Aktenzeichen RO 3 K 14.1177
JMStV § 2, § 4, § 5, § 6, § 14, § 16, § 20
RStV § 2 Abs. 1
Leitsatz
1. Für den Begriff des Rundfunks spielt es keine Rolle, wenn mit einem Format nur ein begrenzter Personenkreis erreicht wird; denn maßgeblich ist allein, dass die Sendungen zum Empfang durch einen unbestimmten Personenkreis ausgerichtet sind. (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Rundfunkeigenschaft von Sendungen wird nicht dadurch in Frage gestellt wird, dass diese auch im Archiv zur Verfügung stehen und der Nutzer bestimmt, wann er diese dort abruft. Denn dies ändert nichts am Vorliegen der Voraussetzungen für die Rundfunkeigenschaft, wenn die Sendungen im Rahmen eines jeweils Sonntagabend stattfindenden Rundfunkprogramms ausgestrahlt werden. (redaktioneller Leitsatz)
3. Kriterien für ein journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot sind Selektion und Aufbereitung nach gesellschaftlicher Relevanz wie zB Aktualität. Auf eine professionelle oder gar berufsmäßige journalistische Tätigkeit kommt es hingegen nicht an; auch „Laienjournalismus“ kann journalistisch iSd § 2 RStV sein, wenn ein gewisser Grad an organisatorischer Verfestigung erreicht ist. (redaktioneller Leitsatz)
4. Der Begriff „journalistisch-redaktionell“ umfasst auch Unterhaltungsangebote, nicht aber Dienste, bei denen gar keine Selektion und Aufbereitung stattfindet, wie bei Webcams, die kontinuierlich live reale Geschehnisse verbreiten. (redaktioneller Leitsatz)
5. Das jugendschutzrechtliche Werbeverbot in § 6 Abs. 1 S. 1 JMStV gilt nicht nur für Wirtschaftswerbung. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III.
Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Anfechtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Beklagten vom 17. Juni 2014 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die streitgegenständlichen Maßnahmen ist das Gesetz über die Entwicklung, Förderung und Veranstaltung privater Rundfunkangebote und anderer Telemedien in Bayern (Bayerisches Mediengesetz – BayMG), der Staatsvertrag über den Schutz der Menschenwürde und den Jugendschutz in Rundfunk und Telemedien (Jugendmedienschutz-Staatsvertrag – JMStV) sowie der Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag – RStV) in den zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses vom 17. Juni 2014 geltenden Fassungen.
1. An der formellen Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen keine Zweifel.
1.1 Die sachliche Zuständigkeit der Beklagten für die im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Maßnahmen folgt aus § 10 Abs. 1 Satz 3 BayMG i. V. m. § 14 Abs. 1 Satz 2 JMStV. Denn danach trifft die Beklagte entsprechend den Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags die jeweiligen Entscheidungen. Die örtliche Zuständigkeit der Beklagten beruht auf § 10 Abs. 1 Satz 3 BayMG i. V. m. § 20 Abs. 6 JMStV.
Für die abschließende Beurteilung von Angeboten nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag war gemäß § 16 Satz 1 JMStV die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) zuständig, die nach § 14 Abs. 2 Satz 2 JMStV der Beklagten als Organ bei der Erfüllung ihrer Aufgaben dient.
Soweit der Kläger die Zuständigkeit der Beklagten für den Erlass der streitgegenständlichen Maßnahmen nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag bezweifelt, weil das von ihm betriebene Medienformat keinen Rundfunk bzw. kein Rundfunkprogramm darstelle und somit der Geltungsbereich des Jugendmedienschutz-Staatsvertrag nicht eröffnet sei, vermag er damit nicht durchzudringen.
Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag gilt nach § 2 Abs. 1 JMStV für elektronische Informations- und Kommunikationsmedien (Rundfunk und Telemedien). Der Begriff des Rundfunks findet in § 2 Abs. 1 Satz 1 RStV eine Legaldefinition. Danach ist Rundfunk ein linearer Informations- und Kommunikationsdienst (Hs. 1) und die für die Allgemeinheit bestimmte Veranstaltung und Verbreitung von Angeboten in Bewegtbild oder Ton entlang eines Sendeplans unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen (Hs. 2).
Diese Definitionsmerkmale liegen bei den streitgegenständlichen Sendungen Nrn. 60 und 61 vom 1. und 8. Dezember 2013 vor.
Die Sendungen wurden unzweifelhaft in Bewegtbild und Ton sowie als Live-Stream übers Internet unter Benutzung elektromagnetischer Schwingungen ausgestrahlt. Sie waren auch an die Allgemeinheit gerichtet, weil für jedermann auf der Internetseite http://1…de abrufbar. Dabei spielt es keine Rolle, dass mit dem Format wohl nur ein begrenzter Personenkreis erreicht wird; denn maßgeblich ist allein, dass die Sendungen zum Empfang durch einen unbestimmten Personenkreis ausgerichtet sind (vgl. Schulz in Hahn/Vesting, Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Auflage, Rn. 43 zu § 2 RStV). Ebenso wenig fehlt es den Sendungen am Linearitätsmerkmal. Denn die Sendungen Nrn. 60 und 61 sind einerseits zum zeitgleichen Empfang durch die Rezipienten bestimmt; andererseits werden sie als zwei von grundsätzlich an jedem Sonntag zwischen 19 Uhr und 21 Uhr stattfindenden Sendungen eindeutig im Rahmen eines Sendeplans ausgestrahlt. Die Sendungen sind inhaltlich strukturiert; sie bestehen insbesondere aus Einspielungen von Videoclips bzw. Musiktiteln, Besprechungen von aktuellen Themen, Interviews von Musikbandmitgliedern mit der Möglichkeit, dass Fragen der Zuschauer an diese per Chat oder Skype gestellt werden können, sowie aus Gewinnspielen mit Fragen, bei denen Telefonanrufer eine vorher vorgestellte CD gewinnen können. Ein „roter Faden“, der vom Kläger vorgegeben wird, im Sinn eines strukturierten Ablaufs von Inhalten ist klar erkennbar.
Nicht nachvollziehbar ist, wenn von Klägerseite die Rundfunkeigenschaft der Sendungen dadurch in Frage gestellt wird, dass diese auch im Archiv zur Verfügung standen und insoweit nicht der Kläger, sondern der Nutzer bestimmt, wann er diese dort abruft. Denn dies ändert nichts an dem Vorliegen der vorgenannten Voraussetzungen für die Rundfunkeigenschaft der Sendungen im Rahmen eines jeweils Sonntagabend stattfindenden Rundfunkprogramms.
Die Auffassung des Klägers, dass keine lineare, sondern multipolare Kommunikationsstruktur vorliege, weil während der Sendungen zwischen dem Moderator und den Zuschauern durch den Chat im Hintergrund eine Interaktion stattfinde, die es ermögliche, beispielsweise Fragen an den Moderator oder die telefonisch zugeschalteten Interviewpartner zu richten, und deshalb auch von den Zuschauern Einfluss auf den Inhalt der Sendungen genommen werden könne, wird nicht geteilt. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass eine Interaktivität dergestalt, dass die Nutzer unmittelbaren Einfluss auf die Sendung nehmen können, nicht gegeben ist. Denn der Kläger bestimmt den Ablauf der Sendung gemeinsam mit seinem Co-Moderator. Nutzer können nur begleitend und nur soweit es von den Moderatoren zugelassen wird mitwirken.
Zum Vortrag der Klägerseite, es fehle für die Annahme von Rundfunk an dem Merkmal der Darbietung, weil die Sendungen keine Meinungsbildungsrelevanz hätten, ist festzustellen, dass dieses Merkmal lediglich bis zum Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag in § 2 RStV enthalten war; nach der hier einschlägigen Fassung der Norm ist ein Darbietungscharakter als Tatbestandsmerkmal nicht mehr vorgesehen. Aber selbst wenn, wie vertreten wird, der Begriff Rundfunk eine Darbietung im Sinne der Meinungsbildung erfordern sollte, wäre diese bei den Sendungen Nrn. 60 und 61 ohne Zweifel gegeben, weshalb es auch dahingestellt bleiben kann, ob dieses Merkmal unionsrechtlich geboten ist. In den Sendungen wird nicht nur Musik abgespielt, sondern es finden politisch motivierte Diskussionen und Gespräche – teilweise auf der Grundlage aktueller Berichterstattung – statt, in denen unzweifelhaft die Moderatoren ihre Meinung darlegen und auf die Meinungsbildung anderer Einfluss nehmen wollen. So werden insbesondere als richtig empfundene rechtsextreme Inhalte und Ideologien dargestellt, Wege in die rechtsextreme Szene aufgezeigt und gesellschaftliche Veränderungen im Sinne eines Nationalsozialismus propagiert. Dass die streitgegenständlichen Sendungen auf der Website www.1…de neben weiteren Angeboten wie einem Shop, einem Chat, einem Youtube-Kanal, einem Radiosender und einer Pinnwand mit Neuigkeiten standen, ändert nichts an ihrer inhaltlichen Meinungsbildungsrelevanz und an der Rundfunkeigenschaft, da, wie oben dargelegt, die Tatbestandsvoraussetzungen hierfür erfüllt sind.
Auf die geltend gemachte Ausnahmeregelung des § 2 Abs. 3 Nrn. 1, 3 und 4 RStV kann sich der Kläger nicht berufen.
Der Vorschrift des § 2 Abs. 3 Nr. 4 RStV, wonach nicht journalistisch-redaktionell gestaltete Angebote kein Rundfunk seien, unterfallen die Sendungen Nrn. 60 und 61 offensichtlich nicht. Kriterien für ein journalistisch-redaktionell gestaltetes Angebot sind Selektion und Aufbereitung nach gesellschaftlicher Relevanz wie z. B. Aktualität; auf eine professionelle, gar berufsmäßige journalistische Tätigkeit kommt es nicht an; auch „Laienjournalismus“ kann journalistisch i. S. d. § 2 RStV sein, wenn ein gewisser Grad an organisatorischer Verfestigung erreicht ist. Der Begriff „journalistisch-redaktionell“ umfasst auch Unterhaltungsangebote, nicht aber Dienste, bei denen gar keine Selektion und Aufbereitung stattfindet, wie bei Webcams, die kontinuierlich live reale Geschehnisse verbreiten (vgl. Schulz in Hahn/Vesting, Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Auflage, Rn. 56 f zu § 2 RStV). Als entscheidend für das Vorliegen eines journalistisch-redaktionellen Angebots wird teilweise die Intention auf Teilhabe am Prozess der öffentlichen Meinungsbildung angesehen. Diese Teilhabe muss sich jedoch nicht an die breite Öffentlichkeit richten, es reicht aus, wenn sie auf kleinere Zielgruppen zugeschnitten ist (VGH Mannheim, B.v. 25.03.2014 – 1 S 169/14 – juris).
Hiervon ausgehend hat das Gericht keine Zweifel, dass die streitgegenständlichen „1…“-Sendungen journalistisch-redaktionell gestaltet sind, weshalb die Ausnahme des § 2 Abs. 3 Nr. 4 RStV nicht vorliegt. Die Beklagte weist in diesem Zusammenhang zu Recht auf Folgendes hin: Der Kläger geht als Moderator der Sendungen auf aktuelle Ereignisse ein, es gibt Nachrichten innerhalb der Sendung, die auf aktuellen Begebenheiten beruhen. Ferner werden ausgewählte Musiktitel oder Musikvideos vorgestellt und es finden Interviews mit Bandmitgliedern statt. Zuschauer können teilweise Fragen per Skype oder Chat stellen. Aus alledem folgt eine journalistisch-redaktionelle Gestaltung in Form von Selektion und Aufbereitung, die entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten (wie oben dargestellt) auch eine Meinungsbildungsrelevanz aufweist.
Es liegt auch nicht die Ausnahme gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 1 RStV vor; hiernach sind Angebote kein Rundfunk, die jedenfalls weniger als 500 potenziellen Nutzern zum zeitgleichen Empfang angeboten werden. Diese Bestimmung stellt auf die technische Grenze der Reichweite ab. Nicht unter Rundfunk fallen damit Angebote, die nicht von mehr als 500 Rezipienten zeitgleich empfangen werden können, so z. B. wenn der Ausspielserver nicht mehr als 500 parallele Streams zulässt (vgl. Schulz in Hahn/Vesting, Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Auflage, Rn. 52 zu § 2 RStV). Hierfür wurde aber weder etwas vorgetragen noch ist dies ersichtlich. Ob weniger als 500 Nutzer die Sendungen tatsächlich ansehen, spielt nach dem Wortlaut der Norm keine Rolle. Maßgeblich ist allein, dass die Sendungen ohne technische Empfangsbeschränkung an die Allgemeinheit gerichtet sind. Aus der vom Klägerbevollmächtigten zitierten Gesetzesbegründung ergibt sich nichts anderes. Auch danach ist auf die potentiell möglichen Zugriffe abzustellen und nicht auf die tatsächlichen. Die Formulierung „absolute Untergrenze“ meint, dass bei einer Beschränkung der Zugriffsmöglichkeit auf weniger als 500 Nutzer stets kein Rundfunk vorliegt, das Wort „jedenfalls“, dass bei technisch höheren Nutzungszahlen von einer Zuordnung als Rundfunk abgesehen werden kann. Die Formulierung spricht damit eine Flexibilität nach oben an (vgl. Schulz in Hahn/Vesting, Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Auflage, Rn. 52 zu § 2 RStV). Anhaltspunkte, warum entgegen der Grundregel, dass bei Zugriffsmöglichkeit von mehr als 500 Nutzern Rundfunk vorliegt, ausnahmsweise im Hinblick auf die Rezipientenzahl kein Rundfunk anzunehmen ist, wurden weder substantiiert vorgebracht noch sind sie ersichtlich. Zu denken wäre daran beispielsweise bei einer Zugriffsbeschränkung auf nur geringfügig mehr als 500 Rezipienten, was bei den Sendungen Nrn. 60 und 61 aber ersichtlich nicht der Fall war.
Schließlich kommt auch nicht der Ausnahmetatbestand des § 2 Abs. 3 Nr. 4 RStV (Angebote, die ausschließlich persönlichen oder familiären Zwecken dienen) in Betracht, da das Angebot des Klägers unbegrenzt an die Allgemeinheit und auf (deren) Meinungsbildung gerichtet ist.
1.2 Der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten ist entgegen der Rechtsauffassung des Klägerbevollmächtigten auch nicht wegen Fehlens einer ordnungsgemäßen und ausreichenden Begründung nach § 17 Abs. 1 Sätze 3 und 4 JMStV formell rechtswidrig. Die von der KJM bei der Beschlussfassung gegebene und dem Bescheid der Beklagten zugrunde gelegte Begründung genügt den Anforderungen dieser Norm.
Gemäß § 17 Abs. 1 Sätze 3 und 4 JMStV sind die Beschlüsse der KJM zu begründen und dabei die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen.
Dies ist unzweifelhaft geschehen. In der Beschlussvorlage der Beklagten für die KJM-Sitzung vom 19. März 2014 finden sich die wesentlichen tragenden Argumente für die im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Maßnahmen. Die Darlegungen sind ausführlich, detailliert und für einen Dritten ohne Weiteres verständlich. Die KJM als zuständiges Organ hat sich diese Ausführungen in der Beschlussvorlage zu eigen gemacht (vgl. Seite 6 a.E. des Protokolls über die Sitzung der KJM vom 19.4.2014). Eine solche Bezugnahme auf eine Beschlussvorlage ist im Grundsatz zulässig, wenn dadurch eine klare und unmissverständliche Begründung des Beschlusses zu Stande kommt. Die Bezugnahme muss dem Beschluss der KJM oder dem die Beschlussfassung enthaltenden Protokoll durch eindeutige Formulierungen zu entnehmen sein (OVG Nordrhein-Westfalen, U.v. 17.6.2015 – 13 A 1215/12 – juris), was – wie dargelegt – gegeben ist. Eine diesen Anforderungen nicht genügende Kettenverweisung liegt nicht vor.
Da die Beschlüsse der KJM gegenüber der Beklagten bindend und deren Entscheidungen zugrunde zu legen sind (vgl. § 17 Abs. 1 Sätze 5 und 6 JMStV), wurden sie zu Recht so wie in der gebilligten Beschlussvorlage in den Bescheid vom 17. Juni 2014 aufgenommen und umgesetzt.
Der Auffassung des Klägervertreters, die Begründung teile aufgrund des Fehlens einer ausdrücklichen Erwähnung der Meinungsfreiheit des Klägers in Abwägung mit den Belangen des Jugendschutzes nicht die wesentlichen rechtlichen Gründe mit, kann nicht gefolgt werden. Die für diese Argumentation vom Klägerbevollmächtigten herangezogene Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (U.v. 17.06.2015 – 13 A 1215/12 – juris) ist schon nicht auf den vorliegenden Fall anwendbar. Anders als hier lag dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts ein Sachverhalt zugrunde, der einen besonderen Bezug zur Satire aufwies und deshalb nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts insoweit einer besonderen Erörterung der KJM im Hinblick auf die Kunst- und Meinungsfreiheit erfordert hätte. Zudem war im Fall, den das Oberverwaltungsgericht zu entscheiden hatte, im Unterschied zur vorliegenden Verwaltungsstreitsache in der Beschlussvorlage für die KJM keine Begründung enthalten.
Die Begründung der KJM wird vom Gericht für ausreichend erachtet. Dabei ist, worauf die Beklagten zu Recht hinweist, im Ausgangspunkt zu beachten, dass der Gesetzgeber bei der Schaffung der Normen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages eine Abwägung zu Verfassungsgütern wie die Meinungs- oder Rundfunkfreiheit vorgenommen hat und diese Vorschriften das Ergebnis dieser Abwägung im Sinne einer praktischen Konkordanz sind. Im Übrigen wird der Auffassung der Beklagtenseite gefolgt, wonach dann, wenn wie hier der Kläger im Rahmen der Anhörung keine Stellungnahme abgibt, keine gesteigerte Veranlassung besteht, näher auf eine Grundrechtsberührung des Klägers einzugehen.
Unabhängig davon weist das Gericht auf Folgendes hin: Auch wenn, wie von Klägerseite gerügt, eine ausdrückliche Erwähnung des Art. 5 Abs. 1 GG im Rahmen der Begründung nicht erfolgt ist, setzt sich die Begründung dezidiert mit den in den gegenständlichen Sendungen getätigten Äußerungen auseinander und beschränkt sich gerade nicht auf Allgemeinplätze. Die einzelnen Äußerungen, auf die sich die Maßnahmen der Beklagten beziehen, werden detailliert dargestellt und auf ihre Hintergründe untersucht. Dabei wird die für die rechtliche Würdigung notwendige objektive Perspektive stets gewahrt. Bezüglich aller beanstandeten Inhalte wird dargelegt, inwiefern durch sie Belange des Jugendschutzes nicht hinnehmbar beeinträchtigt werden. Dass die Anforderungen der Wechselwirkungslehre im Rahmen der Anwendung der die Meinungsfreiheit einschränkenden allgemeinen Gesetze beachtet wurden, geht aus der Begründung deutlich hervor: So heißt es etwa auf Seite 11, Punkt d. zu § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 JMStV (offensichtlich schwere Jugendgefährdung):
„(…) Folgt man der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, muss man erkennen, dass aus der Sendung für einen unbefangenen Beobachter nicht zwingend folgt, dass die Inhalte zu einer schweren Jugendgefährdung führen können. (…)“
Weiter wird etwa auf Seite 15, Punkt a. zu § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 JMStV (Holocaustleugnung) ausgeführt:
„(…) Mit dieser Aussage macht der Moderator geltend, dass er über die historischen Ereignisse keine eigenen Erkenntnisse hat. In dieser Aussage scheinen Zweifel an den historischen Fakten enthalten zu sein. Der Tatbestand des Verharmlosens ist sehr weit gefasst und bedarf einer verfassungskonformen Kontursetzung. (…)“.
Aus alledem ergibt sich, dass der KJM sehr wohl das Spannungsverhältnis zwischen Meinungs- bzw. Rundfunkfreiheit und Jugendschutz bewusst war und die im Rahmen der allgemeinen Gesetze zulässige Einschränkung der Meinungs- bzw. Rundfunkfreiheit nur insoweit erfolgte, als es nach ihrer Sicht aus Jugendschutzgründen zwingend erforderlich war.
2. Die Maßnahmen durch die Beklagte in Nrn. 1 bis 5 des streitgegenständlichen Bescheids sind in materieller Hinsicht rechtmäßig. Sie konnten auf § 20 Abs. 1 und 2 JMStV, Art. 16 BayMG gestützt werden.
Nach § 20 Abs. 1 JMStV trifft die zuständige Landesmedienanstalt die erforderlichen Maßnahmen, wenn sie feststellt, dass ein Anbieter gegen die Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags verstoßen hat, wobei nach § 20 Abs. 2 JMStV für Veranstalter von Rundfunk die zuständige Landesmedienanstalt durch die KJM entsprechend den landesrechtlichen Regelungen die jeweiligen Entscheidungen trifft. Nach Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG kann die Landeszentrale gegenüber Anbietern zur Einhaltung der Vorschriften des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages die erforderlichen Maßnahmen treffen.
2.1 Die Feststellung und Missbilligung in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids, dass im über die Internetadresse http://1…de verbreiteten Rundfunkangebot in der Sendung Nr. 60 vom 1. Dezember 2013 in der Zeit von 19:00 Uhr bis 21:00 Uhr insbesondere aufgrund eines Kommentares des Moderators zu der Besetzung eines öffentlichen Gebäudes in Berlin gegen das Verbot der Gewaltverharmlosung (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 JMStV) sowie unter anderem wegen der Empfehlung indizierter Bücher aus der Reihe 2… durch einen vom Moderator in der Sendung befragten Gast gegen das Verbot der Werbung für indizierte Angebote (§ 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV) und schließlich insbesondere aufgrund der jugendaffinen Präsentation und der rechtsextremistisch geprägten Aussagen der Moderatoren gegen das Verbot der Verbreitung von Inhalten, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen (§ 5 Abs. 1 JMStV), verstoßen wurde, ist nicht zu beanstanden.
Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 23.3.2011 – 7 BV 09.2512, 7 BV 09.2513 – juris) kommt der KJM beim Vollzug der Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrag zwar kein gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Ihre Einschätzung ist jedoch als sachverständige Aussage anzusehen, die im gerichtlichen Verfahren nur mit dem gleichen Aufwand in Frage gestellt werden kann, der notwendig ist, um die Tragfähigkeit fachgutachtlicher Äußerungen zu erschüttern. Ist die Bewertung der KJM in diesem Sinn nicht in Frage gestellt, so ist dem Gericht verwehrt, seine eigene Bewertung an die Stelle der Bewertung der KJM zu setzen.
2.1.1 Im streitgegenständlichen Bescheid wird unter Nr. 1 in der Sendung Nr. 60 vom 1. Dezember 2013 ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 JMStV angenommen, wonach unbeschadet strafrechtlicher Verantwortung Angebote unzulässig sind, wenn sie grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen in einer Art schildern, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt, was auch bei virtuellen Darstellungen gilt. Hierzu wird im Bescheid Folgendes unter Bezugnahme auf die Einlassungen des Sendungsmoderators zur Besetzung des Kreuzberger Bezirksamtes durch Demonstranten und die vorgenannte Verbotsnorm ausgeführt:
„Der in der Sendung Nr. 60 vorgenommene Kommentar eines Moderators erfüllt diese Voraussetzungen. Ein Moderator schildert in Bezug auf die Besetzung eines öffentlichen Gebäudes in Berlin durch „Flüchtlinge“ die Tötung dieser Menschen, die von ihrem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht haben, um auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam zu machen, als ausdrücklich legitimes Mittel zur Durchsetzung staatlicher Gewalt. Die Beschreibung des von Seiten des Moderators geforderten brutalen Vorgehens der Sicherheitskräfte erfolgt detailliert: „der Rest geht im Kugelhagel unter“ (…) „wird da aus dem Gebäude rausgefeuert, während du da drauf zuläufst, und da bleibt halt da alle fünf Meter einer liegen und dann hören die halt irgendwann auf zu rennen“. Der Bundesrepublik Deutschland wird unterstellt, kein „echter Staat“ oder kein „richtiges Land“ zu sein, da sie sich gegen ihre demonstrierenden Bewohner nicht mit militärisch-brutaler Waffengewalt zur Wehr zu setzen vermag. Dem liegt eine Sicht auf den Staat als repressiver, autoritärer Organisationsform zugrunde, die dem Totalitarismus entspricht und der freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes zuwiderläuft. Das Erschießen bzw. Töten von Menschen stellt eine Gewalttätigkeit dar. Diese ist auch grausam bzw. sonst unmenschlich, da das Erschießen wehrloser Flüchtlinge, die von ihrem Recht auf Demonstration Gebrauch machen, menschenverachtend ist und eine überschießende, rücksichtslose Tendenz zum Ausdruck bringt. Selbst wenn man annimmt, dass die Flüchtlinge durch die Besetzung des Rathauses Hausfriedensbruch begehen und sich deshalb nicht auf ihr Demonstrationsrecht berufen dürften, da es am Kriterium der „Friedlichkeit“ möglicherweise fehlt, ändert dies nichts daran, dass die geforderte brutale und grausame Gewaltanwendung, die durch den Moderator in einer verharmlosenden Form geschildert wird, nicht als Mittel der Wahl zum Umgang mit Flüchtlingen veranschaulicht werden darf. Dieses Vorgehen widerspricht unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Eine Gewaltverharmlosung liegt nicht zuletzt vor, da die Gewalttätigkeiten – das Erschießen von wehrlosen Menschen von Seiten des Staates – bagatellisiert wird als ein im menschlichen Zusammenleben nicht verwerfliches, sondern sogar notwendiges Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen bzw. zur Lösung von Konflikten (vgl. auch die Kriterien für die Aufsicht im Rundfunk und in den Telemedien der KJM). Es handelt sich auch nicht um eine Schilderung im Rahmen eines fiktiven Krimis, den der Moderator wiedergibt, sondern der Moderator fordert den Staat dazu auf, entsprechende Maßnahmen umzusetzen. Es handelt sich also um eine Schilderung von unmenschlichen Gewalttätigkeiten gegen reale Personen. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 JMStV setzt seinem Wortlaut nach gerade keine Darstellung, sondern eine Schilderung der Gewalttätigkeiten voraus. Die akustische Veranschaulichung des Moderators „der Rest geht im Kugelhagel“ (…) „wird da aus dem Gebäude rausgefeuert, während du da drauf zuläufst, und da bleibt halt da alle fünf Meter einer liegen und dann hören die halt irgendwann auf zu rennen“ vermittelt beim Zuhörer bzw. Zuschauer den Eindruck einer grausamen Gewalttätigkeit gegen die Flüchtlinge, die vom Moderator als erstrebenswert „in einem richtigen Land“ angesehen wird. In der Schilderung des Moderators kommt den Flüchtlingen gegenüber eine rücksichtslose Tendenz zum Ausdruck. Die Ausführungen des Moderators vermitteln den Eindruck, dass das „Abknallen“ von Menschen ein legitimes Ziel zur Interessensdurchsetzung darstellt.“
Das Gericht hält diese detailreichen Ausführungen der KJM für nachvollziehbar und schlüssig. Soweit sich der Klägerbevollmächtigte hiergegen wendet, vermag er die sachverständige Aussage der KJM nicht ansatzweise zu erschüttern. Er stellt ihr lediglich eine andere Meinung bzw. Deutung gegenüber, ohne Fehler der KJM bei der auf den objektiven Empfängerhorizont abstellenden Beurteilung aufzuzeigen und ohne dieser mit dem entsprechenden Aufwand, den die KJM walten ließ, entgegenzutreten. Insbesondere hält es das Gericht für abwegig, dass die Zuhörer oder Zuschauer der Sendung, auf deren Sicht es ankommt, die Äußerung, die Flüchtlinge würden im Kugelhagel untergehen, ausschließlich nur dahingehend verstehen, dass „lediglich“ Gummigeschosse und keine echten Munitionskugeln gemeint seien. Dies hätte, was nicht der Fall war, klargestellt werden müssen. Soweit der Klägerbevollmächtigte darauf abhebt, dass das Amtsgericht … im Strafverfahren den Tatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 5 JMStV „gerade noch nicht erfüllt ansieht“, weil bei „den entscheidenden Sätzen wird der Satz plötzlich abgebrochen“, ist das erkennende Gericht zum einen nicht daran gebunden; zum anderen vermag, worauf es im vorliegenden Verwaltungsverfahren ankommt, die insoweit sehr knappe und sich nicht im Einzelnen mit den Ausführungen der KJM auseinandersetzende Begründung des Amtsgerichts die Tragfähigkeit der KJM-Beurteilung nicht zu erschüttern.
2.1.2 Zu Recht wird von der Beklagten festgestellt und missbilligt, dass in der Sendung Nr. 60 vom 1. Dezember 2013 entgegen § 5 Abs. 1 JMStV Angebote verbreitet oder zugänglich gemacht wurden, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, ohne dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen. Im streitgegenständlichen Bescheid wird dazu Folgendes ausgeführt:
„Aus Sicht des Jugendschutzes verfügt das vorliegende Angebot, das einen Bezug zur rechtsextremistischen Szene aufweist, über erhebliches Problempotenzial. Dies liegt vor allem an der äußerst jugendaffinen Präsentationsform der Inhalte. So bedienen die Moderatoren auf den ersten Blick gerade nicht gängige Klischees in Bezug auf Rechtsextreme und lassen ihre Ideologie eher beiläufig in die ungezwungenen Gespräche mit Gästen und Zuschauern einfließen. Dem Steckbrief des Moderators „11…“, der u. a. ein Zitat der Kommunistin Rosa Luxemburg enthält, ist zu entnehmen, dass er sich musikalisch neben einschlägig bekannten rechtsextremen Interpreten auch für „Die Ärzte“ interessiert, die sie aktiv gegen Neonazis engagieren würden. Auch Mainstream-Künstlerinnen wie Nelly Furtado oder die aus Barbados stammende Sängerin Rihanna scheinen zu 11…s Favoriten zu zählen. Der Moderator 12… ist laut Steckbrief nicht nur Mitglied der NPD und in einer Freien Kameradschaft aktiv, sondern interessiert sich auch für unter Jugendlichen beliebte Fernsehserien wie „How I Met Your Mother“ oder „Die Simpsons“. Dadurch entsteht – sicherlich auch bei einem großen Teil der jugendlichen Zuschauer – der Eindruck, bei den Moderatoren handle es sich um durchschnittliche, „normale“ junge Männer, wodurch wiederum die Inhalte der Sendungen und damit letztlich die Ideologie der Gäste eine Normalisierung erfahren. Verstärkt wird dies durch jugendaffine Elemente wie Videoclips populärer Interpreten aus dem Mainstream, die die Präsentation rechtsextremistischen Gedankenguts einrahmen. Insbesondere für gefährdungsgeneigte Jugendliche könnte daraus ein Anreiz entstehen, sich für rechtsextremistische Gruppierungen zu interessieren und deren Ideologie unkritisch gegenüberzustehen. Speziell bei Kindern und Jugendlichen, deren Persönlichkeitsentwicklung noch nicht abgeschlossen ist und die sich in einer politischen und gesellschaftlichen Orientierungs- und Meinungsbildungsphase befinden, ist durch diese Art der Darstellung (u. a. Inszenierung der Moderatoren als jugend- und medienaffin, Ironisierung, Referenz auf beliebte Mainstream-Musikkünstler, gekoppelt mit rechtsextremer Ideologie der Akteure ohne kritische Auseinandersetzung) eine Verunsicherung und Desorientierung zu befürchten. Insoweit steht das vorliegende Angebot einem vorrangigen Entwicklungsziel der freiheitlich demokratischen Gesellschaftsordnung, nämlich der Vermittlung von ethischen Werten wie Toleranz und Respekt gegenüber allen Bevölkerungsgruppen, entgegen. Für die relevante Zuschauergruppe könnten die Protagonisten der Online-TV-Sendung durchaus als Sympathieträger und Rollenmodelle fungieren. Viele bei Kindern und Jugendlichen beliebte mediale Persönlichkeiten benutzen das Stilmittel der Ironie (z. B. Joko & Klaas, Oliver Pocher). Auch dürfte das als „cool“ inszeniert Erscheinungsbild der Moderatoren, z. B. durch das Tragen einer Guy-Fawkes-Maske, die jüngst mediale Berühmtheit als Symbol des Internetkollektivs „Anonymous“ und der Occupy-Bewegung erlangt hat, eine bestimmte Attraktivität und Faszination auf Kinder und Jugendliche ausüben. Besonders männlichen Jugendlichen zwischen 16 und 18 Jahren bietet sich hier durch lockere Sprüche, die jugendaffin gestalteten Videoclips, die Musikauswahl und die Gewinnspiele ein Identifikationspotential. Obwohl es nicht zu einer offenen Verherrlichung des Nationalismus und seiner Ikonen kommt, ist die Verwurzelung der Akteure innerhalb einer rechtsextremistischen Ideologie deutlich erkennbar. So wird etwa mit 5… ein prominenter Nationalsozialist implizit als „Visionär“ bezeichnet. Auch zeigt die Wahl der Gäste deutlich die vorherrschende Tendenz einer Befürwortung entsprechender Ideologieansätze. Bei der vorliegenden Folge wird die Zugehörigkeit der Moderatoren und Gäste zur rechtsextremistischen (Musik-)Szene („13… Bewegung“) nicht problematisiert, sondern es erfolgt ein völlig offener, geradezu selbstverständlicher Umgang mit diesem Umstand, wodurch letztlich auch die dazugehörige Ideologie eine Normalisierung erfährt. Bei Kindern und Jugendlichen, die sich bereits in rechtsextremistischen Kreisen bewegen oder mit deren Ideologie sympathisieren, können diese Inhalte auf fruchtbaren Boden fallen. Somit ist zu befürchten, dass für diese Jugendlichen das Angebot eine Verstärkerfunktion besitz.“
Auch diese Ausführungen sind plausibel und gut nachvollziehbar. Sie werden vom Klägerbevollmächtigten nicht erschüttert. Eine substantiierte Auseinandersetzung, die die Einschätzung der KJM in ihrer Tragfähigkeit erschüttern könnte, mit einem entsprechenden Aufwand, den auch die KJM vorgenommen hat, erfolgte von Klägerseite weder im schriftsätzlichen Vorbringen noch im Rahmen der mündlichen Verhandlung. Dass die Sendung von der KJM insgesamt als Verstoß gegen § 5 Abs. 1 JMStV angesehen wurde, ist ebenso nicht zu beanstanden. Die Annahme, die rechtsextremen jugendgefährdenden Inhalte prägen die Sendung insgesamt in der Gesamtschau, erweist sich als gut nachvollziehbar und wird ebenso wenig von Klägerseite mit dem notwendigen Aufwand erschüttert. Soweit der Klägerbevollmächtigte auf die Meinungsfreiheit und die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgericht abstellt, wonach durch bestimmte rechtsextreme Äußerungen der gesellschaftliche Frieden zur Disposition stehen müsse, verkennt er, dass es hier nicht nur um die Meinungsfreiheit als solche, sondern um den Jugendschutz geht, der eine Einschränkung der Meinungsfreiheit zulässt.
2.1.3 Nicht zu beanstanden ist, dass der streitgegenständliche Bescheid in der Sendung Nr. 60 einen Verstoß gegen § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV annimmt.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV ist Werbung für indizierte Angebote nur unter den Bedingungen zulässig, die auch für die Verbreitung des Angebots selbst gelten.
In der Sendung Nr. 60 äußert sich ein Gast zu Büchern aus der Reihe 2… dahingehend, dass er „die Buchreihe nur empfehlen“ könne; ferner weist er darauf hin, dass die Bücher im Internet gefunden und heruntergeladen werden können.
Damit wird nach Auffassung des Gerichts für eine Buchreihe geworben, von der vier Bände auf der Liste jugendgefährdender Medien stehen (Band 1, 2, 3 und 6 auf Liste A). Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die konkreten Titel der indizierten Bücher nicht benannt werden. Denn es ist klar, dass die indizierten Titel gemeint waren und damit für diese geworben wurde. Diese sind durch den Hinweis, dass sie zur 2…reihe gehören bzw. zu einem Werk mit mehreren Bänden, hinreichend individualisiert und konkretisiert und können unschwer gefunden werden. Soweit nach Mitteilung der Klägerseite die Generalstaatsanwaltschaft dies im Bußgeldverfahren anders gesehen hat, folgt dem das erkennende Gericht nicht. Im Übrigen erfolgte die Herausnahme des Bußgeldtatbestands der Werbung für indizierte Angebote, den das Amtsgericht … angenommen hatte, nach der Rechtsbeschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts … aus „prozessökonomischen Gründen, weil jedenfalls die bisherigen Feststellungen den Tatvorwurf nicht hinreichend tragen.“ Eine klare Feststellung, dass der Tatbestand des Werbens für indizierte Angebote definitiv nicht vorliege, ist damit nicht verbunden. Im Übrigen ist die Auffassung des Oberlandesgerichtes hierzu für das erkennende Gericht nicht verbindlich.
Die Distanzierung des Klägers zu den indizierten Bänden kann den Verstoß nicht beseitigen. Denn aus den Äußerungen: „Du redest jetzt ja nur vom fünften Band, was ich persönlich ja sehr gut finde. Die anderen Bände, da können wir ja leider nicht drüber sprechen. Die müssen wir ganz klar ablehnen. Das fünfte ist ok. Die anderen finde ich inhaltlich kompletten Quatsch. Das müssen wir so jetzt sagen, weil sonst müssen wir die Sendung wieder zusammenschneiden.“ ergibt sich unzweifelhaft, dass die Distanzierung nicht ernst gemeint ist.
Das Gericht folgt der Rechtsauffassung der Beklagten, wonach das jugendschutzrechtliche Werbeverbote in § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV nicht nur für Wirtschaftswerbung gilt (a.A. Ladeur in Hahn/Vesting, Beck´scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. Auflage, Rn. 12 zu § 6 RStV). Das folgt zum einen aus dem Wortlaut der Norm, der anders als z. B. § 15 JuSchG nicht zwischen geschäftlicher Werbung (§ 15 Abs. 5 JuSchG) und sonstiger Werbung differenziert, zum anderen aus dem Sinn und Zweck des § 6 Abs. 1 JMStV. Danach soll nach der amtlichen Gesetzesbegründung (S. 15 f. zu § 6 Abs. 1) nämlich vermieden werden, dass aufgrund des Indizierungsverfahrens Kinder oder Jugendliche darf hingewiesen werden, dass es sich um ein jugendgefährdendes Angebot handelt, was auch außerhalb von Wirtschaftswerbung geschehen kann.
Der Einwand des Klägerbevollmächtigten, verboten sei nur das Werben für die Quelle, nicht aber für das Trägermedium, verfängt nicht.
Mit dem Werbeverbot des § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV für indizierte Angebote meint der Gesetzgeber nicht Angebote im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2 JMStV (Rundfunksendungen oder Inhalte von Telemedien), sondern alle Träger- oder Telemedien, die in die Liste nach § 18 JuSchG aufgenommen wurden; dies ergibt sich, wie die Beklagtenseite zu Recht ausführt, daraus, dass es ein Indizierungsverfahren für Rundfunksendungen nicht gibt und nicht ersichtlich ist, warum das Werbeverbot nur für Telemedien gelten soll bzw. warum der Gesetzgeber dies dann nicht ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen hat, mit der Folge, dass im Hinblick auf einen umfassenden Jugendschutz alle Träger- oder Telemedien, die in die Liste nach § 18 JuSchG aufgenommen wurden, dem Werbeverbot unterfallen. Unter „Angebote“ i. S. d. § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV fallen deshalb alle Medien, die gemäß § 18 JSchG Gegenstand einer Indizierung sein können. Eine Begrenzung des Werbeverbots auf die Quelle, über die diese Medien bezogen werden, besteht damit entgegen der Auffassung des Klägerbevollmächtigten nicht.
2.1.4 Die Verfügungen in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids sind auch verhältnismäßig und ermessensgerecht. § 20 Abs. 1 JMStV sieht bei Verstößen gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag die erforderlichen Maßnahmen vor, wobei nach § 20 Abs. 2 JMStV für Veranstalter von Rundfunk die zuständige Landesmedienanstalt durch die KJM entsprechend den landesrechtlichen Regelungen die jeweilige Entscheidung trifft. Die landesrechtliche Regelung in § 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG sieht vor, dass die Beklagte die „erforderlichen Anordnungen“ treffen. Allen vorgenannten Bestimmungen ist gemein, dass sie keinen bestimmten abschließenden Maßnahmenkatalog vorsehen. Die von der Beklagten gewählte Beanstandung in Gestalt der Feststellung von Rechtsverstößen und deren Missbilligung ist eine zulässige Anordnung i. S.v. Art. 16 Abs. 1 BayMG und die mildeste förmliche Maßnahme, weshalb sie keinen Bedenken im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit und das Auswahlermessen begegnet.
2.2 Zu Recht wird von der Beklagten festgestellt und missbilligt in Nr. 2 des Bescheids vom 17. Juni 2014, dass in der Sendung Nr. 61 vom 8. Dezember 2013 entgegen § 5 Abs. 1 JMStV Angebote verbreitet oder zugänglich gemacht wurden, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, ohne dafür Sorge zu tragen, dass Kinder oder Jugendliche der betroffenen Altersstufen sie üblicherweise nicht wahrnehmen. Im streitgegenständlichen Bescheid wird dazu Folgendes ausgeführt:
„Obwohl es nicht zu einer offenen Verherrlichung des Nationalsozialismus und seiner Ikonen kommt, ist die Verwurzelung der Akteure innerhalb einer rechtsextremistischen Ideologie deutlich erkennbar. Auch zeigt die Wahl der Gäste deutlich die vorherrschende Tendenz einer Befürwortung entsprechender Ideologieansätze. Mit dem Studiogast wird in der vorliegenden Folge detailliert über die „13… Bewegung“ gesprochen und mit der Frage, wie sich ein Zwanzigjähriger am besten in die Bewegung einbringen könne, werden Jugendliche nachgerade dazu eingeladen, Kontakt zur rechtsextremen Szene zu suchen. Die Zugehörigkeit der Moderatoren und des Gastes zur rechtsextremistischen (Musik-)Szene („13… Bewegung“) wird nicht problematisiert, sondern es erfolgt ein völlig offener, geradezu selbstverständlicher Umgang mit diesem Umstand, wodurch letztlich auch die dazugehörige Ideologie eine Normalisierung erfährt. Dies gilt auch für gewaltbereite Teile der Neonazi-Szene wie rechtsextreme Skinheads, die in dem eingespielten Lied „10…“ romantisierend bis glorifizierend dargestellt werden („Hier kommen die Zeiten, wo das Faustrecht regiert./Wir werden niemals vor unsren Feinden fliehen,/Die wilde Zeit sie ist zurück!“). Bei Kindern und Jugendlichen, welche sich bereits in rechtsextremen Kreisen bewegen oder mit deren Ideologie sympathisieren würden, können diese Inhalte auf fruchtbaren Boden fallen. Somit ist zu befürchten, dass für diese Jugendlichen das Angebot eine Verstärkerfunktion besitzt. Ein Grundtenor in den Aussagen von Moderatoren und Gast ist die Zurückweisung des politischen Systems der Bundesrepublik Deutschland. Zum Parlamentarismus der BRD befragt, meint der Gast etwa, dieses System müsse „überwunden werden“. Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, deren Persönlichkeitsentwicklung noch nicht abgeschlossen ist und die sich in einer politischen und gesellschaftlichen Orientierungs- und Meinungsbildungsphase befinden, besteht die Gefahr, dass durch diese Art von Agitation eine Abneigung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland erzeugt wird. Die in der Sendung getroffene Aussage, „Wir gehen dann runter und hauen dem Typen halt auf´s Maul, oder so, und sorgen dafür, dass das nicht mehr passiert“ im Fall, dass die Moderatoren eine Vergewaltigung beobachten würden, verbunden mit der Aufforderung „Und ihr sollt das bitte alle genauso machen!“ ist kritisch hervorzuheben. Zunächst ist Zivilcourage in unserer Gesellschaft von besonderer Bedeutung. Der Aufruf zu mehr Engagement, Solidarität und Hilfsbereitschaft ist etwas Wichtiges und Wünschenswertes in der Bevölkerung. Gefordert sind aber gerade – auch von Seiten der Polizei – kein Heldentum, sondern umsichtige Reaktionen (wie u. a. die Polizei und Notarzt rufen). Die Aussage der Sendung kann aber gerade nicht vorrangig als Aufruf zur Hilfestellung für das Opfer verstanden werden. Bei Kindern und Jugendlichen bleibt in erster Linie die Aussage, dass man „aufs Maul hauen“ soll, hängen. Der Fokus der Aussage ist vorwiegend auf den Einsatz von Gewalt als probates Mittel gerichtet. Insbesondere gefährdungsgeneigte Jugendliche können dieses als generelle Aufforderung zu extralegaler Gewalt interpretieren und dahingehend auf ihr Rechtverständnis übertragen, dass Selbstjustiz ein bewährtes Mittel zur Durchsetzung der vermeintlichen Gerechtigkeit darstellt. Auch die Aussage des Gastes „Ich weiß nicht, wie viele Leute wirklich vergast wurden, ob überhaupt welche vergast wurden…“, kann bei Jugendlichen zu einem historisch verfälschten Bild von Nationalsozialismus und Holocaust führen (…). Es ist davon auszugehen, dass Kinder und Jugendliche, die in der Regel lediglich über ein schulisches historisches Grundwissen verfügten, dadurch in ihrer politischen Meinungsbildung und ihrem Geschichtsbewusstsein bzgl. der deutschen Vergangenheit verunsichert bzw. negativ beeinflusst werden, gerade wenn solche Meinungen in einem Online-TV-Sender locker vertreten und beiläufig veröffentlicht werden. Bei labilen und gefährdungsgeneigten Kindern und Jugendlichen ist eine negative Beeinflussung bzw. eine Verstärkung bereits vorhandener neonazistischer Sympathien zu befürchten.“
Das Gericht folgt diesen plausiblen und widerspruchsfreien sachverständigen Ausführungen der KJM. Die Einwände des Klägerbevollmächtigten gegen diese Bewertung der KJM vermögen nicht die Tragfähigkeit deren Einschätzung zu erschüttern, zumal sie nicht annähernd mit dem Aufwand erfolgten, den die KJM walten ließ. Soweit der KJM vorgehalten werde, sie habe das Nothilferecht im Fall einer Vergewaltigung verkannt, ist festzustellen, dass die KJM diesen Umstand durchaus thematisiert hat, nach ihrer nachvollziehbaren Bewertung die Aussagen des Klägers in der Sendung aber gerade nicht vorrangig als Aufruf zur Hilfestellung für das Opfer verstanden werden können; vielmehr sei der Fokus der Aussage vorwiegend auf den Einsatz von Gewalt als probates Mittel gerichtet und es bleibe bei Kindern und Jugendlichen in erster Linie die Aussage hängen, dass man „aufs Maul hauen“ soll. Soweit der Klägerbevollmächtigte die Äußerungen eines Studiogastes zum Parlamentarismus und zum historischen Nationalismus vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit gedeckt sieht, verkennt er, dass es darauf nicht ankommt, da diese im Rahmen der allgemeinen Gesetze zugunsten des verfassungsrechtlich gebotenen Jugendschutzes zurückzutreten hat. Die Deutung des Klägerbevollmächtigten, dass die Band mit dem Begriff Faustrecht keine Ausschaltung des staatlichen Gewaltmonopols verbindet, sondern das Notwehrrecht beschreibt, ist schwer nachvollziehbar, wenn es in einer Liedstrophe heißt: „Hier kommen die Zeiten, wo das Faustrecht regiert“. Jedenfalls ist maßgeblich, dass die Aussage durchaus so wie von der KJM dargelegt von Kindern und Jugendlichen verstanden werden kann.
Die Verfügungen in Nr. 2 des streitgegenständlichen Bescheids sind auch verhältnismäßig und ermessensgerecht, nachdem im Rahmen des Auswahlermessen nach § 20 Abs. 1, Abs. 2 i. V. m. Art. 16 BayMG die mildeste förmliche Maßnahme der Feststellung und des missbilligenden Vorhalts gewählt wurde.
2.3 Zu Recht wird von der Beklagten in Nr. 3 des Bescheids vom 17. Juni 2014 festgestellt und missbilligt, dass für das Rundfunkangebot über die Internetadresse http://1…de kein Jugendschutzbeauftragter bestellt ist.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 JMStV hat einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen, wer länderübergreifendes Fernsehen veranstaltet, wobei § 7 Abs. 2 JMStV unter bestimmten Voraussetzungen auch die Möglichkeit vorsieht, sich stattdessen einer Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle anzuschließen und diese zur Wahrnehmung der Aufgaben des Jugendmedienschutzbeauftragten zu verpflichten.
Hieran gemessen hätte der Kläger, was unstreitig nicht geschehen ist, einen Jugendschutzbeauftragten nach § 7 Abs. 1 Satz 1 JMStV bestellen müssen, da er – wie dargelegt – mit seinen Sendungen auf der Internetseite http://1…de Rundfunk und zwar unzweifelhaft in Form von länderübergreifendem Fernsehen veranstaltet. Es ist weder substantiiert vorgetragen noch anderweitig ersichtlich, dass die Sendungen Nrn. 60 und 61, die auf der entsprechenden Internetseite bis zur Herausnahme abrufbar waren, und auch die anderen Sendungen, die weiterhin im Archiv vorhanden sind, nur lokal, regional oder nur landesweit zum Empfang zur Verfügung standen bzw. stehen. Ob auch die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 2 JMStV für die Notwendigkeit der Bestellung eines Jugendmedienschutzbeauftragten erfüllt sind, kann dahingestellt bleiben. Der Bescheid stützt die Notwendigkeit der Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten nur auf § 7 Abs. 1 Satz 1 JMStV, dessen Voraussetzungen vorliegen.
2.4 Die Untersagung seitens der Beklagten in Nrn. 4 und 5 des Bescheids vom 17. Juni 2014, die Sendung Nr. 60 vom 1. Dezember 2013 oder eine im Wesentlichen inhaltsgleiche Sendung zu verbreiten oder zugänglich zu machen, sowie die Sendung Nr. 61 vom 8. Dezember 2013 oder eine im Wesentlich inhaltsgleiche Sendung zu verbreiten oder zugänglich zu machen, wenn nicht durch technische Mittel oder aufgrund der Sendezeiten sichergestellt ist, dass Kinder und Jugendliche die Inhalte üblicherweise nicht wahrnehmen kennen, ist nicht zu beanstanden.
Wie schon dargelegt, verstößt die Sendungen Nr. 60 gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 JMStV, § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV sowie gegen § 5 Abs. 1 JMStV und die Sendung Nr. 61 des Klägers gegen § 5 Abs. 1 JMStV. Damit ist der Tatbestand für eine Maßnahmenanordnung nach § 20 Abs. 1, Abs. 2 i. V. m. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG gegeben.
Die Untersagung stellt eine erforderliche Maßnahme i. S. d. § 20 Abs. 1 JMStV bzw. § 20 Abs. 2 i. V. m. Art. 16 Abs. 1 Satz 1 BayMG dar, da damit verhindert wird, dass der Kläger die festgestellten Rechtsverstöße durch erneutes Verbreiten oder Zugänglichmachen der Sendungen wiederholt. Aufgrund der von der Beklagten vorgenommene Einschränkung, dass die Untersagung der Sendung Nr. 61 nicht gilt, wenn durch technische Mittel oder aufgrund der Sendezeiten sichergestellt ist, dass Kinder und Jugendliche die Inhalte üblicherweise nicht wahrnehmen können, bestehen gegen die Untersagungsverfügung bzgl. Sendung Nr. 61, mit der „nur“ gegen ein Verbot und zwar das des § 5 Abs. 1 JMStV verstoßen wurde, auch unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit keine Bedenken. Die Beklagte hat in nicht zu beanstandender Weise differenziert zwischen absolut unzulässigen Sendeinhalten (bzgl. Sendung Nr. 60 im Hinblick auf § 4 Abs. 1 Nr. 5 JMStV und § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV) und mit Einschränkungen unzulässigen Inhalten (Sendung Nr. 61 im Hinblick auf § 5 Abs. 1 JMStV). Ein Zensur der Teile von Sendung Nr. 60, die gegen § 4 Abs. 1 Nr. 5 JMStV und § 6 Abs. 1 Satz 1 JMStV verstoßen, scheidet aus. Denn zum einen ist die KJM keine Zensurbehörde, zum anderen würde dann nicht mehr die ursprüngliche Sendung, sondern eine andere Sendung vorliegen. Der Kläger hat es selbst in der Hand, worauf die Beklagte zu Recht hinweist, die beanstandeten Teile herausnehmen; dann liegt aber eine andere Sendung vor, deren Zulässigkeit nach den Bestimmungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrag neu zu beurteilen sein wird.
Die Verfügungen in Nrn. 4 und 5 des streitgegenständlichen Bescheids sind ungeachtet dessen, dass der Kläger nach Angaben seines Prozessbevollmächtigten die Sendungen vor Erlass des Bescheids entfernt habe, aus Präventionsgründen rechtmäßig. Denn es durfte die Besorgnis der Wiedereinstellung angenommen werden, nachdem der Kläger im Rahmen der Anhörung keine Einsicht hinsichtlich der Verstöße gezeigt hat und technisch unschwer die Sendungen jederzeit wieder bereit gestellt werden können. Die Besorgnis wird auch nicht durch das Bußgeldverfahren entkräftet, zumal der Kläger nach dessen rechtskräftigem Abschluss hiergegen Verfassungsbeschwerde erhoben hat.
3. Gegen die Kostenentscheidung ist nichts zu erinnern. Die Gebühren konnten gemäß § 35 Abs. 11 RStV i. V. m. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1, §§ 3, 4, 5 der Kostensatzung festgesetzt werden. Die Gebühr i. H. v. 1.500 € hält sich im (unterem) Rahmen des Abschnitts IV Nr. 8 des Verzeichnisses der Kostensatzung, der von 250 € bis 5.000 € reicht. Hiergegen ist nichts einzuwenden. Dass in einem Bußgeldverfahren auch Kosten erhoben werden, rechtfertigt keine Minderung der vorgenommenen Gebührenfestsetzung, da es sich insoweit um ein anderes Verfahren handelt. Im Übrigen ist zu bedenken, dass sich die Kostenfestsetzung im unteren Bereich des Rahmens bewegt. Die Höhe des Einkommens des Klägers ist für die Gebührenfestsetzung nicht maßgeblich, weshalb dem Klägerbevollmächtigten hierzu keine Schriftsatzfrist gewährt werden musste.
Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.
Anlass, wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache die Berufung gegen das Urteil zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, § 124 a Abs. 1 VwGO), besteht nicht. Denn die Frage, ob in einem Web-TV-Format Rundfunk zu sehen ist, ist immer eine Frage des konkreten Einzelfalls.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg zu stellen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg).
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen (Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 340148, 80098 München).
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Allen Schriftsätzen sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.
Hinweis auf Vertretungszwang: Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich alle Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt bereits für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird, die aber noch beim Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder die anderen in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich auch durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; Einzelheiten ergeben sich aus § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt.
Gründe:
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG, wobei zu berücksichtigen ist, dass der streitgegenständliche Bescheid zwei Sendungen des Klägers betrifft. Deshalb war der Auffangstreitwert von 5.000 € zweimal in Ansatz zu bringen.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,– EUR übersteigt, oder wenn die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg einzulegen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg). Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Allen Schriftsätzen sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.