Aktenzeichen 3 ZB 15.2216
Leitsatz
1 Die Einwände des Klägers begründen keine ernstlichen Zweifel iSd § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, da das Verwaltungsgericht zu Recht den Schluss gezogen hat, dass die den Kompetenzerwerb für die Ausübung der beruflichen Tätigkeit erst ermöglichende Ausbildung selbst nicht als hauptberufliche Beschäftigungszeit berücksichtigt werden kann. (Rn. 2 – 5) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrunds der Divergenz scheitert schon daran, dass dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts § 47 BeamtVG, dem angefochtenen Urteil hingegen Art. 31 Abs. 2 S. 1 BayBesG zugrunde liegt. (Rn. 8) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
B 5 K 13.12 2015-04-14 Urt VGBAYREUTH VG Bayreuth
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 3.992,88 € festgesetzt.
Gründe
Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils), des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache), des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) sowie des § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Solche sind nur zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit dieser Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
1.1 Das Verwaltungsgericht hat die Klage, den Beklagten zu verpflichten, die vom Kläger im Beamtenverhältnis auf Widerruf verbrachten Ausbildungszeiten vom 1. September 1997 bis 30. November 1999 (Verwaltungsassistentenanwärter 2. QE) und vom 1. Oktober 2002 bis 3. Oktober 2004 (Verwaltungsinspektoranwärter 3. QE) als förderliche hauptberufliche Beschäftigungszeiten gemäß Art. 31 Abs. 2 BayBesG anzuerkennen, hilfsweise den hierauf gerichteten Antrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden, abgewiesen, weil es sich bei Anwärterzeiten als Ausbildungszeiten schon tatbestandlich nicht um hauptberufliche Beschäftigungszeiten i.S.v. Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG handle. Deshalb könne offen bleiben, ob diese Zeiten förderlich für die vom Kläger (im damaligen Zeitraum) ausgeübte Beamtentätigkeit seien.
Der Kläger habe nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG keinen Anspruch auf fiktive Vorverlegung seines Diensteintritts gemäß Art. 30 Abs. 1 BayBesG wegen der im Beamtenverhältnis auf Widerruf der 2. und 3. QE verbrachten Dienstzeiten. Danach könne der Diensteintritt auf Antrag um sonstige für die Beamtentätigkeit förderliche hauptberufliche Beschäftigungszeiten fiktiv vorverlegt werden. Vorliegend fehle es bereits am Tatbestandsmerkmal „hauptberufliche Beschäftigungszeiten“, weil die Zeiten im Beamtenverhältnis auf Widerruf als Zeiten der Berufsausbildung und nicht der Berufsausübung anzusehen seien. Durch Art. 30 und Art. 31 BayBesG sei eine neue Systematik für die Bemessung des Grundgehalts in Stufen geschaffen worden. Grundsätzlich erfolge die Zuordnung zur ersten Stufe der Besoldungsgruppe. In den für den Kläger maßgeblichen BesGr A13 und A14 seien die ersten beiden Stufen gestrichen und zugleich die Anfangsgrundgehälter erhöht worden, um die üblichen Schul-, Ausbildungs- und Studienzeiten pauschal berücksichtigen zu können. Für Beamte der 4. QE seien dabei pauschalierend acht Jahre Vor- und Ausbildungszeit zugrunde gelegt worden. Hieraus ergebe sich eine Trennung zwischen den gemäß Art. 30 BayBesG zu berücksichtigten Ausbildungszeiten, d.h. den für den Erwerb der Voraussetzung für die Zulassung zur jeweiligen Fachlaufbahn in der entsprechenden Qualifikationsebene erforderlichen Zeiten, und den sonstigen, nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG zu berücksichtigenden Beschäftigungszeiten. Dieser stelle eine Ausnahmevorschrift dar und erfasse lediglich hauptberufliche Beschäftigungszeiten, die nicht bereits Voraussetzung für den laufbahnrechtlichen Qualifikationserwerb gewesen seien. Eine Tätigkeit sei hauptberuflich, wenn sie gegen Entgelt erbracht werde, den Schwerpunkt der beruflichen Tätigkeit darstelle, dem durch Ausbildung und Berufswahl geprägten Berufsbild entspreche und die Tätigkeit mindestens in einem im Beamtenverhältnis zulässigen Umfang erbracht werde (vgl. Art. 24 Abs. 3 BayBeamtVG). Der Begriff der „Hauptberuflichkeit“ weise zwei Komponenten auf: er diene zum einen der Abgrenzung zu nebenberuflichen Tätigkeiten, zum anderen zur Unterscheidung von der der beruflichen Tätigkeit vorgelagerten Ausbildung, gleich, ob diese konkret erforderlich gewesen sei oder nicht. Dies werde durch die Sätze 4 und 5 in Nr. 31.2.1 BayVwVBes bestätigt. Berufsausbildung und -ausübung folgten zeitlich aufeinander und schlössen sich daher gegenseitig aus. Insoweit gelte nichts anderes als für die Anerkennung der Zeiten der Ausbildung als Rechtsreferendar. Auf die Frage, ob die Ausbildung des Klägers förderlich i.S.d. Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG sei, komme es deshalb nicht an. Auch eine Verletzung von Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 5 GG sei nicht ersichtlich. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.
1.2 Die hiergegen innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände des Klägers begründen keine ernstlichen Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Soweit der Kläger meint, dass es für die Frage der Hauptberuflichkeit der von ihm ausgeübten Tätigkeit i.S.d. Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG darauf ankomme, dass er in der fraglichen Zeit als Beamter auf Widerruf gegen Entgelt tätig gewesen sei, in dieser Eigenschaft Dienstpflichten zu erfüllen gehabt habe und diese Tätigkeit den Schwerpunkt seiner Erwerbstätigkeit dargestellt habe, setzt er sich nicht mit der Begründung des Erstgerichts auseinander. Dieses ist davon ausgegangen, dass sowohl nach dem Wortlaut des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG als auch nach der Systematik der Art. 30 und 31 BayBesG und dem Willen des Gesetzgebers (vgl. LT-Drs. 16/3200 S. 382 f.) Ausbildungszeiten unabhängig von deren Umfang nicht als hauptberufliche Beschäftigungszeiten berücksichtigt werden können. Dies hat es damit begründet, dass Hauptberuflichkeit i.S.d. Besoldungs- und Versorgungsrechts voraussetzt, dass die Tätigkeit dem durch Ausbildung und Berufswahl geprägten Berufsbild entspricht (vgl. BVerwG, U.v. 25.5.2005 – 2 C 20.04 – juris Rn. 19; Art. 24 Abs. 3 BayBeamtVG). Hieraus hat es zu Recht den Schluss gezogen, dass die den Kompetenzerwerb für die Ausübung der beruflichen Tätigkeit erst ermöglichende Ausbildung selbst nicht als hauptberufliche Beschäftigungszeit berücksichtigt werden kann. Demgemäß stellen auch nach § 28 BBesG Ausbildungszeiten keine Zeiten einer hauptberuflichen Tätigkeit dar (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.2017 – 2 C 15.16 – juris Rn. 14). Wenn der Kläger demgegenüber darauf hinweist, dass bei Berechnung des Übergangsgeldes i.S.d. § 47 BeamtVG (Art. 67 BayBeamtVG) auch die Zeit im Beamtenverhältnis auf Widerruf als hauptberufliche Tätigkeit zu berücksichtigen sei (vgl. BVerwG, U.v. 30.5.1995 – 2 C 22.94 – juris Rn. 12 f.), übersieht er, dass dem ein anderer Gesetzeszweck (Fürsorgepflicht) zugrunde liegt. Soweit das von ihm angeführte Urteil (a.a.O. Rn. 12) dazu auf § 28 Abs. 2 Satz 4 BBesG a.F. Bezug nimmt, ist es durch das Urteil vom 14. Dezember 2017 (a.a.O. Rn. 14) überholt. Im Übrigen legt der Kläger auch nicht näher dar, weshalb die vom Verwaltungsgericht vertretene Auslegung zu einer nicht gerechtfertigten Benachteiligung von Bewerbern, die – anders als Regelbewerber – zusätzliche Kenntnisse und Erfahrungen aufweisen, führen sollte; für die Behauptung, dass solche Bewerber i.d.R. bessere Leistungen erzielten, gibt es keinen Beleg. Ernstliche Zweifel i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO werden auch nicht aus dem pauschalen Hinweis auf das (unveröffentlichte) Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt/M. vom 6. Januar 2012 (9 K 4282/11.F) dargetan. Auf die Frage der Förderlichkeit sowie der Ermessensausübung kommt es nicht an.
2. Aus den unter 1. dargestellten Gründen ergibt sich zugleich, dass die Rechtssache nicht die behaupteten besonderen tatsächlichen bzw. rechtlichen Schwierigkeiten i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO beinhaltet. Mit dem pauschalen Hinweis auf andere verwaltungsgerichtliche Entscheidungen (VG Augsburg, U.v. 12.7.2012 – Au 2 K 11.1646; VG Würzburg, U.v. 17.7.2012 – W 1 K 11.985; VG München, U.v. 2.7.2014 – M 5 K 13.4946; VG Bayreuth, U.v. 14.4.2015 – B 5 K 13.712) zu Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG legt der Kläger keine Zulassungsgründe dar, zumal die genannten Entscheidungen jeweils unterschiedliche Sachverhalte betreffen. Die vorliegend zu entscheidenden Rechtsfragen lassen sich anhand der zugrunde liegenden Normen beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.
3. Aus den unter 1. dargestellten Gründen ergibt sich weiter, dass die Rechtssache auch nicht die behauptete grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO besitzt. Die vom Kläger formulierten Rechtsfragen (Sind Lehr- und Ausbildungszeiten (also Ausbildungsphasen) generell von der Anerkennung als hauptberufliche Tätigkeit i.S.d. Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG ausgeschlossen? sowie Schließen sich Berufsausbildung und Berufsausübung generell gegenseitig bei der Verwendung des Begriffs der Hauptberuflichkeit aus, weil sie einander vor- bzw. nachgelagert sind?) lassen sich anhand der zugrunde liegenden Normen beantworten, ohne dass es der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.
4. Der Kläger kann seinen Zulassungsantrag auch nicht auf § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO (Divergenz) stützen. Der geltend gemachte Zulassungsgrund ist nicht in der gebotenen Weise dargelegt worden (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Hierzu wäre auszuführen, welcher Rechtssatz im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. Mai 1995 (2 C 22.94) enthalten ist und welcher bei der Anwendung derselben Rechtsvorschrift in dem angefochtenen Urteil aufgestellte Rechtssatz dazu in Widerspruch steht. Die divergierenden Rechtssätze müssen einander so gegenübergestellt werden, dass die Abweichung erkennbar wird. Vorliegend scheitert die Darlegung einer Abweichung schon daran, dass dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts § 47 BeamtVG, dem angefochtenen Urteil hingegen Art. 31 Abs. 2 Satz 1 BayBesG zugrunde liegt. Die vom Kläger zitierte Rechtsprechung ist ersichtlich nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragbar. Zudem ist die vom Kläger herangezogene Rechtsprechung durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Dezember 2017 (2 C 15.16 – juris Rn. 14) überholt.
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 10.4 des Streitwertkatalogs 2013 (wie Vorinstanz).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).