Aktenzeichen Au 4 K 17.35127
VwGO § 77 Abs. 2
Leitsatz
Einem Betroffenen, dem es bereits vor seiner Ausreise möglich war, seinen Lebensunterhalt in Sierra Leone zu bestreiten, ist es zumutbar, nach Rückkehr in sein Herkunftsland wieder seinen Lebensunterhalt zu sichern. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. auf Zuerkennung subsidiären Schutzes oder auf Feststellung, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG vorliegt. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine Verfolgung i. S. des § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten. Die Gefahr einer derartigen Verfolgung bei seiner Rückkehr nach Afghanistan hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht.
Es ist Sache des Schutzsuchenden, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Wegen des sachtypischen Beweisnotstands, in dem sich Flüchtlinge insbesondere im Hinblick auf asylbegründende Vorgänge im Verfolgerland vielfach befinden, genügt für diese Vorgänge in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.
Der Kläger hat seine Verfolgungsgründe vor allem darauf gestützt, dass er Sierra Leone verlassen habe, weil er wegen Mordes an seiner Freundin gesucht werde. In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger dann erklärt, dass seine Freundin nicht gestorben sei, sondern nur zwei Wochen im Koma gelegen habe. Er habe nun Angst vor dem Bruder seiner damaligen Freundin, der geäußert habe, dass er seine Schwester rächen wolle. Weder die ursprünglichen Angaben noch die Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung zu der – befürchteten – Bedrohung durch den Bruder seiner ehemaligen Freundin reichen im Ansatz für die Annahme, dass der Kläger asyl- und flüchtlingsrechtlich relevant in Sierra Leone verfolgt worden ist.
Im Übrigen sind das Vorbringen des Klägers im streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid und die Lage in Sierra Leone zutreffend gewürdigt worden; auf den Bescheid wird daher in vollem Umfang Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Insbesondere führt der Bescheid zu Recht aus, dass es dem Kläger möglich und zumutbar wäre, in Sierra Leone wieder zu Recht zu kommen und sich dort seinen Lebensunterhalt zu sichern. Der Kläger hat bereits vor seiner Ausreise gezeigt, dass er in Sierra Leone seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.
Der streitgegenständliche Bescheid ist auch insoweit rechtmäßig, soweit das Nichtvorliegen von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG festgestellt wurde (Ziffer 4 des Bescheids). Insoweit wird auf die Ausführungen im Bescheid Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung in den Gründen dieser Entscheidung abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.