jahr 2016 eine neue Umweltverträglichkeitsvorprüfung durchgeführt, nicht aber – entgegen der in der Beschwerdebegründung anklingenden Behauptung – lediglich eine nachträgliche Dokumentation der im Jahr 2014 vorgenommenen Vorprüfung erstellt wurde, folgt aus dem Umstand, dass das Landratsamt ausweislich des Protokolls vom 2. September 2016 hinsichtlich mehrerer der in der Nummer 1 sowie in der Nummer 2.2 der Anlage 2 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung aufgeführten Punkte – anders als im Jahr 2014 – nunmehr das Vorliegen „relevanter Umweltauswirkungen“ bejaht. Da die allenfalls veranlasste standortbezogene Vorprüfung sich nicht auf diese Kriterien zu erstrecken braucht, wirkt sich dies jedoch nicht in rechtserheblicher Weise aus.
3. Aus der Behauptung, die im Verwaltungsverfahren vorgelegte Schallimmissionsprognose habe die Spalierobstanlagen der Antragstellerin zu Unrecht unberücksichtigt gelassen, ohne dass das Verwaltungsgericht diesen Umstand aufgegriffen habe, ergibt sich die Notwendigkeit einer Aufhebung oder Abänderung der angefochtenen Beschlüsse ebenfalls nicht.
Zu der durch die Vorschriften des Immissionsschutzrechts geschützten „Nachbarschaft“ gehören u. a. nur die Eigentümer solcher Grundstücke, die im Einwirkungsbereich der zu beurteilenden Anlage(n) liegen (grundlegend BVerwG, U. v. 22.10.1982 – 7 C 50.78 – DVBl 1983, 183). In Ansehung von Geräuschimmissionen wird der Umfang des „Einwirkungsbereichs“ in einer auch die Gerichte grundsätzlich bindenden Weise (vgl. z. B. BVerwG, U. v. 29.8.2007 – 4 C 2.07 – BVerwGE 129, 209 Rn. 12) durch die Nummer 2.2 TA Lärm bestimmt. Da Windkraftanlagen typischerweise keine einzelnen, kurzzeitigen Geräuschspitzen im Sinn der Nummer 6.1 Satz 2 TA Lärm verursachen, kommt insoweit allein der Regelung in der Nummer 2.2 Buchst. a) TA Lärm praktische Bedeutung zu. Zum Einwirkungsbereich einer Windkraftanlage gehören unter lärmschutzrechtlichem Aspekt mithin alle Flächen, auf denen die von der zu beurteilenden Anlage ausgehenden Geräusche einen Beurteilungspegel verursachen, der weniger als 10 dB(A) unter dem für diese Fläche maßgebenden Immissionsrichtwert liegt. Bereits hieran fehlt es im vorliegenden Fall.
Zur durch die Vorschriften des Immissionsschutzrechts geschützten Nachbarschaft kann zwar auch der Eigentümer eines Außenbereichsgrundstücks gehören, wenn dieses derart im Einwirkungsbereich der Anlage liegt, dass es durch diese in einer durch § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG missbilligten Weise betroffen sein kann (BVerwG, U. v. 22.10.1982 – 7 C 50.78 – DVBl 1983, 183). Dies ist hier nicht der Fall.
Für im Außenbereich liegende Flächen setzt die TA Lärm keine Immissionsrichtwerte fest. Bei der Bestimmung der Schutzwürdigkeit von – wie hier – im Außenbereich liegenden Grundstücken ist vor allem zu berücksichtigen, dass der Außenbereich nach der in § 35 Abs. 1 Nr. 4 und 5 BauGB zum Ausdruck gelangenden Wertung des Gesetzgebers dazu dient, u. a. Windkraftanlagen sowie andere Anlagen unterzubringen, die wegen ihrer nachteiligen Wirkung auf die Umgebung nur im Außenbereich ausgeführt werden sollen. Eigentümer von Außenbereichsgrundstücken müssen deshalb grundsätzlich stets mit der Verwirklichung „lästiger“ Anlagen in der Umgebung rechnen. Es können daher allenfalls auf Mischgebietsniveau geminderte Schutzansprüche bestehen (vgl. z. B. OVG NW, B. v. 13.5.2002 – 10 B 671/02 – GewArch 2002, 384 ff). Dort ist von einem Immissionsrichtwert von tagsüber 60 dB(A), nachts 45 dB(A) auszugehen (Nr. 6.1 c der TA Lärm).
Hinzu kommt, dass sich auf den unbebauten, nicht der Wohnnutzung dienenden, von der TA Lärm als maßgebliche Immissionsorte gar nicht erfassten (vgl. Anhang A 1.3 b) Spalierobstfeldern der Antragstellerin Menschen nur in einem Umfang aufhalten müssen, der in zeitlicher Hinsicht weit hinter der Dauer zurückbleibt, die Beschäftigte üblicherweise an einem von ihnen fortlaufend genutzten Arbeitsplatz verbringen. Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Würzburg hat in einer aus Anlass des dem Bescheid vom 1. April 2015 vorangegangenen Verwaltungsverfahrens am 27. November 2014 abgegebenen Stellungnahme ausgeführt, die Arbeitszeit je Hektar betrage im konventionellen Ackerbau maximal 30 Arbeitsstunden pro Jahr. Selbst wenn man berücksichtigt, dass der Erwerbsgartenbau – namentlich dann, wenn er in biologischer Form betrieben wird – deutlich arbeitsintensiver sein kann als die Betreuung herkömmlicher Ackerkulturen, verdeutlicht dies, dass die Beschäftigten der Antragstellerin den Geräuschen der verfahrensgegenständlichen Windkraftanlagen bei Betätigungen auf den Spalierobstanlagen nur in zeitlich sehr begrenztem Umfang ausgesetzt sein werden. Ein zur Klage berechtigendes Nachbarschaftsverhältnis i. S. von § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG ist aber nur dann gegeben, wenn die Betroffenen den Einwirkungen einer Anlage nicht nur gelegentlich, sporadisch, sondern über eine gewisse Dauer ausgesetzt sind (BVerwG, U. v. 22.10.1982 – 7 C 50.78 – DVBl 1983, 183). Selbst wenn man dies noch als gegeben ansähe, müsste man von einer weiter geminderten Schutzwürdigkeit ausgehen.
Danach kann die Antragstellerin allenfalls verlangen, dass auf den Spalierobstgrundstücken ein Beurteilungspegel von 65 dB(A) nicht überschritten wird, wie er nach der – hier freilich nicht unmittelbar anwendbaren – Regelung in der Nummer 6.1 Satz 1 Buchst. b) TA Lärm in Gewerbegebieten tagsüber einzuhalten ist. Zeiten der Nachtruhe und deren Schutz kommen hier nicht in Betracht. Denn die in der Nummer 6.1 Satz 1 Buchst. b) TA Lärm enthaltene Regelung zeigt auf, dass ein Beurteilungspegel von 65 dB(A), der ggf. fortwährend an außerhalb von Gebäuden liegenden Immissionsorten auftritt, nach Auffassung das Vorschriftengebers nicht die Gefahr nach sich zieht, dass Personen, die sich während ihrer gesamten Arbeitszeit in einem Gewerbegebiet aufhalten müssen, deswegen Gesundheitsschäden erleiden.
Der Beurteilungspegel, den die beiden verfahrensgegenständlichen Anlagen auf den mit Spalierobst bestandenen Grundstücken der Antragstellerin hervorrufen werden, liegt weit unterhalb der nach der Nummer 2.2 Buchst. a) TA Lärm deshalb maßgeblichen Grenze von mehr als 55 dB(A). Nach den durch Ablichtungen aus dem Rauminformationssystem Unterfranken verifizierten Angaben, die sich im Schreiben des Landratsamts an das Verwaltungsgericht vom 8. September 2016 finden und deren Richtigkeit die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nicht angegriffen hat, weist die Windkraftanlage 4 gegenüber dem nördlichsten Punkt der Spalierobstanlage der Antragstellerin einen Abstand von 997,9 m und zu deren südlichstem Punkt eine Distanz von 1,1 km auf; die Entfernung der Windkraftanlage 5 beträgt danach gegenüber beiden Punkten einheitlich 1,2 km. Diese Abstände entsprechen ziemlich genau den Distanzen, die zwischen diesen beiden Windkraftanlagen und jenem Anwesen bestehen, das in der im Verwaltungsverfahren eingereichten Schallprognose als Immissionspunkt 3 betrachtet wurde (es liegt von der Windkraftanlage 4 1.206 m und von der Windkraftanlage 5 933 m entfernt). Für dieses Anwesen gelangte die Schallprognose zu einer – seitens der Antragstellerin nicht in Zweifel gezogenen – Zusatzbelastung von 35,7 dB(A).
Angesichts des außerordentlich großen Abstands zu dem sich aus der Nummer 2.2 Buchst. a) TA Lärm ergebenden Erfordernis einer über 55 dB(A) liegenden Zusatzbelastung bietet diese Berechnung jedenfalls im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine tragfähige Grundlage, um die Zugehörigkeit der für den Spalierobstanbau genutzten Grundstücke der Klägerin zum Einwirkungsbereich der verfahrensgegenständlichen Anlagen ausschließen zu können.
4. Zu Unrecht behauptet die Antragstellerin in der Beschwerdebegründung ferner, die Windkraftanlagen 4 und 5 würden – zumal in Kumulation mit den Bestandsanlagen – eine optisch bedrängende Wirkung zulasten derjenigen Menschen entfalten, die sich dauerhaft in ihrem Einwirkungsbereich aufhalten. Bereits vorstehend wurde dargelegt, dass Personen, die im Außenbereich auf den Spalierobstfeldern der Antragstellerin tätig sind, keinen so weitgehenden Schutz vor den nachteiligen Wirkungen von Windkraftanlagen beanspruchen können wie sie einer im Innenbereich rechtmäßig ausgeübten Wohnnutzung gewährt wird. Vorbehaltlich besonderer Umstände des Einzelfalles, die in der Beschwerdebegründung nicht geltend gemacht werden, aber entfaltet eine Windkraftanlage typischerweise dann keine optisch bedrängende Wirkung auf die Nutzer eines Wohnanwesens, wenn sie von diesem Gebäude einen Abstand wahrt, der mindestens das Dreifache ihrer Gesamthöhe erreicht (vgl. grundlegend OVG NRW, U. v. 9.8.2006 – 8 A 3726/05 – DVBl 2006, 1532/1534 f.; siehe z. B. ferner BayVGH, B. v. 13.10.2015 – 22 ZB 15.1186 – juris Rn. 35; B. v. 25.11.2015 – 22 ZB 15.2309 – Rn. 10). Die Windkraftanlagen 4 und 5 überschreiten diese Distanz bereits im Verhältnis zu den Spalierobstfeldern nach dem Vorgesagten deutlich; erst recht gilt das hinsichtlich des Gutshofes der Antragstellerin. Warum der Umstand, dass sich zwischen diesen Anlagen und dem Gutshof sowie den Spalierobstfeldern der Antragstellerin die Windkraftanlagen 1 bis 3 befinden, eine abweichende Bewertung rechtfertigen soll, lässt die Beschwerdebegründung nicht erkennen. Die nahe an den Obstfeldern errichtete Windkraftanlage 6 kann in diesem Zusammenhang derzeit außer Betracht bleiben, da für sie gegenwärtig keine Genehmigung vorliegt und deshalb ungewiss ist, ob die Antragstellerin überhaupt auf Dauer mit ihr konfrontiert sein wird.
5. Nicht gefolgt werden kann der Antragstellerin auch insofern, als sie im Beschwerdeverfahren erneut geltend macht, die Aufnahme desjenigen Teils des Gemeindegebiets von Leinach, in dem die Windkraftanlagen 4 und 5 errichtet werden sollen, in das im Flächennutzungsplan dieser Gemeinde dargestellte Sondergebiet „Flächen für die Windkraftnutzung“ sei deswegen unwirksam, weil diese Planung nicht im Sinn von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB städtebaulich erforderlich gewesen sei und der Gemeinde unabhängig hiervon Abwägungsfehler mit der Folge unterlaufen seien, dass dem Vorhaben der Beigeladenen der sich aus § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ergebende öffentliche Belang entgegenstehe. Es kommt insofern nicht darauf an, unter welchen Voraussetzungen sich die Antragstellerin auf etwaige Fehler berufen könnte und ob diese Voraussetzungen hier vorliegen.
5.1 Aus der von der Antragstellerin im ersten Rechtszug vorgelegten Begründung der 11. Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde Leinach, durch die das inmitten stehende Sondergebiet geschaffen wurde, ergibt sich, dass diese Planung aus Gründen der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung im Sinn von § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB erforderlich war.
In Abschnitt 1 der Begründung wurde ausgeführt, in dieser Gemeinde gebe es mehrere Bereiche, die aufgrund ihrer Höhenlage für eine wirtschaftliche Nutzung der Windkraft interessant seien; bei der Gemeinde würden regelmäßig Anfragen potenzieller Betreiber von Windkraftanlagen eingehen, die darauf abzielten, ergänzend zu den am südöstlichen Rand des Gemeindegebiets bereits bestehenden derartigen Anlagen hinaus die Ausweisung weiterer Standorte für Windkraftanlagen zu erreichen. Eine Steuerung dieser Vorhaben und eine Bündelung solcher Anlagen in einem Bereich des Gemeindegebiets lasse sich nur durch die Schaffung von Sondergebietsflächen für die Windkraftnutzung erreichen, wie das durch die 8. Änderung des Flächennutzungsplans bereits einmal geschehen sei. Die Gemeinde sei bestrebt, die wirtschaftliche Nutzung der Windkraft zu fördern; die Beeinträchtigung des Landschaftsbilds sowie negative Auswirkungen u. a. auf die örtliche Bevölkerung seien dabei jedoch zu minimieren. Besonders schützenswerte Bereiche des Gemeindegebiets sollten deshalb vor einer Beeinträchtigung durch die Windkraftnutzung bewahrt werden.
U. a. aus diesen Angaben in der Begründung der einschlägigen Änderung des Flächennutzungsplans folgt, dass sich die Gemeinde Leinach aufgrund eines großen Interesses an der Errichtung von Windkraftanlagen in ihrem Gebiet mit der Notwendigkeit konfrontiert sah, diesen „Ansiedlungsdruck“ durch die Erweiterung der bereits bestehenden Konzentrationszone für Windkraftanlagen in geregelte Bahnen zu lenken. Da auf die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung unter den Voraussetzungen des § 6 BImSchG ein Rechtsanspruch besteht, hätte anderenfalls die Gefahr bestanden, dass Windkraftanlagen überall dort im Gemeindegebiet entstanden wären, wo Investoren zu diesem Zweck ein Grundstück zur Verfügung gestellt worden wäre, sofern die durchzuführende Einzelfallprüfung ergeben hätte, dass an dieser Stelle keine Versagungsgründe bestehen. Die Folge wäre eine ungeordnete Anhäufung von Windkraftanlagen im Außenbereich der Gemeinde mit nachteiligen Auswirkungen namentlich für das Landschaftsbild gewesen. Eine Gemeinde handelt in Einklang mit § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB, wenn sie einer solchen Entwicklung durch Maßnahmen der Bauleitplanung entgegenwirkt.
5.2 Die im Rahmen der 11. Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde Leinach behauptetermaßen unterlaufenen Abwägungsmängel hat die Antragstellerin in der Beschwerdebegründungsschrift überwiegend nicht unmittelbar benannt, sondern insoweit auf ihre Ausführungen auf den Seiten 8 ff. der Antragsschrift vom 31. August 2016 verwiesen.
Das einschlägige Vorbringen in der Beschwerdebegründung und die dort in Bezug genommenen Ausführungen aus der Antragsschrift vom 31. August 2016 rechtfertigen die Bejahung eines Abwägungsmangels indes nicht. Die Behauptung, die Gemeinde habe „lediglich zu dem Zweck, privaten Investoren zu entsprechenden Renditen zu verhelfen, die gravierende und weitreichende Beeinträchtigung zahlreicher öffentlicher und privater Belange“ hingenommen, trifft nicht zu. Die vorstehend auszugsweise wiedergegebenen Erwägungen in der Begründung der 11. Änderung des Flächennutzungsplans zeigen im Gegenteil, dass es die Absicht der Gemeinde war, den an der Errichtung von Windkraftanlagen interessierten Gewerbetreibenden Schranken zu setzen; die im weiteren Fortgang der Begründung erfolgte umfangreiche Aufzählung von Gesichtspunkten, die dazu geführt haben, dass Flächen nicht in die Erweiterung des Sondergebiets „Windkraft“ aufgenommen wurden, belegen, dass diese Absicht im Rahmen der planerischen Abwägung keineswegs ein bloßes „Lippenbekenntnis“ darstellte. Weder in der Beschwerdebegründung noch auf den Seiten 8 f. der Antragsschrift vom 31. August 2016 wird im Übrigen ein einziges Schutzgut konkret genannt, das die Gemeinde im Rahmen der 11. Änderung des Flächennutzungsplans in einer Weise hintangesetzt hätte, die vor den Maßstäben der Rechtsordnung keinen Bestand haben kann. Die auf Seite 9 oben des letztgenannten Schriftsatzes pauschal erwähnten Aspekte des Orts- und Landschaftsbildes, des Denkmalschutzes, des Umwelt- und Naturschutzes (einschließlich des Artenschutzes) sowie der Lebens- und Wohnqualität der Bevölkerung wurden ausweislich der Ausführungen in den Abschnitten 6 bis 9, 12 sowie 14 bis 16 der Begründung der Flächennutzungsplan-Änderung sowie in der Anlage 2 hierzu vielmehr ausnahmslos gesehen und mit der gebotenen Sorgfalt gewürdigt.
6. Mit der Zurückweisung der Beschwerde ist der Antrag auf Erlass einer die Einstellung der Bauarbeiten anordnenden gerichtlichen Zwischenverfügung gegenstandslos geworden.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 i. V. m. § 162 Abs. 3 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen in den Nummern 19.2, 2.2.2 und 1.5 Satz 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Da es nicht zum Nachteil der Antragstellerin ausschlagen darf, dass das Verwaltungsgericht ihr einheitliches Rechtsschutzgesuch nach § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 VwGO ohne sachlich rechtfertigenden Grund in zwei gesonderte Verfahren aufgespalten hat (vgl. dazu BayVGH, B. v. 14.4.2016 – 22 C 16.601 u. a. – juris Rn. 12 f.; B. v. 25.4.2016 – 22 C 16.600 u. a. – juris Rn. 12 f.), ist es geboten, den Streitwert der beiden Beschwerdeverfahren bis zur Verbindung lediglich in Höhe der Hälfte des ansonsten angemessenen Betrages von 7.500 Euro festzusetzen.

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