IT- und Medienrecht

Mangelndes Rechtsschutzbedürfnis wegen Untertauchen

Aktenzeichen  M 7 K 15.50721

Datum:
30.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5, § 82 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, § 173
ZPO ZPO § 130 Nr. 1
AsylG AsylG § 10 Abs. 1

 

Leitsatz

Taucht der Kläger unter, bringt er damit zum Ausdruck, dass er an der Fortführung des Verfahrens kein Interesse mehr hat, sodass kein Rechtsschutzbefürfnis mehr besteht, und zwar unabhängig davon, warum er untergetaucht ist (VGH München BeckRS 2009, 40807). (redaktioneller Leitsatz)
Fehlt es an der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift, liegt ein Verstoß gegen zwingende Verfahrensvorschriften nach § 82 Abs. 1 S. 1, § 173 VwGO iVm § 130 Nr. 1 ZPO vor (ebenso VGH München BeckRS 2005, 16564). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Nachdem die beteiligten form- und fristgerecht unter Hinweis gem. § 102 Abs. 2 VwGO geladen worden sind, konnte über den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vom 30. September 2016 auch ohne sie verhandelt und entschieden werden. Dem Kläger ist die Ladung, öffentlich zugestellt am 12. Juli 2016 (vgl. § 56 Abs. 2 VwGO i. V. m. § 188 Satz 1 ZPO), rechtzeitig zugegangen (§ 102 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die Klage hat keinen Erfolg, da sie bereits unzulässig ist.
Es spricht viel dafür, dass der Kläger untergetaucht ist. Daher fehlt seiner Klage bereits das Rechtsschutzbedürfnis, und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen er untergetaucht ist (BayVGH, B.v. 6.6.2006 – 24 CE 06.1102 – juris Rn. 14). Das Bundesamt hat am 11. Mai 2016 mitgeteilt, dass der Kläger nach unbekannt verzogen ist. Der Bevollmächtigte des Klägers hat auf Nachfrage dem Gericht lediglich mitgeteilt, den Kläger nicht mehr zu vertreten. Durch sein Untertauchen hat der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass er an der Fortführung des Klageverfahrens kein Interesse mehr hat.
Jedenfalls ist die Klage deswegen unzulässig, weil es an der Angabe einer ladungsfähigen Anschrift fehlt. Dies stellt einen Verstoß gegen die zwingenden Verfahrensvorschriften der § 82 Abs. 1 Satz 1, § 173 VwGO, § 130 Nr. 1 ZPO dar, wonach natürliche Personen dem Gericht eine aktuelle ladungsfähige Anschrift und ihrer Änderung anzugeben haben (BayVGH, B.v. 12.5.2005 – 10 ZB 04.1600 – juris Rn. 2 f.). Die Bezeichnung des Klägers ist nach § 82 Abs. 1 Satz 1 VwGO notwendiger Inhalt der Klageschrift und Zulässigkeitsvoraussetzung der Klage (vgl. BVerwG, B.v. 14.2.2012 – 9 B 79/11 u. a. – juris). Im Übrigen sieht auch § 10 Abs. 1 AsylG ausdrücklich vor, dass der Asylbewerber für die angerufenen Gerichte stets erreichbar sein muss und jeden Wechsel seiner Anschrift den genannten Stellen mitzuteilen hat.
Das Gericht hat nach behördlicher Mitteilung, dass der Kläger nach unbekannt verzogen ist, den Bevollmächtigten des Klägers um Mitteilung einer aktuellen ladungsfähigen Anschrift gebeten. Der Bevollmächtigte hat daraufhin mitgeteilt, den Kläger nicht mehr zu vertreten. Eine gerichtliche Aufforderung, zugestellt an die zuletzt bekannte Adresse des Klägers, seine derzeitige Anschrift mitzuteilen, kam mit dem Vermerk „Adressat unter der angegebenen Anschrift nicht zu ermitteln“ zurück. Der Kläger hat damit unter Verstoß gegen Art. 10 Abs. 1 AsylG es unterlassen, seine aktuelle Anschrift mitzuteilen.
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.


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